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Ich hatte ursprünglich gedacht, dass wir hier eigentlich nicht genug über Ben Webster schreiben würden, was einen eigenen Thread über ihn rechtfertigen würde. Im Tenorgiganten-Thread sind mittlerweile aber so viele posts über ihn, dass ich beschlossen habe, diese in einen eigenen Ben Webster-Thread zu kopieren. Ich hoffe ich habe nichts und niemanden vergessen. Ich gehe davon aus, dass beim Kopieren einige links kaputt gehen. Aber ein bisschen Schwund ist immer.
Der erste Post stammt ursprünglich vom 30. Oktober 2018. Danach ging es in teils sehr unterschiedlich großen Abständen weiter. Los geht’s!
Ben Webster – Soulville (1957)
Elektronikdiscounter, Grabbelkiste, zwischen James Last und Kiss, jede CD nur € 5,00. Zugegriffen.
Ich kenne Ben Webster natürlich aus seiner Zeit bei Ellington, außerdem von den beiden sehr schönen Alben, die er als Co-Leader mit Coleman Hawkins und Gerry Mulligan gemacht hat. Aber Soulville ist mein ersten Album mit ihm als alleinigem Leader und Hauptsolisten.
Ben Webster verpatzt seinen Einsatz beim Titelstück, indem er den ersten Takt versehentlich am Mikrofon vorbeispielt. Um so umwerfender ist dann sein zweiter Takt: Ein Ton auf dem Tenorsax, so warm, elastisch, zärtlich und zupackend zugleich, dass er übers Ohr direkt ins Herz trifft. Oscar Peterson am Piano elegant und Herb Ellis bringt mit seiner leicht verzerrten Gitarre Biss in die Musik. Zwei Originale, ein paar zum Glück noch nicht zu Tode gedudelte Standards, dazu Makin‘ Whoopee, aber selbst das klingt bei Ben Webster charmant. Als Zugabe noch drei Stücke mit Webster am Piano (!).
Lange Zeit nach der Swing-Ära, nach Bebop, mitten im Hardbop und kurz vor Free Jazz war Webster fast schon altes Eisen – könnte man meinen. Irrtum: Er klingt auch 1957 quicklebendig.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Highlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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WerbungWas ist es eigentlich, das mich an dem Saxofonisten Don Byas so anrührt? Wobei: eigentlich geht es nicht unbedingt speziell um Don Byas. Es geht um besondere Eigenschaften in seinem Spiel, die man in ähnlicher Form auch bei anderen Musikern finden kann. Die Namen Ben Webster und Coleman Hawkins ließ ich hier schon fallen.
Also mal wieder die zwei ganzen (Soulville und Meets Oscar Peterson) und zwei halben (Coleman Hawkins Meets … und Gerry Mulligan Meets …) Ben Webster-Alben, die ich habe, hervorgekramt. Zu Soulville hatte ich weiter oben schon mal was geschrieben, was ich auch so stehen lassen möchte. Aber es gibt noch mehr und anderes dazu zu sagen.
Also, es fängt damit an, dass Ben Webster die ersten Töne irgendwo in den Raum bläst, aber nicht ins Mikrofon. Aus dem Hintergrund hallen sie herüber bis Webster seinen Fehler bemerkt und sich zum Mikrofon wendet. Das wirkt schon sehr lässig, eigentlich eher nachlässig. Ben Webster und seine Band nahmen es da offenbar nicht so genau. Vielleicht spielen sie sich da erst warm aber Produzent Norman Granz ließ einfach schon mal das Band laufen? Ein anderer Produzent hätte die Aufnahme da vielleicht abgebrochen und sie wäre Jahrzehnte später auf einer „The Complete Soulville-Sessions“ als „Alternate take 1 / false start“ gelandet. Auf jeden Fall ist es gut, dass das Band weiterläuft, denn das was danach passiert ist sowieso nicht wiederholbar. Ben Webster ist entspannt und lässt sich etwas gehen. Der Mann ist schon zu lange im Geschäft, um sich selbst unter Druck zu setzen. Ben Webster breitet sich mit seinem Saxophon in der Musik aus, so wie er sich wohlfühlt.
Mal flüstert er, mal haucht er bloß, es ist ein Zittern in seiner Stimme, er presst und dehnt die Töne, lässt sie an- und abschwellen, schleift sie manchmal auch nur an der Oberfläche an, eine Pause, dann ein growl, ein scharfer Akzent. Da spürt man Ben Websters Atem, den Druck aus der Lunge, wie das Blatt im Mundstück vibriert und die Luft durch das Saxophon strömt. Eine Dramaturgie in jedem einzelnen Ton. Wie eine Berührung, zuerst nur eine zaghafte Annäherung, ein zärtliches Streicheln, ein Kribbeln auf der Haut, dann ein etwas kräftigeres Drücken und auch mal ein beherztes Zupacken. Manchmal spürt man sogar die Fingernägel. Loslassen. Zärtlichkeit und Biss, manchmal zugleich.
Das klingt organisch, wirkt intim und sinnlich. Man kann das auch melodramatisch und sogar kitschig finden. Vielleicht ist das eine Ästhetik, die mit dem Bebop, Hard Bop, Cool usw. aus der Mode kam, als altbacken abgetan wurde und irgendwo im Regal verstaubte. Vielleicht konnte man das 1957, als Soulville erschien, aus der Distanz schon wieder anders wertschätzen. Aus heutiger Sicht sowieso.
Ach ja, Oscar Peterson und seine Band agieren sehr schön understated unterstützend mit gelegentlichen Soli. Und dann ist da noch die manchmal völlig übersteuerte E-Gitarre von Herb Ellis, die dadurch einen bissigen Klang kriegt und bei der ein anderer Produzent wohl auch schon längst den Stecker gezogen hätte. Aber die passt bestens in diese gelassene spontane Dramaturgie.
Alternate Takes scheint es gar nicht zu geben. Irgendwie logisch. Als Draufgabe enthält die CD-Re-Issue stattdessen drei Stücke von Ben Webster am Klavier.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)thelonicaDer Sound aus seinem Saxophon ist sicher einzigartig, gut beschrieben oben. So ganz kam das aber nicht aus der Mode. Charlie Rouse wurde von ihm beeinflusst, auch wenn das nicht sofort offensichtlich ist. Jimmy Heath schätzte ihn auch sehr. Bei Archie Shepp kann ich das nicht genau sagen, lässt sich aber sicherlich was finden. Vielleicht auch noch ein einige mehr, wenn man auf der ganzen Welt sucht.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)thelonicaDer Sound aus seinem Saxophon ist sicher einzigartig, gut beschrieben oben. So ganz kam das aber nicht aus der Mode. Charlie Rouse wurde von ihm beeinflusst, auch wenn das nicht sofort offensichtlich ist. Jimmy Heath schätzte ihn auch sehr. Bei Archie Shepp kann ich das nicht genau sagen, lässt sich aber sicherlich was finden. Vielleicht auch noch ein einige mehr, wenn man auf der ganzen Welt sucht.
.Schönes Foto von Dexter Gordon und Ben Webster! Dem „Carlsberg“-Bier nach zu urteilen in Dänemark aufgenommen, wo alle beide eine Weile als Expats lebten.
Nein, so ganz und gar geht so ein Stil selten verloren. Die jeweils nachfolgende Generation oder die danach ist ja damit aufgewachsen und ein bisschen was bleibt immer kleben. Oder sie versucht bewusst, etwas anderes zu machen. Ist ja auch eine Form der Verarbeitung. Und am Ende bekennen die größten Avantgardisten, dass ihre ganz großen Vorbilder Louis Armstrong oder Coleman Hawkins sind. Früher oder später wird alles wiederentdeckt und hervorgekramt. Ich erwähnte wiederholt: James Carter bezieht sich ausdrücklich auf Don Byas. Als der starb, war James Carter noch ein Baby.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Weinkenner haben ein Vokabular, mit dem sie den komplexen Geschmack und das Aroma eines Weins beschreiben. Da geht es um die Blume, den Körper und den Abgang und Begriffe, die das fein differenzieren und den Wein in seiner Gesamtheit charakterisieren. Bei Parfum spricht man von Kopf-, Herz- und Basisnote, aus denen sich ein Duft zusammensetzt. Diese Noten überlagern sich teilweise und entfalten sich in unterschiedlicher Intensität zeitversetzt nacheinander und bilden so den Charakter des Parfums.
Wenn ich in den letzten Wochen Don Byas und Ben Webster gehört habe, fiel mir auf, wie unterschiedlich diese beiden Tenorsaxofonisten ihren individuellen Klang aufbauen und wie mich das berührt.
Ben Webster kann auf dem Saxophon zwar eigentlich keinen Akkord spielen. Aber er kann mehrere Töne oder Klänge parallel oder geschichtet spielen und kombinieren. Das reicht vom bloßen Hauchen, bei dem man nur seinen durch das Horn verstärkten Atem hört, über ein Flüstern und einem kraftvollem klaren Ton bis zu einem rauen growl. Manchmal hat man den Eindruck, dass er das teilweise sogar gleichzeitig macht.
Wie ein Maler mehrere Schichten Farbe aufträgt, teils durchscheinend, teils deckend, so dass diese Schichten in unterschiedlicher Intensität zum Vorschein kommen. Man sieht den Pinselduktus, spürt wie die Hand das Motiv mit dem Pinsel auf der Leinwand nachempfunden hat, meint die Haut, die der Maler gemalt hat, zu spüren oder das dargestellte Laub rascheln zu hören und zu riechen.
Webster schichtet diese Klänge natürlich nicht nur übereinander, er reiht sie auch in der Zeit aneinander und erzeugt dadurch Spannung in der Vertikalen wie in der Horizontalen. Intensität, Spannung und Entspannung, Verzögerung, Verdichtung. Wie bei einem Wein oder einem Parfum, aber viel konzentrierter und unmittelbarer. Das findet innerhalb einer einzigen Note oder von einer Note auf die andere statt. Und zwischen den Noten.
Das hat etwas fast unmittelbar körperliches, ist untrennbar mit dem Menschen Ben Webster verbunden und nicht kopierbar. Wahrscheinlich nicht mal von ihm selbst kopierbar, da es auch unmittelbar mit der Situation verbunden ist, in der es entsteht. Sehr emotional, da wird es auch mal sentimental oder umgekehrt herb und rau. Da wird alles voll ausgekostet.
Ben Webster habe ich hier mal exemplarisch genommen, weil er über eine sehr breite Palette an Ausdrucksmöglichkeiten verfügt, die sich vor meinen Ohren schön auffächert. Don Byas hat eine andere Palette, Coleman Hawkins muss ich erst nochmal nachhören. Wenn wir Alt-Saxofonisten wie Johnny Hodges oder Paul Desmond betrachten, kommt noch mal was anderes dazu.
Ben Webster von seiner zarten Seite:
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)vorgartenschön beschrieben. ist gibt aber auch ganz furchtbares vokabular für wein, „trinkig“ zum beispiel.
es beeindruckt mich jedenfalls sehr, wenn sich ein musiker auf seinem instrument einen ganz eigenen, identifizierbaren ton erarbeitet. (gilt für musikerinnen auf ihrem instrument natürlich auch.)--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)vorgarten
clasjazDas unangenehme „trinkig“ habe ich noch nie gehört, ist das eine Verballhornung von „trink icke“, zu später Stunde?
nein, als adjektiv verwendet, meint einfach nur „gut zu trinken“, quasi das frühere „süffig“.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich Ben Webster kann auf dem Saxophon zwar eigentlich keinen Akkord spielen. Aber er kann mehrere Töne oder Klänge parallel oder geschichtet spielen und kombinieren. Das reicht vom bloßen Hauchen, bei dem man nur seinen durch das Horn verstärkten Atem hört, über ein Flüstern und einem kraftvollem klaren Ton bis zu einem rauen growl. Manchmal hat man den Eindruck, dass er das teilweise sogar gleichzeitig macht. Wie ein Maler mehrere Schichten Farbe aufträgt, teils durchscheinend, teils deckend, so dass diese Schichten in unterschiedlicher Intensität zum Vorschein kommen.
Das ist in der Tat ein wahrnehmungspsychologisches Rätsel, das ich mit Deinen Worten ganz gut beschrieben finde, danke. Und es betrifft ja vor allem die Instrumente, die nicht zuvörderst Harmonieinstrumente sind. Mir ist das oft, je nach Interpretin und Interpret, bei Bachs Soloviolinwerken aufgefallen. In der Chaconne der zweiten Partita ist Joseph Szigeti, neben anderen, fast irre: Ich frage mich, ob da – vor allem wie, es ist doch nur Szigeti allein – jetzt zwei Geiger spielen. De facto spielt er alles nacheinander, in den Ohren kommt es zugleich an. Ich verstehe das nicht, bin aber froh, dass es so ist. Auch bei Webster! Und, wenn auch nicht wirklich „krass“, bei George Adams.
(Bei den Malern ist es aber etwas anders, das räumliche Drunter und Drüber, die Palimpsestwünsche dessen, der etwas tut, ist nicht ganz analog zum zeitlichen Nebeneinander dessen, der etwas aufführt, interpretiert. Mal ganz abgesehen von dem verschiedenen Material. Die Stilblüte des „Mal“ nehme ich gerne in Kauf. Andererseits, für die Maler selbst vielleicht schon. Das vermag ich nicht zu beurteilen.)
@vorgarten Das unangenehme „trinkig“ habe ich noch nie gehört, ist das eine Verballhornung von „trink icke“, zu später Stunde?--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)clasjazDas ist in der Tat ein wahrnehmungspsychologisches Rätsel, das ich mit Deinen Worten ganz gut beschrieben finde, danke. Und es betrifft ja vor allem die Instrumente, die nicht zuvörderst Harmonieinstrumente sind. Mir ist das oft, je nach Interpretin und Interpret, bei Bachs Soloviolinwerken aufgefallen. In der Chaconne der zweiten Partita ist Joseph Szigeti, neben anderen, fast irre: Ich frage mich, ob da – vor allem wie, es ist doch nur Szigeti allein – jetzt zwei Geiger spielen. De facto spielt er alles nacheinander, in den Ohren kommt es zugleich an. Ich verstehe das nicht, bin aber froh, dass es so ist. Auch bei Webster! Und, wenn auch nicht wirklich „krass“, bei George Adams.
(Bei den Malern ist es aber etwas anders, das räumliche Drunter und Drüber, die Palimpsestwünsche dessen, der etwas tut, ist nicht ganz analog zum zeitlichen Nebeneinander dessen, der etwas aufführt, interpretiert. Mal ganz abgesehen von dem verschiedenen Material. Die Stilblüte des „Mal“ nehme ich gerne in Kauf. Andererseits, für die Maler selbst vielleicht schon. Das vermag ich nicht zu beurteilen.)
vorgarten Das unangenehme „trinkig“ habe ich noch nie gehört, ist das eine Verballhornung von „trink icke“, zu später Stunde?
Danke, clasjaz!
Der Vergleich mit dem Wein und dem Parfum ist natürlich unscharf, ebenso der mit der Malerei. Das sind jeweils ganz andere „Medien“, die wir ja auch mit unterschiedliche Sinnen wahrnehmen. Aber man kann vielleicht Parallelen ausmachen, oder von dem einen auf das andere verweisen.
George Adams kenne ich leider nicht und ebensowenig kenne ich Bachs Soloviolinwerke. Ich weiß nicht, was für Freiheiten ein Interpret in der klassischen Musik hat. Aber da gibt es ja auch einige hochverehrte Solisten. Sie spielen vom Notentext her alle das gleiche, aber einige scheinen doch eine sehr individuelle und komplexe Stimme entwickelt zu haben.
„Süffig“ (oder meinetwegen „trinkig“) fassen eigentlich einen ganzen Komplex von Eigenschaften zusammen. Ein süffiger Wein hat viele verschiedene Eigenschaften und einige davon machen ihn in der Summe eben „süffig“.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)gypsy-tail-wind
friedrich
Diese – nennen wir es mal so – Komplexität das Klangs fällt mir vor allem bei Bläsern aus der Swing-Ära auf. Webster, Hawkins, Byas, Hodges. In anderem Zusammenhang wurden hier mal die Trompeter Charlie Shavers und Harry „Sweets“ Edison erwähnt. Wobei „Swing“ als Stilbegriff nicht richtig treffend ist, es geht mehr um eine Ära als um Swing in Form von z.B. Tanzmusik. So richtig blühen diese Musiker eigentlich bei Balladen auf, wo sie Zeit und Raum haben, ihre Palette einzusetzen. Ich vermute, dass diese Art zu spielen mit dem Bebop tatsächlich aus der Mode kam.Weinvokabular ekelt mich sofort aus der Runde … die obige These hab ich hier vor Jahren auch schon mal zur Diskussion gestellt … und erinnere mich dunkel, dass damals nur Gegenwind kam – was mich wiederum zum Nachdenken brachte. Ohne dass daraus etwas geworden wäre
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)gypsy-tail-wind
friedrich
Diese – nennen wir es mal so – Komplexität das Klangs fällt mir vor allem bei Bläsern aus der Swing-Ära auf. Webster, Hawkins, Byas, Hodges. In anderem Zusammenhang wurden hier mal die Trompeter Charlie Shavers und Harry „Sweets“ Edison erwähnt. Wobei „Swing“ als Stilbegriff nicht richtig treffend ist, es geht mehr um eine Ära als um Swing in Form von z.B. Tanzmusik. So richtig blühen diese Musiker eigentlich bei Balladen auf, wo sie Zeit und Raum haben, ihre Palette einzusetzen. Ich vermute, dass diese Art zu spielen mit dem Bebop tatsächlich aus der Mode kam.Weinvokabular ekelt mich sofort aus der Runde … die obige These hab ich hier vor Jahren auch schon mal zur Diskussion gestellt … und erinnere mich dunkel, dass damals nur Gegenwind kam – was mich wiederum zum Nachdenken brachte. Ohne dass daraus etwas geworden wäre
Also, entweder war ich damals noch nicht in diesem Forum oder ich habe Deinen Post übersehen oder ich war damals noch nicht für die Sinnlichkeit des Klanges von Ben Webster und anderen Giganten der Swing-Ära sensiblisiert. Wahrscheinlich aber alles von dem. Im nachhinein kann ich Deine These nur unterstützen! Das ist so! Es gab prä-Bebop offenbar eine klangliche Ästhetik, die später zum großen Teil verloren ging. Eine vielschichtige Sinnlichkeit der Stimme.
soulpopeEindrücke von einem guten Glas Wein sind womöglich ebenso schwer zu beschreiben wie jene von Musik ….
Klar, aber es lohnt sich!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)thelonicaEs gibt im Netz ein sehr gutes Interview mit Ben Webster, da findet man einiges zu seiner Entwicklung, wen er getroffen hatte (Budd Johnson, Willis Handy Young, Clyde Hart, Hilton Jefferson, Russell Procope, Mary Lou Williams usw.). Mit welchen Saxophonisten er sich in New York ausgetauscht hatte (u.a. Don Byas). New York war ihm beim ersten Besuch viel zu schnell, weil er noch nicht ganz so bereit war. Ansonsten gibt es auch beim späteren Ben Webster einiges zu entdecken („Soulmates“ auf Riverside), oder die Gruppen mit Kenny Drew mit relativ jungen Sidemen. Die Tracks auf „Soulmates“ zeigen, dass er mit Joe Zawinul, Philly Joe Jones und Thad Jones ebenfalls interessante Musik entstehen lassen konnte. Bill Evans hat dazu sogar Liner notes geschrieben.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)gypsy-tail-wind
friedrich
gypsy-tail-wind
friedrich
Diese – nennen wir es mal so – Komplexität das Klangs fällt mir vor allem bei Bläsern aus der Swing-Ära auf. Webster, Hawkins, Byas, Hodges. In anderem Zusammenhang wurden hier mal die Trompeter Charlie Shavers und Harry „Sweets“ Edison erwähnt. Wobei „Swing“ als Stilbegriff nicht richtig treffend ist, es geht mehr um eine Ära als um Swing in Form von z.B. Tanzmusik. So richtig blühen diese Musiker eigentlich bei Balladen auf, wo sie Zeit und Raum haben, ihre Palette einzusetzen. Ich vermute, dass diese Art zu spielen mit dem Bebop tatsächlich aus der Mode kam.Weinvokabular ekelt mich sofort aus der Runde … die obige These hab ich hier vor Jahren auch schon mal zur Diskussion gestellt … und erinnere mich dunkel, dass damals nur Gegenwind kam – was mich wiederum zum Nachdenken brachte. Ohne dass daraus etwas geworden wäre
Also, entweder war ich damals noch nicht in diesem Forum oder ich habe Deinen Post übersehen oder ich war damals noch nicht für die Sinnlichkeit des Klanges von Ben Webster und anderen Giganten der Swing-Ära sensiblisiert. Wahrscheinlich aber alles von dem. Im nachhinein kann ich Deine These nur unterstützen! Das ist so! Es gab prä-Bebop offenbar eine klangliche Ästhetik, die später zum großen Teil verloren ging. Eine vielschichtige Sinnlichkeit der Stimme.
Du bist schon länger hier im Forum als ich – aber ja, ich hab das wirklich mal ganz ähnlich formuliert
(Wein vertrag ich seit meiner inzwischen bald ein Jahr zurück liegenden Corona-Erkrankung weiterhin nicht, da ist bis auf weiteres jegliche Liebesmüh eine Direktinvestition in höllischen Kater. Ein, zwei Bier geht, aber mehr auch nicht. Ausser bei Kölsch, da gingen vier, fünf )--
„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)@thelonicaEs gibt im Netz ein sehr gutes Interview mit Ben Webster, da findet man einiges zu seiner Entwicklung, wen er getroffen hatte (Budd Johnson, Willis Handy Young, Clyde Hart, Hilton Jefferson, Russell Procope, Mary Lou Williams usw.). Mit welchen Saxophonisten er sich in New York ausgetauscht hatte (u.a. Don Byas). New York war ihm beim ersten Besuch viel zu schnell, weil er noch nicht ganz so bereit war. Ansonsten gibt es auch beim späteren Ben Webster einiges zu entdecken („Soulmates“ auf Riverside), oder die Gruppen mit Kenny Drew mit relativ jungen Sidemen. Die Tracks auf „Soulmates“ zeigen, dass er mit Joe Zawinul, Philly Joe Jones und Thad Jones ebenfalls interessante Musik entstehen lassen konnte. Bill Evans hat dazu sogar Liner notes geschrieben.
Kannst Du sagen, wo man das findet?
Allein schon von der Kopfbedeckung her passen diese beiden Burschen gut zusammen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)thelonicaDas Interview machte Les Tomkins mit ihm, ist leicht zu finden. Falls Du am Wochenende Zeit hast, schau dir aber den Film an. Darin wird die Geschichte auch erzählt und mehr, man sieht ihn später noch in Europa. „Big Ben“ die andere Doku ist auch auf YouTube, lief aber auch vor vielen Jahren auf NDR.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme) -
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