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gypsy-tail-windDu budgetierst Deine Zeit? Das ist ja sehr unberlinerisch ?
Räusper … nicht nur meine Zeit sondern auch mein Geld. Man sollte sich nicht von schlechten Vorbildern in der unmittelbaren Umgebung beeinflussen lassen – auch wenn’s schwer fällt.
Im Ernst, es gibt das Septett-Album („Monk’s Music“), (…) nebst der tollen kurzen, einzigen Quartett-Session des original Monk-Quartetts von Sommer 1957 (Monk, Coltrane, Ware, Shadow Wilson) auf „Thelonious Monk with John Coltrane“ (Jazzland). (…) Das nächste ist dann das Konzert aus der Carnegie Hall, das Du erwähnst (bereits mit Ahmed Abdul-Malik, dem Nachfolger Wares) – das ist schlichtweg brilliant (…) Im Jahr danach entstand dann noch eine Amateur-Aufnahme (Naima stellte den Tape-Recorder unters Klavier oder so) im Five Spot, als Coltrane einsprang und an einem Abend Johnny Griffin ersetzte.
Stimmt, da kommt schon einiges zusammen. Mal hören – vorausgesetzt, das Budget lässt es zu.
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WerbungIch erlaube mir hier dann auch noch mal den Hinweis auf die StoneFM-Sendung von heute Abend, die der Zusammenarbeit von Thelonious Monk und John Coltrane gewidmet ist. Sie fällt ins Jahr 1957, als Coltrane im Frühjahr aus der Band von Miles Davis geworfen wurde (aus völlig verständlichen Gründen), sich danach fing und über Monate mit Monk probte und abends im Five Spot auftrat.
Das ist 60 Jahre her. 50 Jahre liegt inzwischen der Tod John Coltranes zurück, und diese zweite Monk-Sendung ist zugleich der Auftakt zu einer losen Reihe von Sendungen über Coltrane.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba(die folgenden Posts habe ich aus dem Hörthread ausgelagert – gtw)
Die Frémeaux Doppel-CD oben ist ja eine erweiterte Ausgabe von „Monk in France“ … daher jetzt auch wieder mal „Monk in Italy“ (aus der Riverside-Box). Ich höre keinen so grossen Unterschied, wie nail ihn im Sterne-Thread mal erwähnt hat, aber das Konzert aus Paris (mit einem geradezu räudigen Publikum, was war damals eigentlich mit den Parisern los?) überzeugt mich in der längeren Fassung auch nicht unbedingt mehr. Das sind jedenfalls keine grossen Sachen sondern einfach Dokumente von Monks erster richtiger Tour. Die etwas späteren Aufnahmen Mai habe ich als etwas besser abgespeichert, v.a. Kopenhagen (17. Mai, auf einer Storyville-CD). Es gibt noch Stockholm (16. Mai, Dragon DoLP, neulich gekauft, noch nicht gehört), 20. Mai (Amsterdam, auf einer CD des Niederländischen Jazz Archiv von 2014, zusammen mit einer Studio-Session aus Bussum vom 15. April – „In France“ ist vom 18. April, „In Italy“ vom 21. April) sowie Berlin (22. Mai, auf einer WDR/Jazzline-CD/LP von 2012).
zuletzt geändert von gypsy-tail-wind--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHeute noch mal zu Ehren an seinem Todestag:
Höre den ganzen Abend Monk und lese in dem wunderbaren DU – Heft von 1994: Misterioso: Jazzlegende Thelonious Monk.
zuletzt geändert von gypsy-tail-wind--
Music is like a river, It's supposed to flow and wash away the dust of everyday life. - Art Blakeyjohn-the-relevatorHeute noch mal zu Ehren an seinem Todestag:
Höre den ganzen Abend Monk und lese in dem wunderbaren DU – Heft von 1994: Misterioso: Jazzlegende Thelonious Monk.
Das Album hatte ich zumindest mal, das DU-Heft habe ich sogar noch. Das Album ist gut, auch wenn man da schon etwas die Erstarrung von Monk in den selbst geschaffenen Klischees hören kann. Das Heft ist auch gut, wenngleich es etwas romantisierend ist. Vielleicht war Monk sowas wie ein Inselgenie, in menschlicher Hinsicht aber sicher nicht immer ganz einfach. Das wird bei DU etwas verklärt.
Edit: Ich will niemanden den Spaß verderben, aber bei Monk liegen für mich Faszination und Entsetzen sehr nah bei einander. Gleichzeitig ist das aber auch etwas das, was Monk für mich interessant macht.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)friedrichIch will niemanden den Spaß verderben, aber bei Monk liegen für mich Faszination und Entsetzen sehr nah bei einander. Gleichzeitig ist das aber auch etwas das, was Monk für mich interessant macht.
was genau entsetzt dich denn bei monk? (ich weiß nicht viel über ihn.)
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Ich kann deine Zweifel nachvollziehen – allerdings hat Monk bei mir einen ganz besonderen Stand: Eine Platte von Ihm (das rote BN Album) war es, dass ich Anfang der 80er von einem besonders guten Schallplattenverkäufer im Saturn in Frankfurt in der großen Jazzabteilung empfohlen bekam, als ich mit folgender Frage ihn konfrontierte:“ Ich möchte Jazz hören, bitte empfehlen Sie mir 3 Platten!“. Es war die „Somethin‘ Else“, „Genius Of Modern Music Vol.2″ und eine Jazzsängerin, die Platte weiß ich nicht mehr, die der fachkundige Verkäufer mir in die Hände legte, mit der Aussage:“ Wenn die Platten dir gefallen, kommst du wieder dann machen wir weiter!“ – So begleitet mich also Monk seit Anfang meiner Jazzsozialisation – mal mehr , mal weniger – aber dann doch immer intensiver. Letzter Hinweis, mich wieder intensiver mit Monk zu beschäftigen, war die Sendung von gypsy. Seitdem habe ich Unmengen an Platten bestellt und auch meine Musikbibliothek nach Monk Bücher durchforscht. habe zwar einige englische Monk Bücher, doch das ist mir aktuell zu nervig zu lesen. So habe ich die alte Du-Zeitschrift, von denen habe ich auch noch einige andere Jazz Musiker Ausgaben (Armstrong,Roach, Coltrane, Mingus) und die Biographie von Ponzio (Blue Monk/ Hannibal) herausgekramt. Wenn ich alle bestellten Platten habe, werde ich deinen Hinweis, den ich im Moment, mangels Kenntnis, nicht nachvollziehen kann, mal verfolgen, inwieweit Monk bei dieser obigen Aufnahme in seinen musikalischen Klischees erstarrt ist. Ansonsten genieße ich die Platte im Moment sehr
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Music is like a river, It's supposed to flow and wash away the dust of everyday life. - Art BlakeyIch finde das „Du“-Heft zu Monk schwer in Ordnung, ist allerdings länger her, dass ich es komplett las, beim Vorbereiten der Sendung habe ich aber darin wieder geblättert und das eine oder andere nachgeschaut. Die Chronologie, die es in solchen einzelnen Künstlern gewidmeten Heften früher gab, finde ich nach wie vor toll, und ich denke mal die schwierigen Aspekte von Monks Persönlichkeit wurden für den damaligen Rahmen recht okay dargestellt, jedenfalls dünkt mich wird nicht beschönigt oder darüber hinweg gesehen.
Massgeblich ist heute sicherlich das Buch von Robin D. G. Kelley – gibt es davon denn keine deutsche Ausgabe? (Weil die deutschen Jazz-Journalisten sich den eigenen Markt nicht kaputtmachen wollen…?)
Aber was @friedrich’s Zweifel betrifft, ich kann das ja irgendwie auch nachvollziehen, natürlich aus der Innen- (oder Pro-Monk)Sicht, aber es ist ja nicht schwer, zu erklären, was manche Musiker und viele Hörer abstiess oder wenigstens zweifeln liess. Ich hoffe allerdings, mit meinen Erläuterung in der zweistündigen Sendung verdeutlicht zu haben, warum von meiner Seite her keine Zweifel mehr gehegt werden, ganz im Gegenteil. Allein der kompositorische Aspekt genügt mir schon, um Monk unter den ganz Grossen einzureihen. Der Einzelgänger-Aspekt tut natürlich ein Übriges, keine Frage (ich und meine Nerd-Debut-Liste usw., muss man nicht mehr dazu sagen). Dass es aber auch diese Kompositionen sind, die verhindern, dass Monk – innerhalb der Jazzwelt – wirklich „populär“ wurde, ist ja auch nicht weiter verwunderlich. Da möchte ich mal Mingus zum Vergleich herbeiziehen, noch so ein eigenbrötlerischer und vermutlich noch viel schwierigerer Künstler (im Sinne von: Monk hat wohl seiner Frau und seinen Kindern das Leben immer wieder zur Hölle gemacht, v.a. aber sich selbst; Mingus hat weit grössere Flurschäden hinterlassen: Zuhälterei, Körperverletzung, was weiss ich, und Ehefrauen und Kinder gab es da natürlich auch noch). Die Vorgehensweisen von Monk und Mingus könnten unterschiedlicher kaum sein, doch dünkt mich dass es auch deutliche Parallelen gibt bzw. dass eher der gewählte Weg anders ist denn die Absicht dahinter. Diese besteht darin, die Musiker einzuschwören, sie quasi in der Musik leben, atmen zu lassen. Bei Mingus ging das so, dass er kaum etwas notierte, seinen Sidemen ihre Stimmen vorsang oder -brummte, am Klavier die Akkorde zeigte, ohne sie festzuhalten usw. Bei Monk wurde wohl notiert, aber das reichte dann wiederum nicht, um zu erreichen, was ihm vorschwebte, weshalb die Musiker sich tagsüber bei ihm daheim einfanden, um seine Musik besser verstehen zu lernen und zu proben. Jedenfalls sind beides Fälle, in denen die Kompositionen ohne ihren Komponisten fast nicht sinnvoll umgesetzt werden können (ich breche bei Monk eine Lanze für Steve Lacy, obwohl ich das frühe Prestige/New Jazz-Album nur für halbwegs gelungen halte, Lacy brauchte noch einige Jahre, um mit Monk wirklich klarzukommen – und seine eigenen, oft minimalistischen Stücke erklären sich dann wohl auch aus dem Monk-Einfluss, den Lacy vermutlich wie kein anderer kanalisiert und zur Entwicklung von etwas Eigenem genutzt hat).
Hier läuft jetzt diese Doppel-LP mit einem Konzert aus Stockholm, das mir sehr viel inspirierter scheint als die beiden Konzerte, die Riverside sich von der Tour ausgesucht hatte. Rouse ist in bestechender Form und Monk entsprechend in guter Spiellaune. Dunlop schätze ich ja sowieso, bleiben die meist ziemlich öden Bass-Soli, aber die steht man gut durch, wenn der Rest so toll ist.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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gypsy-tail-wind …. am Klavier die Akkorde zeigte, ohne sie festzuhalten usw. Bei Monk wurde wohl notiert, aber das reichte dann wiederum nicht, um zu erreichen, was ihm vorschwebte, weshalb die Musiker sich tagsüber bei ihm daheim einfanden, um seine Musik besser verstehen zu lernen und zu proben. Jedenfalls sind beides Fälle, in denen die Kompositionen ohne ihren Komponisten fast nicht sinnvoll umgesetzt werden können (ich breche bei Monk eine Lanze für Steve Lacy, obwohl ich das frühe Prestige/New Jazz-Album nur für halbwegs gelungen halte, Lacy brauchte noch einige Jahre, um mit Monk wirklich klarzukommen – und seine eigenen, oft minimalistischen Stücke erklären sich dann wohl auch aus dem Monk-Einfluss, den Lacy vermutlich wie kein anderer kanalisiert und zur Entwicklung von etwas Eigenem genutzt hat). Hier läuft jetzt diese Doppel-LP mit einem Konzert aus Stockholm, das mir sehr viel inspirierter scheint als die beiden Konzerte, die Riverside sich von der Tour ausgesucht hatte. Rouse ist in bestechender Form und Monk entsprechend in guter Spiellaune. Dunlop schätze ich ja sowieso, bleiben die meist ziemlich öden Bass-Soli, aber die steht man gut durch, wenn der Rest so toll ist.
ad Monk) in aller Problematik einer Nachbetrachtung – (IMO) lebte Monk in einer eigenen (künstlerischen und „realen“) Welt welche er quasi „patentierte“ und deren „Patentvariationen“ auch wirtschaftlich de facto 2 Dekaden Anklang fanden – wobei hier natürlich auch die Tatsache dass sein Songbook etliche Gassenhauer zu bieten hatte additiv vertiefend wirkte …. ich kann mich auch schwerlich der manchmal geäusserten Sichtweise anschliessen daß Monk ab Anfang bzw Mitte der 60 die „Ideen ausgegangen sind“ denn gerade spätes Material wie Paris 1967 oder „Underground“ aus 1968 strahlen für mich eine enorme Faszination aus -natürlich wenn ich (gilt natürlich auch für vieles Andere auch) in der Laune dafür bin – denn gezweifelt habe ich in den letzten 4 Dekaden an fast allen Aufnahmen – wenn man mich fragen würde an welcher Scheibe ich nie „gezweifelt“ habe würde ich spontan „Coltrane`s „Ole“ nennen (aber da gibts schon ein paar mehr davon)….
ad Lacy`s Sicht auf Monk) ja ….
ad Monk @Stockholm) ja ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Ake Karlsson zitiert in den Liner Notes der Dragon-Doppel-LP fast nur aus Besprechungen des Konzertes – darunter ist auch ein Verriss eines Lars Resberg von „Estrad“ (davor wird schon ein anderer Estrad-Mitarbeiter zitiert, dem das Konzert gefiel ebenso wie Lasse Werner, der auch dort war, Vorband war übrigens die Combo von Staffan Abeleens Quintett), der ziemlich krass ist. Karlsson ging gar nicht erst zum Konzert („because, as he wrote, it was about cripled [sic], sick, comical jazz“ – da muss man schon mal leer schlucken!), sondern besprach das zweite Konzert/Set, das im Rundfunk ausgestrahlt wurde, so schreibt Karlsson zur Einleitung.
Every town and community has its backward child, every village its idiot that the children mock with a fearful joy and make fun of.
That was in yesteryear. Today we know better and can take care of our less fortunate friends and have an understanding of their difficult situations. That is to say, everywhere – with the exception of the world of jazz! Here, we still cultivate a kind of degeneration of music, allowing each and all of us to experience and enjoy any kind of music presentation.
Monk’s is a typical case – never in my life have I seen such „visual“ reviews of any concert. – – –Dass es in Schweden Nazis gab, ist ja nichts Neues, aber das zu lesen ist dennoch ziemlich krass.
Inzwischen läuft hier der Mitschnitt aus Kopenhagen am Tag darauf, zu finden auf dieser ordentlich gefüllten Storyville-CD:
Klanglich ist das ein paar Stufen dumpfer, was man aber primär im direkten Vergleich merkt … jedenfalls auch hier sehr hörbare Qualität und einmal mehr eine gut gelaunte Band. Vom Publikum hört man auf den beiden Mitschnitten im Vergleich mit Paris übrigens kaum was … würde mich echt mal wundernehmen, eine Untersuchung zum räudigen Verhalten des Pariser Publikums bei Konzerten in den Sechzigern zu lesen (am besten wird es wohl bei George Russell 1964, Miles/Coltrane 1960 ist ja bekannt und dort auch noch so halbwegs erklärbar).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@vorgarten
@john-the-relevator
@gypsy-tail-windIch hatte in meinem obigen Post das Wort Zweifel nachträglich durch Entsetzen ersetzt. Insofern beziehen sich Eure späteren Posts sozusagen auf unterschiedliche Aussagen von mir. Faszination und Entsetzen steht da jetzt. Glücklich bin ich mit der Formulierung aber immer noch nicht.
Ich bin ja Monk-Fan und ich habe am künstlerischen Wert seiner Musik nie gezweifelt. Aber ich habe ihn auch erst kennengelernt, als er schon das Zeitliche gesegnet hatte und ich war damals eigentlich auch kein Jazzhörer. Insofern hatte ich wohl andere Beurteilungskriterien, als das Publikum, das vor allem in Monks früher Zeit an dessen Fähigkeiten zweifelte.
Lange habe ich Monk nur als genialen, etwas schrulligen aber auch unendlich hippen Musiker gesehen. Auf deutsch war nur wenig Literatur verfügbar: Thomas Fitterlings aus heutiger Sicht etwas staubig wirkendes Buch, später das DU-Heft. Wiederum später habe ich die Doku Straight No Chaser gesehen aber erst beim wiederholten Sehen fiel mir auf, was für ein Mensch dort porträtiert wurde: Genialisch, vorsichtig gesagt etwas kauzig, faszinierend, irgendwie sogar sympathisch, andererseits aber auch ein außerhalb seiner Musik oft völlig hilflos wirkender Mensch, der offenbar psychische Probleme hat, und der seinen Mitmenschen dadurch sehr viel abverlangt. Es gibt da so eine Szene, in der Nellie am Flughafen (oder so) hektisch alles organisiert, während sich Monk völlig geistesabwesend buchstäblich nur um seine eigene Achse dreht. Oder sein Sohn Thelonious Jr., der davon berichtet, wie sein Vater ihn im zunehmenden Alter nicht mehr erkannte. Und dann sind da die Klinikaufenthalte des wohl unter einer bipolaren Störung leidenden Monk, die ja weder bei Fitterling noch bei DU erwähnt werden – was nicht wundern sollte, denn sowohl Familie Monk als auch sein Management haben die wohl geheim gehalten, da das sonst möglicherweise Monks Karriereende bedeutet hätte. Da war ich doch etwas entsetzt. Genie und Wahnsinn, wenn man es klischeehaft ausdrücken will.
Aber darüber hatten wir früher schon mal geredet.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)friedrich… Oder sein Sohn Thelonious Jr., der davon berichtet, wie sein Vater ihn im zunehmenden Alter nicht mehr erkannte. Und dann sind da die Klinikaufenthalte des wohl unter einer bipolaren Störung leidenden Monk, die ja weder bei Fitterling noch bei DU erwähnt werden – was nicht wundern sollte, denn sowohl Familie Monk als auch sein Management haben die wohl geheim gehalten, da das sonst möglicherweise Monks Karriereende bedeutet hätte. Da war ich doch etwas entsetzt. Genie und Wahnsinn, wenn man es klischeehaft ausdrücken will.
Darauf spielte ich oben ja an: man hat es wohl damals noch nicht gewusst. Fitterlings Buch war neben dem „Du“ das andere, was ich früh zu Monk las, finde es übrigens nach wie vor recht hilfreich, wenn es darum geht, gewisse musikalische Aspekte, die Monk so faszinierend machen, in einfache Worte zu packen – ich habe mich da auch bedient bei meiner Sendungsvorbereitung. Monks Management war vermutlich primär Nellie (mit etwas Unterstützung von Nica – andere würde das wohl gerade umgekehrt sagen), und das wiederum wird im „Du“-Heft ja doch einigermassen deutlich. Der „Genie und Wahnsinn“-Topos ist natürlich eine slippery slope und doch keiner, um den man einfach herumkommt … aber ob sich dadurch das quasi Hermetische von Monks musikalischer Welt begründen lässt? Glaube ich kaum. Zudem gilt es bei solchen Diagnosen stets vorsichtig zu sein und zu bedenken, dass es sich um skalare und nicht um grundsätzliche Unterscheidungen handelt (ein gewisser oranger Pavian lädt ja die Tage zu munteren Ferndiagnosen geradezu ein, aber ob er ausser an Narzissmus und Selbstüberschätzung – alltägliche Dinge, wie wir alle leider wissen, die noch keinen notwendig zum Psychopathen machen – sonst noch an etwas „leidet“, lässt sich kaum so einfach und obendrein noch mit Gewissheit sagen).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbafriedrichWiederum später habe ich die Doku Straight No Chaser gesehen aber erst beim wiederholten Sehen fiel mir auf, was für ein Mensch dort porträtiert wurde: Genialisch, vorsichtig gesagt etwas kauzig, faszinierend, irgendwie sogar sympathisch, andererseits aber auch ein außerhalb seiner Musik oft völlig hilflos wirkender Mensch, der offenbar psychische Probleme hat, und der seinen Mitmenschen dadurch sehr viel abverlangt. Es gibt da so eine Szene, in der Nellie am Flughafen (oder so) hektisch alles organisiert, während sich Monk völlig geistesabwesend buchstäblich nur um seine eigene Achse dreht. Oder sein Sohn Thelonious Jr., der davon berichtet, wie sein Vater ihn im zunehmenden Alter nicht mehr erkannte. Und dann sind da die Klinikaufenthalte des wohl unter einer bipolaren Störung leidenden Monk, die ja weder bei Fitterling noch bei DU erwähnt werden – was nicht wundern sollte, denn sowohl Familie Monk als auch sein Management haben die wohl geheim gehalten, da das sonst möglicherweise Monks Karriereende bedeutet hätte. Da war ich doch etwas entsetzt. Genie und Wahnsinn, wenn man es klischeehaft ausdrücken will.
Aber darüber hatten wir früher schon mal geredet.mir hat STRAIGHT NO CHASER monk damals auch näher gebracht, ich habe ihn aber ganz anders gelesen. die derwisch-trance-tänze (die ja ritualhaft immer zum aus-dem-körper-heraustreten führen sollen) von monk habe ich mit größter sympathie gesehen (angesichts deutscher reporterfragen wie: herr monk, sie tragen immer besondere hüte – was hat das mit ihrer musik zu tun?), und zur livemusik haben sie mir eine intensität gezeigt, die tatsächlich in der musik selbst liegt (und die ich auf aufnahmen oft vermisse).
die psycho-problematik würde ich versuchsweise auch anders interpretieren, zumal sowas wie autismus ja damals nicht diagnostiziert wurde und auch die zugänge eines afroamerikaners zu den feinsten verästelungen des amerikanischen gesundheitssystems von den 40ern bis in die 70er ich jetzt auch nicht als so optimal voraussetzen würde. aber offensichtlich gab es doch ein netzwerk von familie, kollegen und freund_innen, die monk abgeschirmt haben, ihm die möglichkeiten verschafft haben, bis zuletzt produktiv zu bleiben und zu tun, was er am liebsten tat. darüber hinaus kenne ich keine aussagen aus der musikerszene über ihn, die nicht von großem respekt geprägt waren. und wiederum aussagen von ihm, die als expertisen galten und oft einen neuen blick auf die musik anderer ermöglichten (seine bemerkung, dass sun ra swinge, seine korrektur an abbey lincolns stil, die sie immer wieder als entscheidend für sich hervorgehoben hat, usw.). das heißt: wie haben es hier mit einem gut integrierten menschen zu tun, und das spricht für die integratiosnkraft und druchlässigkeit der szene, die sich mit solchen floskelkonstruktionen à la „genie und wahnsinn“ wohl kaum aufeghalten hat.
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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vorgarten
…. aber offensichtlich gab es doch ein netzwerk von familie, kollegen und freund_innen, die monk abgeschirmt haben, ihm die möglichkeiten verschafft haben, bis zuletzt produktiv zu bleiben und zu tun, was er am liebsten tat. darüber hinaus kenne ich keine aussagen aus der musikerszene über ihn, die nicht von großem respekt geprägt waren. und wiederum aussagen von ihm, die als expertisen galten und oft einen neuen blick auf die musik anderer ermöglichten (seine bemerkung, dass sun ra swinge, seine korrektur an abbey lincolns stil, die sie immer wieder als entscheidend für sich hervorgehoben hat, usw.). das heißt: wie haben es hier mit einem gut integrierten menschen zu tun, und das spricht für die integratiosnkraft und druchlässigkeit der szene, die sich mit solchen floskelkonstruktionen à la „genie und wahnsinn“ wohl kaum aufeghalten hat.
Eine vertretbare Sichtweise …. die meinerseits in einem Vorbeitrag als „patentierte“ Welt des Thelomious Monk bezeichnete (und von Einzelpersonen strukturierte/abgeschirmte) Mikrozelle welche in ihrer künstlerischen Produktion enorm ausstrahlt(e) ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)vorgarten(…) aber offensichtlich gab es doch ein netzwerk von familie, kollegen und freund_innen, die monk abgeschirmt haben, ihm die möglichkeiten verschafft haben, bis zuletzt produktiv zu bleiben und zu tun, was er am liebsten tat. darüber hinaus kenne ich keine aussagen aus der musikerszene über ihn, die nicht von großem respekt geprägt waren. und wiederum aussagen von ihm, die als expertisen galten und oft einen neuen blick auf die musik anderer ermöglichten (seine bemerkung, dass sun ra swinge, seine korrektur an abbey lincolns stil, die sie immer wieder als entscheidend für sich hervorgehoben hat, usw.). das heißt: wie haben es hier mit einem gut integrierten menschen zu tun, und das spricht für die integrationskraft und druchlässigkeit der szene, die sich mit solchen floskelkonstruktionen à la „genie und wahnsinn“ wohl kaum aufeghalten hat.
Ja, das stimmt wohl. Monk konnte sich glücklich schätzen, dass er so, wie er war, akzeptiert wurde. Und auch wir können uns glücklich schätzen, dass es so war, sonst hätten wir seine Musik nicht. Es war für mich wohl etwas erschreckend, die andere Seite des so hippen Idols zu sehen. The dark side of the moon, sozusagen. (Fast hätte ich geschrieben the dark side of the Monk, aber das ist zu albern ) Gleichzeitig faszinieren mich diese Brüche und Widersprüche in den Charakteren und Biografien auch. Der glatten Oberfläche traue ich sowieso nicht.
Dass Genie und Wahnsinn eine Floskel ist, sagte ich ja selbst.
PS.: Natürlich swingt Sun Ra! Überirdisch!
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus) -
Schlagwörter: Bebop, Jazz, Piano, Thelonious Monk
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