Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert

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  • #10688613  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,224

    pfingstluemmel
    Schmalbrüstige Replik, in Form eines versteckten persönlichen Angriffs.

    Mit Adorno verglichen zu werden, ist aber auch echt schweres Geschütz, das sehe ich ein.;-) Ich habe Dich nicht persönlich angegriffen, sondern nur Aussagen von Dir gespiegelt, die das von mir gesagte bestätigen.

    Was Neely angeht, hast Du einen komplett anderen Clip als ich gesehen. Er verherrlicht nicht die Jugend und erzählt an keiner Stelle die Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies der Kindheit, sondern er versucht zu vermitteln, dass in dem mächtigen und auch in den sozialen Netzwerken millionenfach geteilten Narrativ von „früher war die Musik viel besser als heute“ Mechanismen stecken, die mit der Biographie der Menschen zu tun haben, die diese Einschätzung teilen. Da kann man psychologische und entwicklungsmäßige Tatsachen nicht einfach als „Biologismus“ ausblenden. Das sind mächtige Faktoren. Ihm (und mir) geht es dabei nur darum klarzumachen, dass man sich bei der Beurteilung von Musik und musikalischen Entwicklungen seiner eigenen Prädisposition bewusst werden sollte, um dadurch das eigene „Bauchgefühl“-Urteil zu relativieren. Er spricht aus der Position eines Musikers und Musiktheoretikers, der sich mittlerweile mit völlig anderer Musik als der seiner eigenen Jugend befasst. Den Clip muss man einerseits als Antwort auf viele andere Clips verstehen, die sich blind dem „es wird immer schlimmer“ hingeben, und andererseits im Kontext seines Kanals, den man nicht ernsthaft mit irgendwelchen Beauty Guru- oder Lets Play-Kanälen gleichsetzen kann. Aber Du wirst es weiterhin anders sehen, also lassen wir es dabei.

    Ich verstehe noch immer nicht den Verweis auf Anti-Musikenthusiasten. Wofür soll die Ignoranz der Masse ein Beispiel sein? Ignorante Leute tun in ihrem Leben ignorante Dinge – und sind deshalb auch einfache Beute für Kaufleute. Wer sich einen Scheiß kümmert, um den wird sich eben gekümmert. Die stumpfe Trägheit dient nicht als Maßstab.

    Wo habe ich das denn alles gesagt? Ich will die „Normalos“ doch überhaupt nicht zum Maßstab für „uns“ machen, sondern nur bescheiden darauf aufmerksam machen, dass „sie“ schon immer die Hauptkonsumenten der Musikindustrie waren und nicht „wir“. Mir geht es einzig darum, dass bei den ganzen „Streaming und Algorithmen töten Musik und Alben als Kunstform“-Aussagen auch hier oft übersehen wird, dass es eben immer schon sehr unterschiedliche Typen von Musikhörern gab und „wir“ noch nie das Hauptziel dieser Industrie waren. Ich sehe allerdings auch keinen Grund zur Überheblichkeit. Jeder von uns ist in manchen Bereichen des Lebens, Wissens und der Kultur ein Ignorant, um den sich dann „gekümmert wird“. In einer so komplexen Welt wie der unseren geht das gar nicht anders, niemand kann alles wissen und durchschauen und sich überall zum Spezialisten entwickeln.

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    #10688617  | PERMALINK

    demon

    Registriert seit: 16.01.2010

    Beiträge: 66,870

    elmo-ziller
    Warum der Besitz und das Sammeln von Kopien eine derartige Bedeutung hat, daß daran das Wohle der Kunst hängt, wurde bislang noch nicht geklärt.

    Musik vs. Literatur/Malerei/Theater/Film ! Da ist vielleicht ein fundamentaler Unterschied hinsichtlich der Wahrnehmung.

    zuletzt geändert von demon

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    Software ist die ultimative Bürokratie.
    #10688621  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 81,041

    Musik macht am meisten Spaß bzw. berührt emotional am stärksten. Sage ich ;-)

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10688627  | PERMALINK

    demon

    Registriert seit: 16.01.2010

    Beiträge: 66,870

    mozzaMusik macht am meisten Spaß bzw. berührt emotional am stärksten. Sage ich

    Ein gutes Musikstück knallt bei jedem Wahrnehmen direkt ins Herz rein. Das funktionert so mit keiner anderen Kunstform. Auch nicht mit Bildern, die hier hängen und die mir richtig wertvoll sind.

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    Software ist die ultimative Bürokratie.
    #10688629  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 81,041

    demon

    mozzaMusik macht am meisten Spaß bzw. berührt emotional am stärksten. Sage ich

    Ein gutes Musikstück knallt bei jedem Wahrnehmen direkt ins Herz rein. Das funktionert so mit keiner anderen Kunstform. Auch nicht mit Bildern, die hier hängen und die mir richtig wertvoll sind.

    Ja.

    Nach Musik sehe ich Literatur und Film an zweiter und dritter Stelle. Bei Musik und Literatur kann man selber mehr ergänzen als bei Filmen, für mein Empfinden.

    Bei mir folgt Malerei mit deutlichem Abstand.

    zuletzt geändert von mozza

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10688635  | PERMALINK

    pfingstluemmel
    Darknet Influencer

    Registriert seit: 14.09.2018

    Beiträge: 7,417

    herr-rossiMit Adorno verglichen zu werden, ist aber auch echt schweres Geschütz, das sehe ich ein.;-) Ich habe Dich nicht persönlich angegriffen, sondern nur Aussagen von Dir gespiegelt, die das von mir gesagte bestätigen. Was Neely angeht, hast Du einen komplett anderen Clip als ich gesehen. Er verherrlicht nicht die Jugend und erzählt an keiner Stelle die Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies der Kindheit, sondern er versucht zu vermitteln, dass in dem mächtigen und auch in den sozialen Netzwerken millionenfach geteilten Narrativ von „früher war die Musik viel besser als heute“ Mechanismen stecken, die mit der Biographie der Menschen zu tun haben, die diese Einschätzung teilen. Da kann man psychologische und entwicklungsmäßige Tatsachen nicht einfach als „Biologismus“ ausblenden. Das sind mächtige Faktoren. Ihm (und mir) geht es dabei nur darum klarzumachen, dass man sich bei der Beurteilung von Musik und musikalischen Entwicklungen seiner eigenen Prädisposition bewusst werden sollte, um dadurch das eigene „Bauchgefühl“-Urteil zu relativieren. Er spricht aus der Position eines Musikers und Musiktheoretikers, der sich mittlerweile mit völlig anderer Musik als der seiner eigenen Jugend befasst. Den Clip muss man einerseits als Antwort auf viele andere Clips verstehen, die sich blind dem „es wird immer schlimmer“ hingeben, und andererseits im Kontext seines Kanals, den man nicht ernsthaft mit irgendwelchen Beauty Guru- oder Lets Play-Kanälen gleichsetzen kann. Aber Du wirst es weiterhin anders sehen, also lassen wir es dabei.

     

    Wo habe ich das denn alles gesagt? Ich will die „Normalos“ doch überhaupt nicht zum Maßstab für „uns“ machen, sondern nur bescheiden darauf aufmerksam machen, dass „sie“ schon immer die Hauptkonsumenten der Musikindustrie waren und nicht „wir“. Mir geht es einzig darum, dass bei den ganzen „Streaming und Algorithmen töten Musik und Alben als Kunstform“-Aussagen auch hier oft übersehen wird, dass es eben immer schon sehr unterschiedliche Typen von Musikhörern gab und „wir“ noch nie das Hauptziel dieser Industrie waren. Ich sehe allerdings auch keinen Grund zur Überheblichkeit. Jeder von uns ist in manchen Bereichen des Lebens, Wissens und der Kultur ein Ignorant, um den sich dann „gekümmert wird“. In einer so komplexen Welt wie der unseren geht das gar nicht anders, niemand kann alles wissen und durchschauen und sich überall zum Spezialisten entwickeln

    Mich stört kein launiger Vergleich mit aufgeschnappten und zu Slogans verkürzten Formulierungen aus dem Werk Adornos und Horkheimers, sondern die Implikation, der musikalische Reifeprozess sei nach Beendigung der Pubertät weitestgehend abgeschlossen und überhaupt ein Produkt der Hirnchemie, ähnlich dem Genuss von Partydrogen. Plötzlich ist man ein Junkie, der sich nicht gegen die Musik seiner Jugend zu wehren und behaupten weiß. Denn – cut the crap – darum geht es im Video von Neely: Eine Ausrede zu finden, warum man sich von musikalisch wenig Ergiebigem nicht trennen will. Eine Flucht in Nostalgie und Banausentum, die man noch mit pseudo-medizinischen Vorteilen unterfüttert.
    Ich habe im Laufe meines Lebens als Musikhörer (und auch als Musiker) immer wieder Offenbarungen erlebt; Musik, die oft unmittelbar neue Bereiche aufschloss, neue Perspektiven erlaubte – und vor allem begeisterte. Ich verwahre mich gegen die Annahme, man könne derartige Epiphanien nur im frühen Jugendalter erleben. Ich glaube, mir tun sogar Menschen leid, die nach ihrer Adoleszenz zu diesem Empfinden nicht mehr fähig sind. Diese Art der Verkrüppelung erscheint mir als eine der schlimmsten.
    1/2 Mensch.

    Manchem mag die Abgrenzung von „Normalos“ arrogant oder elitär erscheinen, wohin jedoch die unreflektierte Einbindung der Massen in Entscheidungsprozesse führt, kann man gerade wunderbar beim BREXIT sehen. Der Großteil der Berieselten hat keine Relevanz für meine Playlist, dafür aber die unangenehme Angewohnheit sich eine Deutungshoheit per Anzahl zu verschaffen. Das Diktat der Mehrheit, gestanzt in das dümmste aller Mottos: Was Erfolg hat, muss auch gut sein. (Politisch ist dies noch verheerender, wenn ein Haufen Unbedarfter: „Wir sind mehr!“ brüllt. Ach, darum geht’s? Und wenn die Gegenseite plötzlich in der Überzahl ist?)
    Und hier geht es nicht nur um irgendeine Nordseeinsel, sondern um Pop-Musik.

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    Come with uncle and hear all proper! Hear angel trumpets and devil trombones. You are invited.
    #10688637  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 81,041

    pfingstluemmel

    Manchem mag die Abgrenzung von „Normalos“ arrogant oder elitär erscheinen, wohin jedoch die unreflektierte Einbindung der Massen in Entscheidungsprozesse führt, kann man gerade wunderbar beim BREXIT sehen. Der Großteil der Berieselten hat keine Relevanz für meine Playlist, dafür aber die unangenehme Angewohnheit sich eine Deutungshoheit per Anzahl zu verschaffen. Das Diktat der Mehrheit, gestanzt in das dümmste aller Mottos: Was Erfolg hat, muss auch gut sein. (Politisch ist dies noch verheerender, wenn ein Haufen Unbedarfter: „Wir sind mehr!“ brüllt. Ach, darum geht’s? Und wenn die Gegenseite plötzlich in der Überzahl ist?) Und hier geht es nicht nur um irgendeine Nordseeinsel, sondern um Pop-Musik.

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    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #10688639  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,224

    pfingstluemmelsondern die Implikation, der musikalische Reifeprozess sei nach Beendigung der Pubertät weitestgehend abgeschlossen und überhaupt ein Produkt der Hirnchemie, ähnlich dem Genuss von Partydrogen. Plötzlich ist man ein Junkie, der sich nicht gegen die Musik seiner Jugend zu wehren und behaupten weiß. Denn – cut the crap – darum geht es im Video von Neely: Eine Ausrede zu finden, warum man sich von musikalisch wenig Ergiebigem nicht trennen will. Eine Flucht in Nostalgie und Banausentum, die man noch mit pseudo-medizinischen Vorteilen unterfüttert.

    Himmeldieberge, wie kann man etwas nur so komplett missverstehen und in sein Gegenteil verdrehen … Neely hat doch selbst den musikalischen Lernprozess durchlebt, der ihn vom NuMetal zu Jazz und anderen komplexeren Musikformen geführt hat und es geht ihm gerade nicht um eine „Entschuldigung“, sondern darum, offenzulegen, warum so viele Menschen so leicht diesem „früherwar Musik viel besser und wichtiger“- und „Musik als Kunstform stirbt“-Narrativ aufsitzen. Wenn man erkennt, wo die entwicklungspsychologischen Ursachen dafür liegen, dann kann man sich auch davon lösen und offen werden für neue musikalische Erfahrungen. Ist das denn so schwer zu verstehen?

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    #10688641  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,757

    elmo-ziller

    herr-rossiFür die These warte ich ja immer noch auf Belege.

    Da gehts dir wie mir, ich warte auch noch… Warum der Besitz und das Sammeln von Kopien eine derartige Bedeutung hat, daß daran das Wohle der Kunst hängt, wurde bislang noch nicht geklärt. Zumal es ja bei sonstigen Kunstformen (Film, Literatur, Malerei) doch ziemlich gut ohne Besitz geht. Humanistische Bildung durch Bibliotheken scheint allgemein akzeptiert, ein Kinobesuch schlägt jede Blu-Ray… Also warum zur Hölle ist das Sammeln von Tonträgerkopien so überaus relevant für die Bestimmung der Lage der Kultur…?

    Meine Güte, im Gegensatz zu den anderen Kunstformen ist Popmusik halt 70 Jahren mit Trägermedien verzahnt gewesen. Dafür braucht es Belege? Wirklich? Filme wurden fürs Kino gemacht, Gemälde für die Galerie und Bücher gab es optional in Bibliotheken. Musikalben hingegen wurden für den Heimgebrauch zum Sammeln konzipiert und produziert. Die gab es weder zu leihen noch wurden sie als solche auf Bühnen live aufgeführt. Ist doch also vollkommen logisch, dass dadurch Trägermedien auch selbst zum Kulturgut wurden. Ist mir ehrlich gesagt rätselhaft, was eine Debatte darüber soll.

    zuletzt geändert von bullitt

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    #10688643  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,757

    herr-rossi

    bullittÜber den Verlust der „Aura“ einer raren Vinylauflage im Vergleich zu einem File einer Spotify-Playlist muss man hier sicher auch nicht lange debattieren. Die Veröffentlichungsform hat Einfluss auf die Wertschätzung.

    Müssen wir nicht diskutieren, aber das „rar“ in „rare Vinylauflage“ sagt doch schon aus, das hier nur ein ganz kleiner Kreis von Enthusiasten überhaupt angesprochen wird. Die sehe ich aber nicht gefährt, denn die waren doch auch bislang schon von anderen, kommerziell einträglicheren Veröffentlichungsformen unabhängig. Die „Aura“ eines Sammlerstücks war schon immer eine andere als die der „Kuschelrock 13“-LP bei Karstadt oder die der „Bravo Hits 98“-CD vom großen Stapel bei Mediamarkt – und in deren Tradition sehe ich die auf maximale Reichweite angelegten Playlists der Streamingdienste.

    Das stimmt, ist nur die Frage, ob dieser kleiner Kreis von Enthusiasten weiter traditionell durchgefüttert werden wird, wenn sich der Markt abseits davon in eine völlig andere Richtung entwickelt. Finde das ja gerade im Roots Thread exemplarisch. Eine Single mit einer Auflage von 10 Exemplaren wird als Single des Jahres gefeiert und soll dann nochmal für die Interessierten nachgepresst werden. Wenn der Kreis von Enthusiasten so klein wird, sehe ich den schon gefährdet.

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    #10688655  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

    Beiträge: 2,238

    Wir sind uns ja wohl einig, dass das „Album“ ein historischer Zufall ist. Es entstand, weil auf den Tontraeger Vinyl halt zufällig grade eine halbe bis dreiviertel Stunde geschickt draufpasste. Dann machten die Künstler das beste draus, sie loteten diesen Rahmen aus. Das ist ein bisschen so, als wenn es für Maler verfügbare Leinwände nur in der Größe 60 mal 90 Zentimeter gaebe und die Kunstkritiker nach ein paar Jahrzehnten voller gelungener Werke sagen würden: 60x90cm ist optimal, das passt am besten zum menschlichen Auge, das sieht bei kleineren Leinwänden nichts und ist mit größeren überfordert.

    Insofern ist eines selbstverstaendlich: Genau so, wie künstlerisch wache, sensible, innovative Künstler damals begonnen haben, die spezifischen Einschränkungen und Chancen des LP-Formats auszuloten und damit die Kunstform Album zu etablieren, so werden wache, sensible, innovative Künstler auch heute umgehen mit den technologischen Entwicklungen ihrer Zeit. Alles andere wäre doch auch schwer deprimierend und enttäuschend. Damit wird das Format „Album: Abfolge von Liedern in fest definierter Reihenfolge mit verbindlich vorgegebener Gesamtlänge“ natürlich nicht völlig verschwinden, sondern als in der Vergangenheit etablierte Option mindestens in der Nische überdauern (wie es ja auch mit dem ebenfalls tontraegerlimitationstechnologisch bedingten Vorgängermodell „Single“ geschah), aber eben radikal an Bedeutung verlieren, und das völlig zurecht! Denn eine Kunst, die nicht entschlossen auf die Bedingungen und Möglichkeiten ihrer Zeit reagiert, ist ja doch etwas kläglich.

    Ich finde, das alles ist kein Grund, den Verfall der Kultur zu beklagen, sondern ein musikhistorisch hochspannender Umbruchmoment.

    zuletzt geändert von bullschuetz

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    #10688673  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,711

    bullitt
    Das stimmt, ist nur die Frage, ob dieser kleiner Kreis von Enthusiasten weiter traditionell durchgefüttert werden wird, wenn sich der Markt abseits davon in eine völlig andere Richtung entwickelt. Finde das ja gerade im Roots Thread exemplarisch. Eine Single mit einer Auflage von 10 Exemplaren wird als Single des Jahres gefeiert und soll dann nochmal für die Interessierten nachgepresst werden. Wenn der Kreis von Enthusiasten so klein wird, sehe ich den schon gefährdet.

    Das ist vielleicht ein extremes Beispiel, aber generell ist Vinyl schon limitiert (aus bekannten Gründen). Aber das widerspricht doch nicht dem Markt, im Gegenteil, die Auflagen gehen doch schnell weg, der Käuferkreis ist also da. Kann man mit dem Kauf einer mp3-Datei, die unendlich oft vorhanden ist, oder dem Nicht-Kauf sondern „Mieten“ eines Streams nicht vergleichen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass physikalische Tonträger bis jetzt nicht aussterben.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #10688677  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    demon

    elmo-ziller
    Warum der Besitz und das Sammeln von Kopien eine derartige Bedeutung hat, daß daran das Wohle der Kunst hängt, wurde bislang noch nicht geklärt.

    Musik vs. Literatur/Malerei/Theater/Film ! Da ist vielleicht ein fundamentaler Unterschied hinsichtlich der Wahrnehmung.

    Den Unterschied hätte ich dann aber gerne benannt. Ansonsten ist der Unterschied nämlich nur das, was Bullitt schreibt – und das führt im nächsten Schritt zu genau der Konsequenz, der sich die Kulturverlustjammerer hier gerne verweigern

    bullitt
    Meine Güte, im Gegensatz zu den anderen Kunstformen ist Popmusik halt 70 Jahren mit Trägermedien verzahnt gewesen. Dafür braucht es Belege? Wirklich? Filme wurden fürs Kino gemacht, Gemälde für die Galerie und Bücher gab es optional in Bibliotheken. Musikalben hingegen wurden für den Heimgebrauch zum Sammeln konzipiert und produziert. Die gab es weder zu leihen noch wurden sie als solche auf Bühnen live aufgeführt. Ist doch also vollkommen logisch, dass dadurch Trägermedien auch selbst zum Kulturgut wurden. Ist mir ehrlich gesagt rätselhaft, was eine Debatte darüber soll.

    Offensichtlich führst du eine Debatte, die hier sonst keiner führt. Die eigentliche Frage ist doch nicht: verändern sich die Medien (die du auch gerne Kulturgüter nennen kannst), sondern verändert sich der Wert der Musikkultur/Kunst durch die Veränderung des Mediums?

    Deine Antwort einen Schritt weiter gedacht bedeutet ja nur, dass aus deinem „Musikalben hingegen wurden für den Heimgebrauch zum Sammeln konzipiert und produziert“ die Frage entsteht, was das für die auf den Sammelmedien enthaltene Musik und den Sammler selbst bedeutet. War der denn bislang überhaupt in der Lage, den Wert der Musik zu erkennen oder ging es vielmehr um den Wert des Mediums? Sind wir dann alle nicht seit 70 Jahren lediglich Opfer einer Musikindustrie, die uns einen Wert einer eigentlich wertlosen großindustriell hergestellten Massenkopie suggeriert? Ist der Schritt zum Hören ohne Medium dann nicht endlich ein Kulturgewinn, dass man Musik ohne die überlagernden Effekte des Mediums wahrnehmen kann? Hat das Vinyl-Opfer oder das MTV-Opfer überhaupt das moralische „Recht“, über die seiner Meinung nach nun wertlosen „Streaming-Opfer“ zu urteilen und einen Verlust zu beklagen?

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    #10688693  | PERMALINK

    jjhum

    Registriert seit: 30.08.2007

    Beiträge: 2,394

    Leider habe ich weder die Zeit noch das tiefgehende Wissen, um mich aktiver in diesem interessanten Thread einzubringen.Daher verzeiht mir bitte,dass ich nur ein paar kurze Beiträge in die Runde werfe. Ein wichtiger kultureller Aspekt bei Musik ist das Konzert.Dadurch ,lassen wir mal Lesungen raus,unterscheidet sie sich von den anderen genannten Formen.Auch wenn es jetzt off topic klingt:Beispiel Klassik. Ist es nicht phänomenal,dass jahrhunderte alte Musik immer wieder neu interpretiert,im engeren Sinne quasi gecovert wird und live vorgetragen wird? Ähnlich bei Pop/Rockkonzerten. Da sicherlich auf einem anderen Niveau,aber trotzdem. Ein einzigartiger Zugangsweg zum Publikum,eigentlich auch playlists,da ja dort keine kompletten Alben aufgeführt werden (neuerdings schon, aber in der Regel dann alte Erfolgsalben).

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    #10688697  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Ich sehe übrigens zwischen Literatur und Musik in Bezug auf den Besitz und das Sammeln von physischen Trägermedien keinen großen Unterschied.

    Es gibt genauso wie Schallplattensammler auch Sammler von Büchern (insbesondere auch Erstausgaben) und von Comics (bei denen ebenso die Originalausgaben der Heilige Gral sind).

    Wenn man will, kann man das auch noch auf Sammler von DVDs und ähnlichen Trägermedien ausweiten. Und in der populären Kultur wird auch sonst noch alles Mögliche an Artefakten gesammelt. Von Original-Plakaten und Eintrittskarten bis zu limitierten Siebdrucken und diversen Merchandise Artikeln.

    Die Bedeutung der damit einhergehenden kulturellen Werke bleibt aber von diesen Trägermedien völlig unabhängig. Das war schon immer so, und das wird auch so bleiben.

    Und der Beweis, dass jemand, der Musik nur hört, sie nicht genauso wertschätzt, wie jemand, der auch die Originalpressung im Schrank hat, müsste noch erbracht werden.

    Das Beispiel der Roots #1 ist da sehr treffend. Weil ich die originale Single nicht besitze, kann ich mir kein Urteil über die darauf enthaltene Musik bilden?
    Ich persönlich neige ja dazu, solche Musik, die hier im konkreten Fall nur 10 Personen bekannt und zugänglich ist, in der Diskussion über den Wert völlig zu ignorieren. Die Aufführung im Radio ist in diesem Fall auch nur eine unzulängliche Hilfe. Denn es wurde ja nur die eine Seite der Single gespielt. Und zur Erläuterung für Nichteingeweihte: Der Track, um den es geht, ist in dieser Form nur auf 10 Vinylsingles erhältlich. Alle im Netz verfügbaren Versionen des Tracks sind nicht damit identisch.

    --

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