Das Piano-Trio im Jazz

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  • #12573367  | PERMALINK

    vorgarten

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    kessler, jenny-clark, jarvis, invitation (1979)

    wie schön, endlich wieder saxofon ;-) aber 4 von 6 stücke sind tatsächlich im trio, und es ist schon interessant zu hören, was kessler anders macht als die zeitgenoss*innen, auch wenn sein spezifisches begleit-voodoo hier nicht gefragt ist. eine kantige annäherung an hardbop-material mit einer vorpreschenden begleitung, jarvis immer latent vor dem beat, alles sowieso etwas zu schnell, was das gesamtgefüge ziemlich zerklüftet bzw. nervös macht. war mir vorher nicht so aufgefallen, wie wenig traditionell sie mit dem material umgehen.

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    #12573387  | PERMALINK

    vorgarten

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    sun ra, burnett, samarai celestial, god is more than love will ever be (a.k.a. days of happiness, 1979)

    man kann klaviertrio auch ganz anders machen. obwohl: bis auf ein paar overdubs (als kosmisches klavier-echo) im ersten stück ist das hier völlig klassisch instrumentiert, in einer session entstanden, mit emanzipierter begleitung (beide damals ziemlich neu im ra-kosmos) und eine super gelegenheit, den klavierstil des leaders zu studieren. es gibt eine vamp-struktur, die aber fortlaufend unter spannung gesetzt wird. sun ra entwickelt ganz unterschiedliche ornamente, die atmosphäre wechselt ständig, es bleibt aber alles sehr wiedererkennbar. der drummer samarai celestial (erste aufnahme mit sun ra hier) begleitet sehr elastisch, hält den kontakt zum unterliegenden groove, geht aber eigene wege. dazwischen spielt der pianist auch mal eine art barrelhouse blues, was wirklich in diesem kontext sehr eigen ist. am schönsten aber ist die stimmung, wenn auch als wechselbad, das majestätische, ein bedächtiges schreiten, während man blumen pflückt oder sterne zählt.

    kennt man eigentlich erst so richtig seit 2018 wieder, als ein reissue auf cosmic myth records erschien, was aber auch nur auf eine der wenigen brauchbaren vinylausgaben zurückgreifen konnte, die auch mal als DAYS OF HAPPINESS im umlauf waren.

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    #12573431  | PERMALINK

    vorgarten

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    atom
    BILL EVANS – The Paris Concert: Edition One/Two (Elektra/Musician, 1983/84)
    Das Konzert vom 26. November 1979 im Pariser Salle Pleyel wurde erst posthum auf dem noch jungen Elektra-Jazz-Ableger Elektra/Musician veröffentlicht – und dokumentiert eindrucksvoll die letzte kreative Hochphase von Bill Evans. Nur wenige Monate vor seinem Tod im September 1980 zeigt sich der Pianist hier in bemerkenswerter Form: Die Interaktion mit Marc Johnson und Joe LaBarbera erreicht jene Dichte, die bereits das legendäre Trio mit Scott LaFaro auszeichnete.
    Für mich gehört diese Aufnahme zum Besten, was das finale Bill Evans Trio eingespielt hat – die Balance zwischen lyrischer Intimität und rhythmischer Spannung ist hier meisterhaft austariert. Interessanterweise wurden Evans‘ eigene Kompositionen komplett auf Edition Two konzentriert, während Edition One sich stärker auf Standardrepertoire fokussiert.

    fast meine letzten alben (aufnahmen) aus den 1970ern, eins kommt noch. mir gefällt dieses letzte trio von evans auch sehr gut, mir liegt johnson auch mehr als gomez – er spielt oft wirklich tief, macht dramatische wechsel, da ist relativ wenig ornament, aber er ist aber nicht so unbeweglich wie israels. es gibt trotzdem viele noten hier, aber auch einsame höhepunkte (evans‘ intro zu 18 minuten „nardis“ z.b.). kaum zu glauben, dass der pianist danach abtritt, er hat das format so sehr geprägt, dass es fast immun gegenüber den sonstigen musikalischen entwicklungen schien. marc johnson spielte danach erstmal mit gitarristen weiter und gründete die bass desires, kann man gut nachvollziehen.

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    #12573435  | PERMALINK

    vorgarten

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    noch was kurzes:

    die necks 1989, mit haaren und auf 6 minuten. wobei – auch da gibt es schon eine minimalistische weiterentwicklung, also wirkt das eigentlich so, als seien die letzten 55 minuten abgeschnitten…

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    #12573487  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Junior Mance Trio – Happy Time | Das finde ich tatsächlich auch ein sehr schönes Album …

    vorgarten
    mance, carter, roker, happy time (1962) das ist der deutlich fröhlichere gottesdienst (im vergleich zu parlan), nicht nur sind die soul-elemente nach vorne gestellt, das crispe bass/schlagzeug-team entwickelt spaß aus der präzision. keine ahnung, warum ich mir das mal angeschafft habe (außer, weil es gut ist) – vielleicht wegen carter/roker, die ja auch das rückgrat von hancocks SPEAK LIKE A CHILD bilden, was wiederum ein schönes trioalbum gewesen wäre, hätte hancock das nicht langweilig gefunden und noch dunkle bläserwolken beigefügt (was ich ihm nicht verübeln kann, er wusste, was er tat).

    … die Frische, der tolle Sound der drei (eingefangen wie üblich in den Plaza Sound Studios in NYC von Ray Fowler, der für einen grossen Teil des Riverside/Jazzland-Katalogs zuständig sein dürfte), das gut gewählte Repertoire, in dem Lunceford („For Dancers Only“ von Sy Oliver) neben Waller („Jitterbug Waltz“) und Gillespie („Tin Tin Deo“ von Pozo/Fuller) seinen Platz findet, der „Simple Waltz“ von Clark Terry das Set beendet, dazwischen nach dem Titelstück zum Einstieg noch zwei Mance-Stücke aber auch „Azure Te“ (Musik von Wild Bill Davis, Text von Donald Wolf, 1952 von Sinatra in die Charts gebracht, davor von Louis Jordan aufgenommen, später auch von Nat Cole und George Shearing). Da merkt man, wie tief Mance in der Jazztradition verwurzelt ist – und ich nehme ihm das auch mehr ab als anderen (z.B. dem, von dem ich als nächstes gleich wieder was hören werde). Mance spielt die Stücke nicht, um Ausgangsmaterial zu haben sondern versenkt sich tief in sie – der „Jitterbug Waltz“ wird gerade zu neu erfunden, als eine Art Blues-Balladen-Walzer mit leichtem Beat von Roker, tiefem und sparsamem Bass von Carter und dem perlenden Piano drüber, das eher zwischen Wilson und Jamal zu changieren scheint als sich direkt auf Waller zu beziehen – aber der steckt ja eh fast überall irgendwie mit drin … auch aktuell von den bisher gehörten Mance-Alben (und auch den anderen, die ich grad so einigermassen im Kopf habe) mein liebstes.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12573509  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    The Great Jazz Piano of Phineas Newborn Jr. | Lester Koenig bemüht zum Einstieg in die Liner Notes für Newborns nächstes Contemporary-Album (fünf neue Stücke vom September 1962 mit Leroy Vinnegar und Milt Turner sowie vier weitere von der Session im November 1961 mit Sam Jones und Louis Hayes) einen Kollegen: „This is the greatest thing that ever happened to jazz – the greatest pianist playing today. In every respect he’s tremendous. He is just beautiful. A wonderful jazz musician.“ – So äusserte Gene Harris sich in einem Blindfold Test für Down Beat (20. Juni 1963) über Newborn (man spielte ihm einen Track von „A World of Piano“, dem Album mit Jones und Hayes). Ich kann das nachvollziehen, finde Newborns Spiel auch allmählich immer toller – aber es berührt mich eben doch nicht so richtig, ich höre das – wie Oscar Peterson – eher einfach zum Vergnügen, als weil es was mit mir macht. Koenig schiebt nach, dass die Reaktion von Harris, die jeden Presseagenten erröten liesse, der Reaktion vieler Jazzmusiker auf Newborn entspreche. Er bemüht hier auch viele Musiker und spielt auf Seite 1 mit Vinnegar/Turner der Reihe nach Stücke von Bud Powell („Celia“), Bobby Timmons („This Here“), Benny Golson („Domingo“), Ellington („Prelude to a Kiss“) und Monk („Well You Needn’t“). Auf Seite 2 (1961 aufgenommen) gibt es zwei Originals, ein „Theme for Basie“ und den „New Blues“, und dann folgen noch zwei Stücke von Kollegen, nämlich von Sonny Rollins („Way Out West“) und (na ja) Miles Davis („Four).

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    #12573517  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Kenny Barron John Hicks Quartet „Blue Monk“ (Candid) 1990 …. eigentlich ein Doppel Piano Trio der beiden Pianisten mit Walter Booker (b) + Jimmy Cobb (dr) „live“ @ New York am 3ten September 1989 …. größtenteils ein fröhliches „Rätselraten“ hinsichtlich der pianistischen Arbeit, das macht Spass …. und Walter Booker belegt, welch sauguter Bassist er ist (btw er sein konnte, wenn „losgelassen“) …. leichte Wehmut, dass dies auch eine treffliche Aufnahme eines John Hicks Trios „standalone“  hätte sein können …. denn hiezu ist er leider (hoch)qualitativ kaum dokumentiert ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12573523  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    gypsy-tail-wind Clare Fischer – First Time Out | … Jedenfalls finde ich das schon super, aber auch etwas verhalten, es wirkt zwischen den Evans- und Bley-Anleihen manchmal fast etwas gedämpft. Dass die drei echt super sind (beim Drummer bin ich mir nicht ganz sicher), wie Hardy in den Liner Notes schreibt, glaub ich sofort, das Album klingt nie forciert, aber auch nicht wirklich lässig. Gary Peacock ist super, hat mehr Gewicht und Wucht als LaFaro  kann aber ähnlich beweglich sein …. Peacock ist super stabil und dennoch immer in Bewegung …

    Das ist korrekt …. meine grosse Bewunderung für Gary Peacock ist weiter stetig im Wachsen begriffen …. was für ein Bassist ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12573537  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Shelly Manne / Bill Evans with Monty Budwig – Empathy | Da kann ich mich auch gern einfach anschliessen:

    vorgarten
    evans, budwig, manne, empathy (1962)
    wenn creed taylor seine hände im spiel hat, kann auch bill evans pop – tatsächlich dachte ich gerade, dass das pearson-album weitergeht… ziemlich schlau, evans für sein erstes album auf verve erstmal aus seinen sich gerade verfestigenden formeln herauszuholen und ihn mit shelly manne und dessen bassisten zusammenzuführen (und fürs zweite album mit mcfarland). ich habe seit jeher einen soft spot dafür, evans spielt vergleichsweise hot und boppig, manne sorgt für ein hippes gegengewicht, alle können glänzen, das material ist sehr nach meinem geschmack (loesser!), auch die ruhigen stücke sind toll – ein stylisches zwischenspiel für den pianisten, sehr klug konzeptioniert und durchaus herausfordernd. ein anderes cover hätte der bekanntheit wahrscheinlich geholfen, das ist dann doch ein bisschen arg gegen das image gesetzt.

    Ich weiss noch, wie mich das Album positiv überraschte, als ich die Verve-Box (die ich gerade aus der Zeitung ausgewickelt hab, die ich um sie rumschlage, damit das fortschreitende Dahinrosten etwas gebremst wird – nachher Hände waschen) kaufte. Das funktioniert alles hervorragend, selbst der halbe Boogaloo zum Einstieg macht Spass und Evans weiss sich neben dem sehr aktiven und sehr laut abgemischten Drummer locker zu behaupten, derweil Budwig routiniert und mit tiefen Tönen den Beat beisammenhält, aber auch mal solitisch glänzen darf.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12573541  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Bill Evans Trio – At Shelly’s Manne-Hole, Hollywood, California / Time Remembered | Ich hab doch noch Lust auf mehr Bill Evans … und springe rasch in den Mai 1963, als im Shelly’s Manne-Hole die letzte Platte für Riverside augenommen wurde – Evans hatte ja bereits bei Verve unterschrieben. Orrin Keepnews hatte keine Zeit, nach Kalifornien zu reisen, man heuerte Wally Heider für die Aufnahme an und bat Dick Bock, die „supervision“ (aka „producer“) zu übernehmen. Bill Grauer, der Boss von Riverside, starb Ende 1963, das Label machte 1964 dicht, die Platte erschien 1966 beim kurzzeitigen neuen Besitzer von Riverside, ABC (1972 ging dann fast der gesamte Katalog zu Fantasy, das vieles unter dem Etikett von Milestone wieder auflegte; dort erschien auch „At Shelly’s Manne-Hole“ wieder, 1983 als erweiterte Doppel-LP unter dem Titel „Time Remembered“).

    Israels war inzwischen der Routinier der Band, Drummer Larry Bunker ganz neu dabei – ein schon da mit allen Wassern gewaschener Studiomusiker, der nicht zuletzt das Spiel an den Besen hervorragend beherrschte. Der Bass ist einfacher gehalten als bei LaFaro, die Drums konventioneller als bei Motian (oder Manne), aber mit einem guten Drive und hoher Musikalität. Einige der Stücke, die Evans am 30. und 31. Mai 1963 spielte, hatte das Trio nie geprobt – manche von ihnen nahm Evans aber schon im Januar bei seiner Solo-Session auf (auch die erschien später bei Milestone, doch zuerst in der Box mit den gesammelten Riverside-Aufnahmen; in einem Abend hatte genügend Musik für gleich zwei LPs eingespielt, „The Solo Sessions“ Vols. 1 & 2). Mir gefällt dieses Trio ziemlich gut, schon seitdem ich die Riverside-Aufnahmen komplett kenne … neue Evans-Erkenntnisse habe ich bisher beim Wiederhören keine, ich freue mich einfach, das alles mal wieder zu geniessen.

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    #12573555  | PERMALINK

    thelonica

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    JUNIOR MANCE TRIO – Junior’s Blues

    Beim letzten Stück „Jumpin‘ The Blues“ von Parker/Jay McShann überrascht Mance schon ziemlich, er hat einen ähnlichen Drive wie Ray Bryant. Das einige favorisierte Pianisten noch mit Parker gespielt hatten, finde ich ganz interessant. Unter anderem waren das ja Hampton Hawes, Ray Bryant in Philadelphia, Barry Harris in Detroit, Red Garland  und noch ein paar mehr Begegnungen, die  eher seltener aufgenommen wurden (Garland bei Parker vielleicht) . Auf Wikipedia steht ein bißchen was zur Begegnung Mance-Parker. Das langsame „Blue Monk“ gefällt mir gut – in der Zeit bei Griffin/Davis spielte Junior Mance ja einige Monk Stücke. Die Musiker und Musikerinnen, die in ihren Heimatstädten einige Zeit in der gleichen Location (Club/Bar) gespielt hatten, find ich eigentlich ziemlich interessant. Bei Mance war es ungefähr ein Jahr im Bee Hive (Chicago), Terry Pollard (Blue Bird Inn), Tommy Flanagan (Blue Bird Inn), Ray Bryant (Blue Note Philadelphia), Barry Harris (Blue Bird Inn). Diese gemachten Erfahrungen bei Mance, der zudem noch mit Lester Young und Gene Ammons gespielt hat, spiegelten sich ein bißchen noch im Repertoire.

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    #12573591  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    The John Young Trio – A Touch of Pepper | Ich blicke nochmal nach Chicago, wo natürlich auch das Ramsey Lewis Trio in der Zeit 3-4 Alben pro Jahr herausbrachte, die ich allesamt nicht kenne (bzw. nur auszugsweise in der 2-CD-Compilation „In Person 1960-1967“). John Young nahm Ende 1962 für Argo sein viertes [Trio-]Album auf – auf „Young John Young“ waren dazwischen noch „Opus de Funk“ (Vee-Jay) und „Themes and Things“ (Argo) gefolgt – und ich muss wohl mal noch das Fresh Sound 4-CD-Set holen, um die Lücke zu schliessen, oder nach Japan gucken … das Trio von Young besteht im Oktober und Dezember 1962 (zwei Sessions) aus Sam Kidd (b) und Phil Thomas (d) und klingt für meine Ohren merklich gereift, dafür fällt der Wundertüten-Effekt vom Debüt weg. Die Grooves sitzen, es gibt tolle Arrangements, ein Programm voller Flamboyanz („Joey“ und „Inch Worm“ von Frank Loesser, der ewige Young-Favorit „Serenata“, Sondheims „Everything’s Coming Up Roses“, als Albumcloser „Fly Me to the Moon“ …), Thomas kann die Jamal-Trio-Tricks mit dem Filzschlägel-Trommel-Sound auf Snare (ohne Schnarren) oder Steh-Tom, Kidd ist sich nicht zu schade, ein ganzes Stück bei einem Ostinato zu verweilen – im „Inch Worm“ selbst in seinem „Solo“. Klar ist immer noch Jamal die Grundlage, aber Youngs Klavier hat seine eigenen Farben, das Trio seinen eigenen Groove, etwas mehr Funk drin, aber direkt in die Kirche geht das nie. Ein paar Originals von Young (der Opener „Blues Greenee“) und Kidd („Search Me“ am Ende der ersten Hälfte) gibt es zwischendurch auch noch, und weil das Trio auch am Puls der Zeit sein will zudem noch Sonny Rollins‘ „The Bridge“.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    gypsy-tail-wind
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    Junior Mance Trio – Junior’s Blues | Da bin ich jetzt auch … Februar 1963 mit Bob Cranshaw und Mickey Roker. Der Wechsel am Bass macht viel mit dem Sound des Trios, das crispe im Sound ist weg, dafür wirkt das so entspannt geerdet, dass es mich auch total anspricht. Und das Repertoire ist ja wirklich besonders, wie immer bei Mance. Mein erstes Highlight nach dem eigenen Blues zum Einstieg ist die tolle Version von Ellingtons „Creole Love Call“. Nach einem weiteren eigenen Blues gibt es Meade Lux Lewis‘ „Yancey Special“ und dann Ray Browns funky „Gravy Waltz“ zum Ende von Teil 1. Seite zwei öffnet mit dem letzten Original, dem Kirchenbesuch „Cracklin'“, dann folgen der Blues-Klassiker „In the Evening“, „Blue Monk“ und zum Abschluss eine tolle Version von Jay McShanns „The Jumpin‘ Blues“, mit der Mance nochmal in die Big Band Ära zurück blickt (wobei ganz „big“ waren die KC-Bands ja nicht). Ray Bryant finde ich hier – stärker als bei „Happy Time“, aber auch dort dachte ich mal an ihn – ebenfalls naheliegend: der Sound, der Umgang mit der Tradition, da gibt es schon Parallelen. Am Umgang mit Monk kristallisieren sich auch die Unterschiede zu Newborn heraus, der in seinem Monk-Stück alle Eigenheiten des Komponisten zumindest an der Oberfläche weglässt. Mance, der ja auch mit Griffin und Davis ein Monk-Album eingespielt hatte, geht viel gelassener vor, lässt die Musik atmen – aber er wählt ja auch einen relativ konventionellen Blues, da liegt das auch viel mehr auf der Hand. Monk-Läufe (wie Harris sie durchaus einstreut) gibt es hier auch keine, aber auch im Solo ist das Thema von Monk ständig präsent.

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    gypsy-tail-wind
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    Don Friedman Trio – Flashback | Neues Jahr, neues Trio – Plaza Sound im Mai 1963, Riverside natürlich, Friedman mit Dick Kniss (b) und Dick Berk (d) und zum Einstieg ins Album ein Bass-Intro, das erst allmählich den gespielten Song, „Alone Together“, offenbart. Dann mittelschnelles Tempo mit einem Groove à la Miles Davis Quintet von vor ein paar Jahren. Doch dann ein Wechsel: „Ballade in C-sharp minor“ nennt Friedman sein erstes Original hier – und das ist ein klasse Stück, auch wieder mit präsentem Bass – Kniss nahm hauptsächlich mit Peter, Paul & Mary und John Denver auf – interessant, dass der sich hier so hervorragend macht!

    „Ochre“ und als Closer der Titeltrack sind die beiden weiteren bemerkenswerten Friedman-Stücke des Albums, und da offenbart sich nochmal deutlicher, wie eigenständig sein Spiel inzwischen ist. Dazu kommen sein „New Blues“ sowie die Standards „Wait ‚til You See Her“ und „How Deep Is the Ocean“. In den Standards sind die Parallelen zu Evans stärker hörbar, aber inzwischen auch eher oberflächlicher Natur. In „Ochre (Theme-Solo-Duet-Theme)“, einer AABA-Form ohne Changes und mit freien Soli, wie Dan Morgenstern in den Liner Notes Friedman zitiert, erkundet das Trio wieder andere Gefilde. Friedman öffnet das Stück, das sich frei anfühlt, ohne atonal zu werden, das zwischen impressionistischen Passagen und raschen Läufen wechselt. Dann ist der Bass an der Reihe, nur punktiert von den anderen beiden – das hat anfangs eine pastorale Färbung, wird dann aber dunkler, dichter. Ein starkes, langes Solo. Auch der Closer präsentiert zum Einstieg eine Art lyrischen Free Jazz, bevor das Tempo steigt – der Bass fällt in schnelle Walking-Linien, die Drums ziehen mit – und das Tempo wird allmählich langsamer, nur um dem Klavier zu übergeben, das wieder rasende Läufe spielt und Verdichtungen, bei denen es tatsächlich nahe liegt, dass Friedman auch schon Cecil Taylor gehört hat. Anderswo greift er für Klangeffekte auch mal ins Innere des Instruments, während der durchweg überzeugende Drummer auch zu Filzschlegeln greift und ebenfalls einiges an Effekten bietet.

    Drei sehr unterschiedliche Alben, die alle hörenswert sind und wie mich dünkt auch eine ziemlich rasante Entwicklung dokumentieren. Der nächste Schritt waren dann drei Alben im Quartett mit Attila Zoller, von denen „Dreams and Explorations“ wie das letzte von Bill Evans noch 1964 für Riverside entsteht aber erst 1966 erscheint, als es das Label als solches nicht mehr gab. Wie Barry Harris kam Friedman dann auch noch bei Prestige unter, aber dort passte er nicht wirklich rein und es entstand nur ein Album – das dritte mit Zoller, unter dessen Namen dazwischen noch „The Horizon Beyond“ für Mercury eingespielt wurde … doch das ist off-topic hier, ein anderer Faden, dem ich mal wieder nachgehen möchte.

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    #12573621  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Paul Bley – The Complete Footloose | Wir hatten es schon von diesen Sessions – August 1962 und September 1963 für Savoy mit Steve Swallow und Pete LaRoca. Evans-Vergleiche braucht es bei Paul Bley zu dem Zeitpunkt definitiv nicht mehr – und eigentlich ja eh gar nie. Das ist schon im Opener ganz andere Musik, freier, impressionistisch aber zugleich in alle Richtungen offen und besonders dank LaRocas Drums auch irgendwie lärmig, direkt, dreckig … fünf Stücke entstanden im August: drei von Carla Bley – „Floater“*/**, „Around Again“*/**, „Stereophrenic“** –, und zwei von Ornette Coleman: „When Will the Blues Leave“*/** und „The Circle with the Hole in the Middle“**; „These Foolish Things“ und „Turns“ von diesem Termin bleiben unveröffentlicht. Ein Jahr später dann neun Stücke, zehn Takes: „Ballad No. 1″***, „Ballad No. 2″***, „Ballad No. 4″**, „Cousins“*/*** und „Turns“*/** von Paul Bley sowie vier weitere von Carla: „Syndrome“*/***, „King Korn“* in zwei Takes (beide Takes***), „Vashkar“*/*** und ein Re-Take von „Around Again“***.

    Der Geist, der hier weht, ist ein anderer. Der Bass spielt im Schlagzeugsolo mit, das Klavier mischt sich ein, setzt auch mal (in Ornettes „Blues“) zu früh ein, doch das macht nichts, denn hier kann es quasi gar keine Fehler geben, alles ist möglich. Zum Beispiel zwei bis drei unterschiedliche Tempi, in Formen oder Metren oder Melodien rein- und wieder rausfallen – die drei reagieren alle blitzschnell, lassen sich aber auch Räume frei. Das ist eine andere Freiheit als die lyrische (sorry, ich weiss kein bessereres Wort, „impressionistisch“ taugt ja auch nicht mehr, zudem ist die impressionistischste Klaviermusik, die von Debussy, ein Kraftakt – das muss man live hören/sehen!) bei den paar freien Stücken von Friedman. Bley hat noch mehr inneren Drive, auch Swallow und LaRoca agieren in der Regel zupackender – und besonders das Material von Carla Bley, das kürzelhaft und einfach ist, aber auch harmonisch reich und eigenwillig, ist ein perfekter Ausgangspunkt. Impressionistisch sind dann vielleicht die drei Balladen von Bley (wohin ist Nr. 3 verschwunden?). Paul Haines schrieb für die Platte von 1964 die Liner Notes, und die beginnen mit einem trefflichen Satz: „Bley rids the studio of musical impediments by playing everything all over again for the first time.“


    *) zuerst auf „Footloose“, Savoy MG 12182, 1964
    **) zuerst (oder bei */** wieder) „Floater“, Savoy SJL 1148, 1984
    ***) zuerst (oder bei */*** wieder) auf „Syndrome“, Savoy SJL 1175, 1986 („Circle with the Hole…“ zuerst 1979 auf „New Music: Second Wave“, Savoy SJL 2235, 2 LP; dort sind auch erstmals drei Stücke der Session mit John Gilmore zu finden [die natürlich genau so eine verworrene VÖ-Geschichte hat], sowie die zweite Version von „Around Again“)

    -> es ist schwierig … mit den LPs/MCs von 1984 und 1986 hat man alles; die vollständigen CD-Reissues sind alt und teuer oder schrottig, das an sich in dem Fall höchst willkommene von ezz-thetics/Hat Hut „vergisst“ leider die zweite Version von „Around Again“ und den Alternate Take von „King Korn“.

    Von der Musik her passt es absolut, dass es von der Savoy-LP von 1964 ein halbes Jahrzehnt später ein Reissue bei BYG in Frankreich gab – mit einem tollen Coverfoto (Giuseppe Pino; Bley ist da wohl ein paar Jahre älter):

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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