100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

Startseite Foren Über Bands, Solokünstler und Genres Eine Frage des Stils Blue Note – das Jazzforum 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

Ansicht von 15 Beiträgen - 46 bis 60 (von insgesamt 83)
  • Autor
    Beiträge
  • #12478529  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    QUIET KENNY 

    Das sind doch eigentlich die Quartett-Aufnahmen mit Trompete schlechthin, „Naturally“ von Nat Adderley ist ähnlich gut (allerdings 2 verschiedene Rhythmusgruppen). (Gene Shaw auf Argo fällt mir noch ein.) Prestige ja, aber auch New Jazz. Die Cymbals von Art Taylor! Paul Chambers war auch ziemlich auf der Höhe seines Könnens (eigentlich lange Zeit). Chambers wechselte irgendwann später zu anderen Saiten aus Stahl (?), spielte sowieso unverstärkt, hier war alles noch wie bisher. Andere Alben von Dorham haben einen anderen Drive (Blue Spring, Jazz Contrasts), allerdings andere Besetzungen, andere Themen, anderes Label (Riverside). Bei „Alone Together“ kam man sich den Part von einer Harfe fast mitdenken (und sowas gibt es ja auch auf „Jazz Contrasts“).

    --

    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #12478533  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,509

    redbeansandrice .… erstmal find ich Dorham hat einen Ton, der wahnsinnig gut neben ein Saxophon passt …. ich mag hinter ihm tatsächlich Pianisten wie Duke Jordan oder Kenny Drew am liebsten… sicher lieber als Herbie Hancock oder McCoy Tynerm aber wahrscheinlich auch lieber als Flannagan, die mir eine Spur zu neutral ist ….

    Das selten(er) erwähnte „Our Thing“ bietet mit Andrew Hill einen Pianisten voller „Ecken und Kanten“ auf, bei welchem sich der späte Kenny Dorham aus seiner „Komfortzone“ bewegen muss …. und dies auch trefflich absolviert ….

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12478535  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    dass marcus miller die gesamte produktion von TUTU übernommen hat, war wohl eine idee von tommy li puma gewesen – nachdem es mit george dukes arrangement des ersten stücks auf der zweiten seite quasi ein vorbild gab, dass den gesamtsound bestimmen sollte (und zu dem das prince-stück, „can I play with u“, dann nicht mehr gepasst hat – das klingt tatsächlich auch fast altmodischer heute). miles hat einfach drauflos gespielt, sobald er inspiriert war.

    ich habe TUTU damals ein paar jahre später gekauft, es war um 1989/90 immer noch sehr stilbildend und präsent. angeblich auch nach KIND OF BLUE sein kommerziell erfolgreichstes. aber heute höre ich es nicht unbedingt oft oder gerne, ich kann @friedrich ganz gut verstehen – man würde sich vielleicht eher was anderes wünschen.

    ich mag übrigens die kleinen diskussionen und spekulationen hier in diesem thread. danke euch dafür.

    --

    #12478543  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,160

    Ich fand TUTU eben beim Hören gar nicht so übel, wünsche mir aber, man wäre mit diesem synthetischen 80er Hip Hop / Dance-Pop-Sound noch weiter gegangen. Für mich liegt das irgendwie sogar auf der Hand, denn in meinen Ohren hat sich Marcus Miller sowieso in diese Richtung orientiert. Eigentlich ein guter Ansatz. ;-)

    In meinem geistigen Ohr höre ich Miles über fette beats von Rick Rubin à la LL Cool J oder Run DMC spielen. Da hätte man dann auch den Klang der Straße und etwas aufgewirbelten Staub. Und wenn Trevor Horn die Stimme von Grace Jones in Slave To The Rhythm eingebaut hat – obwohl das Stück ursprünglich für Frankie Goes To Hollywood vorgesehen war – hätte er was ähnliches auch mit Miles machen können.

    Edit: Doch, @gypsy-tail-wind, Du kennst Trevor Horn, Du weißt es bloß nicht. The man who invented the 80s – wie manche behaupten – produzierte Malcolm McLaren, Frankie Goes To Hollywood, Grace Jones, Pet Shop Boys, Yes(!) und und und … Berührungsängste hatte er jedenfalls offenbar nicht.

    --

    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #12478545  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    thelonicaQUIET KENNY
    Das sind doch eigentlich die Quartett-Aufnahmen mit Trompete schlechthin, „Naturally“ von Nat Adderley ist ähnlich gut (allerdings 2 verschiedene Rhythmusgruppen). (Gene Shaw auf Argo fällt mir noch ein.) Prestige ja, aber auch New Jazz. Die Cymbals von Art Taylor! Paul Chambers war auch ziemlich auf der Höhe seines Könnens (eigentlich lange Zeit). Chambers wechselte irgendwann später zu anderen Saiten aus Stahl (?), spielte sowieso unverstärkt, hier war alles noch wie bisher. Andere Alben von Dorham haben einen anderen Drive (Blue Spring, Jazz Contrasts), allerdings andere Besetzungen, andere Themen, anderes Label (Riverside). Bei „Alone Together“ kam man sich den Part von einer Harfe fast mitdenken (und sowas gibt es ja auch auf „Jazz Contrasts“).

    Gene Shaw auf Argo wäre schön gewesen, aber das sind grössere Bands… Wilbur Harden mit Tommy Flannagan auf Savoy ist super, die eine Miles Davis Blue Note Session, Candy von Lee Morgan… @soulpope, dass meine Theorie mit den Bebop-Pianisten gerade bei einem meiner Lieblingsalben, Our Thing, nicht aufgeht, war mir beim Schreiben auch schon aufgefallen… muss ich unbedingt mal wieder hören

    --

    .
    #12478625  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,509

    vorgarten99 THE CLOWN mingus, knepper, hadi, legge, richmond, shepherd,ertegun, hiller/dowd (15.2./12.3.1957) worauf das zuläuft, ist das elend des unterhaltungskünstlers, dem die welt schal wird, und der weiß, das am ende nicht das wertgeschätzt wird, woran er gearbeitet hat. da kann man kurzschlüsse ziehen, doch auf dem cover steht, dass diese geschichte so improvisiert ist wie die musik drum herum. beides spielt mit der passiven aggressivität, die diesem bass ohnehin immer eigen ist, der nie ausschwingen darf, sondern immer nur stiche setzt, ungeduldig, immer vor dem beat. eine band im workshop, so klingen sie auch, körper im nutzraum und nicht auf teppichen, (so einen altsaxsound gibt es ein paar jahre später schon nicht mehr,) mit schroffen vorgaben, aus denen heraus sie sich wieder in etwas vertrautes hineinarbeiten müssen. aus dem kampfsong wird die jahrhundertealte klage. aus den klangforschungen die liedform. irgendwo, auf dem weg, bleibt der punk am türbogen kleben und lässt sich seufzend wieder in die arena ziehen. und stemmt seine nummer.

    Ein Kampfsong „selbsternannter Clowns“ ….

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12478691  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,342

    friedrich
    Edit: Doch, @gypsy-tail-wind, Du kennst Trevor Horn, Du weißt es bloß nicht. The man who invented the 80s – wie manche behaupten – produzierte Malcolm McLaren, Frankie Goes To Hollywood, Grace Jones, Pet Shop Boys, Yes(!) und und und … Berührungsängste hatte er jedenfalls offenbar nicht.

    Kenne ich alles nicht bzw. höchstens sehr oberflächlich und hab’s überhaupt nicht gemocht (Pet Shop Boys … „Very“ war das fürchterliche Album – zugegeben mit tollem Cover – dem ich zu meinem damaligen Leidwesen nicht entgehen konnte). Glaub das allermeiste davon ginge auch heute nicht an mich, die Achtziger waren immer meine musikalische Angst-und-Schrecken-Dekade. Und so ab 1991/92 hörte ich dann eh fast nur Jazz.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12478719  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,160

    gypsy-tail-windKenne ich alles nicht bzw. höchstens sehr oberflächlich und hab’s überhaupt nicht gemocht (Pet Shop Boys … „Very“ war das fürchterliche Album – zugegeben mit tollem Cover – dem ich zu meinem damaligen Leidwesen nicht entgehen konnte). Glaub das allermeiste davon ginge auch heute nicht an mich, die Achtziger waren immer meine musikalische Angst-und-Schrecken-Dekade. Und so ab 1991/92 hörte ich dann eh fast nur Jazz.

    Muss man auch nicht kennen und mögen. Ich kam bloß wegen der sehr zeittypischen 80er Produktion von TUTU darauf. Etwas weiter oben in der Liste kommt ein Album aus den 90ern, das damals zeittypische Sounds aufgreift. Ich bin gespannt!

    zuletzt geändert von friedrich

    --

    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #12478731  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    gypsy-tail-wind Und so ab 1991/92 hörte ich dann eh fast nur Jazz.

    sehr verständlich.

    --

    #12478859  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    redbeansandrice

    thelonicaQUIET KENNY Das sind doch eigentlich die Quartett-Aufnahmen mit Trompete schlechthin, „Naturally“ von Nat Adderley ist ähnlich gut (allerdings 2 verschiedene Rhythmusgruppen). (Gene Shaw auf Argo fällt mir noch ein.) Prestige ja, aber auch New Jazz. Die Cymbals von Art Taylor! Paul Chambers war auch ziemlich auf der Höhe seines Könnens (eigentlich lange Zeit). Chambers wechselte irgendwann später zu anderen Saiten aus Stahl (?), spielte sowieso unverstärkt, hier war alles noch wie bisher. Andere Alben von Dorham haben einen anderen Drive (Blue Spring, Jazz Contrasts), allerdings andere Besetzungen, andere Themen, anderes Label (Riverside). Bei „Alone Together“ kann man sich den Part von einer Harfe fast mitdenken (und sowas gibt es ja auch auf „Jazz Contrasts“).

    Gene Shaw auf Argo wäre schön gewesen, aber das sind grössere Bands… Wilbur Harden mit Tommy Flannagan auf Savoy ist super, die eine Miles Davis Blue Note Session, Candy von Lee Morgan…

    „Blue’s Moods“ von Blue Mitchell, „Everything’s Mellow“ von Clark Terry, sowie „Swingin‘ On The Town“ von Roy Eldridge sind alle gelungen und weitere Empfehlungen. Und Roy und Art Tatum!

    --

    #12483999  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    94

    „MU“, FIRST PART

    cherry, blackwell, delcloo/georgakarakos/young, valencien (22.8.1969)

    schöne wahl für solch eine liste – cherry da ins spiel bringen, wo er wirklich auf dem eigenen trip ist. und man kann das auch gut herleiten, das halbe ornette-quartett in weiterentwicklung, ohne den superstar und ohne harmonische grundierung durch den bass, nur ideen, multiinstrumental eingeworfen, inmitten polyrhthmischer grooves, die mal reagieren, mal verdichten, sich mal emanzipieren und zu sehr originellen mustern finden. ich mag nicht lautmalerisch werden, die klarheit mit reisemetaphern und weltmusik-thesen zustellen, auch wenn die bambusflöte den marokko-trip verrät. da wird kein patchwork zusammengesetzt oder im luftleeren raum erfunden, sondern aus durchgearbeiteten traditionen gestartet, nur nicht mehr, wie bei ornette, aus dem blues. (obwohl.) wie sich das aber dann entwickelt, wie der flow, verabredet, mit ankern aus kürzelthemen, live erprobt, sich hier ereignet, ist spektakulär. wie gut sie sich zuhören. wie immer der eine den atem anhält, wenn der andere high wird. zweimal unterstützt cherry einfach den groove, den blackwell gerade erfunden hat. oft genug fällt blackwell zu dem, was cherry behauptet, noch eine frage ein. 38 minuten superschnelles reagieren, ein gespräch in bewegung. sehr schön, so etwas zum ersten mal zu hören.

    INTERSTELLAR SPACE ist jemandem dazu eingefallen. das gab es zwar damals schon, war aber noch nicht auf dem markt. vielleicht hat coltrane dafür gesorgt, dass cherry ein pivates tape vorab bekommt. und das hier kam auf den markt, mutmaßlich, ohne die urheber zu bezahlen. einer von beiden wird noch nicht mal auf dem cover sichtbar gemacht – da hat man wenig verstanden von dem, was man da verkauft.

    --

    #12484139  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,342

    Danke, um das Album kreise ich irgendwie noch immer … hörte es noch nicht oft und kriegte es eher spät in die Finger. Jedenfalls schön, geht es hier weiter!

    Für die unnetten Geschäftspraktiken von BYG (die, so scheint es, allseits bekannt waren), gibt es ja Noah Howard als Quelle. Hatte ich neulich schon irgendwo verlinkt oder zitiert, aber wenn es hier grad wieder explizit Thema ist, gerne nochmal:

    Noah Howard
    September 2010

    Read the unedited transcript of Phil Freeman’s interview with free jazz saxophonist Noah Howard who died 3 September, 2010. An article based on this interview appeared in The Wire 263, January 2006

    […]

    What about when you went to Paris in 1969-1970? You worked with a few other people then.

    Everybody had emigrated to Paris. I used quite a few French musicians also. But being away from home, everybody sort of bonded together. When they were in the studios, they all worked with people that they knew. Whereas I went off into a real strange thing, because when I got there there was Kenny Clarke and Art Taylor, who had been longtime residents. They had been there almost ten years before I arrived. The first person I got together with was Art Taylor. I called him for a session, because we used to all hang out together. So I said, ‚Look, I got this session tomorrow morning. You wanna hit it? We’ll go in, we’ll rehearse for five hours, then we’ll tell ‚em to turn on the machines and we’ll do it.‘ I wrote the music out, and we just did it. That was the Uhura thing that just came out on Verve. It’s got Frank’s name, but that’s my session. I did two sessions, Uhura and Space Dimension. I wrote all the songs. I also did One For John with Frank, with me, Frank, Bobby and Muhammad. Then in one of my crazy moments, I did Black Gipsy with Shepp. Beautiful, mad, mad session. It was really great, it was fun. The violin and the poets – Julio Finn and these guys from Chicago. Great stuff.

    Why didn’t you record for BYG as a leader yourself? Was it because you could see that they were crooked?

    That was the problem. I brought Frank, Bobby and Muhammad to Europe. We were supposed to do, there was supposed to be a Paris jazz festival. But the kids were rioting in the streets. So the governmental authorities moved the thing to the Belgian/French border, to a little village called Amougies – a farm, really, like Woodstock. Thirty thousand people, I’ll never forget that. But the problem was, BYG – I negotiated with them that we’d come in, play the festival and do two record deals, one for me and one for Frank. So they did the Frank thing first, and they didn’t pay him.

    […]

    https://www.thewire.co.uk/in-writing/interviews/p=12096

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12484259  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    danke, das gehört unbedingt hierher. im paris-kapitel des aacm-buchs von george lewis ist dann aber auch die habenseite zu lesen: man konnte offenbar jederzeit ins saravah-studio und irgendwas aufnehmen. insofern gut, dass cherry & blackwell einfach zwischendurch mal zwei ihrer trips dokumentiert haben (MU PART TWO vom gleichen aufnahmetag muss ich dann natürlich auch irgendwann mal hören).

    --

    #12484817  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    93

    FREE FALL
    giuffre, bley, swallow, macero, plaut (9.7./10.8./1.11.1962)

    aus dem aussortiert-stapel gezogen, ewig nicht mehr gehört, wollte ich vielleicht nie mehr hören. anders als die beiden vorgänger-alben FUSION und THESIS, die mit carla-bley-material und verschrobenen standarinterpretationen ankerpunkte zwischen das setzten, was man heute quasi als geburtsstunde der freien improvisation klassifiziert. die kamen sinnvollerweise nochmal bei ECM raus, nachdem sie creed taylor für verve lustlos aber ohne einmischung 1961 exekutiert hatte, um den drei-alben-vertrag mit giuffre zu erfüllen. hier wird das spektakulär erfolglose unter den schlagzeuglosen giuffre-trios von teo macero und fred plaut umarmt, die wussten, was parallel so in der klassischen musik der zeit (und vorher) los war. so würde ich das mittlerweile auch einordnen, ich höre eher cage als den späteren FMP-katalog heraus, wenn ich heute ein konzert mit instant composing (oder wie die begriffe zirkulieren) besuche, ist das auch was anderes. hier: kontraste, ansteuerungen „falscher“ töne, gleichzeitige bewegungen in verschiedenen räumen, zwischendurch mal komponierte kleine phrasen für minimalistischen bass und offenes klavier. summer der einzelteile mit abstrichen. die „stille revolution“ im jazz sei das gewesen, liest man immer wieder, neben dem kaputtspiel von coltraneaylertaylor, dabei ist giuffres klarinette schmerzhaft laut. (oft.) vielleicht ist es auch die selbstverordnete kürze der stücke, die die harten gesten provoziert, im letzten stück, das 10 minuten lang geht, finden sie zu etwas gemeinsamen, und da hallt sogar ein walking bass in der umgebauten kirche wider, in der mal KIND OF BLUE aufgenommen wurde.

    --

    #12484867  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    92

    KHMER
    molvær, aarset, arnesen, ludvigsen, mølster, holand, skår, eicher/holand, holand (1996-97)

    wir sind im club, natürlich. aber die trompete spielt in der garderobe in einen mantel, und die gitarre lehnt im getränkelager, die drums stehen vielleicht neben der italienischen kaffeemaschine. von unten kommen die bässe, subterrestrisch, subkutan, dort ist auch die tanzende menge, gefühlt, aber nicht zum anfassen. die große tür, die nach draußen, ist jedenfalls zu. die welt kommt durch ein paar drähte hinein, nicht nur die welt, auch die weltmusik, berimbau, conga, tabla, drinnen treten sie bereits verzerrt auf. und dann löst sich da auch alles auf, garderobe, tresen, getränkelager, die decke des tanzsaals. eine melodie wird durchgerockt, ein beat wird weich, die architektur gerät ins schwimmen. die entfernung zur tanzenden menge bringt die melancholie ins spiel, die trompete ist ein sound für sich in der crowd – aber die musik ist keine rypdalsche eislandschaft, kein schmelzender ecm-gletscher, sie hat eine spezifische wärme, und die kommt, glaube ich, daher, dass es gleichzeitig einen enthusiasmus für elektronik und ein fetisch für das analoge gibt, die luft in der trompete, das fell der drums, die röhre im verstärker (ok, das ist schief). die musik begrüßt das neue und vermisst gleichzeitig schon das, was damit verlorengehen könnte.

    erstaunlich, wie genau ich das noch im ohr hatte, obwohl ich mir die cd nie gekauft habe. ich musste mich damit auseinandersetzen damals, argumente dagegen finden: ende der neunziger war ich oft im club und habe daneben jazz gehört, ich brauchte keine fusion. heute höre ich das natürlich gar nicht weit weg von dem, was mich kurze zeit später sehr begeistert hat (graham haynes, TONES FOR THE 21st CENTURY) – oder etwas später (rob mazurek). wobei haynes mit seiner nichtvirtuosen, von ihm kaum steuerbaren elektronik andere atmosphären schafft. hier sind wir eindeutig bei ECM, am anfang scheint man eine verzerrte form von codona zu hören, später geht der vibe von cherry zu miles, ohne innovativ sein zu wollen, und natürlich ist rypdal trotz der wärme von KHMER irgendwie präsent. aber interessant heute zu lesen, dass eicher offenbar erst später angesprungen ist, nachdem das auftragswerk für ein jazzfestival schon fertig war. deshalb sitzt da auch kongshaug noch nicht an den knöpfen, es gibt ein anderes klangdesign. live habe ich das projekt später gesehen, da war schon SOLID ETHER draußen, und ich fand es furchtbar langweilig. heute kann ich es aber sehr gut hören, vor allem, wenn im epos „song of sand II“ wirklich alles zusammenkommt, die einfache melodie, das rockschlagzeug und die aufgelösten architekturen.

    --

Ansicht von 15 Beiträgen - 46 bis 60 (von insgesamt 83)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.