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The Clarinet Summit – Southern Bells | Das höre ich gerade zum allerersten Mal an … solche Instrumenten-Gimmick-Bands interessieren mich irgendwie nur selten (mit Ausnahme der guten alten Tenor Battle, die ich aber auch eher nicht als Gimmick sehen würde … „Very Saxy“ mit den Vier Tenören oder einige der Prestige Jam-Sessions schon eher). Hier hätte ich natürlich gerne Solo-IDs, die Don Palmer in den Liner Notes aber nicht liefert. Murray an der Bassklarinette ist klar, John Carter vielleicht auch, aber dann kann ich Alvin Batiste überhaupt nicht einschätzen. Jimmy Hamilton könnte auch einigermassen klar ein, aber in diesem Umfeld dann eben doch wieder nicht. Es gibt ein paar Klassiker (ein kurzes „Don’t Get Around Much Anymore“ von Hamilton/Carter als Intro, zudem „I Want to Talk About You“ und „Perdido“), Originals von den Musikern („Fluffy’s Blues“ und „Beat Box“ von Batiste, „Southern Bells“ von Carter) und als Closer „Mbizo“, David Murrays Hommage an Johnny Dyani. Die Aufnahme enstand am 29. März 1987 in Atlanta, Marzette Watt (der?) amtete als Toningenieur.
Ich finde das ziemlich schön anzuhören, aber oft auch etwas harmlos – und dazu ein Gedanke: Vielleicht ist das der Preis, den Murray um den Dreh herum für seine Bewegung hin zum Mainstream (die ja auch sein eigenes Spiel ganz direkt betrifft, die irre starken, total kohärenten Soli) bezahlen muss? Es ist ja nicht so, dass das zum grossen Problem würde, aber es fällt halt doch auf, gerade weil es vor dem Hintergrund einer immer klarer hervortretenden Meisterschaft zutage tritt.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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WerbungThe Healers heisst das Duo-Album mit Randy Weston, das David Murray am 26. September 1987 im Seltzer Sound in NYC aufgenommen hat. Der Opener von Butch Morris, „Clever Beggar“, klingt bald nach Weston, so typisch ist seine Begleitung. Einfach, kraftvoll und doch von grosser Geschmeidigkeit und Eleganz. Murray spielt dazu ein dichtes Saxophon, die Linien werden fast zu Teppichen, auch wenn er ins Falsett aufsteigt, klingt da nicht wie ein Ausbrechen – und immer wieder hat es eine leicht exotische, nahöstliche Tönung, eher Musette als (wär ja auch nicht nahöstlich) Shenai. Dieser leise Exotismus durchweht auch „The Healers“, Westons hier über 14 Minuten langes Titelstück mit Murray an der etwas näselnden Bassklarinette und einen Klavier, das die rollenden Weston-Riffs zunächst umschifft, bis nach zweieinhalb Minuten erst das Thema erklingt. Das finde ich eine fast schon magische Performance – wie das stets in der getragene Stimmung bleibt, bei allen Beschleunigungen für einmal keine eigentlich Verdichtung stattfindet, auch wenn Weston hämmert und Murray rast bleibt das langsam, transparent. Und Westons Solo finde ich dann ein echtes Highlight. Das Schema mit dem kürzeren und dem längeren Stück wiederholt sich im zweiten Teil, es gibt wieder „Mbizo“ von Murray, das er erneut an der Bassklarinette spielt, aber von Beginn weg dichter, Flatterzungen-Gestotter, in dem eine Art „Salt Peanuts“-Zitat durchschimmert – aber so richtig toll wird das für meine Ohren erst mit der sehr kurzen Klavierpassage, nach der auch Murray anders einsteigt, Weston tatsächlich aus der Begleitung ausschert und sich in einen Dialog einlässt. Als Closer dann fast eine Viertelstunde „Blue Moses“ – Murray wieder am Tenor, erneut eine langsame, dialogische Annäherung an das Thema, das dann aber gleich im Duo präsentiert wird, wobei Murray sich nicht lange damit aufhalten mag und bald ein zum Solo ansetzt – und das ist dann wieder unglaublich toll. Eine schöne Wiederentdeckung (sehr lange nicht angehört, keine klare Erinnerung mehr gehabt). Ich finde das von der Stimmung her phantastisch, dunkel schimmernd mit einem etwas mysteriösen Touch. Aber perfekt finde ich das Album bei weitem nicht.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbawas ist perfekt? für mich ist das album eindeutig *****, das was dort interpretiert wird hat eine innere magie, wenn ich das album auflege verfliegt alle pein und mühe, der titel ist perfekt gewählt, musik mit einer heilenden kraft….
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!@vorgarten
david murray & dave burrell, in concert (1991)
ich springe jetzt ein bisschen in den aufnahmen aus 1991, (…) auch, weil ich gerade noch murray & takase im ohr habe. murray & burrell treffen sich nämlich ganz woanders, das wird hier von beginn an klar. free-kaskaden, dann ein pseudosimpler ragtime, ein riesenmurraysolo, bei burrell dann absturz und neu-aufbau. ein toller trip, gleich am anfang. es folgt das seit jeher zerklüftet-abstrakte „hope-scope“, das auch hier verlässlich auseinanderfliegt, dann die überschneidung mit BLUE MONK, „ballad for the black man“. tatsächlich mag ich die version mit takase lieber, weil sie zarter ist. aber hier kommt anschließend ein moment für die ewigkeit, burrells „intuitively“, eine ballade, sehr nah am kitsch gebaut, aber auch von großer melancholie, wie ein kubanisches schlaflied. burrell soliert hier nicht, sondern lässt murray unglaubliches tun, überblasene töne, nah am nicht mehr hörbaren, split sounds, das alles als ekstase über dem kitsch, das ist so wunderbar, dass ich mir allenfalls george adams als ersatzstimme denken könnte, der einen auch über hymnen zum heulen bringen kann. vielleicht mag friedrich das mal zum vergleich antesten?
(…)
insgesamt ist das auch die burrell-show, er hat mehr platz in einem duo, kann mehr facetten der verschroebenheit einbringen, und das sind wirklich viele bei ihm. was für ein freier geist. und wie toll und ernsthaft murray mit den angeboten umgeht…
(…)Habe dieses Album jetzt ein paar mal im Strom gehört, auf der Arbeit über Kopfhörer und mit Lautsprecher auf dem heimischen Sofa.
Das hast Du oben schon sehr gut beschrieben. Im Vergleich zu Murray & Takase werden die Zügel hier viel lockerer gehalten, das ist verspielter, bricht in die eine oder andere Richtung aus, eskaliert bei Hope-Scope in dissonantem Krach und hat bei Intuitively keine Scham vor Sentimentalität. Mal tanzen Murray & Burrell eng umschlungen, mal driften sie weit auseinander. Und sowohl Murray als auch Burrell loten die Möglichkeiten ihrer jeweiligen Instrumente sehr weit aus. Eine entsprechende emotionale Berg- und Talfahrt ist das auch, mal berauschend, mal verträumt, auch mal an den Nerven zerrend, sehr organisch und spannend, aber auch nicht immer leicht zu hören. Als meine Mitbewohnerin bei Hope-Scope kurz ins Zimmer kam, sagte sie „Da darfst du dich aber nicht wundern, wenn du nachher schlecht schläfst!“
Ganz tolle Aufnahme, kann in dieser Spontanität, Unberechenbarkeit und Risikofreude wohl auch nur live entstehen. Will nicht urteilen, ob mir Murray mit Takase oder mit Burrell besser gefällt. Die Konzepte sind doch etwas anders. Murray & Takase mit mehr Bodenhaftung, klarer und kompakter, gefälliger (was ich nicht abwertend meine) Murray & Burrell luftiger, versponnener und herausfordernder.
(Kleine Anekdote zum Schluss: Ich hatte Murray & Burrell zunächst mit Knopf im Ohr auf der Arbeit gehört, während ich stundenlang auf einen Monitor schaute und war auf dem Nachhauseweg noch in der Stimmung dieser Musik. Bin dann noch zu meinem arabischen Barbier gegangen um mich rasieren zu lassen. Da lief wie immer eine Playlist, und zwar laut. Ich kannte keinen einzigen Song, aber stilistisch war das aktueller Elektro-Pop, clean und stromlinienförmig zielgruppengerecht produziert, reichlich Autotune, programmierte knackige beats, Melodien zum unter-der-Dusche-mitsingen, here today, gone tomorrow. Scheiße aber auch toll! Ich glaube einen größeren Gegensatz zwischen dieser Musik einerseits und Murray & Burrell andererseits gibt es auf dieser Welt nicht! Da wurden mir die besonderen Eigenschaften von Murray & Burrell noch mal bewusst.
In einem Stück kam immer wieder das Wort „lightning“ vor. Habe das Wort danach mal bei apple music gesucht. Es kamen diese zwei Treffer, Zoe Wees und Charli XCX. Könnten beide Teil dieser Playlist gewesen sein. Letzteres läuft unter „Hyper Pop“. Irgendwie schon wieder klasse! Wieder was dazugelernt. So wurde ein Besuch beim arabischen Barbier zum Bildungserlebnis )
zuletzt geändert von friedrich--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)serh schön, danke @friedrich ! ich hatte jetzt gar nicht erwartet, dass du dir das gesamte album anhörst, ich war speziell auf deinen eindruck von „intuitively“ gespannt, da sind die beiden ja sehr zusammen.
ich bin, als ich vor vielen jahren mal bei einem bochumer hip-frisör gelandet war, dort natürlich ausgerechnet an einen barbier geraten, der jazzschlagzeug gelernt hatte. dort durfte ich dann sogar steve coleman mitbringen und das wurde im laden aufgelegt. da haben deine leute offenbar ein besseres händchen für das, was in der situation gefragt ist.
david murray & milford graves, real deal (1991)
noch was aus 1991 und aus der ming-periode, und wieder was völlig anderes und alles andere als harmlos. die beiden hatten in den 80ern schon miteiannder gearbeitet, der großartige dokuemtarfilm SPEAKING IN TONGUES dokumentiert das kennenlernen und die gemeinsame praxis (mit tollen thesen von beiden, u.a. der von murray, dass afroamerikanische menschen deswegen so oft herzprobleme haben, weil die westafrikanischen drum-patterns aud 2 und 4 dem herzrhythmus entgegenlaufen, wenn ich mich richtig erinnere – „minderheitenstress“ war damals noch kein thema). jetzt, 1991, nutzt der gut etablierte saxofonist, der im jahr 10 plus x leaderalben aufnehmen kann, seine stellung, um einen veteranen einzuladen, der zu dieser zeit kaum mehr zum aufnehmen kommt.
graves, mit seinem ganzheitlichen spielkonzept, bringt tatsächlich eine ganze welt mit, auf der sich murray ein bisschen mitbewegt und die er manchmal auch ein wenig antreibt. das zusammenspiel ist wach und existenziell, murrays neue lust auf dramatik und entwicklung passt gut zu diesen polyrhythmischen angeboten – da wird nichts verpulvert, es mäandert nichts, kein faden geht verloren, alles setzt sich an seinen platz. es ist allein sonisch ein großes vergnügen zu hören, wie diese große apparatur von graves in schwingung kommt. eine erstbegegnung, und ich bin mal wieder einmal sehr beeindruckt.
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vorgartensehr schön, danke friedrich ! ich hatte jetzt gar nicht erwartet, dass du dir das gesamte album anhörst, ich war speziell auf deinen eindruck von „intuitively“ gespannt, da sind die beiden ja sehr zusammen.
ich bin, als ich vor vielen jahren mal bei einem bochumer hip-frisör gelandet war, dort natürlich ausgerechnet an einen barbier geraten, der jazzschlagzeug gelernt hatte. dort durfte ich dann sogar steve coleman mitbringen und das wurde im laden aufgelegt. da haben deine leute offenbar ein besseres händchen für das, was in der situation gefragt ist.(…)Gern geschehen!
Doch, doch, ich bin aktuell sehr empfänglich für so eine Duo-Besetzung und auch für so ein organisches und sinnliches Spiel.
Bochumer Hip-Frisör? Wow! Bei meinem Barbier ist das Haarwaschmittel (oder was auch immer, ich brauche sowas ja nicht …) in schwarzen totenkopf-förmigen Spendern, im Wartebereich liegen Zeitschriften der Kategorie Auto-Motor-Sport und auch die musikalische Beschallung hat Niveau. Indirekt sind aber auch Du, David Murray und Dave Burrell dafür verantwortlich, dass ich auf meine alten Tage Hyperpop entdeckt habe und mir Charli XCX nicht mehr aus dem Ohr geht. Besten Dank dafür!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Gerade läuft Lovers, und damit hab ich den mythischen Raum der Januar-1988-Quartett-Sessions betreten. Und ich höre gebannt, wie hier etwas durchbricht, ein neues Plateau erreicht wird: Murrays Bewegung zum Mainstream trägt hier richtig Früchte, das ist unglaublich toll, atmet einen ziemlich freien Geist, auch wenn er in den Changes bleibt, recht klassische wirkende Soli mit einem irren Flow spielt. Wie er den Ton kontrolliert, welche Nuancen er dabei immer wieder findet – das ist atemberaubend. Fred Hopkins und Ralph Peterson Jr. sind eine perfekte Rhythmusgruppe, Dave Burrell agiert oft scheinbar unauffällig, hat aber eine grosse Präsenz, prägt den Sound des Quartetts stark – und tut das nicht quasi als outsider looking in (Anthony Davis mit dem Oktett) und – überraschend eigentlich, wenn man seine Vergangenheit kennt, nicht? – oft auch ziemlich ruhig. Dabei aber durchaus mit einem Hang zu einer Art surrealistischem Kitsch … ich muss irgendwie – weit hergeholt, ich weiss – schon mal an Screamin‘ Jay Hawkins denken. Das Klaviersolo im dritten Stück, „In a Sentimental Mood“, ist wirklich von einem anderen Stern: das kommt eben doch von weit, weit aussen, aber auch von ganz tief drinnen. Wie Murray nachher sein Saxophon heulen lässt – alte Schule, älteste, eine rohe Emotionalität, die ihm 1988 keiner der Junglöwen nachmacht. Und überhaupt eh keiner, nicht mal Sonny Rollins, weil der sich nie mehr solche stimmigen Bands zusammenstellen … welches Modalverb ist denn das richtigen: konnte, wollte? Dass das keine bei unzähligen Gigs eingeschworene Band ist, würde man echt nie erraten. Burrell bringt auch sein „Teardrops for Jimmy“ (Garrison) mit, Peterson hat „Water Colors“ im Gepäck, als Closer gibt es ein Stück vom Produzenten Kunle Mwanga („Nalungo“ für Nalungo Mwanga), dazu auch „Lovers“ und „Ming“ von Murray. In Letzterem spielt Burrell auch ein völlig beklopptes Solo, irgendwie tonal, irgendwie auch nicht, irgendwo melodisch, aber es droht immer wieder eine Entgleisung, manche Phrasen hämmert er wie am Schlagzeug, andere haucht er ganz zart, schlittert fast in Cluster … Wahnsinn! Flasht mich gerade von Anfang bis Ende, dieses Album!
Das Cover meiner CD ist nicht ganz so bunt wie der Scan oben, aber die pinken Streifen im Albumtitel oben korrelieren mit dem leisen Pinkton im Foto – das gelblichen Stellen in den Bäumen und das Grün im Vordergrund sind schwächer, heller. Vielleicht ist das Bild von Discogs auch erst beim Scannen so kontrastreicht geworden?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbadanke für diese ausführliche beschreibung des albums, von meinen vorliegenden murray-alben so ziemlich das liebste mit the healers….das cover ist schon ein wenig interpretationsoffen, auf meiner lp ist das ganze vielleicht schon ein wenig verblasst, die farbenuancen aber definitiv vorhanden.
weiß nicht ob ich mir das einbilde, beim genauen anschauen meine ich mehrere effekte zu entdecken, gezielte bewegungsunschärfe, doppelbelichtung und es wirkt so als sei es durch eine folie oder feuchtes glas hindurch aufgenommen, auch ein farbfiltereinsatz ist denkbar mit anschließender nachcolorierung…ein tolles gesamtkunstwerk….🖤🖤🖤🖤🖤
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!Für die Nachkolorierung gibt es sogar einen Credit: „Photocolorist: Jamyl Smith“. Auf der Rückseite der CD ist noch so ein Foto, das bei mir nochmal deutlich dunkler geraten ist, der Himmel ist da wirklich hellblau zwischen den Bäumen und die Flamingos fast richtig pink. Der Discogs-Scan unten sieht an meinem Bildschirm aber auch etwas saturierter aus als die Traycard meiner CD:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaZweite Runde vom Januar 1988 – die Albumtitel soll man hier nicht programmatisch verstehen, oder? Hier gibt es den Titeltrack als Closer, davor einen Opener von Butch Morris namens „Jazz (Is Back)“ – und ich frage mich sofort, ob all seine Stücke, die Murray in den Jahren davor aufgenommen hat, in diesem klassischeren Kontext nicht viel besser funktioniert hätten – manche finde ich auf freieren Alben ja etwas störend oder unpassend. Hier ist das ein guter Opener, in dem Ralph Peterson schon seine ersten Attacken reiten kann, während Hopkins‘ Bass zum Gravitationszentrum wird (und dann in einem tollen Solo zu hören ist, bevor auch Peterson ein paar Takte kriegt) – und ich den Atem anhalte, bis Burrell aufkreuzt, der Murray im Solo strollen lässt. Vier Originals von Murray folgen, als erstes „Home“ als Rubato-Ballade im Duo mit einem hinter Murray sehr zurückhaltenden Burrell. Hier ist Webster in manchen Phrasen echt nicht weit – aber sind immer nur Momente. Im Klaviersolo habe ich einen anderen Gedanken, fühle mich manchmal an Ran Blake erinnert. Das mag auch mit der dunklen Tönung der ganzen Sessions zu tun haben, denen man durchaus den Untertitel „A Murray Noir“ verpassen könnte. Mehr als im ersten veröffentlichten Album der Sessions kommen hier die Sideman zum Zuge. In Murrays Hommage an Johnny Dyani, „Mbizo“, ist Hopkins gleich wieder zu hören, aber dieses Mal front and centre im Thema und mit dem ersten tollen Solo, wieder in einer Rubato-Stimmung, von Peterson den Trommeln grundiert. Murray ist hier an der Bassklarinette zu hören und spielt ein grossartiges Solo über einen inzwischen einigermassen stabilen Latin-Rumpelgroove von Peterson mit impressionistischem Klavier – und klar, Burrell setzt da gleich an, behält sich Stimmung bei, obwohl die Dinge aufzubrechen beginnen, auch durch Einwürfe von Hopkins und das Aufbrechen des Beats – wobei sich hier einfach alles ruhig auflöst und dann verklingt. „Theme 2A“ ist dann eher boppig – aber für einmal von Murray, nicht von Morris. Doch wie gesagt: auch das kann Murray inzwischen souverän – erst recht mit einer Band, die in alle Richtungen strebt. Es gibt zwar Walking Bass (nicht durchgehend allerdings), Comping vom Klavier, Bombs von den Drums – aber das ist alles so unkonventionell gespielt, dass Murrays Tenorsax voller Falsett-Cries und Multiphonics überhaupt nicht deplaziert klingt darüber. Im Klaviersolo – mit harten Kürzeln im Diskant eröffnet – fängt auch gleich ein Bass-Solo an, das Tempo scheint zu schwanken, aber Peterson hat stets alles im Griff, bricht eine wellenartig immer wieder herein, um dann leise zu werden fast bis zum Verschwinden. Später ein weiteres beeindruckendes Hopkins-Solo, sprechend, mit viel Raum, in den Peterson mit Marching-Drums einsteigt und daraus in ein Solo steigt. Vier der sieben Stücke hier sind sehr lang (10 bis fast 13 Minuten) und das gibt der Band viel Raum. Im kurzen „Dakar Dance“ gibt es ein Bsss-Osinato und eine leicht exotische Linie vom Sax, das dann ein tolles Solo ohne Klavier spielt, wieder mal sehr vokal. Es folgt eine lange, schnelle Version von Coltranes „Mr. P.C.“. Und dann zum Abschluss die Geisterbahnfahrt an der Bassklarinette, die @vorgarten schon so perfekt beschrieben hat.
Da Jim Anderson die Aufnahmen vom Januar 1988 aufgenommen hat, klingen die auch umwerfend gut, sehr präsent, klar und dennoch warm und sehr integriert. Schon an dieser Stelle verbindlichsten Dank @vorgarten für das Vorstellen dieser Sessions. Mir war daraus ja bisher bloss „Ballads“ bekannt und ich hatte keine Ahnung, wie phantastisch das alles ist!
Ich muss das irgendwie timen – konnte gestern nach „Lovers“ nicht einfach die nächste CD einlegen. Heute bin ich etwas unterwegs und hab den ganzen Tag, morgen auch … das sollte für die drei restlichen Alben mit gebührendem Abstand funktionieren. Dann noch das Fo’tet und das „Special Quartet“ und dann komme ich in die Neunziger, aber das dauert dann wohl länger.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaGut, Einkauf gemacht, Wohnung geputzt (bei der Hitze, uff) – und jetzt bereit für Runde 3: Ballads, das einzige der Alben, das ich schon kannte. Nicht gut kannte, auch weil es als einzelnes, recht kompaktes und von der Tonlage her – hier gibt es dann doch einen programmatischen Titel – eher zurückhaltendes Album nicht den Eindruck gemacht hat, den es jetzt im Kontext zurück lässt. Der Opener ist ein Latin-Romp von Burrell, „Valley Talk“ (was in der Ellington-Linie eine Bezeichnung für die Vulva wäre), mit tollem Beat und einem Halftime-Groove vom Bass. Murray spielt relativ zurückhaltend, aber unglaublich gut – und wieder mit dieser überragenden Souveränität, wie ich sie sonst im Jazz nur bei ganz, ganz wenigen höre (Armstrong, Rollins, manchmal Coltrane – und das ist glaub ich schon die ganze Liste). Umwerfend! Repeat. So ähnlich geht es weiter, auch in den eigenen Stücken spielt Murray ähnlich, eher verhalten aber wahnsinnig gut – und gerade so gut ist die Begleitung, Peterson ist auch an den Besen interessant, setzt Akzente. Ich denke er kann auch so frei agieren, weil Hopkins‘ Bass wie ich es oben nannte das Gravitationszentrum der Band ist. Das befreit auch Burrell, der hier viele klassisch schöne Akkorde beisteuert, aber eben doch frei ist, auch mal eine kleine Gegenmelodie, ein kleines repetiertes Riff oder was auch immer zu spielen. Das läuft einfach, die sind so super aufeinander abgestimmt, dass jeder stets machen kann, worauf er Lust hat – im Rahmen der Vorlagen natürlich, und die bleiben hier eher eng abgesteckt. In der langen „Ballad for the Black Man“ wird Murray etwas dichter, ohne wirklich die Intensität zu steigern, auch wieder ein irre gutes Solo, und irre der Einstieg von Burrell, der sich dann aber zunächst der Improvisation fast völlig verweigert und einfach in der Form bleibt, dazwischen ein paar Arpeggien oder Läufe einstreuend, aus denen er dann allmählich doch zu freieren Linien findet, stets in der Nähe bleibend (da kommt mir der Film von Agnès Varda in den Sinn, über den ich gestern gelesen habe: sie bewegte sich so weit von ihrem Atelier/Appartement wag, wie das Kabel ihrer Kamera reichte – und in dem Radius, bzw. so weit die Strasse hoch und runter, konnte sie halt drehen … so bleibt Burrell hier beim Thema, das aber von Murray stammt). Burrells zweites Stück, „Paradise Five“, ist wieder ein Latin-Romp mit langsameren 4/4-Passagen dazwischen, und hier dreht die Band, vor allem Murray und Peterson, etwas hoch. Petersons „Lady in Black“ ist dann eine Vamp-Nummer – mit leisem Coltrane-Einfluss im Ton des Leaders, bilde ich mir ein. Der Closer stammt dann wieder von Burrell, „Sarah’s Lament“ – @vorgarten schreibt, das könnte von Andrew Lloyd Webber sein, wie ein Pop-Song klingt das tatsächlich. Murray wird quasi funktional, verschmilzt fast mit dem Klavier – wenn ich mir die Duo-Tracks hier anhöre, brauche ich wohl auch mal noch die ganzen Alben, die Murray mit Burrell im Duo gemacht hat.
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Von David Murray selbst gibt es nur den weniger als drei Minuten dauernden „Shout Song“. Olu Dara, Fred Hopkins und Stanley Crouch sind dabei. Es gibt Grummelbass, darüber ein wildes Tenorsax, teils vokalisiert, flächige Trompetentöne und Punktierungen vom Schlagzeug. Ist halt sehr schnell vorbei … da würde man schon gerne etwas mehr hören. „Extremity“, das Tenorsax-Solo-Stück vom frühen Album „Low Class Conspiracy“, stammt auch vom Wildflowers Festival.
Dave Burrell ist hier übrigens auch mit einem Trio-Stück vertreten, „Black Robert“, mit Stafford James und Harold White (neben dem von Randy Weston das einzige Stück mit einem Pianisten als Leader – zu hören sind auch noch Richard Harper, Sonelius Smith und Anthony Davis, aber die allermeisten Bands hier kommen ohne Klavier [oder Gitarre oder Vibraphon] aus, es gibt mehr Sax-Trios als Klavier-Trios).
Auf dem Debutalbum des Drummers William Hooker (*1946) ist David Murray auf dem 27minütigen „Soy: Material/Seven“ zu hören, das Seite 2 des Doppelalbums. „… is eternal life“ heisst dieses, Hooker hat es auf seinem eigenen Label herausgebracht, Sonic Unity Concepts. Die zwei dort erschienenen Alben sowie zwei CDs mit unveröffentlichtem frühen Live-Material hat NoBusiness vor ein paar Jahren in der 4-CD-Box „Light – The Early Years 1975-1989“ wieder herausgebracht.
„Soy“ ist eine Trioaufnahme vom 4. Mai 1975 (Cubiculo, New York, Carl Williams) – und ist damit wohl Murrays Debut auf Platte? Der dritte Musiker ist Mark Miller an der elektrischen Bassgitarre. Murray stürmt gleich los, Hooker spielt rollende Trommelwellen dazu, die Bassgitarre lässt zunächst viel Raum, klingt phasenweise ähnlich wie ein übel aufgenommener Kontrabass, doch mit der zunehmenden Verdichtung – Beckenteppiche, immer schnellere, aber weiterhin rhythmisch flexible Tonfolgen vom Bass – wird es doch eindeutig. Nach knapp zehn Minuten setzen die Sidemen aus und Hooker, der schon davor mit Schreien zu hören ist, spielt ein Solo, lautstark begleitet von seiner Stimme. Dann geht es in die längere, zweite Runde im Trio. Thomas Stanley beschreibt Hookers Schlagzeugspiel und seinen Approach als Leader in den Liner Notes zur „Light“-Box so: „Any vestiges of beats or swing are swallowed by a smearing constancy; super fast rolls are stacked and interleaved holographically with crashes and hi-hat chatter to fashion structures that are functionally more tonal than temporal. These spaces and platforms are the sonic basis for the improvisations of whomever Williams has brought onstage with him. These other voices […] are contained by this idiosyncratic approach to drum sound, even as they are supported and informed by it.“ – Ein Musiker, den zu vertiefen sich wohl auch mal lohnen würde, einer, der abseits aller Trampelpfade seinen eigenen Weg durchs Unterholz geschlagen hat und immer noch aktiv ist (zumindest ist 2023 bei Org Music ein recht tolles Album erschienen).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHatte falsch geguckt – auf dieser CD, die gerade im Briefkasten lag, ist das Studio-Debut von David Murray zu hören, In the Beginning vom Trompeter Ted Daniel, erschienen wohl 1997 (auf „Spring 1997“ sind die Liner Notes datiert). Am 12. April 1975 versammelte der eine ziemlich illustre Band um sich: Hassan Dawkins (ss), Arthur Blythe & Oliver Lake (as), Kappo Umezu (as, bcl), David Murray (ts), Charles Tyler (bari), Richard Dunbar (frh), Melvin Smith (g) und Tatsuya Nakamura (perc). Zwei Stücke sind bei der Session entstanden, „Hassan“ und „Illusions“ (anderswo sieht es nach „Greetings“ and „Illusions“ aus, aber in seinen eigenen Liner Notes passt die erste Option, denn Daniel erwähnt Solisten). Am 21. Mai gab es noch eine Session, bei der Ahmed Abdullah (t), Charles Stephens (tb), Danny Carter (ts) [das ist natürlich Daniel Carter], Richard Pierce (b) und Steve Reid (trap d) anstelle von Blythe, Lake und Murray dabei sind. Bei dieser zweiten Session entstanden der kurze Opener „Greeting“ mit Soli von Daniel und Lake sowie einem Schlagzeugduo von Reid/Nakamura und das 22minütige „Folley“ von Charles Tyler, das längste der insgesamt vier Stücke. Dort hören wir den Komponisten, Dunbar, Umezu (as), Smith, Carter, Reid/Pierce, Daniel, Lake, Stephens, Umezu (bcl)/Tyler, Lake … und dazwischen immer wieder Kollektivimprovisationen oder Passagen, die zwei oder drei der Musiker gemeinsam prägen, einmal gibt es auch ein gemeinsames Thema der beiden Trompeter. Unschwer, sich vorzustellen, dass das phasenweise richtig heftig wird. Toll finde ich den Einbezug einer recht wilden Gitarre: Daniel schreibt über Smith: „He is also one of the few guitarists who acknowledge the debt to the late Sonny Sharrock.“
Murray ist im recht kurzen „Illusions“ der erste Solist und natürlich sofort im roten Bereich. Dann folgt eine längere Kollektivimprovisation, das Thema wird aber immer wieder angespielt, auch um schliesslich den Komponisten Blythe einzuführen, der das nächste Solo spielt, bevor Nakamura an einem seltsam klingenden Drum-Kit („misc. percussion, tubular drums“ steht in den Credits – letztere werden da wohl sein) auch noch ein kurzes Solo spielt. Das andere Stück der Session mit Murray ist der Closer der, „Hassan“, elfeinhalb Minuten lang und von Lake komponiert. Auch hier gibt es ein Murray-Solo – Daniel weiss nicht, welches bei der Session zuerst gespielt wurde, denn er schreibt, beide Soli könnten das erste von Murray im Studio aufgenommene sein. Blythe hatte Murray mitgebracht, man kannte sich aus Kalifornien. Und der Neuling ist wieder der erste Solist, gefolgt von Umezu (bcl) und Daniel (flh), der einen echt schönen Schlusspunkt setzt, wo er sonst ja gar nicht prominent zu hören ist auf seinen eigenen Sessions. An Murrays Spiel finde ich interessant, dass seine Rhythmik so früh sehr anders zu funktionieren scheint. Es gibt auch bei einem etwas konventionelleren Solo wie diesem zweiten auf der CD keine Flow, eher eine Art Marschieren, in das aber – jetzt mal rein auf rhythmischer Ebene – kein Stottern eingebaut ist, der paradiert da quasi durch und will von allen gesehen werden, während seine Phrasen natürlich stottern, spucken, rattern und knallen. Vielleicht ist das sowas wie der Bar Walk der Freejazzer?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaIch bin doch schneller unterwegs als gedacht … es ist eh zu heiss, um irgendwas anderes zu tun, als dazusitzen und Musik zu hören. Ich brauche einfach zwischen den Alben von 1988 jeweils eine Pause, das kann man echt nicht bingen. Oder vielleicht schon, das nächste Mal dann? Spirituals ist der Titel Runde 4 (ich gehe nach den Katalognummern) und das Album trägt nun wirklich einen halbwegs sprechenden Titel, denn los geht es im Rumpelrubato mit „Amazing Grace“, in der Mitte (7 Stücke hier, wie auf „Deep River“, die anderen drei Alben haben je 6) hören wir „Nobody Knows the Trouble I’ve Seen“ und an zweitletzter Stelle steht noch „Crucifixion“. Dazu kommen je zwei Stücke von Burrell („Dave Blue“ und der Closer „Abel’s Blissed Out Blues“) und Murray („Blues for My Sisters“, Barbara & Michelle gewidmet, Murray nehme ich an?) und „Sunlit On a Dark Afternoon“. Nach dem fabelhaften Bassklarinetten-Einstieg folgt Burrells Blues mit einem poppigen Gospel-Groove mit rollendem Klavier, fettem Backbeat, angedeutetem Stop-Time und klassischer Soul-Steigerung hinter Murray, der selbst einen irren Lauf hinlegt. Murrays Blues ist bis dahin vielleicht die klassischste Performance im Katalog? Bass-Intro, Drum-Rolls, Anpassung der Begleitung von Chorus zu Chorus deren Enden von Peterson auffällig markiert werden – und der Leader klingt hier für meine Ohren wirklich so oft wie nie zuvor nach Ben Webster. „Nobody Knows…“ hat @vorgarten sehr schön beschrieben – das ist wieder eine grossartige Band-Performance mit dem Riff im langen Intro, dem dichten Zusammenspiel, auch wenn nur gegroovt wird. Murrays zweites Original ist ein zartbitteres Duett mit Burrell (eins der Duo-Alben lag übrigens im selben Umschlag wie die Ted Daniels-CD oben – hatte schon wieder vergessen, dass ich bereits eins bestellt hatte ), in dessen Klaviersolo alles auseinanderzufliegen droht, bevor er die Kurve wieder kriegt. Nach dem wahnsinnig schönen letzten Spiritual ist der Closer dann wieder ein Blues – aber der gerät tatsächlich bald aus den Fugen mit Burrells Klavier, der die Drums mitreisst, die das Thema und damit den Einstieg von Murray wieder mit einem altmodischen Roll ankünden. Die Band setzt in der Mitte ab, Burrell spielt weiter und setzt den Auftakt für einen irren schnellen Teil, fast ein wenig nach Ragtime klingt. Stampfende Drums, ein schnaubendes Saxophon, angetrieben von einem Groove, der allmählich in eine Art jubilierenden Gospel morpht (der ein nach einem entfernten Cousin von „A Tisket, A Tasket“ klingt), während Murray in Zungen spricht, im Falsett, mit sich überschlagendem Ton und Multiphonics. Am Schluss sspeilt Peterson ein kurzes Solo-Outro. Irre!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba….neulich erst ergänzend hinzu gekauft, nun zum ersten mal auf dem dreher, klingt eigentlich überhaupt nicht nach einer live aufnahme, wenn da nicht der brave applaus kommen würde, einstieg mit ensemble, danach soliert einer nach dem anderen in murrays great peace, finde diese solo sequenzen schon recht ansprechend , beenden den track dann alle gemeinsam und seite eins wird dann wieder im ensemble mit oliver lake’s kind’a up abgeschlossen….auch ein wsq-album das man mal gehört haben sollte, hat mit dem doch mauen moers-auftritt nichts zu tun…..gefällt mir gerade im abschluss von seite eins extrem gut…..
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt! -
Schlagwörter: David Murray, Tenorsax
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