Antwort auf: David Murray

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gypsy-tail-wind
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The Healers heisst das Duo-Album mit Randy Weston, das David Murray am 26. September 1987 im Seltzer Sound in NYC aufgenommen hat. Der Opener von Butch Morris, „Clever Beggar“, klingt bald nach Weston, so typisch ist seine Begleitung. Einfach, kraftvoll und doch von grosser Geschmeidigkeit und Eleganz. Murray spielt dazu ein dichtes Saxophon, die Linien werden fast zu Teppichen, auch wenn er ins Falsett aufsteigt, klingt da nicht wie ein Ausbrechen – und immer wieder hat es eine leicht exotische, nahöstliche Tönung, eher Musette als (wär ja auch nicht nahöstlich) Shenai. Dieser leise Exotismus durchweht auch „The Healers“, Westons hier über 14 Minuten langes Titelstück mit Murray an der etwas näselnden Bassklarinette und einen Klavier, das die rollenden Weston-Riffs zunächst umschifft, bis nach zweieinhalb Minuten erst das Thema erklingt. Das finde ich eine fast schon magische Performance – wie das stets in der getragene Stimmung bleibt, bei allen Beschleunigungen für einmal keine eigentlich Verdichtung stattfindet, auch wenn Weston hämmert und Murray rast bleibt das langsam, transparent. Und Westons Solo finde ich dann ein echtes Highlight. Das Schema mit dem kürzeren und dem längeren Stück wiederholt sich im zweiten Teil, es gibt wieder „Mbizo“ von Murray, das er erneut an der Bassklarinette spielt, aber von Beginn weg dichter, Flatterzungen-Gestotter, in dem eine Art „Salt Peanuts“-Zitat durchschimmert – aber so richtig toll wird das für meine Ohren erst mit der sehr kurzen Klavierpassage, nach der auch Murray anders einsteigt, Weston tatsächlich aus der Begleitung ausschert und sich in einen Dialog einlässt. Als Closer dann fast eine Viertelstunde „Blue Moses“ – Murray wieder am Tenor, erneut eine langsame, dialogische Annäherung an das Thema, das dann aber gleich im Duo präsentiert wird, wobei Murray sich nicht lange damit aufhalten mag und bald ein zum Solo ansetzt – und das ist dann wieder unglaublich toll. Eine schöne Wiederentdeckung (sehr lange nicht angehört, keine klare Erinnerung mehr gehabt). Ich finde das von der Stimmung her phantastisch, dunkel schimmernd mit einem etwas mysteriösen Touch. Aber perfekt finde ich das Album bei weitem nicht.

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