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danke euch! das ist natürlich ein lieblingsalbum von mir, was es nicht unbedingt einfacher macht, darüber zu schreiben.
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ELLINGTON AT NEWPORT
ellington, anderson, cook, nance, terry, jackson, sanders, woodman, hamilton, hodges, procope, gonsalves, carney, woode, woodyard, avakian, keyer (7./8./9.7.1956)auf platz 31 der liste der größten jazzalben aller zeiten hat es eins der größten fake-alben der musikgeschichte geschafft. was man so natürlich nicht sagen kann. aber der fall ist in vieler hinsicht sehr interessant, weil hier ein momentum rekonstruiert und eigentlich als authentischer beweis für das intakte verhältnis von jazz und (größerem) publikum auf einen altar gestellt wurde, bis es ende der 1990er spruchreif wurde, dass vieles daran nachträglich im studio eingespielt und sowohl studio- als auch liveaufnahmen mit geremixtem publikum zu hören sind. die neue „newport suite“ war für ellington auf der bühne defizitär gespielt und von columbia dokumentiert worden und wurde am nächsten tag nochmal ordentlich im studio aufgenommen (sollte wahrscheinlich eh passieren). und das tenorsaxsolo in „diminuendo and crescendo in blue“, das das publikum buchstäblich aus den sitzen riss, wurde von paul gonsalves ins falsche mikrofon gespielt. also gibt es auf dem album studioaufnahmen mit falschem applaus, um den live-eindruck vorzutäuschen; und live-aufnahmen mit (an der stelle) falschem applaus, um den craze abzubilden, den ein off-mic-statement natürlich nicht mehr vermitteln kann. diese postproduktionsmanöver sind so verständlich wie schamlos. aber trotzdem ist das album natürlich großartig und gehört hierher.
newport, südlich von boston, ist traditionell der sitz des geldadels in den USA. sehr hübsche kulisse, ich bin mal durchgefahren. wie sich 1956 dort das publikum zusammensetzte, kann ich nicht sagen. die erzählung ist, dass es am 7. juli mehrere cool-jazz-acts angehört hatte und dabei wenig begeisterung zeigte. das programm zog sich in die länge, bis um 23:45 Uhr schließlich das ellington-orchestra anfing – mit der „black and tan fantasy“, „tea for two“ und „take the a train“. rückgriff auf vertrautes, kein modernismus. nicht allzu begeistert reagiert man dann auf eine der ambitionierten suiten ellingtons, die auch das album eröffnet. ich finde die „newport festival suite“ ziemlich toll, mit komplexen arrangements als weichensteller für schöne soli, die in viele richtungen weisen: schmelz, hypnose, eleganz, akrobatik, alter schmerz, frische ideen. gehört habe ich allerdings die studioversion, und der merkwürdige applaus zwischendrin überzeugt mich nicht in der annahme, dass das alles so gut ankam, dass der damals nicht allzu erfolgreiche ellington hier schon sein comeback feierte, dass sich das hinreichend vom cool jazz des vorprogramms absetzte. beim hodges-feature „jeep’s blues“ habe ich mir mal den spaß gemacht, nicht die studio-version anzuhören, die auf dem album landete, sondern den neuen mix der tatsächlichen konzertaufnahme, bei der aus zwei mono-versionen (von columbia und dem radiosender „voice of america“, in dessen mikrofon gonsalves später, nein, vorher [kompliziert!], sein berühmtes solo spielen sollte) ein falsches stereo zusammengesetzt wurde: da ist man dann authentisch „live“, und es klingt völlig artifiziell.
was das momentum angeht, 27 chorusse von paul gonsalves, mit klavier-, bass- und schlagzeug-begleitung, so waren ja nicht wenige enttäuscht, als sie den neuen mix hörten. so spektakulär sei das ja gar nicht. klingt auf dem album anders, da schreien erst die musiker, dann das publikum hinein, ab der hälfte fast die ganze zeit tosender applaus, der geldadel flippt aus, der cool jazz ist abgeschüttelt, der jazz hat wieder ein publikum, es wird (augenzeugen berichteten) sogar wieder dazu getanzt! ist jazz nicht eigentlich ohnehin live-musik, dazu da, menschen direkt aus den sitzen zu reißen? geht es nicht um die reaktion auf ort, zeit, klima, stimmung, aus der etwas ungeplant-großartiges entstehen kann? tatsächlich scheint es so gewesen zu sein – und tatsächlich bildet sich das nach aufwendgen fake-maßnahmen auch im dokument ab. was aber das solo angeht: es ist wunderbar und sitzt genau richtig im arrangement, in seiner zeit, im feature für einen bis dahin wenig beachteten saxofonisten. gonsalves fängt in einem sehr engen tonspektrum an, dreht sich ungelöst in einer früh gesetzten spannung, die die band in ihrer minimalistischen begleitung vergrößert. es kommt nicht unbedingt zu einem ausbruch – sondern eher zu einer verabredung: wir machen das jetzt noch eine weile so weiter, bis du, publikum, deinen groove findest. ich musste an einen technoclub denken, in dem auch das einsteigen und durchmachen als versprechen funktioniert. insofern ist das großartige am momentum von gonsalves und ellington, dass sie dieses plateau gespürt und zum glänzen gebracht haben – mit einem leichten anzug, einem sanften drehen der schraube, einem blick in die tanzende menge. „don’t be rude to the musicians“, soll ellington zu george wein gesagt haben, als dieser die überlänge des konzerts signalisierte. jetzt nicht aufhören: nicht, weil noch was tolles kommen wird, sondern weil ein zustand erreicht ist, den man nicht verlassen will.
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vorgartendanke euch! das ist natürlich ein lieblingsalbum von mir, was es nicht unbedingt einfacher macht, darüber zu schreiben.
das glaub ich dir sofort! ich kann sowas ja nicht wirklich, wenn ich mir aber vorstelle dazu skizzen auf alt herkömmliche weise auf papier mit füller zu verfassen, ergäbe das sicher ein schönes aquarell in blau oder schwarz, nur keinen lesbaren text…
ist dir vielleicht schon mal der gedanke gekommen ihre original autobiographie neu ins deutsche zu übersetzen. einen käufer hättest du schon….die mir vorliegende ist ein machwerk ohne seele….
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!lotterlotta
ist dir vielleicht schon mal der gedanke gekommen ihre original autobiographie neu ins deutsche zu übersetzen. einen käufer hättest du schon….die mir vorliegende ist ein machwerk ohne seele….ich muss gestehen, dass ich die autobiografie noch nie gelesen habe.
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da hast du auch nicht wirklich etwas verpasst. bekam ich vor diversen jahren mal geschenkt, nur ein kleines Taschenbuch in liebloser übersetzung…
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!30
FREE JAZZ
coleman, dolphy, cherry, hubbard, haden, la faro, higgins, blackwell, ertegün, dowd (21.12.1960)auf jackson pollocks gemälde WHITE LIGHT gibt es keinen vorder- und keinen hintergrund. ornette coleman wollte auf FREE JAZZ musik spielen (lassen), nicht den hintergrund. die fehlende 3-dimensionalität der kollektiven improvisation bildet sich im sound ganz gut ab, wo sich nicht der jeweilige solist abhebt und nach vorne aus der menge tritt, sondern im geschehen selbst raum bekommt, um ideen zu äußern, die vielleicht auf gleicher ebene eine kettenreaktion auslösen. hierarchien gibt es allerdings trotzdem – man hat ausgerechnet, wie viel mehr zeit coleman gegenüber allen anderen bekommt, und wie viel mehr z.b. blasintrumente gegenüber bässen und schlagzeugen. dafür spielen letztere natürlich auch die ganze zeit. ich kriege keinen guten gedanken hin zu diesem album, dessen historische bedeutung ich gut nachvollziehen kann, das ich aber selten mit lust auflege. wenn es um den individuellen ausdruck geht, habe ich alle beteiligten hier woanders schon mal spannender gehört. vor allem: ich höre das album nach wie vor dreidimensional, mir hat schon immer gefallen, wie sehr es swingt, und das scheint mir hier eher den hintergrund zu bilden für die solistischen exkurse und kommentare. aber gut, wenn man etwas neues ausprobiert, ist das ja meistens nicht das letzte wort in der sache. der geplante verzicht auf funktionsharmonik muss hier vielleicht damit leben, dass hubbard und dolphy und la faro und eigentlich auch haden durchaus (nicht gespielte) harmonien im ohr haben, zu denen sie spielen. bei hubbard könnte man wahrscheinlich naheliegende akkorde dazuschreiben. nur coleman selbst ist irgendwo anders – und sobald sein kollekiv kommentiertes „solo“ anfängt, passt auf FREE JAZZ alles. über schöne details könnte man auch schreiben: dass dolphy und hubbard manchmal „riffen“ (im coleman-solo), wie kanalübergreifend cherry und blackwell miteinander funken – und über den moment, wenn la faro nach seiner hyperaktiven vor-dem-beat-performance unter cherry plötzlich auf nur noch einem ton hängenbleibt. aber das ist ja hier nicht das projekt: nur dem eingespielten coleman-quartett (mit blackwell und haden) gelingt es, im jeweiligen personalstil zu bleiben. das aufgreifen von ideen im kollektiv führt hier oft nur zu etwas banalen imitaten (diese figur über dem bass-griffbrett, die sich la faro und haden hin und her werfen, z.b.; auch dolphy spielt viel einfach nach). aber gut: klassische parameter werden überprüft, man schaut, was man weglassen kann und ob dadurch etwas neues den raum füllt. weiter entwickeln können das ja dann andere. ich sollte vielleicht mal das experiment wagen, FREE JAZZ in der mono-version zu hören.
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ASCENSION
coltrane, johnson, sanders, hubbard, tchicai, shepp, brown, tyner, davis, garrison, jones, thiele, van gelder (28.6.1965)5 entscheidende jahre liegen zwischen ASCENSION und FREE JAZZ. man wunderte sich 1965 auch nicht mehr über tenorsaxofonsoli, die 27 chorusse lang dauern – nur sprach man damals wahrscheinlich nicht mehr von „chorussen“. freddie hubbard war auf beiden sessions und an seinem spiel kann man gut ablesen, welche neuen verankerungen, strukturen, ausdrucksmöglichkeiten die musik zwischenzeitlich hinzugewonnen hat. sein solo ist ein ziemliches highlight hier, es findet seine eigenen harmonien, bewegt sich souverän im roten bereich, baut einen fantastischen höhepunkt auf, ehe die kollektive welle wieder über ihm zusammenbricht und ihn fast um den letzten ton einer toll herausgearbeiteten figur bringt. ASCENSION hat eine wellenform, und es ist ein großes, wildes meer, das diese wellen transportiert: gewichtig, dunkel, schäumend. nicht nur der jazz hat sich bewegt, auch bürgerrechtsbewegungen, und nicht nur vorwärts (malcolm x wurde im jahr dieser session ermordet). das hymnische thema trägt ein paar soli und welleneinstürze lang, von tyners akkorden fließen gelassen. auch über das zwischen coltrane und sanders eingeklemmte fragezeichen dewey johnson (hatte alan shorter keine zeit?) spült es kraftvoll hinweg. aber spätestens nach dem fast verhinderten höhepunkt im hubbard-solo wirbeln sich ratlosigkeiten ein. tchicais unfassbar coole motivverschiebung macht nachdenklich, shepps vibrierende heiserkeit klingt fast hip über der plötzlichen pendelbewegung von tyner, und was marion brown da macht, ist ein völliges enigma. der musik geht nicht unbedingt die puste aus, sie ist bloß über eine grenze hinausgeflossen, die schlusshymne fängt sie nur mühsam wieder ein. wenn ornette coleman individuellen ausdruck verlangt hat, strampeln hier alle auf ihre weise ums nicht-ertrinken und treten dadurch neue wellen los. pharoah sanders beeindruckt mich – sein solo ist das wildeste, nah am geräusch, ein gefährlich klingendes werkzeug, das keine schöne formen mehr baut. krawumm macht es dazu im hintergund, denn den gibt es auf ASCENSION: fast denkt man, dass sich die musiker zwischendurch zum lauten aufschrei dahin zurückziehen, um halbwegs strukturiert dann vorne sagen zu können, was sie bewegt. hoch hinaus kommen sie nicht. eine himmelfahrt, die unter die walzenräder gerät.
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SEXTANT
mwandishi, mwile, mganga, pepo, michezaji, jabali, gleeson, clarke, rubinson & friends, catero, zatkin, vieira (1973)hatte ich von HEADHUNTERS aus über die musik davor von subkutanen, eher gefühlten grooves gesprochen? was für ein unsinn. SEXTANT hat fette bässe, 19/4-grooves, phaser-schlagzeug und natürlich auch schon das clavinet mit fuzz-wah und echoplex, das „chameleon“ so berühmt gemacht hat. der trip ist so funky wie kaum etwas, das ich aus den frühen 1970ern kenne – nur, dass dazwischen immer ausbrüche in rhythmisch freies terrain stattfinden, die mit gleicher lässigkeit sekunden später wieder eingefangen sind. was war das gerade?, ist die frage, die man sich beim hören hier ca. 200 mal stellt. und auch, wenn es so scheint, dass hier vor allem synthesizer und sequencer miteinander jammen, käme ich überhaupt nicht auf die idee, dass die leibhaftigen musiker hier unter die räder rutschen oder aus dem schaltkreis fliegen. im gegenteil, das erste stück, „rain dance“ ist eine der gelungesten verbindungen von akustischer und elektronischer musik, die ich kenne. trompete, sopransax, posaune und e-piano spielen hier nicht „dazu“, sondern bewegen sich frei in den loops, werfen kurze auratische statements ein, manchmal nur ein handklatschen, ein kurzer walgesang, ein trommelwirbel – und erobern damit auf freundliche weise neues gebiet. die maschinen übernehmen nicht, sie machen angebote. und wenn ein stabiler groove gefunden ist (wenn auch in 19/4 und mit freien ausbrüchen zwischendurch), fließt die intelligenz in neue sounds und deren originelle verbindungen – clavichord und ein quäkendes saxophonmundstück zum beispiel. im letzten stück geht das 20 minuten so, als kämen die sounds zu besuch, sie machen eine kleine tanzfigur und treten wieder ab, während sich bass und schlagzeug neu mit den maschinen verbinden. das ist alles so unangestrengt und hip, dass man vergisst, wie aufwendig die voraussetzungen dafür waren, weswegen ja dieses septett als „band“ galt, „die niemals schläft“, weil sie zwischen den konzerten ihre zeit für technikauf-, -abbau und -transport aufbrachte. es hätte einen teleporter gebraucht, warp-antrieb oder zumindest eine subfirma. so spektakulär unerfolgreich diese musik war, war daran nicht zu denken. wann hat man sie wiederentdeckt? seit wann befindet sich dieses album in solchen best-of-listen, noch vor HEADHUNTERS, EMPYREAN ISLES oder TAKIN‘ OFF? so sehr hier mit damals noch verschwitzten fingern an jungen sounds gearbeitet wurde, so zeitlos erscheint einem SEXTANT heute. alles, was seitdem in der musik passiert ist, lässt sich irgendwie darauf beziehen. und es ist immer noch nicht retro.
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vorgarten29 ASCENSION coltrane, johnson, sanders, hubbard, tchicai, shepp, brown, tyner, davis, garrison, jones, thiele, van gelder (28.6.1965) 5 entscheidende jahre liegen zwischen ASCENSION und FREE JAZZ. man wunderte sich 1965 auch nicht mehr über tenorsaxofonsoli, die 27 chorusse lang dauern – nur sprach man damals wahrscheinlich nicht mehr von „chorussen“. freddie hubbard war auf beiden sessions und an seinem spiel kann man gut ablesen, welche neuen verankerungen, strukturen, ausdrucksmöglichkeiten die musik zwischenzeitlich hinzugewonnen hat. sein solo ist ein ziemliches highlight hier, es findet seine eigenen harmonien, bewegt sich souverän im roten bereich, baut einen fantastischen höhepunkt auf, ehe die kollektive welle wieder über ihm zusammenbricht und ihn fast um den letzten ton einer toll herausgearbeiteten figur bringt. ASCENSION hat eine wellenform, und es ist ein großes, wildes meer, das diese wellen transportiert: gewichtig, dunkel, schäumend. nicht nur der jazz hat sich bewegt, auch bürgerrechtsbewegungen, und nicht nur vorwärts (malcolm x wurde im jahr dieser session ermordet). das hymnische thema trägt ein paar soli und welleneinstürze lang, von tyners akkorden fließen gelassen. auch über das zwischen coltrane und sanders eingeklemmte fragezeichen dewey johnson (hatte alan shorter keine zeit?) spült es kraftvoll hinweg. aber spätestens nach dem fast verhinderten höhepunkt im hubbard-solo wirbeln sich ratlosigkeiten ein. tchicais unfassbar coole motivverschiebung macht nachdenklich, shepps vibrierende heiserkeit klingt fast hip über der plötzlichen pendelbewegung von tyner, und was marion brown da macht, ist ein völliges enigma. der musik geht nicht unbedingt die puste aus, sie ist bloß über eine grenze hinausgeflossen, die schlusshymne fängt sie nur mühsam wieder ein. wenn ornette coleman individuellen ausdruck verlangt hat, strampeln hier alle auf ihre weise ums nicht-ertrinken und treten dadurch neue wellen los. pharoah sanders beeindruckt mich – sein solo ist das wildeste, nah am geräusch, ein gefährlich klingendes werkzeug, das keine schöne formen mehr baut. krawumm macht es dazu im hintergund, denn den gibt es auf ASCENSION: fast denkt man, dass sich die musiker zwischendurch zum lauten aufschrei dahin zurückziehen, um halbwegs strukturiert dann vorne sagen zu können, was sie bewegt. hoch hinaus kommen sie nicht. eine himmelfahrt, die unter die walzenräder gerät.
Danke für den Text zu Ascension. Wie bereits gebeichtet: neu beim Jazz, neu bei Coltrane, von dem habe ich erst ein paar Alben gehört. Von den Gehörten hat mir aber Ascension bis jetzt (das wird sich sicherlich noch ändern) am besten gefallen, wegen, ja genau, dem Hymnischen, Wellenhaften.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Danke für den sehr schönen Text über „Lady In Satin“. In der Tat auch ein Lieblingsalbum von mir wobei nur „Songs For Distinguè Lovers“ noch davor liegt.
Danke auch für den Text von „Ascension“. Wieder eines der radikaleren Alben, die allein durch ihre extreme Ausdrucksform von vielen geliebt wird und an dem die berüchtigte Musik-Nerd Patina haftet. Auch ich hatte „Ascension“ recht früh kennen gelernt als ich anfing mich mit Coltrane zu beschäftigen…allerdings hatte mich das anfangs abgeschreckt. Anders als bei „Machine Gun“ ist „Ascension“ aber brillant aufgenommen was den Wiedereinstieg in das Werk immens vereinfacht und je öfter man es auflegt desto mehr kristallisieren sich auch einzelne Solis heraus, die einen anfangs durch die schier-brachiale Energie aller gar nicht aufgefallen sind.--
Well...you like flowers and I like liqourlathoWie bereits gebeichtet: neu beim Jazz, neu bei Coltrane, von dem habe ich erst ein paar Alben gehört. Von den Gehörten hat mir aber Ascension bis jetzt (das wird sich sicherlich noch ändern) am besten gefallen, wegen, ja genau, dem Hymnischen, Wellenhaften.
hurley
Wieder eines der radikaleren Alben, die allein durch ihre extreme Ausdrucksform von vielen geliebt wird und an dem die berüchtigte Musik-Nerd Patina haftet. Auch ich hatte „Ascension“ recht früh kennen gelernt als ich anfing mich mit Coltrane zu beschäftigen…allerdings hatte mich das anfangs abgeschreckt. Anders als bei „Machine Gun“ ist „Ascension“ aber brillant aufgenommen was den Wiedereinstieg in das Werk immens vereinfacht und je öfter man es auflegt desto mehr kristallisieren sich auch einzelne Solis heraus, die einen anfangs durch die schier-brachiale Energie aller gar nicht aufgefallen sind.das mit der musik-nerd-patina ist schon lustig – wenn solch ein album als besonders krass gilt, ist der crossover-effekt ziemlich einfach. und dann landet man, obwohl man gerade erst angefangen ist mit jazz und mit coltrane, direkt bei ASCENSION. ging mir nicht anders. aber von coltrane kommt ja in der liste noch einiges, vor allem MY FAVORITE THINGS hat mir relativ spät noch mal was aufgeschlossen.
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Vielen Dank für die schönen Texte vom Wochenende – besonders den zu Billie Holiday!
„Ellington at Newport“ lernte ich direkt in der kommentierten und quasi aufgeräumten 2-CD-Ausgabe kennen … und in der Tat, die gaze Aufregung lässt sich da nicht so wirklich nachfühlen – Kontext ist da vermutlich alles, und den erzählen die Liner Notes nur so weit sie in die Ellington-Mythologie passen, die eh viel Unsinn enthält (wie den, dass die Band in den Jahren davor schlecht gewesen sei). Die Leute tanzten ja wirklich, davon gibt es immerhin stumme Zeugen in Form von Fotos:
(Von Discogs, wo man das Booklet der erwähnten 2-CD Ausgabe hier komplett anschauen kann.)
Für den ganzen Kontext sollte das hier hilfreich sein (darf man zumindest hoffen):
Was „Free Jazz“ angeht: ein Album, an dem ich mir lange die Zähne ausgebissen habe – auch wenn ich daneben „The Shape of Jazz of Jazz to Come“ usw. schon liebte und mit „Ascension“ auch allmählich klargekommen bin. Doppeltes Problem im Rückblick (und eine andere Perspektive gibt es für unsereins ja gar nicht): einerseits die Musik selbst, die sich so seltsam anhört und -fühlt, relativ steif (trotz des Swings, der wirklich da ist … aber polyphoner Dixieland swingt ja auch und ich habe das lange irgendwie als modernistische Form davon wahrgenommen und das in einer Zeit, als ich noch nicht mal Louis Armstrongs Hot Five und Seven wirklich mochte), und dazu dann eben die Frage, was all die Aufregung um dieses doch irgendwie zahme Album soll – wenn doch z.B. „Mingus Presents Mingus“ viele freiere Musik enthält. Ich höre bis heute „Ascension“ viel häufiger – aber auch nicht oft. Nächstes Mal, wenn ich „Ascension“ hervorhole, werde ich mich auf Hubbard besonders achten … und gute Frage wegen Alan Shorter – ich vermute, dass der 1965 eine so obskure Wahl gewesen wäre wie Dewey Johnson. Woher kam der eigentlich, da könnte es helfen, die Zeitachsen von Giuseppi Logan, Marion Brown, Paul Bley, Pharaoh Sanders usw. und ihre Überschneidungen offenlegen … irgendwie war Johnson da ja überall, auch bei Sun Ra und bei der October Revolution in Jazz, die damals für diese Leute wohl eins der wichtigen Events gewesen war. Dass Sanders in der Zeit der wuchtigste Solist war (Coltrane sollte ja in den Monaten, die ihm noch blieben, etwas Boden gut machen) ist bei der Session definitiv so. Shepp war ja schon irgendwie … etwas altmodischer? Und bei der Session kann man Colemans Diktum über das Tenorsax (ich hab’s grad nicht im Kopf und auch keine Ahnung, ob’s echt oder erfunden ist, aber irgendwas mit auf dem Instrument hätten die Afro-Amerikaner ihren tiefsten Ausdruck gefunden?) vielleicht nachempfinden: Brown und der irgendwie geometrisch organisierte (auch noch auf den Sessions mit Dyani, wo er neben Pukwanas überbordendem Flow eine Art andere Ordnung vorschlägt) Tchicai entwickeln nicht die Wucht und Überzeugungskraft der Tenorsaxophonisten.
Die Frage, seit wann „Sextant“ in solchen Liste auftaucht, finde ich interessant … könnten die Achtziger-Experimente („Future Shock“) da eine Rolle gespielt haben?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaReine Poesie, lieber @vorgarten , was Du über Lady In Satin schreibst!
Ich hatte dieses Album bisher immer liegen lassen, wohl aus einer vorurteilbehafteten Streicherphobie. Andere Alben aus dem Spätwerk von Billie Holiday weiß ich sehr zu schätzen (hatte ich hier auch ausgiebig erzählt) und jetzt sollte ich Lady In Satin unbedingt eine Chance geben.
War bisher nicht dazu gekommen, zu Headhunters was zu schreiben, dessen Erfolg ich zwar irgendwie nachvollziehen kann und das ich auch gut finde. Aber vollends begeistern kann es mich nicht. Die auf knapp 3 Minuten zusammengeschnittene Single des 15-Minuten Ungeheuers Chameleon funktioniert in meinen Ohren eigentlich auch nicht so recht. Ich denke, groove und exotische elektronische Sounds waren damals wohl die Schlüsselreize, und die gegenüber den vorherigen Alben reduzierte Komplexität. Und gutes Marketing von Columbia. Ich selbst gebe dem Nachfolger Thrust den Vorzug – der ja tatsächlich auch ein Riesenerfolg war. Aber Headhunters war wohl der Türöffner.
Von At Newport habe ich eine CD mit (wohl) den kompletten Aufnahmen. Das wirkt völlig fragmentiert und ich habe es nie gaschafft, das mal komplett durchzuhören. Muss ich wohl mal umprogrammieren, so dass das damals veröffentlichte Album dabei rauskommt.
Ansonsten bin ich urlaubsbedingt jetzt erstmal ein paar Tage offline. Ciao!
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)gypsy-tail-wind
Was „Free Jazz“ angeht: ein Album, an dem ich mir lange die Zähne ausgebissen habe – auch wenn ich daneben „The Shape of Jazz of Jazz to Come“ usw. schon liebte und mit „Ascension“ auch allmählich klargekommen bin. Doppeltes Problem im Rückblick (und eine andere Perspektive gibt es für unsereins ja gar nicht): einerseits die Musik selbst, die sich so seltsam anhört und -fühlt, relativ steif (trotz des Swings, der wirklich da ist … aber polyphoner Dixieland swingt ja auch und ich habe das lange irgendwie als modernistische Form davon wahrgenommen und das in einer Zeit, als ich noch nicht mal Louis Armstrongs Hot Five und Seven wirklich mochte), und dazu dann eben die Frage, was all die Aufregung um dieses doch irgendwie zahme Album soll – wenn doch z.B. „Mingus Presents Mingus“ viele freiere Musik enthält. Ich höre bis heute „Ascension“ viel häufiger – aber auch nicht oft. Nächstes Mal, wenn ich „Ascension“ hervorhole, werde ich mich auf Hubbard besonders achten … und gute Frage wegen Alan Shorter – ich vermute, dass der 1965 eine so obskure Wahl gewesen wäre wie Dewey Johnson. Woher kam der eigentlich, da könnte es helfen, die Zeitachsen von Giuseppi Logan, Marion Brown, Paul Bley, Pharaoh Sanders usw. und ihre Überschneidungen offenlegen … irgendwie war Johnson da ja überall, auch bei Sun Ra und bei der October Revolution in Jazz, die damals für diese Leute wohl eins der wichtigen Events gewesen war. Dass Sanders in der Zeit der wuchtigste Solist war (Coltrane sollte ja in den Monaten, die ihm noch blieben, etwas Boden gut machen) ist bei der Session definitiv so. Shepp war ja schon irgendwie … etwas altmodischer? Und bei der Session kann man Colemans Diktum über das Tenorsax (ich hab’s grad nicht im Kopf und auch keine Ahnung, ob’s echt oder erfunden ist, aber irgendwas mit auf dem Instrument hätten die Afro-Amerikaner ihren tiefsten Ausdruck gefunden?) vielleicht nachempfinden: Brown und der irgendwie geometrisch organisierte (auch noch auf den Sessions mit Dyani, wo er neben Pukwanas überbordendem Flow eine Art andere Ordnung vorschlägt) Tchicai entwickeln nicht die Wucht und Überzeugungskraft der Tenorsaxophonisten.
Die Frage, seit wann „Sextant“ in solchen Liste auftaucht, finde ich interessant … könnten die Achtziger-Experimente („Future Shock“) da eine Rolle gespielt haben?danke für die vielen interessanten gedanken (und die tanzfotos aus newport natürlich). dass FREE JAZZ steif daherkommt, stimmt wohl, hätte ich mich damals nicht getraut zu denken, als ich das entdeckt habe. man denkt ja eigentlich, dass man hier tolle vergleiche anstellen kann, zwischen cherry und hubbard, haden und la faro, blackwell und higgins, aber sie sind halt weniger „bei sich“ als mit dem konzept beschäftigt.
die soli von tchicai und brown auf ASCENSION mag ich wahnsinnig gerne, ich kannte die beim ersthören noch gar nicht und sie haben mich sofort interessiert. und dass dewey johnson da auftauchte, machte schon sinn angesichts seiner credits – vielleicht nehme ich ihn nicht so ernst, weil er später kein größerer name wurde, anders als die anderen (wobei tchicai ja auch immer etwas am rand blieb). alan shorter hätte aber durchaus auch nahegelegen, er war ja damals im umkreis von shepp und brown und vorher an shepps FOUR FOR TRANE session beteiligt. ich bin mir übrigens immer noch nicht sicher, ob ich den richtigen take gehört habe – „take 1“ ist ja irgendwie „edition II“ und umgekehrt, und dann hat das auch nochmal gewechselt. ich habe jedenfalls den take ohne drumsolo gehört, ich denke, der war in der liste gemeint.
ich denke, SEXTANT ist in den 90ern wiederentdeckt worden, vor allem durch die sogenannte „intelligent dance music“ bzw. „electronica“. vor allem „rain dance“ ist da wegweisend. aber mir fehlen dafür die quellen, jüngere produzent*innen und djs, die sich auf das album berufen. HEADHUNTERS war ja viel anschlussfähiger an hiphop, denke ich.
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friedrich
Ich hatte dieses Album bisher immer liegen lassen, wohl aus einer vorurteilbehafteten Streicherphobie. Andere Alben aus dem Spätwerk weiß ich sehr zu schätzen (hatte ich hier auch ausgiebig erzählt) und jetzt sollte ich Lady In Satin unbedingt eine Chance geben.
War bisher nicht dazu gekommen, zu Headhunters was zu schreiben, dessen Erfolg ich zwar irgendwie nachvollziehen kann und das ich auch gut finde. Aber vollends begeistern kann es mich nicht. Die auf knapp 3 Minuten zusammengeschnittene Single des 15-Minuten Ungeheuers Chameleon funktioniert in meinen Ohren eigentlich auch nicht so recht. Ich denke, groove und exotische Sounds waren damals wohl die Schlüsselreize, und die gegenüber den vorherigen Alben reduzierte Komplexität. Und gutes Marketign von Columbia. Ich selbst gebe dem Nachfolger Thrust den Vorzug – der ja tatsächlich auch ein Riesenerfolg war. Aber Headhunters war wohl der Türöffner.
Von At Newport habe ich eine CD mit (wohl) den kompletten Aufnahmen. Das wirkt völlig fragmentiert und ich habe es nie gaschafft, das mal komplett durchzuhören. Muss ich wohl mal umprogrammieren, so dass das damals veröffentlichte Album dabei rauskommt.
Ansonsten bin ich urlaubbsbedingt jetzt erstmal ein paar Tage offline.danke auch dir! verrückt, dass du LADY IN SATIN nicht so gut kennst – so dominant sind die streicher gar nicht, finde ich. und es gibt ein paar wirklich großartige soli, von j.j.johnson („glad to be unahppy“, sowieso der tollste song), urbie green und mel davis. nimm das mal mit in den urlaub
THRUST von hancock müsste ich dagegen mal wieder hören, ich mochte das bisher auch ganz gerne, aber HEADHUNTERS ist schon auch toll.
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