Re: John Coltrane

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otis
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gypsy tail windNa ja, das ist nur die halbe Wahrheit… den Melodien liegen funktionsharmonische Strukturen zugrunden, die man beim Improvisieren als Grundlage benutzt (oft auch „umgebaut“, ergäntzt, verdichtet). Natürlich kann man (zumal mit „klassischer“ Spielweise) nur einen Ton aufs Mal spielen, aber man zerlegt eben die Akkorde, klappt sie sozusagen auf… und spielt sie aus (Coleman Hawkins, vertikal) oder schwebt über sie hinweg (Lester Young, horizontal).
Coltrane bewegt sich irgendwo dazwischen, aber bei seinen „sheets of sound“ ging es gerade darum, die verdichteten, immer komplexer werdenden Harmonien auszuspielen, und wenn da eben sieben Töne dazu nötig waren, dann wurde eben auf den betreffenden Schlag eine Septole gespielt. Das hatte alles Methode und gehört mal rein technisch gesehen wohl immer noch zum faszinierendsten, was man überhaupt hören kann.
Wir haben das in den Coltrane und Chronological Coltrane Threads schon ausgiebiger diskutiert, falls Du mal nachlesen magst…

Nun haben modaler Jazz und funktionsharmonische Strukturen aber praktisch gar nichts miteinander zu tun, gehen sich geradezu aus dem Weg, verstehe deshalb Obiges gar nicht.
Und Septolen sind rhytmische Figuren, mit Sicherheit keine Noten/Töne.
Klar, waren die Harmonien immer komplexer geworden, und klar fand das dann wieder seinen Niederschlag in den Melodien. Nur waren diese immer schon freier und losgelöster von den sie begleitenden(!!) Harmonien. Das entscheidende bei Trane u.a. war doch gerade die Abkehr von harmonischen Strukturen.
In diese Richtung ging mein noch recht vorläufiges Statement (nachdem ich gerade die Seite 1 von Favorite Things gehört habe) aber gar nicht.

PS: Zur guten Nacht lege ich jetzt noch Blue Moods auf.

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