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AutorBeiträge
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Damit dürfte das hier gemeint sein (inklusive Volume 2)… Ich lese hier sehr interessiert mit, danke für die tollen Posts!--
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WerbungAch so, davon kennen wir (zumindest @vorgarten und ich) diese gekürzte Bootleg-Version, zumindest behelfsmässig:
https://www.discogs.com/release/3264937-David-Murray-And-The-Low-Class-Conspiracy-Flowers-For-Albert
Hatte gedacht, es gehe da um ein Duo-Album.—
Bin jetzt hier:
Der Willisau-Auftritt vom Sommer 1978 – und das ist jetzt ein wirklich eng verwobenes Trio mit Dyanis Bass als Kern und Cyrilles blitzschnellen Drums. Vielleicht ist Murray hier manchmal etwas der Schwachpunkt, zu nervös, zu wenig zielgerichtet? Aber dann sind die anderen zwei zur Stelle, fangen auf, treiben an, drängen ihrerseits. Überzeugt mich direkt nach dem London Concert jedenfalls ein ganzes Stück weniger, aber wenn ich rauszufliegen drohe, höre ich einfach Dyani/Cyrille zu und finde wieder rein.
War mir gar nicht klar, dass auf der CD was fehlt – hier die Rückseite der Original Doppel-LP, deren Seite C fehlt (aus der Zeit, als Uehlinger, der sein Label ja wegen/für Joe McPhee gründete, mit CJR Records zusammenarbeitete, dem Label von Craig Johnson, der wiederum ein Freund McPhees war):
Im Willisau Archiv gibt’s zwei kleine Fotos vom Konzert:
Fotos: Andreas Raggenbass
Wie wohl der Ablauf des Sets war? „3D Family“ stand ganz bestimmt nicht am Anfang, das würde mich schon sehr wundern. Die Fonoteca scheint auch keine komplette Version zu haben („Shout Song“ fehlt, von der ersten Band des Abends, dem Horace Silver Quintet, gibt’s nur ein einziges Stück – das war wohl, bevor das Radio stets alles mitschnitt). Die Widmungen liess man auf der CD teils auch weg: „3D Family (for Walter P. Murray)“, „Shout Song (for Cecil Taylor)“ – auch beim fehlenden Stück gab’s eine Widmung: „P-O in Cairo (for James Newton in N.Y.)“.
Auf den früheren CD-Ausgaben fehlt dasselbe Stück, aber die Anordnung war noch anders – bei Discogs kann man Eintrag zur 1989er-CD auch die Liner Notes von Francis Davis für die 1985er LP-Neuauflage lesen, wo er den „reckless approach“ von Murray bezüglich Aufnahmen erwähnt und das „London Concert“ ebenso wie „3D Family“ als Beispiele nennt, bei denen das dauernde Aufnehmen ohne viel Planung sich ausgezahlt hätte: die beiden enthielten, so Davis, „his most inspired playing before Ming„.
Hier noch das Cover der ersten LP-Ausgabe (ich fand diese ersten Hat-Cover nie sehr ansprechend):
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaAch so, nochwas: auf dem Poster (oben) und im Programm vom 1978er Festival steht einmal „David Murray Quartet“ (Liste auf Seite 2), aber auf Seite 3 wird Sunny Murray als Sensationsgast beim David Murray Trio angekündigt – auf den Tag neun Monate später gab’s das Trio unter Sunny Murrays Leitung und mit anderem Bassisten dann in Moers, in Willisau klappte das nicht … und ich bin versucht, „zum Glück“ nachzuschieben.
Quartett hätte geheissen (S. 100 im Programm): Butch Morris, Johnny Dyani und George E. Brown – also die Gruppe vom Konzert in Rouen (Marge/Red). Alles konnte da offensichtlich nicht mehr bereinigt werden, bevor man mit dem riesigen Programm in den Druck ging (aber z.B. Air statt des ausgefallenen Duos [?] von Stanko/Vesala ist überall korrigiert).
Die ganzen Links – und Fotos – finden sich hier:
https://www.willisaujazzarchive.ch/concerts/1978/1136.html
(Neben dem Programmheft gibt es auch ein sehr umfangreiches Presse-Dossier, leider nicht durchsuchbar.)Und in der Fonoteca gibt’s zwei Tapes, das erste nur mit Silver:
https://www.fonoteca.ch/cgi-bin/oecgi3.exe/inet_fnbasedetail?REC_ID=186554.011&LNG_ID=ENG
Und das zweite mit einem letzten Silver-Stück („Song for My Father“, die Zugabe?) und dann drei Vierteln des Murray-Sets:
https://www.fonoteca.ch/cgi-bin/oecgi3.exe/inet_fnbasedetail?REC_ID=186557.011&LNG_ID=ENG--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@vorgarten
aki takase, david murray, blue monk (1991)
dieses duo-album, mit dem ich damals gar nichts anfangen konnte, das friedrich aber hier ausführlich gewürdigt hat, finde ich mittlerweile auch schwer in ordnung. wenn ich allerdings höre, wie sie murrays großartige „ballad for the black man“ interpretieren, bedaure ich ein wenig, warum sie vorher so viele alte kamellen auspacken. am ende ist mir das etwas zu gefällig, glaube ich, man könnte es aber auch freundlich nennen, weil sie schon sehr sensibel miteinander umgehen. aber die schroffheit von takase hat sich 1991 wohl zwischenzeitlich etwas abgemildert, und murray ist mit seinem großen ton sehr zufrieden und muss auch keine standards mehr um jeden preis dekonstruieren. und letztlich ist es eins von 15 (!) alben, an denen murray im jahr 1991 beteiligt war, und da konnte er andere facetten seines spiels eben woanders ausleben.Danke!
Ich versuche ein Netz aus Worten zu knüpfen um die Musik greifen zu können. Aber vieles fällt doch immer wieder durch die Maschen. Ich kenne ja nur wenig von Murray und Takase und nähere mich daher dieser Musik anders als andere. Ob sie etwas gefällig geraten ist, ist da sicher auch eine Frage der Perspektive. In meinen Ohren ist dieses Album eine Dreiecksbeziehung von Takase, Murray und dem, was Du hier „olle Kamellen“ nennst. Und jeder Pol an den 3 Ecken muss einerseits charaktervoll und stark und andererseits unknüpfungsfähig und flexibel genug sein, damit in diesem Dreieck Spannung und Bewegung entstehen kann. Diese alten Standards sind es, dazu können Takase und Murray eine dynamische Beziehung aufbauen. Ballad Of The Blackman ist für mich hier am schwersten zu greifen, ich glaube, weil ich das „Original“ nicht kenne.
Musste anhand dieses Album und des Albums von Takase & Klatt über die Kunst der Cover-Version nachdenken. Wenn die gut ist, gibt es immer auch ein Spannungsverhältnis zwischen Song, Ur-Urheber und Interpret …
zuletzt geändert von friedrich--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)vorgarten
david murray & dave burrell, in concert (1991)
ich springe jetzt ein bisschen in den aufnahmen aus 1991, weil das teresa-brewer-album noch unterwegs ist. und auch, weil ich gerade noch murray & takase im ohr habe. murray & burrell treffen sich nämlich ganz woanders, das wird hier von beginn an klar. free-kaskaden, dann ein pseudosimpler ragtime, ein riesenmurraysolo, bei burrell dann absturz und neu-aufbau. ein toller trip, gleich am anfang. es folgt das seit jeher zerklüftet-abstrakte „hope-scope“, das auch hier verlässlich auseinanderfliegt, dann die überschneidung mit BLUE MONK, „ballad for the black man“. tatsächlich mag ich die version mit takase lieber, weil sie zarter ist. aber hier kommt anschließend ein moment für die ewigkeit, burrells „intuitively“, eine ballade, sehr nah am kitsch gebaut, aber auch von großer melancholie, wie ein kubanisches schlaflied. burrell soliert hier nicht, sondern lässt murray unglaubliches tun, überblasene töne, nah am nicht mehr hörbaren, split sounds, das alles als ekstase über dem kitsch, das ist so wunderbar, dass ich mir allenfalls george adams als ersatzstimme denken könnte, der einen auch über hymnen zum heulen bringen kann. vielleicht mag friedrich das mal zum vergleich antesten?
(…)
insgesamt ist das auch die burrell-show, er hat mehr platz in einem duo, kann mehr facetten der verschroebenheit einbringen, und das sind wirklich viele bei ihm. was für ein freier geist. und wie toll und ernsthaft murray mit den angeboten umgeht…
(…)Das mache ich mal!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)In Moers am 3. Juni 1979 klappte dann das Zusammentreffen der beiden Murrays, Sunny (*1936) und David (*1955). Dazu kommen Malachi Favors (*1927) und Cheick Tidiane Fall (*1946) an Bass bzw. Congas. Vier Stücke von Sunny Murray stehen auf dem Programm – die CD enthält dasselbe wie die LP … waren Moers-Sets so viel kürzer oder hat das Label einfach prinzipiell nie weiteres Material auf Reissues gepackt? Jedenfalls geht das recht verhalten los, was David Murray jedoch nicht hindert, bald einen irren Höhenflug hinzulegen. Die Rhythmusgruppe finde ich im ersten Stück aber geradezu brav. Im zweiten ändert sich das dann, alle schalten einen Gang höher, der Bass grummelt, Murray spielt dichte Beckenwirbel (die in der Tendenz leider den Rest der Rhythmusgruppe etwas zu stark überdecken, vermutlich ein Problem der Balance bei der Aufnahme), haut manchmal an den Trommeln was rein, und das Tenorsax lodert von Beginn weg, haut eine kurze Phrase nach der anderen raus, mit überblasenen Tönen, Multiphonics und dem ganzen Programm. Hintenraus wird das Stück nach einer Drum-Passage ruhiger, Favors kriegt etwas Raum, die Musik atmet in dieser sehr schönen Passage. Ich brauche hier länger, um in die Musik reinzufinden – was vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich Sunny Murray nach seinen Aufnahmen mit Taylor und Ayler irgendwie oft schwer geknackt kriege. David Murray finde aber durchgängig gut hier. Favors kann in „Tree Tops“ zumindest am Anfang auch endlich mal etwas in den Vordergrund treten. Im Closer „Happiness tears“ greift Murray dann nach dem Tenorsax auch noch zur Bassklarinette.
Für meine Ohren – weil @vorgarten gefragt hat, „wie toll die klingen“ – klingt das alles nicht nach einer wirklich guten Aufnahme (ich habe einen Rip der CD, mag sein dass auf dem Weg dorthin was schief ging), das hat keine Räumlichkeit und klingt alles recht flach, nur das Sax ist ziemlich gut eingefangen. Bei den Drums stimmt die Balance nicht und der Bass … ist auch noch da, weit weg/unten. (Recorded by Hans Schlosser oder so ähnlich entnehme ich dem LP-Rückcover – keine Name, der mir etwas saggen würde.)
Das Bandfoto auf der Rückseite der LP ist krass: der älteste von allen sieht fast wie ein Kind aus – also dass die Murrays Vater und Sohn sein könnten, nehm ich dem Foto ab, aber dass Favors nochmal fast 10 Jahre älter als der ältere Murray … niemals! Auf Wiki steht: „‚Favors’s tendency to dissemble about his age was a well-known source of mirth to fellow musicians of his generation‘.[3] Most reference works give his year of birth of 1937, but, following his death, his daughter stated that it was 1927.[4]“ – die deutsche Wiki listet nach wie vor 1937, was das Foto aber auch nicht viel weniger verblüffend macht.
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3. Lewis, George E. (2008). A Power Stronger Than Itself: The AACM and American Experimental Music. University of Chicago Press. p. 488. ISBN 9780226476957.
4. Carlson, Russell (February 4, 2002). „Malachi Favors Dies“. JazzTimes. Retrieved September 11, 2018.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind In Moers am 3. Juni 1979 klappte dann das Zusammentreffen der beiden Murrays, Sunny (*1936) und David (*1955).
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klingt das alles nicht nach einer wirklich guten Aufnahme (ich habe einen Rip der CD, mag sein dass auf dem Weg dorthin was schief ging), das hat keine Räumlichkeit und klingt alles recht flach, nur das Sax ist ziemlich gut eingefangen. Bei den Drums stimmt die Balance nicht und der Bass … ist auch noch da, weit weg/unten. (Recorded by Hans Schlosser oder so ähnlich entnehme ich dem LP-Rückcover – keine Name, der mir etwas saggen würde.)
danke für den soundhinweis, ich mag ja das trockene der moers-aufnahmen sonst ganz gerne, aber ich weiß auch gar nicht, ob das eine gewollte und einheitliche klangästhetik war.
ein zusammentreffen der beiden murrays fand natürlich auch schon 1976 statt, im studio rivbea, das stück mag ich ja sehr:
sunny war wohl einer der ersten musiker, zu denen david in new york kontakt aufnahm, auch wegen der ayler-verbindung.
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Ja, klar zum Rivbea – meine Formulierung bezog sich darauf, dass es 1978 in Willisau nicht geklappt hat (Cyrille spielte dort am Vorabend mit seiner eigenen Band).
Noch ein gestern nicht abgeschickter kleiner Post zum ersten WSQ-Album auf Black Saint:
Der Opener von Steppin‘ with the World Saxophone Quartet (Black Saint, 1979; rec. Dezember 1978) mit Bluiett an der Flöte und Murray an der Bassklarinette, dazwischen zwei freischwebende Alt- bzw. Sopransaxophone (Hemphill und Blythe), zeigt schon auf, was das Quartett an Sounds zu bieten hat. Das Debut entstand 1977 für Moers (hab ich irgendwo auf LP, zusammen mit zwei Elektra-Alben, von denen ich v.a. „Plays Duke Ellington“ [1986] als sehr fein erinnere). Die Black Saint-Box von 2012 habe ich zugegebenermassen auch noch nie komplett durchgehört und hab das auch die Tage nicht vor, aber jetzt läuft einfach mal das eine Album, das gerade griffbereit ist und in die Chronologie passt. Ich finde das in seiner ganzen Vielfalt und Freiheit schon ziemlich toll … aber ich kann schon verstehen, dass man damit nichts anfangen kann.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbavorgarten
schön, wieder fred hopkins zu hören. aber eigentlich ist das ja hier 2/3 von air. und das kraftmeierische insideo/outside-spiel von murray wird ohne druck virtuos swingend unterlegt. klingt ein bisschen frischer, aus anderem geist als die loftigen happenings mit den trios davor.
Das läuft jetzt – und das ist nach Moers wieder ein sehr schön aufgenommenes Trio, Hopkins klingt toll … aber mich packt das irgendwie nicht so recht. Hier ist es wieder wie in Willisau: wenn ich rauszufliegen drohe, höre ich Hopkins (mehr als McCall) zu und finde wieder rein.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbavorgarten
murray live (und für 3 stücke im studio), im fliegenden wechsel zwischen tenorsax und bassklarinette, vor ausflippendem publikum (warum?). der ansatz ist eigentlich immer: ankerpunkte (figuren, themen, manchmal auch harmonien), dazwischen völlige emanzipation, um am ende eine stimmung, einen ton zu treffen, die/der über das material hinausgeht. das ist dann eben auch mal „body & soul“ oder ein monk-stück, und man kann nicht sagen, dass er respektlos damit umgeht (er verfolgt halt zwischendurch andere ideen weiter). insofern ist der loft-spirit noch sehr intakt, das verknüpft sich mit was, was andere „tradition“ nennen.
Nicht schlecht, das Line-Up vom Jazzfestival Nyon (zwischen Lausanne und Genf am Léman) 1980 (Telefonnummern sind übrigens auch in der Schweiz sieben- – bzw. mit den inzwischen abgeschafften „Vorwahl“-Nummern – zehnstellig seitdem ich mich erinnern kann – 1980 war vermutlich kurz vor der Umstellung … gerade kurz gesucht, erste Gemeinden/Kommunen stellten schon ab 1972 auf siebenstellige Nummern um, endgültig landesweit geschah das aber erst in den Neunzigern):
Vor David Murray spielten als die „Musical Monsters“, das erklärt vielleicht, dass das Publikum so aufgeputscht ist? Ich finde diesen Mitschnitt ziemlich gut – schön auch, dass Murray anfangs oft an der Bassklarinette zu hören ist. Traditionspflege? Kann man sicher sagen, schon im „Rag Tag“ und auch anderswo in der Art, wie die Bassklarinette oft Linien und Riffs spielt, die an Stride-Piano-Figuren erinnern. Eine der schönsten Passagen höre ich am Ende von Vol. 1, wenn auf das Bassklarinettenstück „Sweet and Lovely“ die „Flowers for Albert“ folgen, natürlich wieder am Tenorsax. Vol. 2 beginnt dann mit den drei Studio-Tracks, also den zwei Standards und einem seltsamerweise als „Untitled“ deklarierten … hier wäre es ja interessant, die Wege des Albums, der Produktion zu kennen … viel mehr als dass Cecma ein italienisches Label ist, bei dem u.a. auch eine Solo-Aufnahme von Roscoe Mitchell erschienen ist, weiss ich nicht. Ich höre das gerade ziemlich gerne – ist vielleicht gar keine so schlechte Idee, vor dem Oktett nochmal so eine Solo-Pause einzulegen (die Studio-Session fand im August statt, dazwischen wurde bereits „Ming“ aufgenommen).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaKurz wegen Favors, das ist ja ein genealogisch sehr dankbarer Name, 1927 bestätigt sich sofort, interessanterweise kommt die Geburtsurkunde aus Chicago, Lexington Mississippi ist der Geburtsort beider Eltern aber scheinbar nicht wie überall angegeben sein eigener….
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.david murray james newton quintet (1991)
heute reicht die zeit nur für ein album, das ich tatsächlich noch nie gehört habe. sieht auf dem papier gut aus, ich kann es mit dem frühen newton/murray-album immer noch nicht vergleichen, aber hier jedenfalls fliegt ziemlich viel aus- und durcheinander. murray scheint irgendwie schlecht vorbereitet, hat eher sketches als kompositionen dabei, hicks und cyrille füllen auf, die beiden von newton sprechen scheinbar eine andere sprache. murray kompensiert mit schmerzgrenzenstreifenden ausbrüchen in eher gemäßigtem setting, hicks ist rätselhaft zurückhaltend, cyrille hat keinen rechten punch, und billy hart darf nur beim ersten, ruhigen stück ran. ich könnte mir vorstellen, dass andere hier die klangfarben- und dynamikvariationen durchaus schätzen, aber ich rätsel die ganze zeit, wer hier auf der bremse steht. kritik auf hohem niveau, aber ich verstehe beim 1991er-output schon, warum man das zuviel finden kann – würde in diesem jahr nicht auch noch mein absolutes lieblings-murray-album eingespielt…
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Danke fürs Nachgucken @redbeans!
Ich docke hier mal an:
vorgarten
das erste octet-album: rhythm section mit klavier, dazu 5 bläser (tp/co, as/ts, tb). als schrumpfform der big band, mit der er auch schon seit 1978 experimentiert. für jemanden, der zu beginn vor allem im trio aufgenommen hat, fragt man sich: woher kommt die frühe affinität zu größeren besetzungen? da fehlt vielleicht der tapscott-baustein (seine frühen auftritte in diesem kontext sind leider nicht dokumentiert). aber auch ellington ist natürlich eine referenz (das stück „ming“ beruht auf den harmonien von „melancholia“, weiß stanley crouch in den liner notes). ziemlich lush & lavendish, die arrangements hier, 80er-jahre-mainstream weht erstmals durch murrays konzepte, aber gleichzeitig bleiben loft-jazz und andere formen des kollektiven improvisierens präsent. die besetzung ist spannend: lauter leute aus der 2. generation freejazz, die eine ironische spannung zu den neuen traditionalisten gehabt haben dürften (darüber hinaus ein interessanter mix aus kalifornien & chicago). für crouch ist das murrays geheimnis: ein verständnis von tradition, das weder ayler/coltrane, noch die freie musik danach ausklammmert, im handumdrehen aber eben auch ellington, webster, hawkins aufrufen kann, und blues und geräusch genauso wie sauber artikulierte töne. dreh- und angelpunkt hier ist wieder das klavier, das räume füllt, wovon sich murray aber eben nicht eingezwängt zu fühlen scheint.
nebenthema: selbstporträt von ming smith auf dem cover, damals (bis mitte der 80er) mrs ming murray, der gemeinsame sohn heißt mingus.Der Beschreibung kann ich wenig hinzufügen ausser vielleicht, dass ich den Verdacht habe, dass auch die „harte“ freie Improvisation europäischer Machart hier mit rein spielen könnte, also Brötzmann usw.? Dass das Klavier eine zentrale Funktion einnimmt, wird schon im ersten Stück, „Fast Track“, deutlich und ich finde Anthony Davis ziemlich toll, so sehr er auch die meiste Zeit im Hintergrund bleiben muss (und auch vom Mix total ungnädig behandelt wird, selbst in seinem Solo sind Bass und Drums dreimal so laut – eigentlich ist das Klaviersolo nur Staffage für die Rhythmusgruppe, das finde ich schon eine irritierende Entscheidung bzw. einen bedauerlichen Betriebsunfall – aufgenommen hat Frank Filipetti, gemischt gemeinsam mit Murray und Kunle Mwanga, der auch als Co-Produzent mit Murray sowie als „session supervisor“ agierte). Die Gruppe hat die Agilität und Explosivität einer kleine Free-Jazz-Combo, aber dann eben auch die Masse einer kleinen Big Band. Die Voicings im recht konventionellen Arrangement des Openers erinnern mich auch ein wenig an Tadd Dameron (mehr denn an Ellington eigentlich). „The Hill“ hat dann eine Art Mingus-Intro mit langen Tönen, gedämpftem Blech, Arco-Bass von Wilber Morris, alles in leicht gespenstisch wirkenden Akkorden – da könnte jederzeit eine Stimme, die ohne Worte singt auftauchen, doch es ist dann eine Trompete (Olu Dara) oder ein Kornett (Butch Morris), die zu tänzeln beginnt, während die anderen aussetzen und nur noch der Arco-Bass und Klaviertupfer aus dem Jenseits bzw. aus der Isolationskabine ohne Mikrophon rüberblinzeln (hab die Liner Notes auf Discogs gefunden, es ist Butch Morris). Dass daraus eine wilde Nummer mit drängenden, sich übestürzenden Bläsern wird, finde ich fast ein wenig einfallslos … aber wie sich das bis dahin entwickelt, die Bassklarinette sich zum weiterhin gestrichenen Bass gesellt, das Schlagzeug das Akzentuieren vom Klavier übernimmmt (es geistert schon vorher ein wenig herum) … das ist schon toll! Nachdem vier Minuten verstrichen sind, folgt eine kurze Tutti-Passage, und ab da gibt es kein Halten mehr, die Band steigert sich immer mehr und bis kurz vor Schluss wird ein irres Netz aus Linien gewoben, von Steve McCall ziemlich toll begleitet (er gefällt mir hier besser als im Trio) – dann kehr nochmal der ruhige Teil zurück. Auch im Titelstück geht es eher ruhig zu und her, hier schlängelt sich das Altsax von Henry Threadgill durch eher statisches Geschehen, die Posaune von George Lewis und das Klavier halten auch dagegen – und Lewis spielt denn auch ein wunderbares Solo, mit riesigem, singenden Ton. In „Jasvan“ kommt dann das kontrapunktische Element, das Stanley Crouch in den Liner Notes mit Verweis auf „Chasin‘ the Bird“ und „Ah-Leu-Cha“ erwähnt, zum Einsatz. Doch das wirkt nach den zwei Stücken davor auch wieder sehr konventionell. Lewis ist gleich wieder der Solist, Davis dahinter ein paar Male auffällig, während McCall irgendwie eher strutten als swingen will, was einen seltsamen Kontrast zum Klavier und dem Bass von Morris ergibt. Wenn dann Murray übernimmt (sein erstes Solo seit dem Opener!?) fällt das alles besser zusammen. Danach folgen Soli der meisten weiteren Sidemen: singender Morris; Threadgill mit zartbitteren Ton und zunächst zähflüssigen Linien, die immer quecksilbriger werden; Dara mit Dämpfer, sparsam, aber auch ziemlich konventionell; dann auch Davis, Morris und zuletzt Steve McCall. Im Closer gibt es ein etwas richtungsloses Intro und dann einen Übergang in eine Art Dixieland-Parodie mit Olu Dara im Lead, der im Solo tatsächlich das Vibrato, den Glanz und die Phrasierung von Louis Armstrong heraufbeschwört. Threadgill gesellt sich dann zum Duett dazu und übernimmt dann mit einem Solo, das sich nicht mehr um den Faux-Traditionislmus schert, der hier Programm ist – doch Lewis an der Posaune holt ihn quasi wieder zurück, bevor die ganze Band mit einem Riff einsteigt, das von einer der Trompeten à la Wah-Wah (aber ohne Plunger) angeführt wird. Die Rhythmusgruppe ist gegen Ende dann richtig warmgespielt … und weil das alles wirklich gebrochen ist – nicht ironisch denke ich, sondern quasi rein innermusikalisch, durch die Schichtungen der unterschiedlichen Stimmen, die Ideen und Vorstellungen der Mitwirkenden, die mit dem vorgegeben Rahmen sehr frei umspringen – wirkt dieser Closer auch nicht wie ein Bruch sondern fügt sich sehr gut zum moderneren Rest.
Bottom line: warum ich dem Album vor 11 Jahren mal fünf Sterne gab, kann ich wirklich nicht mehr nachvollziehen – vier sind drin, das macht fast immer Spass, aber die Arrangements sind schon eine kleine Schwachstelle. Und der Leader selbst kommt hier auch nicht so richtig zu seinem Recht. Schön, dass er den anderen so viel Raum gibt, aber da fehlt dann halt doch etwas. Und dennoch: diese Gruppe steht allein auf weiter Flur, oder? Bemerkenswert ist das schon!
Und jetzt bin ich schon am Punkt, an dem ich wohl eine Pause brauche – zumindest mal bis Morgen
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba…vorhin diese beiden mal wieder gehört I ist ja komplett live, hier überzeugen mich eigentlich nur die bassclarinetstücke völlig, auf der II sind auf seite a studio einspielungen im first take und auf seite b weitere live stücke vom auftritt in nyon. vol II ist melodiöser und gefällt mir insgesamt wesentlich besser, bei der I haut es halt das clarinet-spiel raus, murray kann also auch schon früh richtig gut solo einspielen….
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!für ming sind ***** zu viel und **** dann doch zu wenig, höre murray’s steps da etwas stärker….
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt! -
Schlagwörter: David Murray, Tenorsax
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