Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Pharoah Sanders
-
AutorBeiträge
-
11.11.1966
vielleicht dann doch noch mal zum vergleich sanders‘ spiel in der coltrane-formation in dieser zeit, hier der philadelphia-auftritt abends nach der nachmittagssession mit cherry. mit singendem coltrane, zwei einsteigenden altsaxofonisten, extratrommelgruppe und ersatzbassisten. im ersten stück, „naima“, ist sanders noch nicht dabei, vielleicht tatsächlich noch aus new york unterwegs. bei „crescent“ allerdings kommt sein solo wie ein schock – er spielt minutenlang keine einzige linie, ausschließlich schreie, ton- und geräuschmodulationen, texturen, natürlich auf allerhöchstem intensitätsniveau.
im zusammenhang versteht man, warum sein stil sich im verlauf eines tages so unterschiedlich äußert. allein coltranes themenvorstellung von „crescent“ ist so überirdisch schön, dass dem eigentlich nichts hinzuzufügen scheint. sanders geht einen völlig anderen weg, um die intensität nicht abflauen zu lassen. auch alice schafft das, mit ihren mehrdimensionalen klangflächen (mit „akkorden“, „tonalität“ oder „dissonanzen“ kommt man da begrifflich nicht weit), die die bittersüße behalten, die john von anfang an setzt, dabei aber mit der linken hand mit ali zusammen rhythmische spannung aufbaut. während dieser drei soli bleibt die musik einen halben meter über dem boden schweben. dann kommt dieser einsteigende altsaxer und man versteht sofort, was coltranes band eben nicht macht: emphatisches, informiertes „new thing“. der altsaxer spielt eigentlich gute sachen, wird auch gegen ende hin zupackend, aber es ist ein irdisches, sessionerprobtes, gelerntes dazu-spiel, dem in diesem kontext sofort die luft ausgeht.
sanders weiß das, er hat gelernt, wie man coltrane etwas hinzufügen kann. er bleibt auch während des konzerts in seinem krawallsoundmodus, obwohl er mit cherry noch am nachmittag musikalisches material thematisch variiert hat. der vergleich ist wirklich interessant.
--
Highlights von Rolling-Stone.de11 coole Zitate aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“
So klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
Welches Equipment verwenden eigentlich…Pink Floyd?
Musikalische Orgasmen: 6 Songs voller Höhepunkte
Dies ist (laut Fans und Kritikern) die beste Folge von „Friends“
Studio-Magier: Die 8 besten Musikproduzenten
Werbung15.11.1966
wieder nur 4 tage später pharoahs zweite leader-session, diesmal für impulse, mit van-gelder-treatment, interessanterweise keine musiker aus der coltrane-band dabei, dafür dave burrell (p), sonny sharrock (g), henry grimes (b), roger blank (dm), nat bettis (per).im gegensatz zu anderen hier begeistert mich dieses album sehr. es funktioniert völlig anders als das, was bis dato von sanders erschienen war. ein multikulturelles spirituelles programm, das islam, buddhismus und hinduismus verknüpft, aus komplett ungehetzten klangmalereien die sanderschen trademark-modal-trance gebiert („upper egypt & lower egypt“, im zweiten teil über vier immer wiederkehrende akkorden, mit lyrischen saxlinien, aber auch überblasorgien und poppigem gesang), einem kurzen, gesungenen ausflug in japanische akkordspektren (dazu tolles minimalistisch variierende rhythm section, sanders singt nur und lässt das sax stehen), dann die kontrastreiche schluss-suite, mit völlig freier fire music (sanders im coltrane-band-modus, schöne splittersounds von sharrock), dann eine große hymne, sehr viel poppiger als coltrane, die sich dann allerdings in wilde bahnen wirft und quasi bei „a love supreme“ aufhört.
verständlich, dass sanders auf seinem impulse-debüt eine größere bandbreite zeigen will als bei coltrane. trotzdem finde ich es erstaunlich, dass TAUHID mitten in seiner coltrane-zeit entsteht, aber ein ganz anderes programm aufstellt, mit musikern, die eigentlich schon in die 1970er verweisen (sharrock, burrell). das ist fast schon eine pop-weiterentwicklung der musik des hauptarbeitgebers, allerdings genauso ernsthaft. andere drogen, vielleicht.
--
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgarten 15.11.1966 wieder nur 4 tage später pharoahs zweite leader-session, diesmal für impulse, mit van-gelder-treatment, interessanterweise keine musiker aus der coltrane-band dabei, dafür dave burrell (p), sonny sharrock (g), henry grimes (b), roger blank (dm), nat bettis (per). im gegensatz zu anderen hier begeistert mich dieses album sehr. es funktioniert völlig anders als das, was bis dato von sanders erschienen war. ein multikulturelles spirituelles programm, das islam, buddhismus und hinduismus verknüpft, aus komplett ungehetzten klangmalereien die sanderschen trademark-modal-trance gebiert („upper egypt & lower egypt“, im zweiten teil über vier immer wiederkehrende akkorden, mit lyrischen saxlinien, aber auch überblasorgien und poppigem gesang), einem kurzen, gesungenen ausflug in japanische akkordspektren (dazu tolles minimalistisch variierende rhythm section, sanders singt nur und lässt das sax stehen), dann die kontrastreiche schluss-suite, mit völlig freier fire music (sanders im coltrane-band-modus, schöne splittersounds von sharrock), dann eine große hymne, sehr viel poppiger als coltrane, die sich dann allerdings in wilde bahnen wirft und quasi bei „a love supreme“ aufhört. verständlich, dass sanders auf seinem impulse-debüt eine größere bandbreite zeigen will als bei coltrane. trotzdem finde ich es erstaunlich, dass TAUHID mitten in seiner coltrane-zeit entsteht, aber ein ganz anderes programm aufstellt, mit musikern, die eigentlich schon in die 1970er verweisen (sharrock, burrell). das ist fast schon eine pop-weiterentwicklung der musik des hauptarbeitgebers, allerdings genauso ernsthaft. andere drogen, vielleicht.
„Tauhid“ sicher nicht mein favorisiertes Sanders Album auf Impulse, zu viele Ecken – wohl Sonny Sharrock und in geringerem Ausmasz Dave Burrell geschuldet – welche einen Spielfuss selbst im weiteren Sinn verwehren. Eben dieser Flow – welcher sich auch nicht im Strata East Album einstellen mag – ist dann mit „Karma“ gegeben wohl da auch Sanders mit Leon Thomas eine kongeniale Zweitstimme findet und sich die beteiligten Musiker – obzwar alle individuelle Hochkaräter – mit genial zugewiesenen Rollen schlüssig ergänzen ….
P.S Muss wieder mal „Karma“ hören …. und „Izipho Sam“ desgleichen ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)1967
bis zum tod coltranes am 17. juli tritt sanders noch mehrfach mit der band auf (u.a. beim dokumentierten OLATUNJI CONCERT), es gibt auch noch ein paar aufnahmen (u.a. das tolle „to be“, auf dem coltrane quer- und sanders piccolo-flöte spielt), aber die meisten sachen spielt coltrane ohne sanders im quartett ein – und ich finde nach wie vor, dass diese musik nochmal eine neue tür öffnet, in der die expressivität von sanders keinen platz mehr hat. erst anfang 1968 gibt es eine neue aufnahme von ihm.
21.1. 1968
live-aufnahme aus dem renaissance ballroom in harlem, eine sanders-band (burrell, sirone, roger blank) mit erstaunlichen gästen: albert ayler, sun ras trompeter chris capers und ein altsaxofonist, über den sich das gerücht hält, das sei noah howard. das material ist von sanders: erst „balance“ (später für IZIPHO ZAM aufgenommen), dann das untere und das obere ägypten und venus (alles von TAUHID). herausgekommen ist das später auf der „holy-ghost“-box von ayler.das ding bewegt sich schizophren zwischen dem modalen pop, in den die band immer wieder hineinfindet, und diesen völlig ignorierende krawallsoli. sanders flirtet wenigstens mit den akkorden der stücke, ayler und capers kennen sie wohl gar nicht. die rhythm section agiert sehr toll und frei, burrell spielt hier schon seine exaltierten wischenden cluster-soli (die komischerweise auch immer an kitsch-themen hängenbleiben), blank ist natürlich äußerst cool gegenüber den chaotischen entwicklungen. im vergleich der mächtigen tenorsounds finde ich sanders‘ schon am schönsten, aber das ist wohl geschmackssache – am ende, wenn ayler nochmal übernimmt, ist das schon grandios… das stück endet so unschuldig hymnisch, wie es gedacht ist: als coltrane-verbeugung, natürlich.
--
soulpope„Tauhid“ sicher nicht mein favorisiertes Sanders Album auf Impulse, zu viele Ecken – wohl Sonny Sharrock und in geringerem Ausmasz Dave Burrell geschuldet – welche einen Spielfuss selbst im weiteren Sinn verwehren.
aber, mit verlaub, wo verwehren denn ausgerechnet burrell und sharrock (die ja viel funktionaler, brav begleitend, spielen, als man es von ihnen kennt) den fluss? die ecken sind natürlich drin, eine einheit ergibt das ganze programm nicht (obwohl „tauhid“ ja einheit meint), aber das liegt, finde ich, nicht an den musikern.
auf KARMA bin ich gespannt, mich hat das immer in seinem ausfasern genervt und auch eigentlich von sanders‘ impulse-alben ferngehalten. (die verbindung zu leon thomas ist natürlich großartig, aber das gibt es ja schon auf IZIPHO ZAM, im „prince of peace“.)
--
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgarten
soulpope„Tauhid“ sicher nicht mein favorisiertes Sanders Album auf Impulse, zu viele Ecken – wohl Sonny Sharrock und in geringerem Ausmasz Dave Burrell geschuldet – welche einen Spielfuss selbst im weiteren Sinn verwehren.
aber, mit verlaub, wo verwehren denn ausgerechnet burrell und sharrock (die ja viel funktionaler, brav begleitend, spielen, als man es von ihnen kennt) den fluss? die ecken sind natürlich drin, eine einheit ergibt das ganze programm nicht (obwohl „tauhid“ ja einheit meint), aber das liegt, finde ich, nicht an den musikern. auf KARMA bin ich gespannt, mich hat das immer in seinem ausfasern genervt und auch eigentlich von sanders‘ impulse-alben ferngehalten. (die verbindung zu leon thomas ist natürlich großartig, aber das gibt es ja schon auf IZIPHO ZAM, im „prince of peace“.)
Da ich mit Sharrock zeitlebens nicht tauglich zurechtkam, mag ich da seine Rolle übersensibel bewerten ….
Naja ab „Karma“ hatte Sanders sein schwebend hymnisches Gedudel in allen Schatierungen entwickelt bzw patentiert und ist damit doch einige Zeit gut gefahren …. beeindruckend immer wieder die Energie welche er in seine Soli einbrachte und man wollte es auch nicht anders ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)29.1.1968
erinnerungsmusik der verbliebenen, material aus drei sessions, sanders ist nur in einer dabei, zusammen mit garrison und ben riley (der kurz vor coltranes tod noch mit ihm spielen sollte und nun eine zeitlang mit alice unterwegs sein wird). nur „onedaruth“ kommt aufs originalalbum, „lord, help me to be“ und „the sun“ mit späten aufnahmen von john auf COSMIC MUSIC, als bonustracks aber auch auf die MONASTIC TRIO cd. sanders hängt etwas unentschieden zwischen den modalen vamps von alice, die seiner eigenen musik der zeit ziemlich nah sind, und den späten sachen von john, die ohne festgelegte akkorde auskommen. in „onedaruth“ spielt er bassklarinette, in „the sun“ sehr unprominent flöte. in späteren sessions mit alice finden sie zu einem eigenständigeren konzept.
6.2.1968
dave burrells zweites leader-album könnte man hier eigentlich vernachlässigen, denn pharoah sanders spielt auf einer der beiden sessions lediglich tamburin (in der besetzung burrell, sirone, bobby kapp). aber die musik ist super, der ansatz wie üblich bei burrell, gelinde gesagt, verschroben – ein medley aus west-side-story-melodien, ein wildes free-stück (mit der anderen band sirone/sunny murray), ein gospel&ragtime-medley (hier kommt dann sanders‘ tamburin zum einsatz). keine ahnung, ob ursprünglich vorgesehen war, dass sanders auch sein sax auspackt (ich hätte es gerne gehört, es fehlt aber auch nicht gerade), aber dass er trotzdem dabei ist, spricht wiederum für vernetzung & das uneitle teamwork.8.5.1968
nur bei diesem einen stück ist sanders dabei, aber eine tollere vorlage konnten carla bley und michael mantler ihm nicht schreiben: dreieinhalb minuten ekstatisches powerplay gegen die punktierten unisono-akzente der bläser, volles rohr, aus dem stand, wie es damals wohl so nur sanders konnte, ohne langeweile zu erzeugen.
19.6.1968
auf bartz‘ zweitem leaderalbum für milestone taucht sanders zusammen mit charles tolliver als extramusiker für das albumseitenlange titelstück auf, der rest wurde im trio mit stanley cowell, reggie workman und freddie waits eingespielt. beim latin-thema hat sanders leichte schwierigkeiten, für sein solo ändert sich das arrangement in einen 1-akkord-vamp, und mit der umstellung hat dann die band leichte schwierigkeiten, bis waits in eine freie begleitung wechselt und sanders sein übliches feuer entfachen kann. bartz bleibt für sein solo im gleichen modus, für tolliver ändert sich das arrangement nochmal in eine freie hardbop-form, die bartz wiederum aufgreift. kurz vor schluss kommt sanders im hardbop-teil zu seinem zweiten solo und scheint außerhalb seiner komfortzone zu sein, was aber sich als falsch herausstellt, er soliert ziemlich entspannt und mit tollem ton über changes. davon hätte man zu dieser zeit gerne etwas mehr gehört, aber der weg ging ja klar in eine andere richtung.
dieses schräge teil entsteht auch um 1968 herum. pharoah sanders ist nur auf einem stück zu hören, das komischerweise gerade aus der tube verschwunden ist. ansonsten (vor allem in den von cornell duprees gitarre geprägten groove-stücken) übernimmt harold vick den tenor-part. boogaloo, ein bisschen afrokubanischer latin, sehr simpel konfektionierter jazz. klingt nach brotjob, eben nicht nahch einem spotlight für den pharoah.
und dann gab es 1968 noch zwei festivalauftritte in europa. einmal im juli in antibes und nizza mit (erstmals) lonnie liston smith, sirone und majeed shabazz, woraus dieser schöne bossa nova stammt, bei dem sanders während seines solos die augen ins weiße verdreht.
hier kommt auch erstmalig der trademark-song „the creator has a master plan“ zum einsatz.dann taucht sanders noch auf den berliner jazztagen im november auf, als gastsolist in don cherrys eternal rhythm orchestra (mit u.a. mangelsdorff, bernt rosengren, sonny sharrock, karl berger, joachim kühn und arild andersen), dann beim ersten total msuic meeting in der time-is-now-band von gunther hampel (mit john mclaughlin und sharrock!), außerdem gibt es noch einen jam mit u.a. mangelsdorff, don ellis, maynard ferguson (!), tony scott, pony poindexter und fritz pauer. von all diesen auftritten gibt es private aufzeichnungen, die ich aber nicht kenne.
--
14.1.1969
1969 ist ein wichtiges jahr für sanders. drei leadersessions, noch eine unter leon thomas‘ namen, und mit letzterem, cecil mcbee und lonnie liston thomas werden die weichen für das musikalische programm der nächsten jahre gestellt. die clifford-jordan-produktion für ein neues label, das es dann nie gab, macht den unscheinbaren anfang und wird auch erst 1973 auf tollivers und cowells strata-east-label veröffentlicht.
die working band von den europa-auftritten (liston smith, sirone, sharrock, majeed shabazz) wird ordentlich aufgefüllt (4 weitere percussionisten, ein weiterer bassist, sonny fortune und howard johnson als sparringpartner, und sanders gibt seine gesangsversuche an leon thomas‘ kompetente stimme ab). und obwohl jedes der drei stücke ein paar funkelnde details hat, ist die atmosphäre so gleichförmig entspannt wie auf PHAROAH’S FIRST und die vier-akkord-vamps mit den mantra-themen sind gesetzt. funkelnde details z.b. sind thomas‘ jodelverzierungen, das unironische (bye bye, dave burrell) hymnische spiel von liston smith, die zweistimmig vorgetragenen themen von fortune und sanders, das rhythmisch vertrackte intro von „balance“, die sich in kakofonien auswalzenden kollektivimprovisationen, die sich hin wieder quer ins mantra setzen (und in „balance“ schließlich übernehmen, insofern: falscher titel), und die hypnotischen, ungehetzten percussionorgien, die vor allem das fast halbstündige titelstück so faszinierend machen.
die musik ist sehr selbstverständlich und klar organisiert, sanders ist angekommen. und wenn man damit klarkommt, dass sich diese themen und akkordwiederholungen für immer festsetzen, entdeckt man von einem moment auf den nächsten noch lauter schöne flüchtige sounds, die sich gegenseitig herausfordern. alles reagiert aufeinander, ein exzess der resonanzen.
14./19.2.1969
pharoah sanders hat einen masterplan und bob thiele einen hit für impulse. weiter geht es mit der sanders&thomas-show, 4 akkorde auf 33 minuten, peace and happiness for all the land. wo „a love supreme“ sich über sein mantra emanzipiert und den existenzialistischen ruf des einzelnen zu seinem recht kommen lässt, ist hier das gerüst , der fluss, die kreisbewegung genug.
gypsy-tail-windInsgesamt wirkt das Album (von 1969) stärker aus einem Guss (was bei einem 33 minütigen Stück und einem kurzen Post Scriptum auch wenig wundert), Sanders hat ein paar sehr starke Moment und auch das ganze Getrommel, Gesinge und Gesumme passt hier besser. Dennoch (auch hier gewährte ich drei Durchgänge) schweife ich im Verlauf des Albums immer wieder ab, es fesselt mich nicht wirklich, mäandriert etwas zu stark… ganz böse könnte man von Ethno-Smooth-Jazz reden… die Tendenz Sanders‘ ist jedenfalls angebahnt und sollte in den nächsten Alben weiter in diese Richtung getrieben werden. Und „Karma“ bleibt wohl eins der besten Alben von Sanders.
hier möchte ich einerseits zustimmen, andererseits sanft widersprechen. natürlich mäandert das, und wie. aber es gibt mindestens zehn bessere sanders-alben (für mich). so toll ich den „creator“ finde (und man braucht wirklich wenig mehr, um ein paar zentimeter über dem teppich zu schweben) und so wenig ich darüber jetzt große meisterimrpovisationen erwarte, ist diese version hier ganz schön unscharf, breiig, wenig dynamisch und wenig abwechslungsreich. jeder einzelne dieser vielen tollen musiker könnte jederzeit irgendwas aufregendes machen – man würde es halt nicht hören. von einem james spaulding ab dringt ab und zu mal ein flötenton an die oberfläche. watkins‘ waldhorn nur, wenn er besonders schief spielt. sanders und thomas nehmen sich angenehm zurück, mit großem sinn für auftritte, aber richtig los lassen sie hier nicht. und auch billy hart habe ich schon mal inspirierter trommeln gehört. aber was soll das gemäkel, wenn der song so toll ist. ich bin gespannt, wie ich andere versionen (die nächste kommt ja bereits 2 alben später) nach dem wiederhören empfinde.
ach ja, das kurze „colors“, in dem gott einen regenbogen schickt. eine wunderschöne komposition. und der ton von sanders voller grazie. aber ein paar farben fehlen auch hier.
20.10.1969
das nächste album noch im gleichen jahr, das riecht nach schneller bedarfsbefriedigung der langsam aus ihrem karma-koma erwachenden fans. bob thiele ist mittlerweile bei impulse weg und hat leon thomas zu seinem neuen label flying dutchman mitgenommen, dazu später. ed michel, der mitten im spiritual-jazz-hype den staffelstab übernimmt, initiiert ein „karma 2“. dazu dient der „prince of peace“ aus der noch unveröffentlichten IZIPHO-ZAM-session, das in „hum-allah-hum-allah-hum-allah“ umbenannt wird. das stück ist nach wie vor super und die band wunderbarerweise etwas schlanker geworden. trotzdem hat es nicht die fokussiertheit der originalaufnahme. das riesending „sun in aquarius“ ist allerdings ein trip. der vamp braucht hier nur noch 2 akkorde (beim „creator“ und beim „prince of peace“ sind es ja immerhin noch 4), dafür gibt es aber unglaubliche soundpassagen, mit gongs und behämmertem klavierinnenraum, flötenflächen, einem sanders-solo, das so explodiert wie nichts mehr seit coltrane-tagen und das von gypsy hervorgehobene bass-duett. konzise ist das alles nicht, aber in seiner heftigkeit dann doch unerwartet.21./22.10.1969
smart move von bob thiele, auf leon thomas zu setzen und den „creator“ mit fast den gleichen leuten gleich nochmal in radiotauglichen 4,5 minuten aufzunehmen. pharoah sanders fungiert vertragstechnisch hier unter pseudonym („little rock“). auf der neuen version spielt er eine sehr schöne flöte, roy haynes hin und wieder hiphop, mcbee und liston smith das, was es braucht, und aus dem epos wird ein song. der rest verschiebt sich auch richtung hipness, thomas hat viel gutes material, einen virtuos ausgespielten bigband-hintergrund, friedensgesang und politische anklage halten sich poptauglich in balance und die restlichen musiker setzen (anders als auf KARMA) wirkliche akzente (spaulding, sanders, haynes). der große gemeinsame auftritt kommt in der malcolm-hommage („malcolm’s gone“), einer rubato-elegie, in der sanders mal richtig aufdrehen kann und die musik auch mal uncool werden darf („he died to save me, gave me my dignity“).dass leon thomas mit diesem zeug auf großen touren ordentlich furore machen wird (dann aber eher mit oliver nelson) und im vocaljazz-bereich der spät60er und früh70er vakuen füllen und polls anführen kann, ist klar. die verbindung von ihm und sanders ist trotzdem sehr besonders – beider stimmen sind unmittelbar auratisch aufgelanden und erkennbar, die musik gehört ihnen, sobald sie einen ersten ton verlauten lassen. es ist aber auch toll, wie sie sich gegenseitig den raum überlassen. das lässt halt gerade diese prinzipiell zu volle musik transparent bleiben. (und darüber hinaus sind es beides gute percussionisten, ich glaube, über sanders tamburin-künste muss man noch mal gesondert sprechen .)
--
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgarten14./19.2.1969 pharoah sanders hat einen masterplan und bob thiele einen hit für impulse. weiter geht es mit der sanders&thomas-show, 4 akkorde auf 33 minuten, peace and happiness for all the land. wo „a love supreme“ sich über sein mantra emanzipiert und den existenzialistischen ruf des einzelnen zu seinem recht kommen lässt, ist hier das gerüst , der fluss, die kreisbewegung genug.
hier möchte ich einerseits zustimmen, andererseits sanft widersprechen. natürlich mäandert das, und wie. aber es gibt mindestens zehn bessere sanders-alben (für mich). so toll ich den „creator“ finde (und man braucht wirklich wenig mehr, um ein paar zentimeter über dem teppich zu schweben) und so wenig ich darüber jetzt große meisterimrpovisationen erwarte, ist diese version hier ganz schön unscharf, breiig, wenig dynamisch und wenig abwechslungsreich. jeder einzelne dieser vielen tollen musiker könnte jederzeit irgendwas aufregendes machen – man würde es halt nicht hören. von einem james spaulding ab dringt ab und zu mal ein flötenton an die oberfläche. watkins‘ waldhorn nur, wenn er besonders schief spielt. sanders und thomas nehmen sich angenehm zurück, mit großem sinn für auftritte, aber richtig los lassen sie hier nicht. und auch billy hart habe ich schon mal inspirierter trommeln gehört. aber was soll das gemäkel, wenn der song so toll ist. ich bin gespannt, wie ich andere versionen (die nächste kommt ja bereits 2 alben später) nach dem wiederhören empfinde. ach ja, das kurze „colors“, in dem gott einen regenbogen schickt. eine wunderschöne komposition. und der ton von sanders voller grazie. aber ein paar farben fehlen auch hier. 20.10.1969 das nächste album noch im gleichen jahr, das riecht nach schneller bedarfsbefriedigung der langsam aus ihrem karma-koma erwachenden fans. bob thiele ist mittlerweile bei impulse weg und hat leon thomas zu seinem neuen label flying dutchman mitgenommen, dazu später. ed michel, der mitten im spiritual-jazz-hype den staffelstab übernimmt, initiiert ein „karma 2“. dazu dient der „prince of peace“ aus der noch unveröffentlichten IZIPHO-ZAM-session, das in „hum-allah-hum-allah-hum-allah“ umbenannt wird. das stück ist nach wie vor super und die band wunderbarerweise etwas schlanker geworden. trotzdem hat es nicht die fokussiertheit der originalaufnahme. das riesending „sun in aquarius“ ist allerdings ein trip. der vamp braucht hier nur noch 2 akkorde (beim „creator“ und beim „prince of peace“ sind es ja immerhin noch 4), dafür gibt es aber unglaubliche soundpassagen, mit gongs und behämmertem klavierinnenraum, flötenflächen, einem sanders-solo, das so explodiert wie nichts mehr seit coltrane-tagen und das von gypsy hervorgehobene bass-duett. konzise ist das alles nicht, aber in seiner heftigkeit dann doch unerwartet.
Habe beide Alben anlassbezogen nochmals gehört und war selbst – im Zeitabstand – überrascht wie sehr John Coltrane auf „Karma“ weiderkehrend um die Ecke lugt, ja ich gehe soweit dieses Album als eine (so nicht explizit titulierte) Coltrane Hommage zu sehen. Meinem Empfinden nach agieren hier Sanders und Thomas nicht gedrosselt, sondern setzen das so geplante Konzept schlüssig um …. während auf der Bassposition mit Workman + Davis starbesetzt, erzeugen die beiden (so konzipiert ?) nicht annährend solche Sogwirkung wie Davis und McBee auf „Jewels Of Thought“ – hier werden ja Rhythmus und eigene Stimmführung vereint – und doch ist damit (IMO) der Gipfel nicht erreicht denn dies passiert etwas später auf meinem Favoriten „Black Unity“ durch McBee und seinem kongenialen Partner Stanley Clarke …. „Jewels Of Thought“ entwickelt für mich zwar nicht die Sequenzen des Rausches von „Karma“ aber die Öffnung zu einem durchaus weltmusikalischen Vorgehen gelingt bereits grossflächig(er) …. benoten/-werten möchte ich beide Alben nicht, sie gehören jedoch fraglos Schlüsselaben des Euvre von Pharoah Sanders auf Impulse ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)ja, kann man alles so sehen. ich verstehe auch, dass man in einen KARMA-rausch fallen kann, auch wenn es mir nicht passiert ist. auf BLACK UNITY, die ich tatsächlich noch nie gehört habe, bin ich gespannt.
--
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgartenja, kann man alles so sehen. ich verstehe auch, dass man in einen KARMA-rausch fallen kann, auch wenn es mir nicht passiert ist. auf BLACK UNITY, die ich tatsächlich noch nie gehört habe, bin ich gespannt.
„Karma Rausch“ wohl weniger aber das partielle Schweben setzt voraus sich auf die Scheibe einzulassen ergo weniger wertend zu hören als vielmehr die Wirkung abzuwarten …. bin schon interessiert welche Eindrücke „Black Unity“ bei Dir hinterlassen wird ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgarten ach ja, das kurze „colors“, in dem gott einen regenbogen schickt. eine wunderschöne komposition. und der ton von sanders voller grazie. aber ein paar farben fehlen auch hier.
PS zu „Colors“ – für sich genommen schon Wohlklang aber die eigentliche Stärke dieses Tracks ist das er nach „The Creator Has A Master Plan“ gereiht ist und im Zusammenhang gehört strahlt da schon (neues) Licht …. womöglich nur bei mir aber bei den ersten Tönen von „Colors“ denke ich sofort an „In A Sentimantal Mood“ ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)soulpopebei den ersten Tönen von „Colors“ denke ich sofort an „In A Sentimantal Mood“ ….
ja, das ist eindeutig ein zitat.
--
1970
der pharaonische output umfasst in diesem jahr zwei eigene alben, sowie zwei mit alice coltrane, mit der sanders auch 1971 noch live unterwegs ist. es ist interessant, dass sie beide aus dem john-coltrane-universum eigene wege finden, durchaus im gleichen label („spiritual jazz“, wahrscheinlich mit großer schnittmenge unter den fans), aber mehr und mehr in sonischen parallelwelten. alice greift pianistisch verstärkt auf den blues zurück, hat aber auch die harfe entdeckt und fabriziert mit dem einbezug von tambura und oud drone-musik mit individualistischen spitzen, während sanders selbst bewegliche perkussive geflechte baut, in denen bläsersoli nur noch klangfarben sind.
26.1.1970
die ptah-session, in coltranes home studio aufgenommen, mit dem tollen tenorsax-satz sanders & henderson, dazu ron carter und ben riley.ein wesentlich reiferes album als die trauerarbeit in einzelstücken auf A MONASTIC TRIO. auffällig, wie viel dunkler alices musik ist als der hippieske entwurf von KARMA und JEWELS. das funkelnde triostück „turiya and ramakrishna“ bleibt knietief im blues, die ambivalenten akkorde des titelstücks vermitteln eine ungreifbare melancholie, „mantra“ dront auf einem ton. letztere beiden profitieren von der inspirierten gegensätzlichkeit von henderson (suchend, virtuos, ein bisschen fremdelnd) und sanders (abstrakt, hymnisch, im ton fast für sich stehend). nach wie vor würde ich behaupten, dass sanders auf „mantra“ sein tollstes solo überhaupt spielt, mit einem enormen facettenreichtum, ungeheuer intensiv. das harfenstück „blue nile“ funktioniert darin bestens als schimmernder lichtblick, mit schönem interplay der beiden flötisten, natürlich auch das alles auf blues-grundlage.
1.7.1970
summun, bukmun, umyun. eine wilde trommelgruppe um die bass-vamps von cecil mcbee und das hymnische klavier von lonnie liston smith herum. und wenn gary bartz, pharoah sanders und woody shaw gerade nicht trommeln und rascheln und klappern, spielen sie kurze soli und kommentare auf ihren hauptinstrumenten (sanders allerdings auf dem sopransax), die für schöne abwechslung sorgen, sich aber nicht groß aus dem hintergrund nach vorne drängeln.harmonisch ist das furchtbar simpel, aber man gerät automatisch in ein anderes hören, eine ziemlich glücklich machende trance (oder man schaltet ab und lässt es vorbeiplätschern). nichts schreit hier um aufmerksamkeit, keine individuelle stimme möchte gewürdigt werden, es gibt keine meistersoli oder dramatische zuspitzungen. die perkussion ist allerdings so toll verzahnt, dass eigentlich immer etwas neues passiert. und auch die kurzen bläserbeiträge bringen das statische bild immer an anderer stelle zum leuchten. clifford jarvis ist ein guter mann für eine polyrhythmische grundbewegung, aber es ist vor allem mcbee, der hier mehr sein will als funktional, eine handgemachte einzelstimme gegen resonanzen und drones behauptet, gerade und vor allem in seinem arco-spiel im zweiten stück.so wie sanders gelingt es ihm, hipness mit sentimentalität zu verbinden. was eben auch beweist, dass im sich immer mehr herauskristallisierenden sanders-konzept nicht die kollektive gleichförmigkeit an oberster stelle steht, sondern der individuelle beitrag dazu.
4.7.1970
alice und pharoah live im village gate, mit charlie haden und rashied ali – und mit vishnu wood, der hier nicht nur oud spielt, sondern alice in dieser zeit auch mit dem yogi und guru swami satchidananda bekannt macht, mit dem sie schließlich nach indien aufbrechen wird.das 11’30 lange stück „isis and osiris“ ist eine tolle ausgedehnte sopransax-improvisation, erst nur über den klangfarben von oud und harfe, schließlich fällt rashied ali in einen rumpelbeat, der für mich zu den tollsten früh70er-jazzdiskografie-momenten überhaupt gehört. leider ist kein weiteres dokument dieses auftritts verfügbar, nur dieses eine stück durfte den closer zu JOURNEY IN SATCHIDANANDA bilden.
27.10. oder 8.11.1970
die studiosession kommt ohne oud aus, dafür gibt es eine tambura (gespielt von tulsi). und sanders hat mcbee (für haden) und majeed shabazz (perc) mitgebracht. die zeichen stehen auf indien, allerdings noch aus dem von john coltrane eingerichteten home studio aus entwickelt, was so weit geht, dass alice noch eine variation auf dessen „india“ einspielt. der knaller hier ist natürlich das harfengeprägte titelstück, mit seinem klang- und detailreichtum und dem hippen bass-vamp, und ein bisschen füllmaterial bis zum closer. sanders spielt wieder ausschließlich sopransax, wird dabei aber von der anlage der musik in eine wenig kaschierte john-coltrane-rolle gedrängt, muss über blues changes solieren und überhaupt die solistische hauptlast tragen. er macht das facettenreich, als der co-partner, als den ihn ja auch das cover auszeichnet, und fügt sich in die gegenüber seiner eigenen musik etwas komplexeren und geheimnisvolleren klang- und rhythmuswelten seiner ehemaligen bandkolleg_innen coltrane und ali ein.25.11.1970
die erste THEMBI-session, für die lonnie liston smith ein fender rhodes im studio entdeckt und mit „astral travelling“ einen kozmigroove-klassiker entwickelt, über dessen butterweiche wolken sanders einen zarten sopransaxhimmel baut. mcbee ist wieder dabei, clifford jarvis auch, zusätzlich michael whites originelle 70er-jahre-jazzvioline.im zweiten stück, „red, black & green“ packt sanders endlich mal wieder sein tenorsax aus, per overdub sogar doppelt, und die sanfte seligkeit der letzten aufnahmen wird auch noch mal kraftvoll fortgewischt. ein krawallsolo wie zu besten coltraneband-zeiten, allerdings eingerahmt durch hymnische akkorde und gesangliche linien, die er selbst dazuspielt. mit „thembi“ sind wir danach wieder in der 2-akkord-seligkeit, und sanders greift wieder zum sopran. smith spielt hier ein schönes solo und die verzahnung der linien von sanders und white ist auch sehr hübsch. gypsy hat es „kitsch“ genannt, ich würde es „pop“ nennen, aber es ist auffällig, welche generischen licks sich da plötzlich in sanders‘ spiel einschleichen. interessanterweise ist ja mit bill szymczyk auch ein rockproduzent beteiligt (was vielleicht die kanalwanderungen und overdubs erklärt, aber das hätte ed michel auch alleine hingekriegt).
12.1.1971
mit der zweiten THEMBI-session sind wir schon im folgejahr, haben den drummer ausgewechselt (haynes für jarvis), vermissen michael white und bekommen dafür wieder eine trommelgruppe (u.a. wieder mit majeed shabazz und nat bettis).nach dem schon von gypsy herausgestellten tollen mcbee-solo-stück („love“), kommt ein superfunktionaler leichter groove, pharoah an der flöte und ein hervorragendes smith-solo. mir macht das großen spaß, weil es sich im gleichförmigen groove ständig neu schattiert, mal dreht die percussion ein bisschen frei, dann kommen ausbruchsakzente von mcbee, dann hat smith noch eine tolle solo-idee, dann wechselt sanders mit seinem tamburin kurz die gangart. sanders‘ tenorsound hat ein paar effekte dazu bekommen (mikrofon im schalltrichter?), außerdem kann er alle paar sekunden zwischen pop, aggression und hymne hin- und herschalten, wie es ihm gerade einfällt. im zweiten teil wechselt die band noch mal in eine art schnellen sambarhythmus und sanders liefert sich mit smith ein vogelschrei-duell. die tribalistische dschungelfantasie finde ich persönlich jetzt am kitschigsten, aber soche geschmacksgrenzen waren 1971 wohl noch nicht gezogen.
--
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,506
vorgarten 25.11.1970 die erste THEMBI-session, für die lonnie liston smith ein fender rhodes im studio entdeckt und mit „astral travelling“ einen kozmigroove-klassiker entwickelt, über dessen butterweiche wolken sanders einen zarten sopransaxhimmel baut. mcbee ist wieder dabei, clifford jarvis auch, zusätzlich michael whites originelle 70er-jahre-jazzvioline. im zweiten stück, „red, black & green“ packt sanders endlich mal wieder sein tenorsax aus, per overdub sogar doppelt, und die sanfte seligkeit der letzten aufnahmen wird auch noch mal kraftvoll fortgewischt. ein krawallsolo wie zu besten coltraneband-zeiten, allerdings eingerahmt durch hymnische akkorde und gesangliche linien, die er selbst dazuspielt. mit „thembi“ sind wir danach wieder in der 2-akkord-seligkeit, und sanders greift wieder zum sopran. smith spielt hier ein schönes solo und die verzahnung der linien von sanders und white ist auch sehr hübsch. gypsy hat es „kitsch“ genannt, ich würde es „pop“ nennen, aber es ist auffällig, welche generischen licks sich da plötzlich in sanders‘ spiel einschleichen. interessanterweise ist ja mit bill szymczyk auch ein rockproduzent beteiligt (was vielleicht die kanalwanderungen und overdubs erklärt, aber das hätte ed michel auch alleine hingekriegt). 12.1.1971 mit der zweiten THEMBI-session sind wir schon im folgejahr, haben den drummer ausgewechselt (haynes für jarvis), vermissen michael white und bekommen dafür wieder eine trommelgruppe (u.a. wieder mit majeed shabazz und nat bettis). nach dem schon von gypsy herausgestellten tollen mcbee-solo-stück („love“), kommt ein superfunktionaler leichter groove, pharoah an der flöte und ein hervorragendes smith-solo. mir macht das großen spaß, weil es sich im gleichförmigen groove ständig neu schattiert, mal dreht die percussion ein bisschen frei, dann kommen ausbruchsakzente von mcbee, dann hat smith noch eine tolle solo-idee, dann wechselt sanders mit seinem tamburin kurz die gangart. sanders‘ tenorsound hat ein paar effekte dazu bekommen (mikrofon im schalltrichter?), außerdem kann er alle paar sekunden zwischen pop, aggression und hymne hin- und herschalten, wie es ihm gerade einfällt. im zweiten teil wechselt die band noch mal in eine art schnellen sambarhythmus und sanders liefert sich mit smith ein vogelschrei-duell. die tribalistische dschungelfantasie finde ich persönlich jetzt am kitschigsten, aber soche geschmacksgrenzen waren 1971 wohl noch nicht gezogen.
„Love“ so etwas wie eine Meisterklasse des modernen Bassspiels durch Cecil McBee (mglw eines seiner stärksten Soli ever ?) und der Übergang zu „Morning Prayer“ gehört (IMO) zum Berührendsten was der Jazz in den frühen 70ern zu bieten hat …. interessanterweise ist mir diese Übergang viel später bei der Erstbeschau des Filmes „Die Matrix (Teil 1)“ in jenen Sequenzen eingefallen in welchen die Matrix zerfällt und sich eine neue Realitat bildet …. „Morning Prayer“, Kitsch und die Geschmacksgrenzen – erlaubt ist was Anklang findet und zum Unterschied zu anderen Einspielungen diverser Musiker hat „Thembi“ eine sehr wohlwollende Patina erhalten ….
--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin) -
Schlagwörter: Freejazz, Jazz, Pharoah Sanders
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.