Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Ansicht von 15 Beiträgen - 1,306 bis 1,320 (von insgesamt 1,452)
  • Autor
    Beiträge
  • #12283683  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    Das Problem sind keine Kinks und auch nicht verstrahlte Leute, die sich als Füchse und Drachen identifizieren.

    Das Problem, dass ich – ganz grundsätzlich – mit „Wokeness“ in seiner heutigen Ausprägung habe, ist der Umstand, dass Empfindungen / Gefühle zu nicht reflektierbaren, unantastbaren Fakten stilisiert werden, dass Selbsteinschätzungen von „Betroffenen“ praktisch sakrosankt sind und dass Infragestellungen sehr konkret geahndet werden sollen. Die Diskursverschiebung hat ab da stattgefunden, als viele offenkundig im Fahrwasser begriffen haben, dass „Ich fühle mich verletzt“ als Statement auch als Waffe verwendet werden kann (weil niemand Gewalttäter mag und es auch wenige gibt, die sich so sehen wöllten). Ich bin überzeugt, dass es auch eine Unterscheidung zwischen „Opfern“ und „Opferrolle“ als Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen gibt (freilich geht auch beides gleichzeitig). In einem Talk wurde mal gesagt: „Wer möchte denn bitte ein Opfer sein?“. Die Wahrheit ist doch vielmehr: Sich als Opfer zu stilisieren kann riesige Vorteile haben und dafür gibt es durchaus klare Motive. Ohne die selbst zugeschriebene Opferrolle wäre doch gerade wiederum auch die AfD in der jetzigen Form gar nicht denkbar. Und natürlich werden derlei manipulative Taktiken nicht nur von Rechtsaußen genutzt.

    Ein Problem, dass ich ebenso sehe, ist, dass viele Menschen diese fast ausschließlich rein akademischen Peergroup-Diskurse gar nicht inhaltlich verfolgen, aber ein sehr feines Gespür dafür haben, wenn sie auf mehr oder weniger subtile Weise manipuliert und vereinnahmt werden. Diese Leute sagen heute eben nicht mehr: „Wenn Du nicht so sprichst, wie ich will, fängst Du Dir eine“, sie sagen ganz zart „Du weißt schon, dass Du mich traumatisiert, wenn Du so sprichst. Möchtest Du das wirklich?“. Ich habe zu viele Clips und Streams in den letzten Jahren gesehen, um außer Acht lassen zu können, wie viele vermutlich narzisstische Verhaltensweisen den Diskurs mittlerweile vergiften und das teils mit großen Reichweiten. Sehr gut fand ich auf Basis meiner Erfahrung im Netz auch diese Analyse.

    „Moral“ ist hier oftmals fast schon ein Platzhalter, es geht um das Stärken der eigenen Interessen, Macht, Rache, Aufmerksamkeit und mehr. Die Opferrolle entspricht hier vielmehr einem neuen Status, der diesen Menschen erst ein Privileg gibt – das Privileg selbst völlig frei von Verantwortung zu sein, jegliche eigene Aktion kann im Sinne von „Der Zweck heiligt die Mittel“ angewandt werden, um die teils herbeiphantasierten, zumindest aber nicht evidenzbasiert abgeleiteten „Machtstrukturen“, die zuteilen Verschwörungserzählungen gleichen, zu bekämpfen.

    Ein Faktor ist in dem Kontext auch die Aufweichung und subjektive Auslegung jeglicher Begriffe. „Rechts“, „Links“, „Woke“, „Konservativ“ usw. haben eine enorme Spanne an Definition, je nach Peer, was zum Problem führt, dass für immer mehr Menschen, tatsächlich meiner Beobachtung nach linke Werte „irgendwas mit Veggieburger, Lastenfahrrad, abgehobenem Bildungsbürgertum und komischem Sprechen“ sein dürfte. Das ist schwerwiegend, weil es linke Politik konkret schwächt und wenig anschlüssfähig gestaltet und rechte, „volksnah“ inszenierte Politik stärkt. Die meisten Menschen wählen nun mal nicht auf inhaltlicher, sondern personeller Ebene. Wenn es keine Schnittpunkte, sondern stattdessen vielmehr Antipathie gegenüber „linke Repräsentanten“ gibt, führt das auch zu dem, was wir aktuell haben: Die AfD nach Prognosen als stärkste Partei in vier Bundesländern und eine Linke, die prozentual nicht mehr der Rede Wert ist.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #12283685  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 26,166

    irrlicht

    nicht_vom_forum Das sehe ich ziemlich ähnlich. Die Frage, die sich mir hinsichtlich der Wokeness-Thematik stellt, ist, warum gerade diese „grundsätzliche[n] Gruppendynamiken, Anpassungen und Selbstbeschneidungen, die es formal in jeder Peer gibt.“ so vehement in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden.

    Ein Faktor dürfte das Selbstverständnis der Peer sein als inklusiv, offen, sensibel und dialogfähig. Man geht mit Menschen erfahrungsgemäß härter ins Gericht, wenn sie an den Maßstäben, die sie an andere anlegen, fortlaufend selbst scheitern. Zudem denke ich, dass viele dieser Gruppendynamiken in dem münden, was @bullschuetz hier noch mit Humor kommentiert. Die Einlassungen von Voss sind gemäß dem, was ich seit einigen Jahren über Youtube, TikTok, Twitter etc. erlebe, bei vielen Aussagen nämlich durchaus akkurat. Diese Auswüchse existieren ja real.

    Naja, wenn man den Rückschluss der in Social Media aufgeblasenen Kommentare in das alltäglich Leben so eins zu eins übernehmen will? Und genau hier liegt doch der Fehler von Menschen wie Voss: man bauscht eine Wokedabatte auf, die im realen Leben so gar nicht existiert. Sondern auf Social Media Plattformen und hier haben wir eine Verschiebung der Realität: 1.) wer sagt denn, dass die vielen Kommentare der Woken überhaupt authentisch sind 2.) wer weiß denn, ob diese Kommentare auf SozMed nicht häufig emotional aus Frust rausgeblasen werden? 3) dann treffen natürlich gerade auf SozMed Plattformen die 2 Antipoden aufeinander und verursachen noch mehr Drama.

    Was hat das denn realistisch mit der Abbildung der Gesellschaft zu tun? Nichts. Und darum frag ich mich in welcher Welt diese Authorin denn lebt. In meiner nicht. Das alles ist für mich in dem dargesetllten Umfang ein vollkommen aufgeblasener aus den USA auch noch importierter Mist, der von Rechtspopulsisten und schlimmeren natürlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum Popanz aufgeblasen wird und dann (!) in der Gesellschaft breit getreten wird.*

    Hatte erst kürzlich bei einer Geburtagsfeier den tollen Kommentar des geschwätzigen selbständigen Kochs, ob seiner „behördlichen Drangseleien“ dann zu einem „Deustschland schafft sich ab“ entblöden musste. Das ist die Realität und leider viel zu häufig.

    Und natürlich gibt es hin und wieder diese linksidentitären Auswüchse, von wegen Safespace für emotional Identifizierende mit igenen Gruppen, die dann diejenigen verprellen, die halt mal mit Dreadlocks rumlaufen möchten. Nur ist die Reaktion auf diese Einzelfälle leider nicht so selten auch in den echten Stammtischen regelmäßig zu hören. Wenn an dann inzwischen fragt, wieviel deutsche Reggaebands denn verboten worden sein, oder inwieweit sie sich selbst gegängelt fühlen bestimmte Ausdrücke nicht mehr benutzen zu dürfen, kommt dann nichts mehr. Natürlich nicht.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #12283691  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    krautathaus Naja, wenn man den Rückschluss der in Social Media aufgeblasenen Kommentare in das alltäglich Leben so eins zu eins übernehmen will? Und genau hier liegt doch der Fehler von Menschen wie Voss: man bauscht eine Wokedabatte auf, die im realen Leben so gar nicht existiert. Sondern auf Social Media Plattformen und hier haben wir eine Verschdeibung der Realität: 1.) wer sagt denn dass die vielen Kommentare und der Woken überhaupt authentisch sind 2.) wer weiß denn ob diese Kommentare auf SozMed nicht häufig emotional aus Frust rausgeblasen werden? 3) dann treffen natürlich gerade auf SozMed Plattformen die 2 Antipoden aufeinander und verursachen noch mehr Drama.
    Was hat das denn bitte mit der Realtität in der Abbildung de Gesellschaft zu tun? Nichts.

    Damit das klar gestellt ist: Das Problem von Nazis in Deutschland sind primär Nazis. Von niemand wird „Wokeness“ so oft thematisiert, wie von rechten Populisten selbst. Es wird da förmlich nach jedem Strohhalm gegriffen, um Menschen aktiv angehen zu können. Das ist Fakt.

    Ich stimme aber BS zu, dass das Overtone Fenster nicht nur einseitig nach rechts verschoben wird, sondern der Diskurs allgemein von den radikalen Polen bestimmt und der Gesprächskorridor, wie er sagt, buchstäblich auseinander gerissen wird. Ein ganz großes Problem liegt hierbei auch in den Medien und dem Grundaspekt, dass sich Skandale und Konflikte besser klicken und vermarkten. Es gibt auch viele Indizien dafür, dass die Algorithmen so konzipiert sind, dass man das vorgeschlagen bekommt, was einen mitunter am meisten ärgert. Durch diesen Umstand und die Kapitalisierung der Themen durch große Konzerne („Woke Washing“, „Green Washing“, „Gender Washing“ usw.), sind diese Aspekte eben nicht mehr nur Nischenbereiche, sondern haben eine enormen gesellschaftlichen Impact. Über 50% der Jugendlichen nutzt TikTok mittlerweile regelmäßig, diese Themen haben damit das Potenzial, eine ganze Generation formal zu prägen. Übrigens auch der Grund, warum die AfD einen Fokus aktuell auf TikTok und junge Leute ab 16 legt oder explizit Ansprachen an Kinder hält.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #12283693  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 26,166

    irrlichtIch habe zu viele Clips und Streams in den letzten Jahren gesehen, um außer Acht lassen zu können, wie viele vermutlich narzisstische Verhaltensweisen den Diskurs mittlerweile vergiften und das teils mit großen Reichweiten. Sehr gut fand ich auf Basis meiner Erfahrung im Netz auch diese Analyse.

    Edit, sorry du warst schneller.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #12283697  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    irrlicht
    Diese Leute sagen heute eben nicht mehr: „Wenn Du nicht so sprichst, wie ich will, fängst Du Dir eine“, sie sagen ganz zart „Du weißt schon, dass Du mich traumatisiert, wenn Du so sprichst. Möchtest Du das wirklich?“.

    @irrlicht: Auch an Dich die Frage: Hast Du das selbst schon erlebt, bei Dir (auch rein online) persönlich bekannten Personen, mit denen Du in einem Dialog stehst, oder kommt das aus dem Blick auf eine Online-Subkultur?

    Ich bin da aus meinen (beschränkten) Beobachtungen heraus eher bei @.krautathaus.

    --

    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #12283703  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    nicht_vom_forum Auch an Dich die Frage: Hast Du das selbst schon erlebt, bei Dir (auch rein online) persönlich bekannten Personen, mit denen Du in einem Dialog stehst, oder kommt das aus dem Blick auf eine Online-Subkultur?

    Nein, ich teile mit diesen Leuten inhaltlich ja viele Werte bzw. schwimme in der Szene selbst wie ein Fisch im Wasser, aber ich schaue sehr viele Talks, gerade auch im ÖR, verfolge viele Onlinedebatten großer Streamer und Youtuber und habe ein, denke ich, gutes Bild, warum die Diskurse fortlaufend entgleisen.

    Was ich zu 100% aber erlebt habe, ist die fast vollständige Entkopplung dieser Blase vom Rest der Gesellschaft. Ich spüre schon sehr oft in Gesprächen, dass Leute aus meiner Blase, eigentlich keine Kontakte zu Menschen haben, die nicht studiert und mehrheitlich gut situiert sind.

     

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #12283705  | PERMALINK

    mozza
    Captain Fantastic

    Registriert seit: 26.06.2006

    Beiträge: 81,041

    Ich sage nur: Bourdieu, Habitus

    --

    Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll
    #12283715  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 26,166

    irrlicht

    Damit das klar gestellt ist: Das Problem von Nazis in Deutschland sind primär Nazis. Von niemand wird „Wokeness“ so oft thematisiert, wie von rechten Populisten selbst. Es wird da förmlich nach jedem Strohhalm gegriffen, um Menschen aktiv angehen zu können. Das ist Fakt.

    Auch dem kann ich so formuliert nicht ganz zustimmen, oder habe es falsch verstanden. Für mich steckt die Problematik eben in dem Zuarbeiten von all denen (eben ungeachtet der wirklichen Auswirkung solcher linksidentitären Einzelfälle außerhalb des Nets), die die aufgeblähte Reaktion offline in die Gesellschaft tragen. Das sind alle möglichen Nörgler und betroffenheitshaschende „Kritiker“, die mir weiß machen wollen, dass das Problem des Clashdiskurses in großem Maßen an den Linksidentitären liegen soll. Und diese „Kritiker“ müssen noch nicht mal rechtspopulistisch eingestellt sein, geschweige denn noch viel Schlimmeres.

    Bei deinen restlichen Absätzen hast du natürlich recht, nur leider werden wir vor allem an der klickgeilen Onlinepresse kaum was ändern können und so einen kleine Hang zum spannen kann ich auch nicht leugnen.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #12283725  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    irrlicht
    Sehr gut fand ich auf Basis meiner Erfahrung im Netz auch diese Analyse.
    https://hpd.de/artikel/wokeness-letztlich-anti-wissenschaftliche-weltanschauung-21314

    Diese „Analyse“ ist aber mindestens genauso anti-wissenschaftlich anti-woke, wie sie der Gegenpartei anti-wissenschaftliche Wokeness vorwirft. Es wird munter (und maximal wolkig) postuliert und behauptet, ohne dass eine Widerlegung möglich ist. Das erfüllt nichtmal die Ansprüche an „ordentliche Wissenschaft“ der Empirie bzw. des Positivismus, geschweige denn die seit Popper.

    Inhaltlich: In dem Text wird als „woke“ dargestellt, was in Philosophie und Wissenschaftstheorie mindestens seit Feyerabend, Kuhn oder Lakatos diskutiert wird. Der Ansatz, dass „Wissenschaft“ ein objektiver Prozess ist, der sich von individuellen und gesellschaftlichen, also menschlichen, Befindlichkeiten abtrennen lässt, ist geradezu naiv.

    Das hier:

    Wokeness geht von folgenden Prämissen aus: Wissen ist nicht das, was wir an Erkenntnissen über die Realität sammeln, indem wir unsere Ideen, Vorstellungen, Hypothesen an ihr testen und dann korrigieren und anpassen. Wissen ist vielmehr ein soziales Konstrukt.

    ist nicht „woke“, das ist Stand der Erkenntnistheorie seit (mindestens) einem dreiviertel Jahrhundert. Das konnte man doch auch während der Covid-Pandemie live beobachten. „Wissen als soziales Konstrukt“ war doch geradezu der Kernpunkt des Konflikts zwischen „Mainstream“ und Gegnern/Leugnern.

    --

    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #12283747  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,711

    nicht_vom_forum
    Mir ging’s um diesen zeitlichen Aspekt. Das Internet als Schutzraum gerade für LGBT ist älter als Voss. Dass das jetzt sichtbarer ist, liegt m. A. n. an der gesellschaftlich Liberalisierung und an der Zentralisierung auf wenige Plattformen und nicht daran, dass Leute jetzt ihre sexuelle Orientierung wechseln wie die Socken.
    Zum Rest Zustimmung, die Formulierung ist mir allerdings zu passiv. Facebook, Twitter, Telegram und Trollfarmen sind ja nicht zufällig so wie sie sind.

    Auf der anderen Seite gab es die technischen Möglichkeiten. Eine Ursächlichkeit in die eine oder andere Richtung (social media sit wie es ist, weil es die Leute so wollen/weil es die Erfinder so wollen) ist letzten Endes kaum feststellbar.

    nicht_vom_forum
    Zum Inhalt: Ich würde mir bei Leuten bei Voß und Co. als allererstes wünschen, dass sie sich mehr mit dem Thema LGBTQ beschäftigen, bevor sie sich mit ihren Thesen in die Öffentlichkeit trauen. Das wirkt auf mich immer so, als hätten sie kaum mit LGBT-Menschen gesprochen. Fälle, dass vermeintlich heterosexuelle (oder cis) Menschen sich nach Jahren oder Jahrzehnten als LGBT zu erkennen geben, sind ja nicht selten. Und das ja oft in einem Alter, bei dem jugendlicher Experimentierwille als Begründung wirklich ausgeschlossen werden kann.

    Die Anonymität hilft, die es in anderen Medien so nicht oder kaum gibt/gab, natürlich auch die direkte Bedienung. Auf der anderen Seite kann man auch über LGBTQ-Themen sprechen, ohne Angehöriger der Gruppe zu sein.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #12283751  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,711

    nicht_vom_forum
    Diese „Analyse“ ist aber mindestens genauso anti-wissenschaftlich anti-woke, wie sie der Gegenpartei anti-wissenschaftliche Wokeness vorwirft. Es wird munter (und maximal wolkig) postuliert und behauptet, ohne dass eine Widerlegung möglich ist. Das erfüllt nichtmal die Ansprüche an „ordentliche Wissenschaft“ der Empirie bzw. des Positivismus, geschweige denn die seit Popper.
    […]

    Die Frage ist, ob der Artikel das überhaupt sein will oder wie man so etwas beweisfest nachweisen will. In meinen Augen fasst er die Kritikpunkte am Identitären Denken gut zusammen und stellt auch den Hauptpunkt gut dar, die Abkehr vom Humanismus.
    Wurde oben ja schon gesagt: Beispiele „woken“ Denkens gibt es genug, eine Quantifizierung dürfte ebenso schwierig sein wie die auf der rechten Seite. Es sind diffuse Einstellungen von Gruppen, nicht fest vorgegebene Planzahlen. Daraus aber zu konstruieren, linksidentitäres Denken wäre nicht existent und nur eine Erfindung des rechtsidentitären Denkens, ist genauso falsch.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #12283753  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    irrlicht

    nicht_vom_forum Auch an Dich die Frage: Hast Du das selbst schon erlebt, bei Dir (auch rein online) persönlich bekannten Personen, mit denen Du in einem Dialog stehst, oder kommt das aus dem Blick auf eine Online-Subkultur?

    Nein, ich teile mit diesen Leuten inhaltlich ja viele Werte bzw. schwimme in der Szene selbst wie ein Fisch im Wasser,

    Mitschwimmen reicht halt ggf. nicht für ein vollständiges Bild. Unsere Diskussion (zwischen irrlicht und NvF) findet vollständig im öffentlichen Teil des Forums statt. Viele der terminally online Debatten innerhalb einer bestimmten Subkultur, die ich online mitbekommen habe, laufen parallel bei twitter, discord, twitch-Kommentarfenster, Mail, PNs, usw. Da hat man als Außenstehender (d. h. nicht direkt Beteiligter) überhaupt keine Chance auf ein vollständiges Bild. Dazu kommt dann noch, dass diese Debatten ja alle einen performativen Charakter haben, da sie, prinzipbedingt, zwischen Leuten stattfinden, die professionell online sind und damit Geld verdienen.

    Was ich zu 100% aber erlebt habe, ist die fast vollständige Entkopplung dieser Blase vom Rest der Gesellschaft.

    Genau so muss man diese (und alle anderen) Blasen doch aber auch bewerten: Als eigene Subkultur mit eigenen Codes und Regeln. Da einzeln Äußerungen oder Wortwechsel herauszugreifen und nach den eigenen Standards zu bewerten, führt doch nicht weiter.

    --

    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #12283757  | PERMALINK

    motoerwolf

    Registriert seit: 25.10.2006

    Beiträge: 6,343

    nicht_vom_forum

    irrlicht
    Diese Leute sagen heute eben nicht mehr: „Wenn Du nicht so sprichst, wie ich will, fängst Du Dir eine“, sie sagen ganz zart „Du weißt schon, dass Du mich traumatisiert, wenn Du so sprichst. Möchtest Du das wirklich?“.

    @irrlicht: Auch an Dich die Frage: Hast Du das selbst schon erlebt, bei Dir (auch rein online) persönlich bekannten Personen, mit denen Du in einem Dialog stehst, oder kommt das aus dem Blick auf eine Online-Subkultur?
    Ich bin da aus meinen (beschränkten) Beobachtungen heraus eher bei @.krautathaus.

    In ähnlicher Form habe ich das x-fach erlebt. Es wird von Azubis sogar versucht, ausbildungsrelevante Themen auf diese Weise zu umgehen, z.B. zu Themen der Sexualität. Und das Thema Religion ist in der Ausbildung ein Eiertanz ohnegleichen geworden. Genau wie alles, was mit interkultureller Pflege zu tun hat. Nicht mal von Menschen, die sich als woke begreifen. Sondern von solchen, die den Mechanismus begriffen haben und nun nutzen. Denn da liegt @irrlicht völlig richtig. Wokeism ist auch ein Machtmittel.

    @krautathaus: Ich halte die Trennung von real life und Internet für komplett sinnfrei.

    --

    And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame
    #12283759  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    lathoAuf der anderen Seite kann man auch über LGBTQ-Themen sprechen, ohne Angehöriger der Gruppe zu sein.

    Natürlich (mache ich ja auch gerade). Aber man sollte sich halt auch erkenntnisorientiert damit beschäftigt haben und nicht nur irgendwas postulieren. Und ersteres scheint mir bei Voss nicht der Fall zu sein. (Ansonsten Zustimmung)

    --

    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #12283763  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,444

    krautathaus Auch dem kann ich so formuliert nicht ganz zustimmen, oder habe es falsch verstanden.

    Was ich damit sagen wollte: In der rechten Peer gibt es oft das Narrativ, „Wokeness“ wäre der Grund für Rechtsextremismus. Das ist natürlich Unfug, Gewalttaten werden immernoch von den Tätern durchgeführt. Niemand radikalisiert sich in der Form, weil jemand gendert.

    Was aber m.E. ebenso falsch ist, ist zu glauben, dass diese Ströme nicht als Steigbügel für das Voranschreiten von rechten Peers dienen können. Ich finde, es gehört zu linker Basisarbeit, sich mit dem Umstand zu beschäftigen, warum linke Prinzipien gerade heute – die Schere arm reich ist riesig, die Krisen zahlreich – so wenig Anklang findet. Dafür gibt es Gründe und „Die AfD ist an allem Schuld“ ist leider nicht hinreichend.

     

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
Ansicht von 15 Beiträgen - 1,306 bis 1,320 (von insgesamt 1,452)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.