Enja Records

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  • #12309483  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    lustig dass die Namen Shotam und Gjakonovsky hier gerade fast gemeinsam auftauchten… mit Shotam hab ich mir mal vor bald 30 Jahren an einem sehr vollen Abend im Stadtgarten quasi einen Stuhl geteilt… Das war bei einem der „wild card“ Konzerte, bei denen man nie wusste, was kommt… Vor dem letzten Set stand er dann auf – wie sich herausstellte um mitzuspielen, ein wahnsinnig starkes Set, das man mal für Enja hätte aufnehmen sollen, Nicolas Simion mit Paul Shigihara (g), Gjakonovsky (b) und Shotam (perc)

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    #12309489  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandrice
    lustig dass die Namen Shotam und Gjakonovsky hier gerade fast gemeinsam auftauchten… mit Shotam hab ich mir mal vor bald 30 Jahren an einem sehr vollen Abend im Stadtgarten quasi einen Stuhl geteilt… Das war bei einem der „wild card“ Konzerte, bei denen man nie wusste, was kommt… Vor dem letzten Set stand er dann auf – wie sich herausstellte um mitzuspielen, ein wahnsinnig starkes Set, das man mal für Enja hätte aufnehmen sollen, Nicolas Simion mit Paul Shigihara (g), Gjakonovsky (b) und Shotam (perc)

    Klingt toll! Ich hab Simion ja leider gar nie live gehört … einer der vielen Leute, die die Jazz-Häuptlinge in Zürich nicht auf dem Schirm haben (das bird’s eye-Programm für Juni/Juli bietet wirklich mehr als eine ganze Saison in Zürich, ist recht schmerzhaft zu lesen … die alte Fabrikjazz-Reihe und das alte Taktlos fehlen mir schon sehr).

    Nochmal nachgefragt, ob Du eigentlich „Yesterdays“ von Ronald Muldrow kennst? Das finde ich wirklich sehr stark, müsste auch was für Dich sein!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #157: Benny Golson & Curtis Fuller – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12309497  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    oh, ganz übersehen, ja das Muldrow Album kenn ich schon länger, und in der Tat, das ist genau mein Ding!

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    #12309515  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Franco Ambrosetti – The Wind | So zart wie das Trompetenquartett von Goykovich ist das hier nicht – aber ebenfalls ein sehr frisch klingendes Album, mit einem eingespielten Trio (Drew Gress-b und Clarence Penn-d), das sich am 11. und 12. Februar 2007 im Studio Tessiner Fernsehens (RSI) in Lugano einfand, das auch gleich die Produktion übernahm (Paolo Keller, der langjährige verantwortliche Jazzredaktor dort). Mit „The Wind“ von Russ Freeman in einer lockeren Latin-Version geht es los, 1952 (korrekt ist: 1954) auf „Chet Baker with Strings“ erschienen, als er 11 (korrekt: 13) gewesen sei, das Stück „impressed me so much that ever since I thought of recording it one day.“ Dann „Doxy“ von Rollins, in dem das Trio glänzen darf, bevor es zu den Originals kommt: „Otello“ und „Stiletto“ von Caine und „Frasi“ von Ambrosetti. Auf Frank Loessers „I’ve Never Been in Love Before“ (nicht nur hier klingt Ambrosetti mit Dämpfer ein wenig wie eine flüssigere Version von Miles – am Ende seines Solos zitiert er „Tenor Madness“), folgen noch drei Originals: die Ballade „Lyrical Sketches“ von Sohn Gianluca im Duo mit Caine, „Mike on Wings“ von Franco, Mike Brecker gewidmet (eine neue Version von „Wings“ vom gleichnamigen Enja-Album von 1984) und als Closer „African Breeze“, das der Leader mit Clarence Penn zusammen ausgedacht hat: ein kurzes Duett von gestopfter Trompete und trommellastigen Drums – ein sehr schöner Ausklang für ein überaus stimmiges Album.

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    #12309549  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Lee Konitz and Minsarah – Deep Lee | Quasi am Übergang vom Alters- zum Greisenwerk schlägt Lee Konitz noch einmal ein neues Kapitel auf Ein paar Wochen vor seinem 80. Geburtstag im Systems Two, Brooklyn, am 22. und 23. September 2007 (Max Ross ist der Tonmeister) trifft er auf das Trio Minsarah, das drei Berklee-Studenten gegründet haben und da bereits ein eigenes Enja-Album vorliegen hatte: Florian Weber (p) aus Deutschland, Jeff Denson (b) aus den USA und Zvi Ravitz (d) aus Israel. Mit diesem Trio hörte ich Konitz dann zum zweiten und dritten Mal, aber erst ein paar Jahre später (und beim zweiten Mal sprang Dan Weiss für Ravitz ein, was super war). „Deep Lee“ ist ein wirklich passender Titel. Der Glanz, den Konitz ein knappes Jahrzehnt zuvor mit Swallow/Motian noch im Ton hatte, ist verschwunden, und umso verletzlicher wirkt er hier. Dass auch das Trio die Kunst der spontanen Interaktion pflegte, ist schon in der öffnenden „Three Part Suite“ (Invention, Chorale, Canon sind die Teile überschrieben) von Weber zu merken, noch mehr dann im Titelstück von Konitz. Dann gibt es den ersten und letzten Standard, „Stella By Starlight“, bevor es mit weiteren Originals von allen dreien weitergeht (je zwei von Denson und Ravitz, ein weiteres von Weber und „W 86th“, das gleich allen vieren zugeschrieben wird). Konitz ist hier schon an einem völlig eigenen Ort – unerreichbar für Normalsterbliche ohne seinen Rucksack, seine Geschichte(n), seine „dues“. Das Quartett schlägt Haken und wechselt die Richtung, wie es sich gerade ergibt – und Konitz lässt sich auch dann nicht aus der Ruhe bringen, wenn die drei Begleiter stürmischer werden. Gefällt mir sehr, lief noch viel zu selten … die zwei Nachfolge-Alben aus dem Village Vanguard noch seltener, obwohl sie schon etwas länger hier sind (4 bzw. 5 Jahre, „Deep Lee“ 3, wie Discogs mir sagt … wobei ich dort nicht immer mit allem à jour bin). Ist halt wieder ein Fall, in dem Erinnerungen von Konzerten quasi im Weg stehen, den Platz besetzen.

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    #12309563  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Anke Helfrich – Stormproof | Die letzte Runde vor der heutigen Kinopause … noch ein Grabbelkistenfund (eine CD von 2009, ich hatte also noch nicht ganz aufgegeben): Anke Helfrich (p, rhodes, harmonium), Henning Sieverts (b, vc), Dejan Terzic (d, perc) und auf vier Stücken Nils Wogram (tb). Auf dem Programm nach dem Opener „Hackensack“ (Monk) und einer sehr schönen Version von Weills „September Song“ (beide im Trio) vor allem eigene Stücke: „Stormproof“, „Sehnsucht“ oder „Little Giant“ heissen sie. Als zweitletztes Stück gibt es nochmal Weill mit „Speak Low“. Nach dem Einstieg im Trio frage ich mich ein wenig, warum auch noch Rhodes, Cello oder Posaune nötig sind, denn das Trio funktioniert wirklich prächtig. Eine Prise Funk, eine Prise Latin, waches Zusammenspiel – mit Wograms Einstieg in „Stormproof“, dem dritten Stück, mit Rhodes und einem rockigen Beat – das Thema erinnert ein wenig an den „Freedom Jazz Dance“ – klingt das fast wie eine andere Band. Dann folgt „Sehnsucht“ im Trio, im Dreier, ein Cello-Feature mit weichen Klavierakkorden, Besen-Punktierungen und gelegentlichen Beckenschlägen von den Drums. Es folgt „In Good Times as in Bad“ (die Leaderin wieder am Klavier, Sieverts zurück am Bass), ein Original, in dem Helfrich ein wenig nach Monk klingt und dann „Old Devil Moon“ zitiert. Auf das kurze, im Quartett frei improvisierte „After the Rain“ (mit Wogram, da hat sich im Booklet ein Fehler eingeschlichen, dort wird das Stück als Trio aufgeführt) folgt dann „Circles“ (von Helfrich) und da ist im langen Solo-Intro das impressionistisch angehauchte Piano zurück, bevor Wogram dazustösst und ein balladesker Walzer draus wird. „Swiss Movement“ ist dann das Stück, in dem Wogram im Booklet gelistet ist, aber nicht mitspielt: eine Hommage an die Platte von McCann/Harris natürlich, mit Helfrich am Rhodes – ihrem ersten eigenen Instrument, „finanziert durch Zeitungen-Austragen“, wie sie in den Liner Notes erzählt. „Speak Low“ ist dann nochmal ein Trio-Walzer, aufgeräumt, wach, lyrisches Piano mit einem funky Fundament. Der Closer, „Little Giant“ (nochmal mit Wogram) ist ein kurzer musikalischer Nachruf auf Johnny Griffin, mit dem Helfrich 2000 aufgetreten ist. Er starb ein paar Wochen, bevor das Album am 8. und 9. September 2008 in der Fattoria Musica in Osnabrück aufgenommen wurde. Vielleicht ist das Album als ganzes ein bisschen zum ambitioniert produziert, wurde zu viel reingepackt – es ist dennoch ziemlich stark und (ohne dass ich andere Aufnahme kenne) es dünkt mich ein ganz gutes Portrait der Pianistin und Komponistin Helfrich zu sein.

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    #12309579  | PERMALINK

    vorgarten

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    ich mach endlich auch noch ein bisschen weiter. das quartett-album von ambrosetti liegt hier, ich hatte aber noch gar nicht gesehen, dass sie darauf eine lieblings-loesser-komposition spielen.

    michele rosewoman, contrast high (1989)

    ich dachte, ich würde das kennen, tatsächlich hatte ich vor jahren mal in quintessence #4 (GUARDIANS OF THE LIGHT, von gypsy hier gestern vorgestellt) reingehört, nicht in CONTRAST HIGH. was mich hier fundamental stört, sind die bewusst körperlos abgemischten drums (rosewoman ist laut credits mitschuldig), aber auch das klavier klingt nicht gut. das war zwar ein m-base-konzept, nicht nach blue note, und schon gar nicht nach ecm zu klingen, sondern eher funk-vorbildern nachzueifern. aber ein schlechter mix ist halt ein schlechter mix und wird deswegen auch nicht funkiger – und ich habe eigentlich genau das richtige equipment für so trockene, schnelle, aggressive sounds. musikalisch ist das allerdings ziemlich gut, sowas kann ich aber erst seit ein paar jahren wertschätzen. zu der zeit wäre mir das zu unklar, zu unentschieden zwischen rhythmischer ambition und impressionistischen aufweichungen gewesen – damals war das neu, heute lernt man sowas auf jeder jazzakademie, glaube ich.

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    #12309637  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    Franco Ambrosetti – The Wind | So zart wie das Trompetenquartett von Goykovich ist das hier nicht – aber ebenfalls ein sehr frisch klingendes Album, mit einem eingespielten Trio (Drew Gress-b und Clarence Penn-d), das sich am 11. und 12. Februar 2007 im Studio Tessiner Fernsehens (RSI) in Lugano einfand, das auch gleich die Produktion übernahm (Paolo Keller, der langjährige verantwortliche Jazzredaktor dort).

    uri caine, den du hier nicht erwähnst (wahrscheinlich, weil er vorne drauf steht) ist in meiner tonträgersammlung gemessen an meiner wertschätzung etwas überrepräsentiert – weil er einfach mit vielen leuten damals zusammenspielte, die ich sehr mag. live habe ich ihn auch öfters gesehen, seine tricks sind mir sehr vertraut. hier, bei ambrosetti, ergreift er jeden moment, der sich ihm bietet, das trio ist tatsächlich gut eingespielt, vor allem drew gress fällt mir mit seinem sehr modernen bassspiel (trocken, präzise, immer vor dem beat, leute wie scott colley, stephan crump oder thomas morgan höre ich ähnlich, aber er ist schon eine nummer für sich). aber wie passt ambrosetti dazu? so, wie er zu allem passt, kompetent, brav, ein bisschen langweilig, ohne biss, aber mit geschmack… bestimmt etwas gemein, aber ich habe bei ihm immer den verdacht, dass er sich sehr spannende bands einlädt, um von seiner eigenen gewöhnlichkeit abzulenken. auch gegen dieses album kann ich nichts einwenden, außer, dass ich es nicht brauche. und dass ich wohl lieber nur das trio gehört hätte.

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    #12309641  | PERMALINK

    vorgarten

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    arthur blythe, hipmotism (1991)

    das album kenne ich sehr gut, habe es aber aus unerfindlichen gründen nicht mehr. ich war von blythes spiel darauf immer sehr beeindruckt, aber die produktion war mir zu glatt, die settings zu uneinheitlich. und so ging es mir heute wieder. tolle version aber von „bush baby“, auch wenn man das original (mit james ‚blood‘ ulmer) im ohr hat. tuba, kelvyn bells eigenartig wischende gitarre, don moyes funky drums, das kriegt man so nicht alle tage. die haptik war bei der cd immer schlimm, billige kombination aus plastik und beschichtetem karton, grafisch uninspiriert. habe ich nie gerne in die hand genommen.

    muss jetzt mal was hören, um aus dem mecker-modus herauszukommen ;-)

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    #12309663  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Bennie Wallace – Disorder at the Border: The Music of Coleman Hawkins | 2006 erschien bei Enja das letzte Album vom gerade mal 60jährigen Wallace – ein Mitschnitt vom Jazzfest Berlin am 6. November 2004, abgemischt von Joe Harley und Anthony Wilson, der die Arrangements der Klassiker aus dem Repertoire von Coleman Hawkins beigesteuert hatte, das hier zu hören ist. „1, 2, 3, 4“ zählt jemand ein und los geht’s mit einem Piano Intro von Donald Vega mit Danton Boller (b) und Alvin Queen (d). Dann steigen die Bläser ein: Terrell Stafford (t), Ray Anderson (tb), Brad Leali und Jesse Davis (as), Wallace (ts) und Adam Schroeder (bari) – eine ziemliche „wall of sound“. Wallace spielt ein längeres Solo im Opener, „Disorder at the Border“, gefolgt von Stafford, der brassy klingt, vielleicht ein wenig an Idrees Sulieman erinnert, der in den Fünfzigern mit Hawkins aufgenommen hat. Die Musik klingt für meine Ohren mit dem Line-Up sowieso gerade so sehr nach Tadd Dameron wie nach Hawkins, auch weil das wirklich gut ist, wie schon der Opener zeigt, in dem nach einer längeren arrangierten Passage ein langes Bass-Solo folgt, bevor das Stück mit dem Thema beschlossen wird. Es folgt „La Rosita“, ein ewiges Lieblingsstück vom Verve-Album mit Ben Webster – auch hier wird ein Teppich ausgerollt: sanfte Klaviertöne, dazu flirrende Linien von Stafford/Anderson … und dann Wallace mit dem Thema, mit einem Ton, der manchmal fast an sie Sonorität einer Klarinette im tiefen Register erinnert. Auch im Thema hat Wilson Hand angelegt – es sind diese guten Arrangements, die aus dem Programm hier so viel mehr als eine lieblose Blowing Session machen. In der Bridge übernimmt dann Andersons Posaune den Lead, sekundiert von Hawkins – ganz wie im Original mit den zwei Tenorsaxophonen – und Anderson kriegt dann das erste Solo, in dem er eine Art Update der alten Swingposaunisten liefert, sehr frei ausgelegt. Dann ist Wallace dran, klar … aber im Outro ist dann wieder die Posaune prominent.

    Mit „Bean and the Boys“ folgt nach dem Opener das zweite und auch schon letzte Hawkins-Original – Komponieren gehörte ja nicht gerade zu den wichtigsten Fähigkeiten. Auch dieser Throwaway-Blues ist ganz raffiniert gesetzt, es gibt boppige Interludes, die Trompete von Stafford schert schon im Thema mal aus und kriegt dann das erste Solo. Nach einem Tutti ist Schroeder am Barisax an der Riehe, dann Wallace, der hier zunächst fast nur an seinen jumpenden Linien erkennbar ist, in der Höhe bleibt und fast wie ein Altsax klingt. Erst mit der Zeit lässt er seinen ruppigen Ton aufblitzen, geht öfter in die Tiefe hinab. Dann folgt Vega am Klavier, der auch das nächste Stück, „Honeysuckle Rose“ von Fats Waller, solo öffnet – in langsamem Tempo, allmählich bluesiger werdend. Wenn die Bläser einsteigen, wird es nicht etwa schnell, sondern sie begleiten das Klavier, das weiter improvisiert, sich da und dort dem Thema annähernd. Nach zwei Minuten ein Drum-Break, das Tempo jetzt schnell, dann das Thema von all den Bläsern mehr oder weniger im Unisono vorgestellt – und wieder um zusätzliches boppiges Material ergänzt. Das erste Solo kriegt einer der Altsaxer – ich weiss nicht, ob es im Booklet Solo-IDs gibt, ich habe die japanische CD von 2018 – auch hier habe ich eine Ewigkeit mit dem Kauf gewartet, das Konzert aber davor schon teils vom Radio mitgeschnitten. Ich tippe auf Leali als ersten und Davis als den folgenden Solisten mit dem grösseren Ton. Die beiden spielen dann im Wechsel eine lange Alt-Battle – auch das eine ganz schöne Idee, zumal Wallace hier ja der einzige am Tenorsax ist. Dieses kriegen wir hier gar nicht zu hören, denn danach leitet Schroeder am Barisax durchs boppige Interlude und spielt das letzte Solo.

    Wallace gibt’s dann in „Body and Soul“ – klar darf das nicht fehlen. Auch hier ein schönes Arrangement und ein feines Solo, wieder mit dieser zurückhaltenden, klarinettenartigen Sonorität vom Opener. Das Solo ist nicht sehr lange und wird von einem Altsax gefolgt – doch dann ist Wallace nochmal an der Reihe, über ziemlich eigenwillig arrangierte Linien und Akkorde der anderen, bevor sich daraus eine lange Solo-Kadenz herausschält, aus der Wallace dann wieder zum Thema findet. Als Closer gibt es eine 16minütige Version von „Joshua Fit the Battle of Jericho“ mit growlendem Blech über die stompende Band im Intro – die Rhythmusgruppe bleibt über Minuten bei diesem einen Riff. Ray Anderson kriegt dann das lange erste Solo. Dann wird es ganz still, die Rhythmusgruppe rifft, Wallace steigt ein, nah am Thema, von dem er sich allmählich frei spielt, während Alvin Queen immer aktiver wird, bis sich das zu einem Duo mit ihm und Wallace entwickelt, während der Bass mal Pause vom Riff hat und auch das Klavier aussetzt. Danach folgt Queens eigenes Solo – und dann kehren die Bläser riffend zurück, das Riff der Rhythmugruppe setzt wieder ein … und ich merke auch, woran mich das ein wenig erinnert: die famose Version von „Swing Swing Swing“ von Benny Goodmans Konzert in der Carnegie Hall 1938. Über dem Riff und den Blech-Growls ist dann nochmal Davis (?) am Altsax an der Reihe, bevor es einen handgemachten Fade-Out gibt. Zum Schluss also nicht der erwartete (oder befürchtete) Blow-Out, in dem jeder nochmal ein Solo kriegt, sondern bis zum Schluss ein durchdachtes, tolles Set und obwohl irgendwie Repertoire-Musik ein durchaus gelungener frühzeitiger Abschied von Bennie Wallace.

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    #12309671  | PERMALINK

    vorgarten

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    nicolas simion, black sea (1992)

    ganz schön mutig, sich für sein debüt eine durchreisende band einzuladen, und dann noch diese. sein material hatte simion zusammen, aber die band hatte nur zeit für eine schnelle probe. danach geht es auf die achterbahn: einer kennt die stücke, die anderen drei kennen einander. die kompositionen sind auf eigenartige weise altmodisch, man hört etwas balkan, ellington, aber auch ornette coleman raus. der leader hat einen großartigen ton und kann zuhören. haynes, plaxico und burrage schonen ihn nicht, manchmal wissen sie zwischendurch selbst nicht mehr, wo es sie hinträgt, glaube ich, zumal haynes völlig verrückte motiv-spiralen dreht (grandios auf „red“) und plaxico seine rolle nicht im absichern versteht. erstaunlich, wie gut das aufgeht, wahrscheinlich gerade weil sich niemand langweilt.

    die drei waren übrigens mit einem rätselhaften bandprojekt gerade in wien, der blue brass connection von paul zauner, davon gibt es eine nicht wrklich gute cd (auf pao), da sind noch george adams, cameron brown (statt plaxico) und ron burton dabei, der hier auch am ende noch kurz auftaucht (und den haynes mit einem monk-zitat ablöst). simion war nur eingestiegen und hat dann schnellstens ein studio gebucht. riesendank an ihn, dass er mit dieser kamikaze-aktion als nebeneffekt graham haynes vors mikrofon geholt hat.

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    #12309743  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    @vorgarten – ich glaub das mit Ambrosetti kann man schon so sehen bzw. hören … so richtig warm werde ich mit ihm ja auch nicht. Aber „The Wind“ finde ich schon ganz gut – auch dank Caine, demgegenüber ich glaub ich sehr viel ambivalenter bin als Du (ich geh schon mal nicht zu Konzerten, wenn er mitspielt).

    Was „Contrast High“ angeht … ist halt aus den Achtzigern, die klingen halt so (duck und weg ;-) ) – mir ist das Album ja bisher lieber als das zweite, aber ich kenne sie alle noch nicht lange.

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    gypsy-tail-wind
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    vorgarten

    malcolm braff, inside (2011)

    schlimmstes cover der labelgeschichte? malcolm braff kenne ich gar nicht, aber dass steve colemans langjähriger e-bassist reggie washington hier dabei ist, hatte mich interessiert. das ist ein originell performendes trio, sehr stark inspiriert von iyer/crump/gilmore, vor allem, was so virtuos verkomplizierte metren über bekannte stücken angeht (hier sexy mf von prince und baden powells berimbau), ein um die ecke gedachter funk, den jemand wie washington im schlaf spielt, der hier aber vor allem das aushängeschild des drummers lukas koenig ist. braff überzeugt mich in diesem setting nicht allzu sehr, aber es gibt ein paar solostücke von ihm im völlig anderen register, die ich wiederum ganz spannend finde. die frage wäre halt, wie man das besser verbinden könnte. aber insgesamt eine ziemlich aktuelle form des jazzklaviertrios.

    Covertechnisch ist Enja ja leider irgendwann in den Achtzigern total entgleist … das Album von Braff läuft jetzt bei mir auch wieder. Ich habe ihn über die Jahre in unterschiedlichsten Settings live gehört, am Flügel oder am Upright, am Rhodes, mit Kontrabass oder Bassgitarre … ein Vollblutmusiker, der im Augenblick über sich hinauswachsen konnte. Am schönsten sind mit Auftritte des BraffOesterRohrer Trios (mit Bänz Oester-b und Samuel Rohrer-d) in Erinnerung, bald 20 Jahre her, in denen die drei gemeinsam, geradezu symbiotisch, über sich hinausgewachsen sind. Wohl weil ich Braff öfter mal live gehört habe, habe ich lange Zeit keine seiner Aufnahmen gekauft. Und die in den letzten Jahren gekauften auch kaum angehört, obwohl ich schon lange keine Gelegenheit mehr hatte, Braff live zu hören.

    „Inside“ hebt für meine Ohren nie so richtig ab – auch wenn ich „Sexy M.F.“ (das ist doch recht nah an der Vorlage, die ist auch schon so zickig, zumindest im Bass) schon recht toll finde, wenn der Gesang vom Opener (Aurélie Emery) mal aus dem Weg ist. Koenig finde ich hier ab und an schon sehr toll, aber anderswo verliert sich das alles in einem irgendwie leerlaufenden Aktivismus und langweilt mich irgendwann … oder macht mich nervös. So geht es mir etwa im Stück in der Mitte, „Mantra“, in dem am Ende noch „A Love Supreme“ gechantet wird. Die beiden Klavier-Soli sind wirklich komplett anders und sehr schön, aber ich verstehe nicht, was sie hier zu suchen haben.

    Aufgenommen wurde das Album vom 4. bis 8. April 2011 in Studio La Buissonne in Pernes-les-Fontaines – wo Enja sonst eher nicht zu Gast zu sein scheint, mit zusätzlichen Aufnahmen im Studio du Flon in Lausanne, produziert hat Braff selbst, auf der Hülle steht auch, dass die Copyrights bei Braff sind und „under exclusive license“ an Enja vergeben wurden.

    Live fand ich dieses Trio übrigens viel packender, das war aber auch einige Jahre später (Januar 2017):
    https://forum.rollingstone.de/foren/topic/2017-jazzgigs-konzerte-festivals/#post-10052317

    Die jüngste Begegnung 2018 mit Braff war dann das Quartett von Jacques Schwarz-Bart (geboren auf Guadeloupe, aber bei den Sachen, die ich bisher gehört habe, dünkte mich nicht, dass das eine Rolle spielt) war dann weniger euphorisch, aber dort gibt’s ein Foto von Braff:
    https://forum.rollingstone.de/foren/topic/2018-jazzgigs-konzerte-festivals/page/3/#post-10407653

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    #12309933  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    „Inside“ hebt für meine Ohren nie so richtig ab – auch wenn ich „Sexy M.F.“ (das ist doch recht nah an der Vorlage, die ist auch schon so zickig, zumindest im Bass) schon recht toll finde, wenn der Gesang vom Opener (Aurélie Emery) mal aus dem Weg ist. Koenig finde ich hier ab und an schon sehr toll, aber anderswo verliert sich das alles in einem irgendwie leerlaufenden Aktivismus und langweilt mich irgendwann … oder macht mich nervös. So geht es mir etwa im Stück in der Mitte, „Mantra“, in dem am Ende noch „A Love Supreme“ gechantet wird. Die beiden Klavier-Soli sind wirklich komplett anders und sehr schön, aber ich verstehe nicht, was sie hier zu suchen haben.

    „leerlaufender aktivismus“ ist schön gesagt, das trifft es. das gesangsstück aus der björk-schule fand ich jetzt gar nicht so schlecht, aber man merkt insgesamt, dass braff woanders zuhause ist.

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    #12309937  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Bob Dorough Trio Feat. Michael Hornstein – But for Now | Dieses Live-Album vom damals 91jährigen Bob Dorough lief gestern wieder. Er singt und spielt Klavier, Tony Martino spielt den Kontrabass und Michael Hornstein ist am Altsax dabei. Ich frage mich manchmal, ob es letzteren wirklich braucht … für den Live-Gig (mehrere Sets, mehrtägig?) vielleicht schon, falls Dorough mal eine Pause brauchte. Für das Album? Eher nicht. Ich gab in der entsprechenden Jahresbestenliste ***1/2 dafür, und das passt immer noch.

    Es gibt – natürlich! – einen Strauss toller Songs, aber in der Umsetzung ist nicht immer gleich überzeugend. „Baltimore Oriole“ von Hoagy Carmichael ist ein super Einstieg, ungewöhnlich und doch sehr catchy, Carmichaels berühmtesten Song, „Georgia On My Mind“, hören wir kurz vor Schluss auch noch. Zuerst geht es aber mit „The Girl from Ipanema“ nach Brasilien, dann zu den fallenden Sternen von Alabama, zum Thema aus „The Sandpiper“ und dem Dorough-Song, der dem Album den Titel gab. Es folgen weitere Standards („Indian Summer“, „Prelude to a Kiss“, „Body and Soul“), ein Song von Bill Loughborough („Better Than Anything“, Musik von Dave Wheat), als Closer „Take Five“ (Text von Dave und Iola Brubeck mit zusätzlichen Zeilen von Dorough), und dazwischen auch noch eine zweite tolle Version von „Harlem Nocturne“ auf Enja (nach derjenigen von Eddie Harris).

    Das Trio funktioniert schon sehr gut, Martino bildet mit Doroughs Klavier ein gutes Fundament, stets in Bewegung, auch im Bossa vermisse ich kein Schlagzeug … diesen bescheidenen Rahmen durchbricht dann öfter das Altsaxophon von Hornstein – den ich gar nicht kenne, erst gerade merke ich, dass er nicht Kind von New Yorker Juden ist sondern aus Konstanz stammt (*1962) und in München daheim ist … Credits von Sunny Murray und Mangelsdorff bis zu Udo Lindenberg und Café del Mar. Sein erstes eigenes Enja-Album ist ein Sax/Bass/Drums-Trio mit Fred Braceful, das zweite ein Quartett mit Roberto Di Goia, Gary Peacock und Billy Hart (inkl. Gastauftritt von Dorough) – kenn die jemand? Jedenfalls wurde er wohl von Dorough dazugeholt und wird ja auch auf Cover vermerkt, aber so richtig an mich gehen seine Beiträge hier meistens nicht.

    EDIT: Hornstein ist Doroughs „friend from long ago […], my ‚Falscher Neffe.‘ I remember, his Godmother was the half-sister of my wife, Corine, a dancer originally from Germany and the mother of my only child, Aralee Mona Dorough/Gatwood, flutist extraordinaire. Back in 1981 when Michael got the news that Corine hat married ’some jazz musician,‘ he sat down and wrote me a letter, stating his interest in Jazz and suggesting that he might visit us in Pennsylvania. Arrangements were made and there he came, at the tender age of 19, carrying a small suitcase and an alto saxophone“ (aus dem Text von Dorough im Booklet).
    Die Aufnahme entstand in den Red Rock Studios in Pennsylvania am 9. und 11. September 2014 – produziert haben Hornstein und Dorough.

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