Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Die Übermacht der Nostalgie in der Wahrnehmung von Popmusik
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AutorBeiträge
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Sebastian FrankWarum dies so ist, sollte eigentlich geklärt werden. Ist wahrscheinlich unmöglich.
Wissenschaftlich gesprochen: Weil die zitierte Ausgangsthese an unpräziser, extrem wertender Begrifflichkeit leidet. Mit welcher Methodik, mit welchem theoretischen Konzept, auf welcher empirischer Basis soll diese These geprüft werden?
Im Rahmen unserer begrenzten Diskussionsmöglichkeit: Weil wir hier nur über Dritte spekulieren können. Das einzige, was in diesem Thread substanziell getan werden kann ist, das eigene Verhältnis zu jener Musik zu betrachten, die man in jungen Jahren gehört hat. Dazu findet sich in diesem Thread sehr viel Lesenswertes.
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Werbunggollum(…)
Früher… lang‘ ist’s her… hab‘ ich Schlagzeug gespielt. Mit der Zeit war mein Hören von Musik zunehmend und unbewusst auf die Wahrnehmung von Timing- oder Taktfehlern gepolt. Im weitesten Sinne also ein objektiver Qualitätsmangel. Andere hörten dies gar nicht… und behielten ihren Spaß, weil das für’s Ganze nämlich gar nicht ins Gewicht fiel.
Dein Beitrag zeigt allerdings genauso mit einem positiven Beispiel, dass Leute, die selbst ein Instrument spielen, sich Musik wieder ganz anders erschließen können.Nur ganz kurz den Gedanken aufgreifend, wenn auch ein wenig offtopic:
Irgendwann habe ich festgestellt, dass es mir wenig bringt, Musik als Musiker mit großer Beachtung des Handwerklichen zu hören. Gut, ich war jung und brauchte das Geld, aber gerade bei der Gitarre bemerkte ich irgendwann, dass die Musik noch mehr ist als Virtuosität.Bei der Gitarre werden die Kriterien, gerade in der Rockmusik, häufig in das Umfeld von Schnelligkeit und Dramatik in den Soli gerückt, aber besondere Coolness, lyrische Imagination, die Gabe, die innere Spannung der Melodieführung einer Suite über mehrere Takte zu halten und Akzente oder ein Timbre zu markieren, zählt auch zu Virtuosentum – fällt aber niemandem auf, denn wenn alles stimmt, bekommt es eben niemand mit.
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Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.sparchMeine Güte, Du schreibst Dich hier um Kopf und Kragen. Es ging mir um Einzeiler, die nichts zum Thema beitragen, und das wird man schon mal anmerken dürfen. Und dabei ist es mir völlig egal, ob der Urheber ein Mann oder eine Frau ist. Sieht wohl eher so aus, als ob Du das Thema hier nicht verstanden hättest. Aber ich wiederhole gerne noch einmal krauts Beitrag: Es geht hier um die Überhöhung von Alben, Singles, Künstler, Bands aufgrund einer nostalgischen Verklärung. Sterne für Cat Stevens haben hier nichts verloren.
Das Thema finde ich wichtig und es interessiert mich sehr. Da geht es dann auch mal nicht anders, als ohne Visier und ziemlich blank dazustehen. Ich frage mich aber ob dieser offenherzige Einsatz überhaupt lohnt. Kopf hin, Kragen her. Möglicherweise bin ich auch wieder einmal viel zu ungeduldig.
Mit diesem Sternchen-Käse hast du vollkommen recht. Der ist an sich schon suspekt und gehört erst recht nicht hierher. Zorn ist eben eine extrem ungeeignete Schreibhilfe. Sehe dies ein.
Zudem muss ich erkennen, dass deine Einlassungen zu Cat Stevens offenbar andere Bezüge hat, als die die ich erkannte. Dies liegt wohl auch daran, dass man als Frischling keine wichtigen Informationen zum bisherigen Verlauf eines Threads in komprimierter Form zur Verfügung stehen hat. Fehlinterpretationen sind vorprogrammiert.
Krautathaus[…]… unterschiedlichen Auffassungen, wie eng man Wolfgang Doebelings Einwurf sehen kann, auch unter den Männern. … Gab es bisher von den Damen auf dem Forum immer tolle Diskussionsbeiträge. Da ist meine Frage berechtigt, warum Nes bei diesen kurzen Einwürfen stehen bleibt. Was ja immer wieder vorkommt. Wäre Nes ein Mann, hätte ich genauso reagiert.
Ich bin für Offenheit. Daher sage ich frei heraus: Kraut, habe dir Unrecht getan. Diesen und eine Reihe deiner früheren Beiträge im Doe-Thread habe ich nochmal sorgfältig gelesen und sehe einige Dinge nun anders als vorher (speziell auch in Bezug auf Cat).
Hier gilt was ich weiter oben bereits angesprochen habe: zu ungeduldig, übers Ziel, leicht reizbar. Nicht gerade allerbeste Voraussetzungen für Diskussionen. Zudem gelingt es mir anscheinend nicht, das zu schreiben was ich meine, denn ich erzeuge viel Missinterpretation.
Auch an einem Geschlechterkampf bin ich nicht interessiert. Bin keine Feministin. Kämpfe sind krampf und verhindern wesentlich angenehmere Umgangsformen im zwischenmenschlichen Bereich. Keine Details.
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Unser Geschichtslehrer erklärte einmal, Ideale gewinne man und werde sie nicht mehr los, man gerate höchstens in Konflikt mit ihnen. Neulich in Sebastians Haffners „Geschichte eines Deutschen: Die Erinnerungen 1914-1933“ geblättert und dabei dem Gedanken wiederbegegnet. Gerade die Zeit bis Anfang Zwanzig prägt die Menschen so ungemein, auch die Ideale, und das bleibt.
Trotzdem gibt es Unterschiede: Almut aus Neukölln mochte in ihrer Kindheit auch Richard Clayermann und Modern Talking, heute weist sie das weit von sich und bekommt Zustände. Ist ein anderes Verhältnis zur Vergangenheit. Vor der Pubertät hörte ich auch Zamphir-Stücke auf der Panflöte aus der LP-Sammlung meiner Mutter, hatte sogar damals ein Konzert im Lübecker Dom gesehen und war irgendwie erleichtert, dass Tarantino ihn wieder hervorholte. In der Zwischenzeit ist – Überraschung – Distanz dazugekommen, genauso wie zu Santa Esmeralda, die meine Eltern auch hörten, auch die wieder von Tarantino ausgegraben.
Seltsam finde ich die Selbsteinschätzung von manchen, die glauben, mit ihrem Geschmack auf der Flagge Kreuzzüge gegen schlechten Geschmack zu legitimieren. Als könnte man Menschen überzeugen, freundlichst und zu ihrem Besten ihre Ideale zu ändern.
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Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Die im Threadtitel gemachte Einschränkung auf Popmusik ist ungerechtfertigt, weil es kein Alleinstellungsmerkmal von Popmusik ist. Das Beschriebene ist vielmehr ein sehr altes, hoch interessantes Fänomen, über das etwa Karl Kraus das Folgende geschrieben hat: „Was ist die Neunte Symphonie neben einem Gassenhauer, den ein Leierkasten und eine Erinnerung spielen!“
(Karl Kraus: Die Fackel: Nr. 229, 2.7.1907, 9. Jg. Die Fackel 1899-1936, S. 6)Dieses schöne Zitat darf hier nicht fehlen, weshalb ich kurz einen Abstecher von „meinen“ Threads hierher gemacht habe, mich aber aus Zeitgründen gleich wieder auf „meine“ Threads zurückziehe.
Viel Spaß bei der weiteren Diskussion. :wave:
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tolomoquinkolom
Ich bin für Offenheit. Daher sage ich frei heraus: Kraut, habe dir Unrecht getan.
Muss an mir arbeiten. Auch Exil angedacht.Nun, Unrecht hast du mir sicherlich nicht getan, da Du auch nicht persönlich geworden bist. Also überhaupt kein Problem.
Warum ins Exil? Du hast doch, wenn ich die Zusammenstellungen Deiner Kompilationen richtig erkenne, eine sehr umfassende Erfahrung mit Musik gemacht und kannst die doch hier wunderbar einsetzen.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike RoykoKrautathausNun, Unrecht hast du mir sicherlich nicht getan, da Du auch nicht persönlich geworden bist. Also überhaupt kein Problem.
Warum ins Exil? Du hast doch, wenn ich die Zusammenstellungen Deiner Kompilationen richtig erkenne, eine sehr umfassende Erfahrung mit Musik gemacht und kannst die doch hier wunderbar einsetzen.
Du kennst nicht die uneditierte Fassung. Sage dir dies (nicht weil ich kokett sein will, sondern) weil ich den einmal eingeschlagenen Pfad der Offenheit nicht verlassen werde. Es freut mich natürlich, dass du alles erst gar nicht so aufgefasst hast, was mir zur Thematik so im Kopf herumtobte.
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Mikko
Mal abgesehen von den Situationen, die Santander sehr anschaulich beschrieb, bei denen es wirklich nur um eine Art von Nostalgie geht und kaum um die Musik selbst, gibt es eben Leute, die hören Musik mehr oder ausschließlich mit dem Gefühl. Diese Leute denken nicht so viel über Musik nach und interessieren sich auch nicht so sehr für bestimmte Zusammenhänge […]Danke, Mikko, dass du dich durch meinen länglichen Beitrag gekämpft und dort tatsächlich den roten Faden gefunden hast, den ich durch meine Exkurse selber schon beinahe verloren hatte. Aber da ich nun schon (durch die wahre „Schreckensbiographie“) bei Barry Graves gelandet war, wollte ich es mir nicht nehmen lassen, auch noch eine Geschichte dazu zu erzählen (auch wenn das kaum jemanden interessiert, vielleicht noch einige aufmerksame Hörer aus dem RIAS-Sendegebiet damals, die sich an ihn erinnern – die verlinkte Website über ihn sollte auf jeden Fall optimiert werden).
Hätten vielleicht auch drei Sätze genügt: Wer sich „weiterentwickeln“ bzw. „emanzipieren“ will, kann das nicht, ohne zu reflektieren, und Reflexion gelingt nicht ausschließlich über das Gefühl, hierzu muss man halt das Denken in Gang setzen. Gerade dies wird aber oft verweigert bzw. ausgeschaltet, wenn man sich nostalgischen Stimmungen / Gefühlen hingibt. Dass manche Leute die einst gehörte Musik dann auch noch lautstark verteidigen, dürfte dann zusätzlich noch an einer Art Sturheit liegen: Man verteidigt sich quasi selbst dabei (bzw. seine Vergangenheit), will nicht anerkennen bzw. zugeben, dass z. B. „Cello“ von Udo Lindenberg vielleicht nicht gerade zu den allergrößten Geniestreichen der Musikgeschichte gehört.--
Santander…………….. will nicht anerkennen bzw. zugeben, dass z. B. „Cello“ von Udo Lindenberg vielleicht nicht gerade zu den allergrößten Geniestreichen der Musikgeschichte gehört.
Könnte ich persönlich zwar unterschreiben aber wer entscheidet eigentlich was dazu gehört und was nicht? Musikkritiker? Du? Ich? Die Mehrheit des Forums?
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Gewinnen ist nicht alles, gewinnen ist das einzige.Entscheiden tut das natürlich keine Einzelperson. Durch formulierte Begründungen bildet sich im jeweiligen sozialen Kontext eine Sicht der Dinge heraus. Ist bei jeder nicht messbaren Kunstform so.
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Onkel TomKönnte ich persönlich zwar unterschreiben aber wer entscheidet eigentlich was dazu gehört und was nicht? Musikkritiker? Du? Ich? Die Mehrheit des Forums?
Ist ja im Grunde „nicht messbar“, wie doughsam sagte, kann sich aber doch im Zuge der eigenen Entwicklung zeigen. Um beim 80er-Jahre-Beispiel zu bleiben: Wer mit 13, 14 ständig Italo-Disco gehört hat (sowas wie Gazebo) oder Paul Young, konnte sich dadurch vielleicht von seiner Kindheit emanzipieren und sich weiterentwickeln. In der weiteren Entwicklung wird er nun aber feststellen, dass diese Art von Musik irgendwie nicht mehr ausreicht, die wesentlichen, ihn interessierenden und bedrängenden existenziellen Phänomene widerzuspiegeln, sondern im Grunde leer bleibt und ziemlich billig ist; da mangelt es an Substanz. Er lernt vielleicht die Smiths in dieser Zeit lieben, hat dadurch seinen Horizont beträchtlich erweitert, sich weiterhin „emanzipiert“. Kehrt er nun oder später wieder zu Gazebo oder Paul Young zurück („Das war meine erste Single, war irgendwie doch ganz großartig – Come back and stay!“), dann sicher nur aus rein persönlichen Gründen, purer Nostalgie oder Sentimentalität.
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SantanderKehrt er nun oder später wieder zu Gazebo oder Paul Young zurück („Das war meine erste Single, war irgendwie doch ganz großartig – Come back and stay!“), dann sicher nur aus rein persönlichen Gründen, purer Nostalgie oder Sentimentalität.
Eine gute Entwicklung wäre es auch, sich das Original von „Come Back and Stay“ von Jack Lee anzuhören.
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When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)SantanderIst ja im Grunde „nicht messbar“, wie doughsam sagte, kann sich aber doch im Zuge der eigenen Entwicklung zeigen. Um beim 80er-Jahre-Beispiel zu bleiben: Wer mit 13, 14 ständig Italo-Disco gehört hat (sowas wie Gazebo) oder Paul Young, konnte sich dadurch vielleicht von seiner Kindheit emanzipieren und sich weiterentwickeln. In der weiteren Entwicklung wird er nun aber feststellen, dass diese Art von Musik irgendwie nicht mehr ausreicht, die wesentlichen, ihn interessierenden und bedrängenden existenziellen Phänomene widerzuspiegeln, sondern im Grunde leer bleibt und ziemlich billig ist; da mangelt es an Substanz. Er lernt vielleicht die Smiths in dieser Zeit lieben, hat dadurch seinen Horizont beträchtlich erweitert, sich weiterhin „emanzipiert“. Kehrt er nun oder später wieder zu Gazebo oder Paul Young zurück („Das war meine erste Single, war irgendwie doch ganz großartig – Come back and stay!“), dann sicher nur aus rein persönlichen Gründen, purer Nostalgie oder Sentimentalität.
„Come Back An Stay“ ist ein nach wie vor großartiger, vom großartigen Jack Lee geschriebener Song.
Und was, um Himmels Willen, hat Paul Young mit Italo Disco zu tun?--
„Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ (Goethe) "Allerhand Durcheinand #100, 04.06.2024, 22:00 Uhr https://www.radiostonefm.de/naechste-sendungen/8993-240606-allerhand-durcheinand-102Zappa1Und was, um Himmels Willen, hat Paul Young mit Italo Disco zu tun?
Nichts, hat aber auch keiner behauptet (weiter oben steht „Italo Disco oder Paul Young“). Paul Young und Gazebo waren eben zur selben Zeit erfolgreich, allerdings mochte ich Gazebo schon damals nicht, No Parlez ist aber immer noch ein gutes Album, ganz ohne Nostalgie.
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?Genau, ein ausschließendes „oder“! – Sicher gibt es weitaus Ärgeres als „Come Back and Stay“ von Paul Young; nach unten sind die Möglichkeiten ohnehin unbegrenzt (nicht nur in der Musik). Kommt aber oft auch auf den Kontext an, in dem man Stücke hört, also ob man „Come Back and Stay“ für sich stehend hört und dann, wie Mista sagt, zum Original vordringt, oder ob man es nur im unmittelbaren Kontext der damaligen Top 20 hört und diesem Kontext dann nostalgisch nachhängt.
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