Antwort auf: David Murray

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gypsy-tail-wind
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In Moers am 3. Juni 1979 klappte dann das Zusammentreffen der beiden Murrays, Sunny (*1936) und David (*1955). Dazu kommen Malachi Favors (*1927) und Cheick Tidiane Fall (*1946) an Bass bzw. Congas. Vier Stücke von Sunny Murray stehen auf dem Programm – die CD enthält dasselbe wie die LP … waren Moers-Sets so viel kürzer oder hat das Label einfach prinzipiell nie weiteres Material auf Reissues gepackt? Jedenfalls geht das recht verhalten los, was David Murray jedoch nicht hindert, bald einen irren Höhenflug hinzulegen. Die Rhythmusgruppe finde ich im ersten Stück aber geradezu brav. Im zweiten ändert sich das dann, alle schalten einen Gang höher, der Bass grummelt, Murray spielt dichte Beckenwirbel (die in der Tendenz leider den Rest der Rhythmusgruppe etwas zu stark überdecken, vermutlich ein Problem der Balance bei der Aufnahme), haut manchmal an den Trommeln was rein, und das Tenorsax lodert von Beginn weg, haut eine kurze Phrase nach der anderen raus, mit überblasenen Tönen, Multiphonics und dem ganzen Programm. Hintenraus wird das Stück nach einer Drum-Passage ruhiger, Favors kriegt etwas Raum, die Musik atmet in dieser sehr schönen Passage. Ich brauche hier länger, um in die Musik reinzufinden – was vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich Sunny Murray nach seinen Aufnahmen mit Taylor und Ayler irgendwie oft schwer geknackt kriege. David Murray finde aber durchgängig gut hier. Favors kann in „Tree Tops“ zumindest am Anfang auch endlich mal etwas in den Vordergrund treten. Im Closer „Happiness tears“ greift Murray dann nach dem Tenorsax auch noch zur Bassklarinette.

Für meine Ohren – weil @vorgarten gefragt hat, „wie toll die klingen“ – klingt das alles nicht nach einer wirklich guten Aufnahme (ich habe einen Rip der CD, mag sein dass auf dem Weg dorthin was schief ging), das hat keine Räumlichkeit und klingt alles recht flach, nur das Sax ist ziemlich gut eingefangen. Bei den Drums stimmt die Balance nicht und der Bass … ist auch noch da, weit weg/unten. (Recorded by Hans Schlosser oder so ähnlich entnehme ich dem LP-Rückcover – keine Name, der mir etwas saggen würde.)

Das Bandfoto auf der Rückseite der LP ist krass: der älteste von allen sieht fast wie ein Kind aus – also dass die Murrays Vater und Sohn sein könnten, nehm ich dem Foto ab, aber dass Favors nochmal fast 10 Jahre älter als der ältere Murray … niemals! Auf Wiki steht: „‚Favors’s tendency to dissemble about his age was a well-known source of mirth to fellow musicians of his generation‘.[3] Most reference works give his year of birth of 1937, but, following his death, his daughter stated that it was 1927.[4]“ – die deutsche Wiki listet nach wie vor 1937, was das Foto aber auch nicht viel weniger verblüffend macht.


3. Lewis, George E. (2008). A Power Stronger Than Itself: The AACM and American Experimental Music. University of Chicago Press. p. 488. ISBN 9780226476957.
4. Carlson, Russell (February 4, 2002). „Malachi Favors Dies“. JazzTimes. Retrieved September 11, 2018.

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