Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Musik im Wandel der Zeit: Wie Musik sich verändert
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jjhumEin gewisses Maß an “Kulturverlust” sehe ich schon durch die veränderten Konsumgewohnheiten mancher. Sei es das Skippen bei CD’s, das Veröffentlichen von gekürzten Büchern, Rezensionen vor dem Erscheinungsdatum von Filmen, das Weglassen von Lied/Interpret im Radio . Dem kann ich persönlich nichts abgewinnen und empfinde das schon als Verlust. Einen kulturellen Gewinn oder auch nur eine wertneutrale Veränderung des Konsumsverhalten mag ich nicht erkennen.
Das Meiste davon ist aber im Grunde nicht neu, sondern kommt und geht oder ist abhängig von der Quelle. Egal ob es um gekürzte Bücher -von der Bibel bis zu Gullivers Reisen- oder Musik im Radio (ich kann mich an keine Zeit erinnern, bei der zu jedem Stück Titel oder Interpret genannt worden wäre) geht. Auf der anderen Seite hat man inzwischen auf den meisten Streaming-tauglichen Geräten die Möglichkeit, parallel zum Hören noch discogs, Allmusic, Wikipedia oder das Forum zu erkunden – das ist für mich schon ein Gewinn.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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bullittIch für meinen Teil habe überhaupt erst angefangen Vinyl zu kaufen, weil ich aus der Tristesse der Napster-Hamsterei ausbrechen wollte. Wer das miterlebt hat weiß, wie sinnentleert sowohl sammeln als auch Musikkonsum sein kann.
Napster war toll, eine der intensivsten und spannendsten Phasen meines Musikkonsums. Aus heutiger Sicht sind die mp3s zwar quasi wertlos, was durch die Streaming-Dienste aber auch wieder egal ist.
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@nicht_vom_forum Möglicherweise bist Du zu jung. Es gab wirklich Zeiten (1950er und 60er Jahre), da wurde jeder Titel im Radio an- und abgesagt.
@elmo-ziller Was zur Hölle war an Napster toll?
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!mikko@ nicht_vom_forum Möglicherweise bist Du zu jung. Es gab wirklich Zeiten (1950er und 60er Jahre), da wurde jeder Titel im Radio an- und abgesagt.
Ja, definitiv. Aber unter diesen zeitlichen Randbedingungen sieht m. E. die komplette Diskussion anders aus. Angefangen dabei, dass das Prinzip „Album“ in der Popmusik[1] ab Mitte der 50er ja erst entstand (auch, weil es durch die LP möglich bzw. sehr viel einfacher wurde) und dass Radio oder Platten als „Sammlung von Singles“ ja konzeptionell von der Spotify-Playlist gar nicht so weit weg sind. Die Ansage von Interpret und Titel ist beim Streaming halt schlicht überflüssig.
[1] Ob klassische Formen wie Suite, Symphonie, Sonate oder Oper das „Album“-Konzept vorwegnehmen, führt vielleicht sehr vom Thema ab.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dickbullschuetz
Der Reiz der gerade angebrochenen Post-Album-Zeit liegt für mich gerade in den vielen Möglichkeiten der Montage, der De- und Rekontextualisierung, Stichwort Playlist. Daneben wird der abgeschlossene, in einer vorgegebenen Reihenfolge zu hörende Liederzyklus natürlich weiter seine Bedeutung behalten, wobei die Länge aber viel weniger festgelegt sein wird – warum nicht mal bloß 20 Minuten? Warum nicht mal 120 Minuten?Dass die Post-Album-Zeit tatsächlich bereits angebrochen ist, würde ich bestreiten, aber mit den Längen wird derzeit tatsächlich erkennbar gespielt, wobei es nach meinem Eindruck einen Trend zu kürzeren Formen gibt, unter 30 Minuten. Am radikalsten war das Album? die EP? von Tierra Whack, 15 Tracks mit je einer Minute Laufzeit: Whack World. Bislang nur als Stream verfügbar …
Künstler werden aber weiterhin geschlossene Werke vorlegen wollen und dabei auch eine bestimmte Reihenfolge vorsehen. Dass der Hörer sich an diese vorgegebene Reihenfolge nicht hält und einzelne Tracks häufiger hört als andere, auf Mixtapes und Playlists isoliert, bei CDs skippt oder von einer LP oder MC eine Seite viel häufiger hört als die andere, das ist alles nichts neues.
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herr-rossi
Dass die Post-Album-Zeit tatsächlich bereits angebrochen ist, würde ich bestreiten, aber mit den Längen wird derzeit tatsächlich erkennbar gespielt, wobei es nach meinem Eindruck einen Trend zu kürzeren Formen gibt, unter 30 Minuten. Am radikalsten war das Album? die EP? von Tierra Whack, 15 Tracks mit je einer Minute Laufzeit: Whack World. Bislang nur als Stream verfügbar …
Sowohl den Trend selbst als auch den Eindruck dürfte aber auch die Tatsache beeinflussen, dass das Publikum diese Experimente inzwischen besser mitbekommt und die Ergebnisse (Streaming und dem Internet sei Dank) auch für viele verfügbar sind. Singles und EPs in Kleinauflagen sind sogar für Fans oft nur mit wesentlichem Aufwand beschaffbar, während eine Veröffentlichung auf Spotify oder youtube das Zielpublikum fast komplett erreicht und man das entsprechende Projekt als Fan auch (sinnvoll) an Dritte weiterempfehlen kann. Eine Vinyl-only-EP mit 8 Tracks von 2012 und einer Auflage von 2000 Stück ist da eben ungleich problematischer.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickEhrlich, den Hype um die Vinylsingle begreife ich nicht. Pop handelt ja von Schnelligkeit, Gegenwaertigkeit, Beweglichkeit, Dringlichkeit und natürlich auch vom Flirt mit dem Massenpublikum. Und dann werfen wir mal umständlich die Vinylpresse an und fertigen 10 Stück an… Rätselhaft für mich. Ich hab das im Roots-Thread auch verfolgt, und es kam mir vor wie Realsatire.
@Rossi: Alles nichts Neues? Das hatte ich ja auch angedeutet – ich frage mich nur, ob das nicht einfach daran liegt, dass Kuenstler wie Hörer die Möglichkeiten der digitalen Revolution noch nicht recht ausgeschöpft bzw überhaupt erkannt haben.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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mikko
@elmo-ziller Was zur Hölle war an Napster toll?natürlich die zeitnahe Verfügbarkeit kombiniert mit dem umfangreichen Angebot. Das hatte man vorher nicht, dass man beispielsweise etwas über ein Album lesen konnte und es ein paar Stunden später in seinen CD-Player schob.
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bullschuetzEhrlich, den Hype um die Vinylsingle begreife ich nicht. Pop handelt ja von Schnelligkeit, Gegenwaertigkeit, Beweglichkeit, Dringlichkeit und natürlich auch vom Flirt mit dem Massenpublikum. Und dann werfen wir mal umständlich die Vinylpresse an und fertigen 10 Stück an… Rätselhaft für mich. Ich hab das im Roots-Thread auch verfolgt, und es kam mir vor wie Realsatire.
Geht es bei solchen Projekten (ich kenne diesen Einzelfall allerdings nicht) eigentlich seitens der Künstler primär um die Musik? Sowas klingt für mich eher wie Performance Art.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
nicht_vom_forum ……oder Musik im Radio (ich kann mich an keine Zeit erinnern, bei der zu jedem Stück
Titel oder Interpret genannt worden wäre) geht.Du bist halt noch relativ jung. In den 70’s gab es sowas schon noch.<
Oh, mikko war schneller.
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Gewinnen ist nicht alles, gewinnen ist das einzige.bullschuetz Ehrlich, den Hype um die Vinylsingle begreife ich nicht. Pop handelt ja von Schnelligkeit, Gegenwaertigkeit, Beweglichkeit, Dringlichkeit und natürlich auch vom Flirt mit dem Massenpublikum. Und dann werfen wir mal umständlich die Vinylpresse an und fertigen 10 Stück an… Rätselhaft für mich. Ich hab das im Roots-Thread auch verfolgt, und es kam mir vor wie Realsatire.
All diese Eigenschaften, die die Vinyl-Single tatsächlich einmal ausgezeichnet hat, sind heute mit diesem Medium nicht mehr reproduzierbar, das sehe ich genauso. Von einem Hype würde ich allerdings auch nicht sprechen. Singles sind heute Artefakte für Fans bestimmter Genres, wie sie eben für „Roots“ charakeristisch sind. In ihrer Ausführung sind sie meist deutlich aufwendiger als die klassische Single im Paper-Sleeve, wie man sie von früher kennt – schweres Vinyl und schön gestaltete Papphüllen, entsprechend auch vergleichsweise teuer. Das ist Liebhaberei im besten Sinne des Wortes. Es gibt etliche Tracks der letzten Jahre, die ich wirklich sehr gerne in dieser Form besäße (was für eine herrliche 7“ hätte beispielsweise Z Bergs „I Fall For The Same Face Everytime“ / „I Go To Sleep“ abgegeben, bislang beides nur digital verfügbar …), aber 2014/15 war in den Bereichen des Pop, in denen ich mich bevorzugt bewege, plötzlich Schluss damit.
@Rossi: Alles nichts Neues? Das hatte ich ja auch angedeutet – ich frage mich nur, ob das nicht einfach daran liegt, dass Kuenstler wie Hörer die Möglichkeiten der digitalen Revolution noch nicht recht ausgeschöpft bzw überhaupt erkannt haben.
Wahrscheinlich. Es liegt ja in der Natur der Sache, dass wir uns noch nicht vorstellen können, wohin die Entwicklung tatsächlich gehen wird.
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elmo-ziller
mikko
@elmo-ziller Was zur Hölle war an Napster toll?natürlich die zeitnahe Verfügbarkeit kombiniert mit dem umfangreichen Angebot. Das hatte man vorher nicht, dass man beispielsweise etwas über ein Album lesen konnte und es ein paar Stunden später in seinen CD-Player schob.
Ok, kann ich aus heutiger Sicht nachvollziehen.
Offenbar führte das aber dann auch zu der von vielen (hier und anderswo) beschriebenen Übersättigung und Orientierungslosigkeit.Ich habe Napster damals ignoriert. Und ich bin eigentlich ganz froh darüber.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!herr-rossi
Künstler werden aber weiterhin geschlossene Werke vorlegen wollen und dabei auch eine bestimmte Reihenfolge vorsehen. Dass der Hörer sich an diese vorgegebene Reihenfolge nicht hält und einzelne Tracks häufiger hört als andere, auf Mixtapes und Playlists isoliert, bei CDs skippt oder von einer LP oder MC eine Seite viel häufiger hört als die andere, das ist alles nichts neues.Naja, die gravierenden Unterschiede lässt du da aber einfach unter den Tisch fallen. Es wird nach geklickten Tracks abgerechnet, das Album als geschlossenes Werk ist ökonomisch gar keine eigene Größe mehr. Dass dabei erst nach 30 Sekunden abgerechnet wird, hat wiederum schon jetzt erhebliche Auswirkungen auf die Dramaturgie einzelner Tracks. Dramaturgien über ein Album hinweg zu erzeugen dürfte damit auch zunehmen schwieriger werden. Und um seine Lieblingssongs zu einer Playlist zusammenzustellen, müsste man Alben erst einmal komplett hören, was durch zunehmend angepasste Playlists, die man vom System vorgesetzt bekommt, vor vornherein eher unterbunden wird. Das ist alles neu.
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mikko Offenbar führte das aber dann auch zu der von vielen (hier und anderswo) beschriebenen Übersättigung und Orientierungslosigkeit. Ich habe Napster damals ignoriert. Und ich bin eigentlich ganz froh darüber.
Ja, der Schlaraffenlandeffekt war schnell verflogen und das ganze mündete in eine virtuelle Materialschlacht, in der es nur noch darum ging möglichst viele Gigabyte minderwertiger MP3s zu horten. Musik spielte da sehr schnell nur noch eine untergeordnete Rolle.
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bullitt
Naja, die gravierenden Unterschiede lässt du da aber einfach unter den Tisch fallen. Es wird nach geklickten Tracks abgerechnet, das Album als geschlossenes Werk ist ökonomisch gar keine eigene Größe mehr. Dass dabei erst nach 30 Sekunden abgerechnet wird, hat wiederum schon jetzt erhebliche Auswirkungen auf die Dramaturgie einzelner Tracks. Dramaturgien über ein Album hinweg zu erzeugen dürfte damit auch zunehmen schwieriger werden. Und um seine Lieblingssongs zu einer Playlist zusammenzustellen, müsste man Alben erst einmal komplett hören, was durch zunehmend angepasste Playlists, die man vom System vorgesetzt bekommt, vor vornherein eher unterbunden wird. Das ist alles neu.Wenn ich die Funktionssweise von Streamingdiensten so lese (Danke @bullitt), bin ich ehrlich gesagt ziemlich froh, dass ich mit Spotify & Co. rein gar nichts am Hut habe.
Ich nutze Bandcamp und Youtube, um in potenziell für mich interessanten Stoff hineinzuhören. Bei Gefallen wird dann der physische Tonträger geordert – als in den 90er Jahren sozialisierter Musikkonsument vorwiegend in der Form der Compact Disk.
Das funktioniert für mich als jemanden, der Musik vorwiegend im Band- und/oder Albenkontext hört, wunderbar. Ein „Playlist-Konsument“ bin ich definitiv nicht.
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"Really good music isn't just to be heard, you know. It's almost like a hallucination." (Iggy Pop) -
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