Das Piano im Jazz

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  • #3180733  | PERMALINK

    nail75

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    clasjaz
    Tapscott: Ich habe nicht einmal seinen Namen gehört, bisher, und bin nun dem Video, redbeansandrice, weiter gefolgt und bald zu „A Dark Tree“ gegangen.

    Da bist Du ja schon auf dem richtigen Weg. Du brauchst diese Doppel-CD von hatolgy mit Tapscott, John Carter, Cecil McBee und Andrew Cyrille. Es gibt wenig bessere Musik. Der beste Ort, um die Doppel-CD zu bestellen, ist Amazon.co.uk.

    Siehe auch:
    http://forum.rollingstone.de/showthread.php?t=37632

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    #3180735  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    bin mit Mary Lou Williams noch ganz am Anfang, aber ihre Messe Black Christ of The Andes (die ich zugegebenermaßen vor allem wegen den ca zwei kurzen Soli von Grant Green rausgesucht hatte) hat mich neulich sehr beeindruckt…

    Tommy Flannagan find ich nicht immer super, aber manchmal ist er einfach perfekt, so etwa gelegentlich bei Kenny Dorham oder auf Wilbur Harden’s The King and I, wer lyrische Trompetenquartette mag…

    zu Elmo Hope sei kurz erwähnt, dass er auf dem Album Hope-Full eine Reihe von Klavier-Duetten mit seiner Frau Bertha spielt…

    was Tapscott’s Solo-Aufnahmen betrifft: Das ist ja diese elfteilige Albenserie auf Nimbus West, ich kenn nur Vol 8, die ist sehr schön, aber wie sie jetzt im Vergleich zum Rest ist… drei Teile kann man bei lastfm hören, bestellen kann man sie auf jeden Fall direkt bei Nimbus West (die Soloalben stehen nicht unter CDs oder LPs sondern unter Tapscott…)

    Danke für die Cyrille und ML Williams Links!

    wo Nail oben den Dark Tree Thread erwähnt: Der Tapscott Blog, den ich damals verlinkt hatte, ist nochmal deutlich erweitert worden (am besten man kann Französisch, aber muss nicht)

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    #3180737  | PERMALINK

    thelonica

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    Tommy Flanagan ist auch ein Pianist für die eher leisen Tönen gewesen, was er zudem sehr gut beherschte. (Der Unterschied zu Horace Silver z.B. könnte nicht größer sein.) Manchmal braucht man das, finde ich. Mit der „Thelonica“ gelang ihm teilweise eine ganz eigene Intimität, die Monk in seinen ruhigen Momenten auch hatte, bestens. Monk wird ja generell eigentlich nicht zu den „lyrischen“ Pianisten gezählt, obwohl er das perfekt konnte, eben auf seine Art.

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    #3180739  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Übrigens, „The Cats“, die Prestige-Jam Session unter Ägide Flanagans, finde ich von all diese Jam-Alben eins der allerschönsten! Flanagan wird auch auf „How Long Has This Been Goin‘ On“ im Trio vorgestellt, Doug Watkins spielt Bass, Louis Hayes ist am Schlagzeug. Coltrane am Tenor, Kenny Burrell an der Gitarre, und man kriegt die Möglichkeit, Idrees Sulieman einigermassen früh und in einem (Hard-)boppigen Umfeld ausführlich zu hören!

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    #3180741  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    THELONICATommy Flanagan ist auch ein Pianist für die eher leisen Tönen gewesen, was er zudem sehr gut beherschte. (Der Unterschied zu Horace Silver z.B. könnte nicht größer sein.) Manchmal braucht man das, finde ich. Mit der „Thelonica“ gelang ihm teilweise eine ganz eigene Intimität, die Monk in seinen ruhigen Momenten auch hatte, bestens. Monk wird ja generell eigentlich nicht zu den „lyrischen“ Pianisten gezählt, obwohl er das perfekt konnte, eben auf seine Art.

    ja, der Unterschied zu Horace Silver ist groß… allerdings find ich Flannagan vergleichsweise schwer zu fassen… also, die richtig lyrischen Pianisten der Bud Powell Schule wären für mich etwa Duke Jordan und Al Haig (und an die besten Momente der zwei kommt Flannagan für mich nicht ran…) und auf der rhythmischeren Seite wären Silver, Walter Bishop Jr, Junior Mance (bei letzterem schon ein Fragezeichen)… Barry Harris ist irgendwo dazwischen, nicht leicht zu sortieren, bißchem monkischer, eher lyrisch, und auf eine Art sehr eigen… Kenny Drew und Tommy Flannagan sind beides so Musiker die eine relativ große Bandbreite im Powell Stil abdecken konnten, ich glaub, die sicher zu erkennen ist echt nicht einfach, entsprechend gefallen beide mir manchmal wahnsinnig gut, manchmal lassen sie mich eher kalt…

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    #3180743  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandriceja, der Unterschied zu Horace Silver ist groß… allerdings find ich Flannagan vergleichsweise schwer zu fassen… also, die richtig lyrischen Pianisten der Bud Powell Schule wären für mich etwa Duke Jordan und Al Haig (und an die besten Momente der zwei kommt Flannagan für mich nicht ran…) und auf der rhythmischeren Seite wären Silver, Walter Bishop Jr, Junior Mance (bei letzterem schon ein Fragezeichen)… Barry Harris ist irgendwo dazwischen, nicht leicht zu sortieren, bißchem monkischer, eher lyrisch, und auf eine Art sehr eigen… Kenny Drew und Tommy Flannagan sind beides so Musiker die eine relativ große Bandbreite im Powell Stil abdecken konnten, ich glaub, die sicher zu erkennen ist echt nicht einfach, entsprechend gefallen beide mir manchmal wahnsinnig gut, manchmal lassen sie mich eher kalt…

    Geht mir ganz ähnlich, mit beiden… beides exzellente Begleiter (Drew natürlich v.a. auf Dutzenden von Black Lion Alben aus dem Jazzhus Montmartre und ähnlichen Jobs mit US-Saxophonisten).
    Aber so richtig warm werde ich mit denen auch nicht. Mit Hank Jones fast noch eher… der geht irgendwie eine Spur weiter zurück, da steckt auch mehr aus der Zeit vor dem Bebop drin bei ihm.
    Ein anderer Vergleich für Flanagan wäre Barry Harris, der ungefähr zur selben Zeit aus Detroit kam… aber Harris ist ja der krasse Bopper, während das bei Flanagan nicht ganz so klar ist für mich… ein Hardbopper ist er auch nicht wirklich (da wäre Wynton Kelly ein guter Kontrast, im Vergleich von „Giant Steps“ zu „Coltrane Jazz“ zum Beispiel), aber ich will bei ihm auch nicht den Bezug zu Teddy Wilson, Art Tatum etc. raushören, wie ich das bei Hank Jones tue.
    Irgendwie ist Flanagan für mich so ne Art Proto-Klassizist. Der macht ganz schönen Mainstream Jazz, der sich irgendwie nicht so klar einer Richtung oder Schule zuorden lässt… so sehe ich das ungefähr… und er kann grosse Meisterschaft an den Tag legen, aber er tut das nicht immer… oder so.

    --

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    #3180745  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    gypsy tail windIrgendwie ist Flanagan für mich so ne Art Proto-Klassizist. Der macht ganz schönen Mainstream Jazz, der sich irgendwie nicht so klar einer Richtung oder Schule zuorden lässt… so sehe ich das ungefähr… und er kann grosse Meisterschaft an den Tag legen, aber er tut das nicht immer… oder so.

    ja – das trifft es vielleicht ganz gut, Klassizist, obwohl eigentlich Zeitgenosse… aber wie gesagt, es gibt beliebig tolle Sachen mit ihm… Drew find ich glaub ich eine Spur stimmiger, und er ist auch auf mehr absoluten Lieblingsalben (Tina Brooks, Jackie McLean, Johnny Griffin auf Riverside), daher vielleicht eine kleine Nase vorn…

    --

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    #3180747  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandriceja – das trifft es vielleicht ganz gut, Klassizist, obwohl eigentlich Zeitgenosse… aber wie gesagt, es gibt beliebig tolle Sachen mit ihm… Drew find ich glaub ich eine Spur stimmiger, und er ist auch auf mehr absoluten Lieblingsalben (Tina Brooks, Jackie McLean, Johnny Griffin auf Riverside), daher vielleicht eine kleine Nase vorn…

    Das vergess ich zu oft bei Drew, ja! Er ist auch noch auf „Blue Train“… und sein „Undercurrent“ ist auch nicht übel :-)

    Aber Flanagan ist dafür auf „Saxophone Colossus“ absolut spitze!

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    #3180749  | PERMALINK

    katharsis

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    clasjazHat, katharsis (danke Dir sehr für die Entdeckungswünsche!), Harris auch etwas mit Flanagan eingespielt? Vor kurzem habe ich den Monk-Film gesehen (Straight no chaser, Regie: Zwerin) und darin spielen die beiden ein Flügelduett, das mich die Tastenverdoppelung, die mich sonst an schlechtes Salzburg oder auch Wien gemahnt, leichthin vergessen lässt. Ich habe herumgesucht, aber nichts gefunden. Sonst würde ich nicht fragen. Gibt es da dennoch etwas?

    Aus dem Stegreif kann ich Deine Frage leider nicht beantworten. Ich weiß nur, dass es zu besagtem Film einen Soundtrack gibt, der meines Erachtens nach jedoch nur mit Originalmusik gefüllt wurde.

    An wen oder was denkst Du, wenn Du schlechtes Salzburg/Wien erwähnst?

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #3180751  | PERMALINK

    katharsis

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    Wenn M.L. Williams Erwähnung findet, dann sollte zumindest auf Jutta Hipp hingewiesen werden, die durchaus das Potential gehabt hatte, von der Obskurität zu einem kleinen Stern zu werden.

    Flanagan ist ein schönes Beispiel für einen subtilen und gefälligen Begleiter. Der beste Vergleich lässt sich vielleicht zwischen „All night long“ und „All day long“ ziehen. Die Band bleibt in etwa die selbe, nur wechseln Waldron und Flanagan. Das erste Album finde ich vertrackter, schwierige zu verstehen und weniger eingängig. Das zweite entwickelt eine sonnige, entspannte Stimmung und ist intuitiver verstehbar. Ich finde, dass das nicht zuletzt den Pianisten zuzuschreiben ist.

    Ich für meinen Teil kann immer noch nicht nachvollziehen, inwiefern Tyner ein brachialer Doppelfäuster sein soll? Vielleicht entsteht der Eindruck dadurch, dass er in Heavyweight-Bands spielt und sich dort behaupten muss?! Ich finde sein Begleitspiel zwar immer auch schwer, aber auch immer passend und in den richtigen Momenten sogar unglaublich leicht und federnd. Vor allem finde ich, dass er geschickt bei harmonischen Wendungen und Improvisationen war.
    Ein schönes Beispiel für seine Leichtigkeit ist das „Nights of Ballads and Blues“ Album, oder auch das Zusammentreffen von Coltrane und Hartman. (Oder auch hier: http://www.youtube.com/watch?v=5tjlz3DYmTw&feature=related)

    Die Nennung von Bill Evans ist insofern vielleicht etwas problematisch aber gerechtfertigt, weil er durch sein entschlacktes Spiel dem „weißen“ Jazz der 90er und 2000er Tür und Tor geöffnet hat. Das Problem ist, dass Evans (in meinen Augen) einer der tiefschichtigsten Pianisten gewesen ist, der diese Tiefe aber geschickt „überspielt“ und in melodischen Läufen getränkt hatte. Insofern wurde er ein leichtes Opfer unzähliger Epigonen, die diese Tiefe schlichtweg übersehen haben.
    Schade ist auch, dass Evans hauptsächlich auf den Trio-Pianisten reduziert wird, der er zweifellos war. Aber Sessions mit Hubbard, Zoot Sims oder Eddie Costa geraten da ins Hintertreffen und verklären den Blick auch etwas.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #3180753  | PERMALINK

    Anonym
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    Ich notiere, ich notiere, notiere … Haig und Jordan, Hipp. Um also mit dem Danken zu beginnen, das nicht anschleicherisch sein soll, sondern eben Dank. Von M. L. Williams habe ich „nur“ „Embraced“ und eine Kompilation mit späteren Sachen als dem von Dir, gypsy, beschworenen Trio. Aber in die Schriftfanfare habe ich auch gleich geblasen, danke. Der npr-link, Thelonica, ist konserviert und will gehört werden. Von Tapscott, nail75, habe ich mir heute „Among Friends“ geholt und war dann außerdem besonders von Simmons begeistert. A Dark Tree ist auf dem Postweg. Bis er eintrifft, redbeansandrice, werde ich Zeit finden, den Tapscott-blog zu durchforsten: danke. – Heute ist eine neue Sendung von jazz-collection hereingeflattert, über Flanagan – was ja kein Zufall sein kann (http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/jazz-collection.html). Katharsis, danke, ich werde einmal nach diesem Soundtrack suchen, auch wenn es ein Soundtrack ist.

    Und möchte etwas zurückpaddeln. Ich habe mir noch einmal „Perpetuum mobile“ angehört – nein, Nabatov ist kein Tastenlöwe. Mir scheint, das hat etwas damit zu tun, wie man einen Bezug herstellen kann zu der Welt, die ja trotz aller Toleranztrompeten immer nur die eigene ist. Sei also ein Akkord, es ist bereits nicht gleichgültig, welchen man sich auf solch eine Bitte vorstellt. Aber sei er also. Was mache ich damit? Drücke ich – etwas anderes wäre es ja nicht – alle Töne zugleich? Da wäre ich Hans-guck-in-die-Luft. Tembriere ich das Ding? Breche ich es auf? Versenke ich ihn in den Untergrund und spiele orchestral über ihn hinweg? Umspiele ich ihn und komme – das wäre womöglich kokett – irgendwann eindeutig auf ihn zurück? Mache ich ihn zum Palimpsest, weil ich gerade nostalgisch bin, und werbe um ihn mit allen möglichen Intervallsprüngen, als wüsste ich nicht – vielleicht, weil ich es wirklich nicht weiß -, worauf ich hinaus wollte? Welche Zeit habe ich überhaupt, fehlt sie mir, verfüge ich über sie, bin ich eins mit der Lady? Gleich, was mir gerade naheliegt, in jedem kann ich außerdem schlechter oder besser sein. Höre ich die sommermüden (oder sommerfrischen?) Tupfer von Hank Jones im Duo mit Lovano („Lady Luck“ auf „Kids“), die mir sagen: jetzt war (ist) Sommer, ich kenne den Herbst und den Rest und habe genau auf den keine Lust, wozu also große Worte machen, let’s play hübsch in the good way – höre ich sie also, was soll ich dann mit Nabatov anfangen? – Den Rest. Höre ich die Triller in „U-Trillo“ (der Witz ist von Nabatov, kein Kalauer von mir) auf „Perpetuum immobile“, weiß ich, dass er kein Löwe ist. Zwar, er könnte sich ein gutes älteres Klavier kaufen, da wären die Töne trockener. Nicht so wichtig, man muss ohnehin immer den Klang im Kopf herstellen, die Instrumentenkorrektur läuft nebenbei.)

    Aber Nabatov ist ja kein Jazz? Ich frage Euch das ernsthaft. Und erinnere mich zunächst an die vielen gelesenen Äußerungen von Jazzmusikern: „Keine Ahnung, was Jazz ist, ich mach Musik.“ Dumm natürlich, dass sich darunter alles Mögliche bedecken kann. Mir scheint’s nachvollziehbar. – Aber was nun, wenn man Jones einen tune gibt und Nabatov denselben? Zusatzbedingung: Zeit satt. Nabatov würde sicher mehr Zeit brauchen oder sich nehmen wollen. Aber was sagt das? Ich finde die alte Lehre sehr frühlingshaft: Das Subjektive ist das Objektive. Geht natürlich nur, wenn man nicht ausschließt, dass sich da manches ändern kann.

    Ich ergänze das hoffentlich morgen, wenn ich den nächsten Stilbruch begehe mit einer Frage zu Borah Bergman. Jetzt kippen mir die Lider.

    Katharsis: Bei schlechtem Salzburg und Wien dachte ich an die vierhändigen bzw. zweiklavierigen Sachen von Mozart und Schubert. Ich kann Dir keine genauen Angaben über die Werke machen, da ich nichts davon habe. Aber als ich sie hörte, schien’s mir Gassenmusik. Für heilsamen Widerspruch bin ich offen. Bien sûr. Für andere Werke von M. und S. würde ich ins Duell gehen – z. B. mit dem musikalischen Schminkbetrieb, ließe er sich nur fassen.

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    #3180755  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    katharsisWenn M.L. Williams Erwähnung findet, dann sollte zumindest auf Jutta Hipp hingewiesen werden, die durchaus das Potential gehabt hatte, von der Obskurität zu einem kleinen Stern zu werden.

    Ja ja, Hipp ist ganz interessant – aber Mary Lou Williams wäre in jeder fairen Jazzgeschichte und wenn Jazz nicht so ein verdammt sexistisch und machistisch eine anerkannte Gigantin, neben Leuten wie z.B. Don Byas, Lucky Thompson, Nat Cole und anderen swing-to-bop Leuten!

    Jutta Hipp blieb dagegen eine Marginalie… ihre Trios auf Blue Note sind allerdings sehr schön, da gibt’s nix dran zu rütteln! Auch das dritte Album mit Zoot Sims ist interessant, allerdings nur teilweise geglückt würd ich sagen. Mehr kenn ich von ihr nicht, hab aber irgendwo noch ein paar MP3s mit Sachen auf Frankfurt. Und ja, auf der „Saxophone Masters“ CD in der Reihe „Original Vogue Masters“ (BMG/RCA, ca. 1999/2000, vor ein paar Jahren gab’s mal noch ein paar Nachzügler in dieser tollen Serie), da spielt sie auch noch mit, ich glaub auf der Session mit Hans Koller (die anderen beiden Musiker, die da präsentiert werden sind Lee Konitz und Lars Gullin).

    Glücklicherweise gibt’s ja mittlerweile einige tolle Pianistinnen (Sylvie Courvoisier, aber auch ältere wie Irene Schweizer und Bertha Hope) und auch andere Instrumentalistinnen (Joëlle Léandre, Susie Ibarra, Sophie Alour, Géraldine Laurent, Ingrid Laubrock, Hélène Labarrière um nur mal die paar zu nennen, die mir grad spontan einfallen).

    Ich für meinen Teil kann immer noch nicht nachvollziehen, inwiefern Tyner ein brachialer Doppelfäuster sein soll? Vielleicht entsteht der Eindruck dadurch, dass er in Heavyweight-Bands spielt und sich dort behaupten muss?! Ich finde sein Begleitspiel zwar immer auch schwer, aber auch immer passend und in den richtigen Momenten sogar unglaublich leicht und federnd. Vor allem finde ich, dass er geschickt bei harmonischen Wendungen und Improvisationen war.
    Ein schönes Beispiel für seine Leichtigkeit ist das „Nights of Ballads and Blues“ Album, oder auch das Zusammentreffen von Coltrane und Hartman. (Oder auch hier: http://www.youtube.com/watch?v=5tjlz3DYmTw&feature=related)

    Natürlich kann Tyner äusserst lyrisch spielen, kanns irgendwie nicht besser erklären als schon geschehen (zwischen redbeans und mir). Ich halte des übrigen seine Impulse-Aufnahmen für eine Art hübsch-harmlosen Prolog für sein eigentliches Werk, das bei Blue Note dann explorativ wird (mit wechselndem Erfolg aber stets spannend!) und bei Milestone dann gewissermassen zu sich fand und die „Great Black Music“ in eine Art klassische Form goss. Berendt hat in „Ein Fenster aus Jazz“ einen schönen Aufsatz geschrieben über Tyner.

    Die Nennung von Bill Evans ist insofern vielleicht etwas problematisch aber gerechtfertigt, weil er durch sein entschlacktes Spiel dem „weißen“ Jazz der 90er und 2000er Tür und Tor geöffnet hat. Das Problem ist, dass Evans (in meinen Augen) einer der tiefschichtigsten Pianisten gewesen ist, der diese Tiefe aber geschickt „überspielt“ und in melodischen Läufen getränkt hatte. Insofern wurde er ein leichtes Opfer unzähliger Epigonen, die diese Tiefe schlichtweg übersehen haben.
    Schade ist auch, dass Evans hauptsächlich auf den Trio-Pianisten reduziert wird, der er zweifellos war. Aber Sessions mit Hubbard, Zoot Sims oder Eddie Costa geraten da ins Hintertreffen und verklären den Blick auch etwas.

    Bill Evans als Einfluss ist wohl genauso fatal wie Coltrane oder Tyner. Das hatten wir ja schon… diese Einschränkung auf einen gewissen Stil (der ja dann nicht der eigene ist), der sich bei ganzen Generationen von jungen Musikern zeigt, das ist unglaublich öde… aber das kann man ja den „Originalen“ nicht vorhalten (auch Tyner nicht)!
    Evans konnte auch ganz schön sperrig sein, siehe z.B. „Love for Sale“ auf der 1958er Studio-Session mit Miles (der Grossteil erschien zuerst als eine Seite von „Jazz Tracks“, aber „Love for Sale“ war auf einem dieser Columbia-Sampler zu finden).

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    gypsy-tail-wind
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    clasjazIch notiere, ich notiere, notiere … Haig und Jordan, Hipp. Um also mit dem Danken zu beginnen, das nicht anschleicherisch sein soll, sondern eben Dank. Von M. L. Williams habe ich „nur“ „Embraced“ und eine Kompilation mit späteren Sachen als dem von Dir, gypsy, beschworenen Trio. Aber in die Schriftfanfare habe ich auch gleich geblasen, danke. Der npr-link, Thelonica, ist konserviert und will gehört werden. Von Tapscott, nail75, habe ich mir heute „Among Friends“ geholt und war dann außerdem besonders von Simmons begeistert. A Dark Tree ist auf dem Postweg. Bis er eintrifft, redbeansandrice, werde ich Zeit finden, den Tapscott-blog zu durchforsten: danke. – Heute ist eine neue Sendung von jazz-collection hereingeflattert, über Flanagan – was ja kein Zufall sein kann (http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/jazz-collection.html). Katharsis, danke, ich werde einmal nach diesem Soundtrack suchen, auch wenn es ein Soundtrack ist.

    Fand „Among Friends“ ok, aber halt einfach ein „blowing“-Album, ohne viel Konzept oder so… von den Tapscott Sessions kenn ich übrigens bisher auch nur Vol. 8 und die kann ich auch wärmstens empfehlen!

    Zu Nabatov… das Gelaber, was Jazz ist und was nicht ist doch eh nicht ernstzunehmen. Das hat ja Tradition, Ellington, Mingus, Kirk, Shepp (aber die machten „Great Black Music“, das kann man wiederum von Nabatov schwer behaupten :lol:)

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    nail75

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    clasjaz
    Aber Nabatov ist ja kein Jazz? Ich frage Euch das ernsthaft.

    Ich habe keine Ahnung, da ich seine Musik nicht kenne! Er ist aber im Penguin Guide to Jazz.

    gypsy tail windJa ja, Hipp ist ganz interessant – aber Mary Lou Williams wäre in jeder fairen Jazzgeschichte und wenn Jazz nicht so ein verdammt sexistisch und machistisch eine anerkannte Gigantin, neben Leuten wie z.B. Don Byas, Lucky Thompson, Nat Cole und anderen swing-to-bop Leuten!

    Jutta Hipp blieb dagegen eine Marginalie.

    Ich brauche offensichtlich Musik von Mary Lou. Empfehlungen?

    Sie zog sich ja schnell aus dem Business zurück, insofern hinkt der Vergleich.

    Bill Evans als Einfluss ist wohl genauso fatal wie Coltrane oder Tyner.

    Der Unsinn in Bezug auf „schlechte Einflüsse“ wird durch ständiges Wiederholen nicht besser. Es gibt keine schlechten Einflüsse, es gibt nur Nachäffer. Seinen eigenen Stil zu finden, ist das allerschwerste, wie schon häufig gesagt wurde. Dass sich Minderbegabte an eine stärkere, originellere Persönlichkeit anlehnen, ist ebenso verständlich wie bedauerlich. Ich finde es hochgradig absurd, geniale Musiker wie Bill Evans oder Coltrane für Idioten verantwortlich zu machen, die sie kopierten. Eigentlich spricht das ja für die kopierten Musiker!

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    gypsy-tail-wind
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    nail75Ich brauche offensichtlich Musik von Mary Lou. Empfehlungen?

    Chronological Classics – Andy Kirk so ca. von 1938-1940, ihre eigenen von 1944 und 45 – dürfte allerdings schwer zu finden sein.

    nail75Der Unsinn in Bezug auf „schlechte Einflüsse“ wird durch ständiges Wiederholen nicht besser. Es gibt keine schlechten Einflüsse, es gibt nur Nachäffer. Seinen eigenen Stil zu finden, ist das allerschwerste, wie schon häufig gesagt wurde. Dass sich Minderbegabte an eine stärkere, originellere Persönlichkeit anlehnen, ist ebenso verständlich wie bedauerlich. Ich finde es hochgradig absurd, geniale Musiker wie Bill Evans oder Coltrane für Idioten verantwortlich zu machen, die sie kopierten. Eigentlich spricht das ja für die kopierten Musiker!

    Du kannst das schon Unsinn nennen… es geht uns allerdings nicht um unbegabte Idioten oder Nachäffer! Hör Dir z.B. mal Harold Land an auf der Roach/Brown „Study in Brown“, wo er eine eigenständige, moderne Version von Hawkins/Byas/Lucky Thompson oder so ähnlich spielt (Golson hat das auch gemacht, etwa in derselben Zeit), und dann vergleich mal sein Spiel auf Sessions aus den späten 60ern (z.B. die tollen Alben mit Bobby Hutcherson), wo er krass unter Coltranes Einfluss stand. Dasselbe geschah mit praktisch allen Saxophonisten… hör Dir Wayne Shorter auf den frühen VeeJay-Alben an und dann in den 60ern – bei ihm war’s zwar weniger stark und er hat immer wieder absolut eigenständige Momente und sich auch ziemlich rasch wieder lösen können. Oder Jimmy Heath, oder eben auch Benny Golson in der Mitte der 60er Jahre, bevor er sich verabschiedete und in den Studios verschwand…
    Was wir bedauern ist diese Übermacht von gewissen Einflüssen und Tendenzen, die vielerorts die Individualität einschränkt. Ich glaub so kann man das schon sagen.
    Und ich würde ja nicht mal so weit gehen und all die „young lion“ Tenoristen der 90er Jahre (Joshua Redman, Branford Marsalis, Chris Potter, Chris Cheek, Greg Tardy und wie sie alle heissen) in einen Topf werfen und als uninteressante Nachäffer bezeichnen, aber bei den meisten von ihnen war der Coltrane-Einfluss dermassen übermässig, dass sie doch eine ganze Weile gebraucht haben, etwas einigermassen eigenes zu schaffen (bei Marsalis bin ich mir bis heute nicht sicher, aber den find ich eh nicht sehr spannend… Cheek, Potter und Tardy haben ganz schöne Sachen gemacht, letzterem hat sicher der Einfluss Andrew Hills sehr gutgetan!). Die grosse, löbliche Ausnahme ist da übrigens Mark Turner, der sich Warne Marsh als Vorbild gewählt hat… der sticht richtig raus aus dieser Meute!

    Findest Du das alles auch Unsinn? Dann belassen wir’s dabei, darf ja jeder seine Meinung haben :-)

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