Enja Records

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    gypsy-tail-wind
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    Yosuke Yamashita – Banslikana | Nächster Halt ist dann wieder ein Virtuosen-Piano-Solo-Album – aber eins, das in seiner Verdichtung so bekloppt ist, dass vordergründige Virtuosität kaum mehr eine Rolle spielt. Am 5. Juli 1976 findet sich Yamashita am Flügel im Tonstudio Bauer in Ludwigsburg ein und nimmt sein drittes Album für Enja auf. Es gibt vier Stücke pro Seite, jeweils einen Klassiker zum Einstieg, „A Night in Tunisia“ bzw. „Autumn Leaves“, gefolgt von drei Originals, die teils an Vorbildern orientiert sind. So ist „Stella“, das zweite Stück, anfangs so eng an „Stella By Starlight“ angelehnt, dass es mir etwas frech scheint, das als Original auszugeben – doch gegen Ende klingt das dann irgendwie mehr nach „Round Midnight“. Die meisten Stücke sind hier um die vier Minuten lang, eins etwas kürzer, drei etwas länger, und von diesen ist „Baslikana“ mit fast acht Minuten mit Abstand das längste. Hier überstürzen sich die Geschehnisse: die Läufe, Melodien, Riffs, Akkorde. Manchmal wirkt auch das ein wenig wie eine Leistungsschau – und doch ist Yamashitas Klangwelt eine hörbar eigene, in der all das Gespielte zusammenpasst, stimmig wirkt – auch wenn er nach sieben Minuten plötzlich wieder zum einfach Thema zurückkehrt, das auch auf dem Rückcover abgedruckt ist.

    „Chiasma“, das vierte Stück, gab einem MPS-Album des Yamashita Trios, aufgenommen im Juni 1975 bei den Heidelberger Jazztagen den Namen – einem Album, das auch Horst Weber produzierte, das ebenfalls vor Ort vom Tonstudio Bauer mitgeschnitten wurde, und einem Album, das sich vor „Clay“ echt nicht verstecken braucht, und auf dem auch „Hachi“ in der Version des Trios zu hören ist, das für „Distant Thunder“, sechs Tage später mit Manfred Schoof, erneut eingespielt wurde). Ich hatte Yamashita ja 2022 oder so mal etwas vertieft, eine Kombination aus „ich kaufe mal wieder ein paar aktuelle Japan“-Reissues und unserer 90er-Strecke hier im Forum, wo ich mich dann durch die Alben des New York Trio (Yamashita mit Cecil McBee und Pheeroan akLaff) durchhörte. @redbeans meinte damals korrekterweise, ich solle meine Posts doch aus dem Hörthread auslagern, was ich nicht tat, davon ausgehend, dass ich das alles bald drauf mal etwas konzentrierter hören würde … das geschah natürlich (noch) nicht, und so sind auch die Enja-Aufnahmen von Yamashita noch ziemlich neu für mich (das Duo-Album mit Roidinger kaufte ich dann noch nach, aber werde es die Tage zum ersten Mal überhaupt anhören).

    Die Einverleibung von „Autumn Leaves“ macht mich jedenfalls staunen – was Yamashita hier auftürmt, ist echt atemberaubend. Mit „Ko’s Daydream“ beginnt dann vergleichsweise verspielt, eine Art rudimentärer Calypso vielleicht, der aber nie so recht ins Rollen kommt. In „Lullaby“ ist das Schema ähnlich, aber die Musik anders: jede Phrase fängt an – und löst sich dann irgendwie nicht auf, wird nicht fortgesetzt. Wie bei „Stella“ habe ich das Gefühl, dass auch bei den zwei Stücken Vorbilder bzw. Vorlagen dahinter stecken könnten? Ebenso im Closer „Bird“, der tatsächlich von der Linie her ein wenig nach Bebop klingt. Hier wird nicht ständig etwas abgebrochen, die fliessenden Linien der rechten Hand werden aber durch den unregelmässigen Einsatz der linken akzentuiert.

    Das geht mir alles nicht nah, berührt mich nicht wirklich – gefällt mir aber irgendwie doch ganz gut. Und das Pino-Bild auf dem Cover gefällt mir auch wieder.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #12287677  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ach so, völlig auf den Blythe-Fade einzugehen vergessen @vorgarten – ich hatte tatsächlich beim Schreiben des Posts zu „Steam“ auch an Blythe gedacht, der ja irgendwie eine Art Zwischenposition einzunehmen scheint oder zumindest eine Art Vermittler zwischen den Lagern war? Wobei ich „mit Tapscott gespielt“ halt schon als ein Gütesiegel betrachten möchte, wie es von den Young Lions keiner mitbringen konnte (hm, Dewey Redman wär ja auch was, aber das scheint jetzt nicht sooo den Einfluss gehabt zu haben – was ich dem Sohn aber – erst Recht in Unkenntnis der familiären Verhältnisse – definitiv nicht zum Vorwurf machen würde). Die Anfänge der 80er-Traditionalisten sind ja eh etwas verwischt … auf der Elektra-Platte der „Young Lions“ sind ja auch Leute wie Hamiet Blueitt (1940 geboren), Abdul Wadud, Fred Hopkins und John Blake (alle 1947), Chico Freeman (1949) oder Anthony Davis (1951) dabei, um mal die über 30jährigen zu nennen, die damit auch irgendwie zwischen den Generationen stehen und teils schon ordentliche Credits hatten, als sie 1982 beim Kool Jazz Festival mitwirkten. Ich weiss nicht, ob das ein Thema war, das ich mal sezieren möchte … bisher zieht mich da eher wenig hin, aber die Vernetzungen über Bands, Sideman-Gigs usw. zu verfolgen wäre sicher da und dort spannend (und man käme auch wieder zu ECM).

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    #12287681  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Benny Bailey – Islands | Das nächste Album habe ich irgendwann mitten in der Pandemie (2021 glaub ich) gekauft – und war bei den ersten Anläufen etwas enttäuscht. Es ist das nächste Trompetenquartett im Katalog, doch dieses Mal mit der Gitarre und Sitar von Siggi Schwab statt eines Pianos. Eberhard Weber spielt den Bass, Lala Kovacev das Schlagzeug. Alle fünf Stücke stammen von Mladen Gutesha – und schon der Opener klingt so, als hätte Bailey sich damit um einen ECM-Vertrag bemüht … auch wenn sein so persönlicher Ton da ist: das ganze Drumherum ist für mein Empfinden etwas gar glatt geraten. Weber spielt seinen übermässig beschäftigten und doch nirgendwohin führenden Bass, Kovacev eher rudimentäre Beats, Schwabs Gitarre ist manchmal ganz schön – aber im direkten Vergleich mit Attila Zoller kann sie doch nur verlieren. Aber gut, vielleicht muss man sich hier einfach zurücklehnen, sich mit einem Aperol Spritz auf der Piazza irgendwo in Italien wähnen und etwas in die Sonne blinzeln (was ja gerade alles ganz gut geht, bei den 27 Grad oder so, die wir hier gerade haben), und dazu passt das dann schon. Dazu passt dann auch, dass die Stücke von Gutesha manchmal eher wie Pop-Tunes klingen (v.a. „One of Those Love Songs“, mit 4:33 das kürzeste). Atmosphärisch ist das oft schon ganz schön, aber ich langweile mich halt.

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    #12287715  | PERMALINK

    lotterlotta
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    …warum man hier den titel des öfteren in banyana umbenannte muss man auch nicht verstehen, asr und ishmael auf seite eins sind schon mal ein echtes pfund mit dem dies album punkten kann, meine platte ist leider ein wenig verbritzelt auf seite zwei, was vor allem im ruhigen the dream doch sehr ärgert…..danach mach ich mit diesen weiter

    die weißlich/gelblichen cover mit s/w aufnahmen gefielen mir bei enja eigentlich immer besser, schade das sie davon abkamen….

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    #12287735  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Wie lang ist denn „Ishmael“ auf der Platte? 12:14, wie überall steht? Dass die 2008er-CD eine gekürzte Fassung davon enthält, ist echt irritierend. Da steht bei Discogs zwar auch 12:14 bei der Trackliste, aber ist falsch, korrekt ist tatsächlich 6:13, wie auf dem Rückcover der CD:

    Von „Echoes from Africa“ habe ich seit vorgestern ein ordentliches Exemplar (meine 20+ Jahre alte CD-R ist nicht mehr aufgetaucht), „African Dawn“ ist leider noch eine Lücke.

    Und bei „African Space Program“ wollte ich noch auf die Eindrücke von @vorgarten zurück kommen. Ich hab dazu ja übermässig ausführlich geschrieben , finde aber echt nicht, dass „eine abfolge von einzelsoli“ eine faire Beschreibung ist, weil die Band ja ständig präsent bleibt, die Soli einrahmt, stört, anspornt … ich höre das als Ganzes durchaus als einen Versuch, eine Art kollektive Musik zu gestalten. Die Soli bleiben teils ja auch sehr kurz (und richtig lang ist gar keins), ich denke, die haben sich nicht ohne Erfolg darum bemüht, eine ganz gute Balance zu finden. In dem Kontext möchte ich „The Journey“ von 1977 auch wieder mal anhören, das habe ich als etwas weniger gut in Erinnerung.

    Gerade verklang diese Monster (die ungekürzte CD, noch so eine, die seit ca. 1997 hier ist, mich damals aber vollkommen überfordderte):

    Cecil Taylor – Dark to Themselves | Ein mitreissender, ja phänomenaler Live-Mitschnitt aus der Dekade, die vielleicht Taylors stärkste war? Mit Band auch noch „Akisakila“, „Spring of Two Blue J’s“, „One Too Many Salty Swift and Not Goodbye“, „Live in the Black Forest“, „Cecil Taylor Unit“, „3 Phasis“ … vielleicht darf man „It Is in the Brewing Luminous“ von 1980 noch mitzählen, dazu ein paar tolle Solo-Alben: „Indent“, „Solo“, „Silent Tongues“, „Air Above Mountains“, von 1980 noch „Fly! Fly! Fly! Fly! Fly!“ – und wenn Taylors Siebziger ja eh erst 1973 beginnen auch noch von 1981 „The Eighth“ (Band) und „Garden“ (Solo).

    Ich weiss gar nicht, was ich hierzu schreiben soll – wenn das Ding nicht in die Top 10 kommt, dann bloss, weil 10 einfach viel zu wenig ist … Raphe Maliks Trompete ist ja auf ein paar der gerade genannten Alben erneut zu hören, David S. Ware aber nur hier. Und Drummer Marc Edwards ist kein Ronald Shannon Jackson oder Sunny Murray (der auf „Brewing Luminous“ nochmal aufkreuzt), aber as ist schon alles sehr, sehr toll! Die drei Bläser, die ganze Verknotung der fünf der Raum, den alle bei allem dichten Kollektivspiel immer wieder kriegen … ich find’s phantastisch!

    Die Aufnahme stammt vom Ljubljana Jazzfestival (war mal ein Plan für Sommer 2020 … mal schauen, ob ich den irgendwann reaktiviere), 18. Juni 1976, das Cover-Foto natürlich wieder von Giuseppe Pino. Für die – recht lange – LP hat man von den 61:45 Minuten etwa zwölf wegkürzen müssen.

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    #12287795  | PERMALINK

    lotterlotta
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    @gypsy-tail-wind

    die african space programm empfinde ich als vielleicht eine der zwei besten dollar brand, gerade weil auf seite I nicht das piano im vordergrund steht, das ist eine exzellente ensemble leistung, da passt alles…..und auf seite II wird yamashitas clay förmlich an die wand geblasen , echoes from africa ist die zweite der besten dollar brand bei mir und die african dawn solltest du dir zulegen, weil hier nicht die cluster gespielt werden wie sonst üblich auf seinen solo-einspielungen sondern sehr starke interpretationen von fremd- und eigenkompositionen, nicht spitze aber schon sehr gut…..

    die länge von ishmael von 12:14 sollte auf der lp passen, hab es nicht gestoppt!

    die taylor wäre bei mir top ten, habe aber auch nur ca. 25 enja scheiben…..

    zuletzt geändert von lotterlotta

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    #12287881  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Randy Weston – Nuit Africaine | Das nächste Enja-Album ist kein Enja-Album – wieder mal. Aufgenommen von Jef Gilson in seinem Palm Studio in Paris am 21. September 1975 und bei Owl als „African Nite“ erschienen – witzig, dass die Deutschen den englischen Titel für ihre Veröffentlichung ins Französische übertrugen. Das Cover-Foto scheint wieder von Pino zu sein, auf der Rückseite gibt’s dann eins von Weston am Klavier von Jean-Jacques Pussiau, dem Gründer von Owl und Produzenten des Albums. „African Nite“ war OWL 1, der Start des Labels – und vielleicht rührt daher die Tatsache, dass Enja das Album in Deutschland herausbrachte? Ganz neu im Geschäft war Pussiau aber nicht, bei Discogs gibt es für 1973/74 schon drei Foto/Artwork-Credits, nicht zuletzt für das fabelhafte „Soul of Africa“ von Jef Gilson/Hal Singer, auch die anderen beiden von Gilson produziert, dass Pussiaus eigene erste Produktion in dessen Studio entstand, ist daher nicht verwunderlich. Und klar: ohne Owl wären Fans von Jeanne Lee, Jimmy Giuffre, Paul Bley oder Helen Merrill um ein paar sehr feine Alben ärmer. (Bei Owl 3 hatte Pussiau sich dann wohl von Gilson emanzipiert, Owl 4 von François Jeanneau steht hier irgendwo als Platte herum.)

    Musikalisch ist Weston für meine Ohren eh eine Bank, ich kenne da wenigstens ab Ende der Fünfziger nichts, was ich als deutlich schwächer als den grossen Rest einstufen würde. Von seinen gerade in den Siebzigern zahlreichen Solo-Alben fehlen mir aber noch ein paar, und „African Nite“ ist nicht mein liebstes (die Ehre ginge wohl an „Blues to Africa“, das 1974 im Konzert in Zürich eingespielte Freedom-Album,  oder an die beiden Cora-Alben, „Rhythms-Sounds Piano“ und „The Healers“ von 1978 bzw. 1980 – aber das müsste ich alles mal in Ruhe wieder hören, habe „Randy Weston Meets Himself“ und „Blue“ überhaupt nicht mehr im Ohr und „Informal Solo Piano“ erst kürzlich gekauft und noch gar nicht angehört). Neben Dizzy Gillespies „Con Alma“ sind acht Weston-Originals zu hören, darunter zum Einstieg „Little Niles“, ansonsten aber nicht seine „Best of“ sondern Perlen wie der wunderbare „Samba Bassa“ oder ein kurzes, verspieltes „Portrait of Miriam Makeba“, die es nur auf diesem Album gibt. Auch „Yubadee“ ist nirgendwo sonst zu finden und das Titelstück und „C.W. Blues“ bloss auf einem, „Blues to Senegal“ und „Jejouka“ (aka „Jajouka“ usw.) auf zwei weiteren Alben (sowas weiss ich nicht auswendig, aber auf die Vermutung hin auf der zum Glück noch greifbaren Weston-Website genauer nachgeguckt). Sehr hörenswert auf jeden Fall – aber es fällt mir irgendwie schwer, das Album hier im völlig anderen Kontext zu behandeln. Quasi Weston, der ins Ibrahim-Territorium eingreift … und ich scheue mich sehr davor, die beiden zu sehr vergleichen zu wollen, weil sie beide quasi Hausheilige sind.

    Meine Owl-CD-Ausgabe sieht nochmal völlig anders aus, die kam 2001 heraus (das Cover kam schon bei der ersten CD 1992 zum Einsatz). Das war eine Reihe, die von Universal vertrieben wurde bzw. denen gehörte damals (und heute?) wohl der Owl-Katalog? Dazu finde ich nichts heraus, zum Label gibt es nicht mal einen Wikipedia-Eintrag (Pussiau leitet jetzt OutNote, das Jazz-Label der Out Here-Gruppe, die v.a. in der Klassik sehr aktiv ist). Die EmArcy- und Universal Jazz France-Logos sind auch hinten auf dem Cover. Und im Innern des Digipack gibt’s nochmal ein anderes Portrait, das Pussiau von Weston am Klavier gemacht hat:

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    #12287897  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Tommy Flanagan – Eclypso | Die nächste Runde geht dann wieder in die Reihe der schwarzen Cover. Und in die Reihe der Mainstream-Alben. Ich weiss nicht, ob das damals als Coup galt oder wie die Tatsache, dass Enja mit Tommy Flanagan ein ob seiner Zurückhaltung und Zufriedenheit mit dem Job als Begleiter von Ella Fitzgerald etwas in Vergessenheit geratenen Hard-Bop-Pianisten an sich binden konnte. Jedenfalls folgten mit Flanagan in den nächsten Jahren so viele Alben wie das Label sie damals mit wenigen anderen Musikern produzierte. 1987 hat Horst Weber für eine Reissue Liner Notes geschrieben (Marty Cook hat sie übersetzt), einen Abriss der Biographie und der wichtigsten Stationen. Da steht dann gegen Ende: „Without a doubt, his best LPs are ‚Overseas‘, ‚Eclypso‘, ‚Giant Steps‘, and ‚Super Session‘. ‚Overseas‘ is the oldest of these four superlative Flanagan albums. The other members were bassist Wilbur Little and drummer Elvin Jones. This album was a model for my idea of the production of ‚Eclypso‘; the goal being to reach, or perhaps even better the high artistic quality of the ‚Overseas‘ album. I think that goal was achieved, and since that time, jazz insiders and musicians worldwide have debated with of the four above-mentioned albums is the best recording.“ Weber meint dann, George Mraz sei Flanagans Lieblingsbassist gewesen. Und Jones war natürlich schon 1957 beim Debut von Flanagan, dem erwähnten „Overseas“, dabei („The Cats“ wird auch oft als Flanagan-Album gerechnet, was sicher nicht falsch ist, aber das war halt eine diese Prestige-Jam-Sessions, „Overseas“ war vier Monate später das erste wirklich eindeutige Flanagan-Album – plus „The Cats“ erschien sowieso erst mit einiger Verspätung im Dezember 1959).

    Mir ist „Eclypso“ nie ganz so sehr ans Herz gewachsen – aber dasselbe kann ich von fast allen Flanagan-Alben sagen: „Giant Steps“ ist mir bisher auf Enja wohl das liebste, noch lieber sind mir aber ein paar ganz späte, „Sunset and the Mockingbird“ auf Blue Note (eine Live-Aufnahme von 1997 mit Peter Washington und Lewis Nash) oder „Sea Changes“ (Evidence/Alfa Jazz, 1996 mit denselben beiden Begleitern). Ich wollte die ganzen Alben zunächst auch nicht wiederhören, weil eh keines in die Topliga meiner Enja-Favoriten gehören wird … aber wo ich schon mal dran bin, habe ich sie doch hervorgekramt und in die Katalognummernreihenfolge einsortiert.

    Was „Eclypso“ angeht, aufgenommen am 4. Februar 1977 in den Sound Ideas Studios in New York, so ist das schon ein sehr schönes Album. Es gibt eine Reihe von Beobop-Klassikern von Tadd Dameron („A Blue Time“), Charlie Parker („Relaxin‘ at Camarillo“, mit einer kleinen Unsicherheit beim Einstieg in die abschliessenden Themenrekapitulation, und „Confirmation“), Sonny Rollins („Oleo“), Denzil Best („Denzil’s Best“) das Titelstück von Flanagan (mit 12 Minuten das mit Abstand längste, bekannt vom erwähnten Album „The Cats“) sowie ein etwas späteres, „The Cup-Bearers“ von Tom McIntosh (ich vermute, es erschien erstmals 1962 auf dem gleichnamigen Riverside-Album von Blue Mitchell, aber das guckte ich nicht nach).

    Das Cover-Foto ist wieder mal von Hans Harzheim – das Intermezzo von Giuseppe Pino ist damit glaub ich bereits zu Ende.

    In Sachen Status meiner Enja-Bestände habe ich noch zwei Runden („Now Hear This“ von Hal Galper und „One-Upmanship“ von Mal Waldron), dann wieder zwei Lücken. Und vom letzten der 2000er-Reihe (2098, „Outlaws“ von Jeremy Steig und Eddie Gomez) mein Exemplar (24bit-Remasters CD) hartnäckig verlegt. Danach wurde die Angst von ungraden Nummern beigelegt bzw. 3000 übersprungen, weiter ging es mit 3001, 3003 usw. und meine Bestände werden sukzessive dünner. Von den 2000ern habe ich 40 von 46 Alben da (es gibt 2000 nicht und zu den vollen 49 fehlen danach anscheinend noch 2002, 2014 und 2024), von den 48 3000ern (keine Lücken, also an sich 50, aber zwei sind Doppelalben: 3007/9 und 3021/23) fehlen mir dann bereits 15. Von den 49 4000ern (wieder gerade Nummern von 4002 bis 4098) fehlen mir 17. 5000er (5001 bis 5099) gibt es dann trotz eines Doppelalbums 50 (das Doppelalbum läuft als 5003/4) und ich habe nur noch 20 davon … und so ähnlich geht es dann weiter.

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    #12287937  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windAch so, völlig auf den Blythe-Fade einzugehen vergessen – ich hatte tatsächlich beim Schreiben des Posts zu „Steam“ auch an Blythe gedacht, der ja irgendwie eine Art Zwischenposition einzunehmen scheint oder zumindest eine Art Vermittler zwischen den Lagern war? Wobei ich „mit Tapscott gespielt“ halt schon als ein Gütesiegel betrachten möchte, wie es von den Young Lions keiner mitbringen konnte (hm, Dewey Redman wär ja auch was, aber das scheint jetzt nicht sooo den Einfluss gehabt zu haben – was ich dem Sohn aber – erst Recht in Unkenntnis der familiären Verhältnisse – definitiv nicht zum Vorwurf machen würde). Die Anfänge der 80er-Traditionalisten sind ja eh etwas verwischt … auf der Elektra-Platte der „Young Lions“ sind ja auch Leute wie Hamiet Blueitt (1940 geboren), Abdul Wadud, Fred Hopkins und John Blake (alle 1947), Chico Freeman (1949) oder Anthony Davis (1951) dabei, um mal die über 30jährigen zu nennen, die damit auch irgendwie zwischen den Generationen stehen und teils schon ordentliche Credits hatten, als sie 1982 beim Kool Jazz Festival mitwirkten. Ich weiss nicht, ob das ein Thema war, das ich mal sezieren möchte … bisher zieht mich da eher wenig hin, aber die Vernetzungen über Bands, Sideman-Gigs usw. zu verfolgen wäre sicher da und dort spannend (und man käme auch wieder zu ECM).

    das ist jetzt ein interessantes missverständnis – ich hatte mich verschrieben und meinte shepps THE TRADITION (1978), auch im trio (brown/jarvis) eingespielt wie STEAM, und die damit oft einhergehende frage, wann shepp zum traditionalisten wurde, was man so eindeutig überhaupt nicht beantworten kann. jedenfalls kann man weder STEAM noch THE TRADITION da als zäsur wahrnehmen. das blythe-album IN THE TRADITION kam tatsächlich auch 1978 raus – und der columbia-vertrag für blythe kam über branford m., oder? wie und wann genau der tradtionalismus und neo-traditionalismus in die jazzgeschichte kam, fänd ich durchaus mal ein thema. aber vielleicht nicht hier.

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    #12287939  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Haha, ach so ;-)

    „The Tradition“ kenn ich leider – wie fast den ganzen Horo-Katalog – nicht. Aber bei Shepp bist eh Du der Spezialist!

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    #12287953  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Hal Galper – Now Hear This | Bei der New York-Reise von Horst Weber entstand 8 Tage später im CI Sound Studio in New York auch gleich die nächste Enja-Platte: Terumasa Hino wurde mit einer toughen US-Rhythmusgruppe zusammengebracht: Cecil McBee war wieder dabei, der nominelle Leader Hal Galper und Tony Williams tauchen erstmals beim Label auf. Bei Williams blieb das wohl ein Einzelfall (zumindest liegt mir nichts weiter vor und ist mir auch grad aus dem Gedächtnis nichts anderes bekannt). Für die 24bit-Masters Edition-CD schrieb man netterweise Hinos Namen mit auf den Rücken des Digipacks (aber nur dort). Fair enough, denn das ist ein Trompetenquartett und als einziger Bläser ist Hino ziemlich prägend für den Sound.

    Das Titelstück – bis auf eine Ausnahme stammen alle Stück von Galper – klingt für meine Ohren total nach Woody Shaw: nicht nur die Trompete, auch die Melodie, die Changes, der ganze Groove. Mit dem „Shadow Waltz“ folgt eine Ballade: singende, sehr leise und weich geblasene Trompete, Orgelpunkt des Basses, hingetupfte Piano-Akkorde, etwas Beckenrauschen … nach über einer Minute fängt McBee an, wechselnde Töne zu spielen, nach zwei Minuten ist das Thema zu Ende oder beginnt von vorn, Hino entfernt sich von der Melodie, bleibt ihr aber verbunden.

    Ich nehme gerade den zweiten Anlauf mit dem Album (den ersten gab’s heute früh) – und so recht warm will ich damit leider auch heute nicht werden. Das hat starke Momente (die Ballade!), aber irgendwie zieht es an mir vorbei. In „Red Eye Special“ (danke, es regnet endlich, ich hoffe, die Augen sind in ein paar Stunden weniger rot ;-) ) geht es wieder in den Shaw-Groove zurück. Das ist alles federnd gespielt, mit Einsatz von ordentlich Muskeln (geht anders wohl gar nicht, wenn Williams trommelt) – darüber eine Trompete mit recht schmalem, manchmal auch etwa scharfem Ton, die ihre Mittel aber sehr gekonnt einsetzt. Der Eindruck – dass das gekonnt, professionell ist – ändert sich auf in der zweiten Hälfte nicht, die zwei weitere Originals und dann zum Ausklang Monks „Bemsha Swing“ bietet. Die CD enthält noch einen etwas kürzeren Alternate Take von „First Song in the Day“.

    Das wird bei mir vermutlich nie ein Lieblingsalbum. Das Cover-Foto von Carol Friedman mag ich aber sehr … und klar: nächster Eintrag der schwarzen Cover – doch da ändert sich demnächst grundlegend etwas.

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    #12287963  | PERMALINK

    atom
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    Es gab noch eine Aufnahmesession von Tony Williams mit dem Chet Baker Sextet im November 1979, drei der Titel wurden dann später bei Enja auf dem Archiv-Release Why Shouldn’t You Cry veröffentlicht.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #12287969  | PERMALINK

    atom
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    Ich sehe gerade, dass das Zweitverwertungen dieser Aufnahmen sind.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #12287983  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke – kenne ich alles nicht … von den Legacy-CDs auf Enja habe ich Vols. 2 und 4 (neulich schrieb ich, ich hätte nur Vol. 2? Das ist die vom Quartett mit Phil Markowitz, Vol. 4 ist auch ein Quartett, aber mit Jimmy Raney). Um die ganzen Lackerschmid-Aufnahmen habe ich mich bisher nie gekümmert. Da gab’s ja neulich auch Reissues, glaub ich?

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    #12287989  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Mal Waldron – One-Upmanship | 12. Februar 1977 in Conny Planks Studio in Wolperath. Manfred Schoof (t), Steve Lacy (ss), Mal Waldron (p), Jimmy Woode (b) und Makaya Ntshoko (d) – und das nächste seit vielen Jahren sehr liebe Album. Die Bläser – der rasende Schoof, der unberechenbare Lacy – sind eine echte Bereicherung, zumal der Leader eine üblichen Riffs spielt. Allerdings gehört auch Ntshoko zu den Bereicherungen: er begnügt sich nicht damit, mit dem Leader in Grooves zu fallen sondern geht seiner eigenen Wege, ziemlich laut, ziemlich disruptiv – ganz anders, sparsam, fast karg, dann sein Solo gegen Ende des öffnenden Titelstücks. Woode – auf Normallautstärke gesundgeschrumpft – scheint dadurch ebenfalls aus den festen Bahnen geworfen zu werden, und so ist das phasenweise eins der wohl freisten Alben von Waldron, das auch „Hard Talk“ in dieser Hör-Runde klar übertrumpft. Dann gibt’s „The Seagulls of Kristiansund“ mit Piano-Intro, bevor die Bläser das Thema vorstellen und Lacy dann zu einem phantastischen Solo abhebt, für das die Rhythmusgruppe in ein tolles langsames Riff fällt. Waldron übernimmt, Woode wird dahinter immer aktiver, tritt in einen Dialog mit den Kürzeln und Riffs des Leaders, während Ntshoko den langsamen Groove aufrecht erhält.

    Dann folgt „Hooray for Herbie“ (Nichols, nehme ich an?) – fast 20 Minuten lang und damit die ganze B-Seite der LP füllend. Das Tempo ist wieder schnell, der Leader spielt seine endlosen Kippfiguren und soliert auch als erster, wobei Woode in die Höhe klettert und Ntshoko erst allmählich geschäftiger wird. Das geht gegen Ende des Klaviersolos in alle Richtungen, klingt manchmal so, als könne es gleich auseinanderfliegen – das passiert natürlich nicht, stattdessen übernimmt Manfred Schoof und glänzt, während Waldron sich zu Ntshoko gesellt und gar nicht viel weniger spielt als in seinem Solo. Als Lacy dran ist, beruhigt sich die Begleitung erst ein wenig, aber das bleibt alles irgendwie kantig, zickig, verweigert sich dem Flow – und swingt dennoch hart. Das Solo von Schoof finde ich hier deutlich besser als das von Lacy … aber egal, ein Album, das ich einfach mag, auch wenn es nicht bei der engsten Auswahl mitspielen kann.

    Auf der CD (ich hab die von 1998 mit dem vorn draufgeklebten „25th Anniversary Series“-Streifen (irgendwann gab’s nur noch die, keine Pappschuber mehr) wurden drei der Solo-Nummern vom Doppelalbum – ganz neue Töne bei Enja! – „Moods“ von Waldron beigegeben, seltsamerweise jeweils eins auf jeden den drei Album-Tracks folgend. Kann man machen, aber ich finde das eine eher seltsame Idee.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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