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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Werbunggypsy tail windNa ja, das ist nur die halbe Wahrheit… den Melodien liegen funktionsharmonische Strukturen zugrunden, die man beim Improvisieren als Grundlage benutzt (oft auch „umgebaut“, ergäntzt, verdichtet). Natürlich kann man (zumal mit „klassischer“ Spielweise) nur einen Ton aufs Mal spielen, aber man zerlegt eben die Akkorde, klappt sie sozusagen auf… und spielt sie aus (Coleman Hawkins, vertikal) oder schwebt über sie hinweg (Lester Young, horizontal).
Coltrane bewegt sich irgendwo dazwischen, aber bei seinen „sheets of sound“ ging es gerade darum, die verdichteten, immer komplexer werdenden Harmonien auszuspielen, und wenn da eben sieben Töne dazu nötig waren, dann wurde eben auf den betreffenden Schlag eine Septole gespielt. Das hatte alles Methode und gehört mal rein technisch gesehen wohl immer noch zum faszinierendsten, was man überhaupt hören kann.
Wir haben das in den Coltrane und Chronological Coltrane Threads schon ausgiebiger diskutiert, falls Du mal nachlesen magst…Nun haben modaler Jazz und funktionsharmonische Strukturen aber praktisch gar nichts miteinander zu tun, gehen sich geradezu aus dem Weg, verstehe deshalb Obiges gar nicht.
Und Septolen sind rhytmische Figuren, mit Sicherheit keine Noten/Töne.
Klar, waren die Harmonien immer komplexer geworden, und klar fand das dann wieder seinen Niederschlag in den Melodien. Nur waren diese immer schon freier und losgelöster von den sie begleitenden(!!) Harmonien. Das entscheidende bei Trane u.a. war doch gerade die Abkehr von harmonischen Strukturen.
In diese Richtung ging mein noch recht vorläufiges Statement (nachdem ich gerade die Seite 1 von Favorite Things gehört habe) aber gar nicht.PS: Zur guten Nacht lege ich jetzt noch Blue Moods auf.
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FAVOURITESotisNun haben modaler Jazz und funktionsharmonische Strukturen aber praktisch gar nichts miteinander zu tun, gehen sich geradezu aus dem Weg, verstehe deshalb Obiges gar nicht.
Die Reduktion der harmonischen Grundstruktur erlaubte es Coltrane, darüber immer dichtere Gebilde zu erstellen – Skalen (auf denen der „modale“ Jazz beruhte) können in Akkorde umgedeutet werden, Akkorde können umgebaut und erweitert werden – so kann man auf einer simplen Grundlage harmonisch komplexe Gebilde bauen, die – gerade wegen des reduzierten Fundamentes – passen.
otisUnd Septolen sind rhytmische Figuren, mit Sicherheit keine Noten/Töne.
Ich glaub Du weisst schon, was ich gemeint habe… wenn man einen Akkord hat, bei dem man – um ihn auszuspielen – sieben Töne benötigt, und dafür einen „Schlag“ Zeit hat, dann ergibt sich, dass man in einem „Schlag“ sieben Töne placiren muss – was am einfachsten in (der rhythmischen Figur) einer Septole geschehen kann…
otisKlar, waren die Harmonien immer komplexer geworden, und klar fand das dann wieder seinen Niederschlag in den Melodien. Nur waren diese immer schon freier und losgelöster von den sie begleitenden(!!) Harmonien.
Ich glaube nicht, dass sich das Verhältnis von Melodie und Harmonie so einfach klären lässt – jedenfalls nicht im Jazz. Ich sehe da viel eher eine Wechselbeziehung, die eben manchmal erstaunliches erlaubt (wie Coltrane, der auf „Kind of Blue“ über reduziertesten Strukturen harmonisch reichste Soli bläst – auch auf „Flamenco Sketches“, wo sein Solo an Lyrizismus kaum zu überbieten ist und zugleich das mit Abstand „reichste“ der Soli ist).
otisDas entscheidende bei Trane u.a. war doch die gerade Abkehr von harmonischen Strukturen.
So einfach ist das eben nicht – siehe oben…
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaVerstehe nun besser, was gemeint war. Halte mich wieder zurück.
gypsy tail wind
Ich glaub Du weisst schon, was ich gemeint habe… wenn man einen Akkord hat, bei dem man – um ihn auszuspielen – sieben Töne benötigt, und dafür einen „Schlag“ Zeit hat, dann ergibt sich, dass man in einem „Schlag“ sieben Töne placiren muss – was am einfachsten in (der rhythmischen Figur) einer Septole geschehen kann…Ist das irgendwo transkribiert oder sagst du mir damit, dass du diesen Akkord aus den sieben schnell gespielten Tönen als Septole heraushören kannst?
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FAVOURITESotisVerstehe nun besser, was gemeint war. Halte mich wieder zurück.
Kein Problem… ich kriege langsam Übung darin, solche Dinge zu beschreiben… ist nicht einfach, zumal ich auch nur Amateur-Saxophonist bin…
Ich habe hier mal ausführlicher zu „My Favorite Things“ (dem Stück, in der Version, wie sie auf dem gleichnamigen Album zum hören ist) geschrieben.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaotisIst das irgendwo transkribiert oder sagst du mir damit, dass du diesen Akkord aus den sieben schnell gespielten Tönen als Septole heraushören kannst?
Nein, das kann ich nicht heraushören!
Aber die Verdichtung kann ich hören und zumindest ahnen, dass das alles was die harmonischen „Regeln“ betrifft, konform ist (Coltrane also keine „Fehler“ macht). Aber ja, man kann darüber lesen… Ekkehard Josts Buch „Free Jazz“ etwa bietet sich an, da gibt’s sowohl ein Kapitel über den modalen Jazz von Miles und Coltrane wie auch eins über den späteren Coltrane, dazu Kapitel über Archie Shepp, Cecil Taylor, Albert Ayler, das Art Ensemble of Chicago etc. In der Schott-Ausgabe, die ich habe, ist das auch allerliebst in Courier gesetzt… tolles Buch, das mir vor Jahren in vielerlei Hinsicht geholfen hat, gewisse Dinge zu verstehen… und zu dem ich immer mal wieder zurückkehre.
Meine Bemerkung zu „Flamenco Sketches“ beruht auch auf Josts Analyse – er schaut das Stück und die Wechsel zwischen den vier oder fünf Skalen, die jeder Musik nach eigenem Gutdünken vornimmt (und das entsprechend für die Rhyhtmusgruppe irgendwie signalisieren muss) genauer an – sehr interessant, und umso faszinierender, nachher nochmal Coltranes Solo zu hören (gerade auch im Vergleich zu Adderley, der die Wechsel-Signale sehr viel konventioneller gestaltet).--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaotis
Ist das irgendwo transkribiert oder sagst du mir damit, dass du diesen Akkord aus den sieben schnell gespielten Tönen als Septole heraushören kannst?hab grad Simpkins Coltrane Biografie zur Hand genommen, die einige Transkriptionen von Coltrane Soli aus den späten 50er Jahren hat… da ist so ziemlich jede Anzahl Noten zwischen 5 und 14 auf einem Schlag zu sehen… muss die Tage mal gegenhören, was das rhythmisch genau bedeutet…
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.Ich werde von den Büchern keines stehen lassen, wenn ich denn mal eines sehe. Aber allein bei euren Beschreibungen wird mir schon ein wenig mulmig zumute, lese ich doch eine ausgesprochen akademische Note heraus. Nicht dass ich etwas gegen Musikwissenshcaft hätte, aber dem Jazz oder seinen Musikern auf diese Weise beizukommen, halte ich für haarscharf an der Sache vorbei. In meinem Studium gab es einen Kommilitonen, der die Clapton- und Hendrixsoli seitenlang transkribierte. Meine Hochachtung hatte er, ich hätte das nie gekonnt, aber über Musik konnte man mit ihm nicht wirklich reden.
Was ich oben nicht absolut nicht verstehe, ist nach wie vor der Zusammenhang zwischen Melodie und Harmonie. Aus der Melodie ergibt sich genausowenig zwingend die Harmonie, wie aus der Harmonie die Melodie. Wenn also Trane z.B. sieben verschiedene Noten auf einem Schlag und einem Begleitakkord, sagen wir, des Klaviers spielt, so bilden diese sieben Töne nicht etwa den Akkord oder ergänzen ihn, sie umspielen ihn vielmehr oder was auch immer. Ich kann doch locker auf einen C-Dur-Akkord die komplette Tonleiter rauf und runterspielen (ob in Triolen, Septolen, 32steln oder was auch immer), da beißt sich nichts, das ist gängige Praxis von Bach bis Mozart…, dadurch wird er aber kein Akkord mit 7 verschiedenen Tönen.
Nun ist es im späteren Jazz sicher etwas anders gelagert, da die Harmoniestruktur eines Stückes nicht mehr von den eindeutigen Vorgaben der Rhythmusgruppe getragen war, wie etwa beim Swing noch.Nach meiner sicher nur sehr randständigen Beobachtung wird hier in das Spiel von Miles, Trane und anderen etwas hineingeheimnist, was von diesen in dieser Form kaum bewusst intendiert war. Sie wollten die Auflösung und Abkehr von der Funktionsharmonie, keine Frage. Was sie schließlich daraus gemacht haben und wie, da kann man sicher viel analysieren, aber letztlich kommt es doch auf den Hörer an, den der Musiker mit auf die musikalische Reise nimmt, ohne theoretischen Ballast.
Wer Schönbergs 33a hört, wird dem Stück kaum gerecht, wenn er versucht, beim Hören die Reihenbehandlung zu verfolgen, was auch dem Gewieftesten kaum möglich sein dürfte. Sie ist Konstruktionsprinzip, aber eben nicht das Stück selbst. Und selbiges ist nicht dadurch hochwertiger, weil es auf einer besonders ausgeklügelten Reihentechnik beruht, sondern weil es (auf jener Basis meinetwegen) ein besonderes Eigenleben bekommt. Alles andere wäre akademische Musik, mit der ich nichts zu tun haben wollte. Und Trane dürfte wohl das Gegenteil davon sein.
Aber ich lasse mich hier gern belehren.--
FAVOURITESZu Harmonie und Melodie: nein, das eine lässt sich nicht zwingend aus dem anderen ableiten. Aber die harmonische Struktur gibt Vorgaben, an die man sich beim Solieren zu halten hat. Ändert man die Struktur, so ändern isch die Regeln – einen Bezug gibt es dabei immer, aber keinen direkt kausalen oder so.
Akademisch, ja… das klingt jetzt stark danach, aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit, denn all das ist ja immer nur ein Mittel, das hilft, zu erreichen, was denn erreicht werden will. Die Verdichtung und Schichtung von Akkorden war seit dem Bebop im Jazz gang und gäbe, das hat wohl mehr mit Spielerei und Insider-Wissen zu tun als mit eigentlicher Akademik. Falls Du ein Real Book hast, schau Dir doch mal ein paar der Stücke an, die Wayne Shorter für Miles sogenanntes „second quintet“ geschrieben hat. Das ist ja eigentlich (so liest man) oft oder vor allem modaler Jazz, aber schau Dir mal die ungewöhnlichen Akkorde an, die da auftauchen…
Wie gesagt, das mag akademisch klingen, teilweise akademisch sein… aber es hängt viel mehr zusammen mit der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Zudem muss man wissen, dass Coltrane zeitlebens wie ein irrer geübt hat – wohl eben seine schnellen Läufe, Patterns, die seinen auf ver-rückten Akkorden und Skalen beruhten etc.
Und nochmal zum „Widerspruch“ zwischen modalem Jazz und harmonischer Verdichtung: Im Kern geht es beim Aufbrechen der Funktionsharmonik darum, den Freiraum zu vergrössern oder erst zu schaffen, der es dann eben erlaubt, sehr viel mehr spielen zu können (also: andere Skalen, Akkorde, die über einem funktionsharmonischen Fundament unpassend und falsch geklungen hätten) – es ging ja z.B. bei „So What“ nicht darum, nur noch D und Eb dorisch zu spielen, sonst wären die Soli wohl nach ca. vier Takten alle schon vorbei
(wobei übrigens die dorische Tonleiter irgendwo zwischen Moll und Pentatonik steht und aus dem Blues sowieso vertraut war – so wahnsinning neu war daran nichts, das neue war eben die Reduktion… die gab es im Blues ja auch bereits, im alten Blues sowieso, aber hier geht es ja um urbane, hippe Musik)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaotis
Nach meiner sicher nur sehr randständigen Beobachtung wird hier in das Spiel von Miles, Trane und anderen etwas hineingeheimnist, was von diesen in dieser Form kaum bewusst intendiert war. Sie wollten die Auflösung und Abkehr von der Funktionsharmonie, keine Frage. Was sie schließlich daraus gemacht haben und wie, da kann man sicher viel analysieren, aber letztlich kommt es doch auf den Hörer an, den der Musiker mit auf die musikalische Reise nimmt, ohne theoretischen Ballast.aus meiner Sicht liegt ein großer Teil von Ornette Colemans, Mingus, Coltranes und Davis (sehr unterschiedlichen) Leistungen in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre darin, dass sie es schafften die Speerspitze des Fortschritts im Jazz den „Akademikern“ zu entreißen… bei Coltrane ist ja bekannt, dass er diese ganzen Tonleiternenzyklopädien mehr oder weniger verschlungen hat… dass er es geschafft hat, auf dieser Basis Musik von zu solcher Intensität und Schönheit zu kommen, ist eine Leistung, die man wahrscheinlich einfach vom „Schwierigkeitsgrad“ her kaum übertreffen kann… also, das ist absolut kein naheliegender Weg in den Free Jazz (oder in seine Nähe)… klar funktioniert die Musik auch ohne die Theorie dahinter – das ist mit das erstaunlichste an ihr… es ist wohl auch nicht sehr gewagt, zu behaupten, dass er nach Parker derjenige war, der die Sprache der Jazzimprovisation am stärksten verändert hat…
auch bei Miles (und Mingus) kann man die Einflüsse von George Russell, Third Stream eben der kalten Avantgarde der 50er… deutlich sehen… ist ja auch kein Zufall, dass noch bis in die siebziger Jahre die vielleicht wichtigsten Denker/Arrangeure/Produzenten an Miles Seite, Teo Macero und Gil Evans, hier ihre Wurzeln hatten… aber Miles und Mingus haben aus meiner Sicht die Sprache des Jazz nicht in vergleichbarem Maße weiterentwickelt, kann es nicht gut beschreiben, sie haben nur „scharf hingeguckt“ die Schwächen erkannt und dann das weiterentwickelt und mit Hard Bop und anderem angereichert, was sich anzureichern lohnte (bei Miles meine ich hier zum einen die Alben mit Evans, auf denen die Third Stream Spuren ja ziemlich offen liegen, es gibt John Carisi Kompositionen, das Concierto de…, zum anderen Kind of Blue und die Entwicklung des modalen Jazz, zwei extrem sichere Griffe in benachbarte Schubladen; bei Mingus ist die Entwicklung weg vom Third Stream wohl kontinuierlicher… Blue Moods, gewissermaßen den Ausgangspunkt dieser Entwicklung, zu hören, fand ich gestern ziemlich instruktiv)(ähnlicher Fall von scharfem Hingucken und Mitnehmen ist die Art wie sie Sidemen ausgewählt haben und dann das maximale aus ihnen herausgeholt haben…)
Generell haben die beiden ja auch mehr den Rahmen, in dem gesprochen wird, weiterentwickelt und nicht die Sprache, haben die Jazzmusiker wachgerüttelt, nicht nur ihre Soli im Auge zu haben, sondern mehr das große Ganze…, das hat zur Folge, dass sie unter den ersten waren, die „echte Alben“ aufgenommen haben, (diese Kunst im Jazz entwickelt haben) dass ihre Bands fantastisch klangen, dass die Musik mehr war als eine Ansammlung von persönlichen Statements, sondern atmosphärisch geschlossener daherkam… )(bzw, nur da eine Ansammlung von persönlichen Statements ist, wo sie es sein soll… s. Kind of Blue) (für all das kann man wohl wiederum die Wurzeln bei Ellington suchen… und es ist interessant zu hören, dass Mingus in den 40ern vor seiner Third Stream Phase offenbar versuchte der Ellington der Westküste zu werden…)(anders gesagt: die These, dass sie mit diesen Dingen die absoluten Pioniere waren ist sicherlich nicht haltbar… sie waren bloß in einem entscheidenden Moment überragend gut darin…)
um die Senfsoße zu schließen… Ornette Coleman hat gezeigt, wieviel von der Intensität Charlie Parkers man erreichen kann, ohne die ganze Theorie im Rücken zu haben, dass Parker die Theorie gebraucht haben mag, um dorthin zu kommen, wohin er kam, dass sich aber im Nachhinein vieles wieder entfernen lässt… um Mingus zu zitieren
„Now aside from the fact that I doubt he can even play a C scale in whole notes—tied whole notes, a couple of bars apiece—in tune, the fact remains that his notes and lines are so fresh. So when Symphony Sid played his record, it made everything else he was playing, even my own record that he played, sound terrible. “ (von hier)
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.redbeansandriceaus meiner Sicht liegt ein großer Teil von Ornette Colemans, Mingus, Coltranes und Davis (sehr unterschiedlichen) Leistungen in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre darin, dass sie es schafften die Speerspitze des Fortschritts im Jazz den „Akademikern“ zu entreißen… bei Coltrane ist ja bekannt, dass er diese ganzen Tonleiternenzyklopädien mehr oder weniger verschlungen hat… dass er es geschafft hat, auf dieser Basis Musik von zu solcher Intensität und Schönheit zu kommen, ist eine Leistung, die man wahrscheinlich einfach vom „Schwierigkeitsgrad“ her kaum übertreffen kann… also, das ist absolut kein naheliegender Weg in den Free Jazz (oder in seine Nähe)… klar funktioniert die Musik auch ohne die Theorie dahinter – das ist mit das erstaunlichste an ihr
Sehr schön!
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Habe gerade mit Genuß gypsy tail winds Ausführungen und Details zu Coltranes Technik gelesen. Auch der Beitrag von redbeansandrice hat mir gut gefallen. Vielen Dank Euch beiden für die Mühe und Zeit die Ihr hier im Forum immer in die „gute Sache“, den Jazz, investiert.
redbeansandrice
…
mal ehrlich, das kann man doch in jedem Schwimmbad besser sehen.
…Zunächst einmal hätte ich gerne die Adresse des von Dir frequentierten Schwimmbades. Es scheint dort von schönen Menschen nur so zu wimmeln.
Aber um meinen Gedanken daran noch mal kurz zu veranschaulichen. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn Dich Michelangelos David nicht anspricht. Probleme hätte ich allerdings, wenn jemand sagte: David hatte ja ganz schön blasse Haut und hätte mal öfter in die Sonne gehen sollen, außerdem hatte er eine ganz schöne Pottfrisur und überhaupt stehe ich mehr auf nackten Busen. Dieser Michelangelo hätte sich einfach mal ein bißchen mehr Mühe geben sollen, daher: Michelangelo – David ***Einen historischen Wert im vorbeigehen abzuurteilen, sich selbst als Richter zu erhöhen und alle bisher von Menschen erworbenen Kenntnisse zu einem Werk zu übergehen, kann ich nicht einfach so stehen lassen.
Klar kann man sagen, das bezieht sich dann auf jede Form der Rezension, egal ob Coltrane oder Davis oder Radiohead (die ich im übrigen auch sehr mag). Und ja, ich finde Respekt und Anerkennung für Leistung sollte immer erkennbar bleiben. Bei einem Verriss sollte man sich seiner Sache schon sehr sicher sein.newkMit diesem Statement lehnst Du Dich ja weiter aus dem Fenster als Bicho mit seinen Besternungen.
Findest Du ensthaft, daß Coltrane in diesen Jahren „genialer“ war als z.B. Mozart Mitte bis Ende der 1780er oder Charlie Parker zwischen 1945-1949?Zur Ausgangslage: Ich hatte Coltrane ja mit diesen Genies auf eine Stufe gestellt und nicht behauptet Mozart/ Parker ***. (Zwinkersmilie)
Auch wenn ich niemandem widersprechen würde, der Deinen Ansatz teilt, so würde ich schon behaupten, dass Coltranes Entwicklungen von bspw. „Giant Steps“ (welches die Entwicklungen des Jazz der 50er Jahre zusammenfaßt und auf den Punkt bringt) über die (kompletten) Aufnahmen vom 1. bis 5.11.1961 in Village Vanguard, in denen John mit seinen kongenialen Mitstreitern Eric Dolphy, McCoy Tyner, Reggie Workman und Elvin Jones das meiner Meinung nach bisher existierende MUSIKALISCHE STATEMENT abliefern (welches natürlich von der damaligen Kritik überhaupt nicht verstanden werden konnte; wie sollte das im reaktionären Amerika von 1961 auch möglich sein?) über ünzählige weitere noch heutige gültige Meisterwerke (u.a. „A Love Supreme“) bis zur völligen Dekonstruktion und Freiheit (Free Jazz) des Genies in „Ascension“ einzigartig sind.Parker war für Coltrane (und die Entwicklung des Jazz) natürlich außerordentlich wichtig, er war ein Genie ohne jeden Zweifel und vielleicht wie behauptet der größte Saxophonist aller Zeiten. „Für“ Coltrane spricht m.M.n. diese unfaßbar weitreichenden, persönlichen Entwicklungen („Giant Steps“ bis „Ascension“) und die für mich heute relevanteren Kompostionen. Natürlich „brauchte“ Coltrane Parkers Errungenschaften und die enormen gesellschaftlichen Entwicklungen der 60er Jahren, die Freiheit Stück für Stück in Gedanken und Ton zuließen. Wenn man sich aber Miles Davis als Vergleich ansieht: Der brauchte letztlich bis 1969 („In A Silent Way“) bzw. 1970 („Bitches Brew“) zur nächsten vollen Stufe. Und wenn man mal ehrlich ist, unabhängig davon was einem besser gefällt oder was man hochwertiger findet, ist Coltrane den radikaleren und weiteren Weg in kürzerer Zeit gegangen.
Wie auch immer, ich möchte keinem der genannten Musiker Leistung absprechen und eigentlich auch nicht vergleichen, aber wenn Du, newk , darauf bestehst, lehne ich mich halt aus diesem Fenster.
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monoton
Parker war für Coltrane (und die Entwicklung des Jazz) natürlich außerordentlich wichtig, er war ein Genie ohne jeden Zweifel und vielleicht wie behauptet der größte Saxophonist aller Zeiten. „Für“ Coltrane spricht m.M.n. diese unfaßbar weitreichenden, persönlichen Entwicklungen („Giant Steps“ bis „Ascension“) und die für mich heute relevanteren Kompostionen. Natürlich „brauchte“ Coltrane Parkers Errungenschaften und die enormen gesellschaftlichen Entwicklungen der 60er Jahren, die Freiheit Stück für Stück in Gedanken und Ton zuließen. Wenn man sich aber Miles Davis als Vergleich ansieht: Der brauchte letztlich bis 1969 („In A Silent Way“) bzw. 1970 („Bitches Brew“) zur nächsten vollen Stufe. Und wenn man mal ehrlich ist, unabhängig davon was einem besser gefällt oder was man hochwertiger findet, ist Coltrane den radikaleren und weiteren Weg in kürzerer Zeit gegangen.Wie auch immer, ich möchte keinem der genannten Musiker Leistung absprechen und eigentlich auch nicht vergleichen, aber wenn Du, newk , darauf bestehst, lehne ich mich halt aus diesem Fenster.
zum vergleichen und abwägen sind wir doch hier;-) die Sache mit den vollen Stufen find ich schwierig – und ich find man wird weder Coltranes noch Miles Entwicklung von 1955-67/70 gerecht, wenn man sie als Weg in die Freiheit sieht… klar, diese per aspera ad astra Geschichte sitzt tief in der Art wie wir den Jazz diskutieren, und die Subgenregrenzen sitzen fest in vielen Köpfen… klar kann man sagen, Miles hat von Dig (dem ersten Hard Bop Album überhaupt sagt man…) bis Filles Hard Bop gespielt… dabei verkennt man, dass er das Genre immer wieder neu geprägt hat, das seine Musik viel mehr als die von Coltrane und (vielleicht noch stärker) Parker, auch Nebenwege genommen hat, die Miles/Evans-Alben waren als sie erschienen nicht die revolutionärsten Miles Alben, die es bis dahin gegeben hatte – aber das macht sie kein Stück schlechter… blumiger gesagt, Miles Davis Reise durch die Musikgeschichte war viel weniger eine persönliche Entwicklung, die in Musik umgesetzt wurde, sie war stärker geprägt von Begegnungen mit anderen, Beobachtungen, sowas… Miles (und Mingus, und Monk) stehen ja auch ein gutes Stück weit irgendwie außerhalb/neben der Jazzgeschichte (während der Hauptstrom durch Parker/Bud Powell und Coltrane geht…) [brauche wohl nicht sagen, dass das alles sehr subjektiv ist… und oben hab ich das ja auch etwas anders erzählt;-)]
noch ein Wort zu Parker: klar, dessen Entwicklung, zumindest der dokumentierte Teil davon, war viel kürzer – blöd gesagt, hat er die Jazzwelt ja nur ein einziges Mal mit seinen beeindruckenden Neuerungen verblüfft… was man aber sehen muss, ist, dass von ihm nicht nur die Sprache des Bebop kommt (jedenfalls wesentliche Teile davon), er hat auch die Rolle des Jazzmusikers in der Welt entscheidend umdefiniert (vom Revueartisten, zum Künstler, der mit seinen zehnminütigen Saxophonsoli den Menschen ihre Grenzen vor Augen führt – und wenn man will, ist Coltrane darüber nicht wirklich hinausgekommen (vielleicht anders als Miles…))
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.redbeansandrice blumiger gesagt, Miles Davis Reise durch die Musikgeschichte war viel weniger eine persönliche Entwicklung, die in Musik umgesetzt wurde, sie war stärker geprägt von Begegnungen mit anderen, Beobachtungen, sowas…
Das ist aus meiner Sicht vollkommen korrekt. Man sollte nicht vergessen, dass Miles sich stets bewusst dagegen entschieden hat, Free- oder Avantgarde-Jazz zu spielen. Miles suchte im Jazz nie Freiheit oder Erlösung, er war ein Kind der (schwarzen) Mittelklasse, er wollte seine persönliche Spielart des Jazz kompromisslos verwirklichen und damit eine maximal große Anzahl von Zuhörern erreichen. Mit anderen Worten: Miles wollte Ruhm und Erfolg aber auf seine Weise! Er würde niemandes Sklave sein.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.OK, mag sein, ja… aber Miles hat doch immer wieder Musiker um sich geschart, die hart an die Grenzen des jeweils „Konventionellen“ gingen. Zuerst das Quintett mit Coltrane, Garland, Chambers und Philly Joe, später die Band mit Shorter, Hancock, Carter und Williams, dann das „Lost Quintet“ (Shorter, Corea, Holland, DeJohnette), danach die Studio-Bands für „In a Silent Way“ und „Bitches Brew“, die zu Keimzellen des ganzen Jazz-Rock-Genres wurden… Miles‘ Bezüge zur Avantgarde sind wohl vielfältiger und deutlicher als er das selber in all seiner Widersprüchlichkeit je hätte zugeben mögen.
Über Deine Behauptung, redbeans, was Parker und Coltrane betrifft, muss ich noch ein wenig nachdenken… so hab ich mir das noch nie überlegt. Ist wohl am Ende schwierig zu beurteilen, da diese zehnminütigen Soli von Parker nicht oder kaum überliefert sind… (ist bei Coltranes dreissig- bis sechzigminütigen allerdings ähnlich, mal abgesehen von den 1966er Aufnahmen aus Japan, aber zu dem Zeitpunkt war das ja nichts neues mehr).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
Schlagwörter: Free Jazz, Hard Bop, Jazz, John Coltrane
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