Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Thelonious Monk › Antwort auf: Thelonious Monk
Ich finde das „Du“-Heft zu Monk schwer in Ordnung, ist allerdings länger her, dass ich es komplett las, beim Vorbereiten der Sendung habe ich aber darin wieder geblättert und das eine oder andere nachgeschaut. Die Chronologie, die es in solchen einzelnen Künstlern gewidmeten Heften früher gab, finde ich nach wie vor toll, und ich denke mal die schwierigen Aspekte von Monks Persönlichkeit wurden für den damaligen Rahmen recht okay dargestellt, jedenfalls dünkt mich wird nicht beschönigt oder darüber hinweg gesehen.
Massgeblich ist heute sicherlich das Buch von Robin D. G. Kelley – gibt es davon denn keine deutsche Ausgabe? (Weil die deutschen Jazz-Journalisten sich den eigenen Markt nicht kaputtmachen wollen…?)
Aber was @friedrich’s Zweifel betrifft, ich kann das ja irgendwie auch nachvollziehen, natürlich aus der Innen- (oder Pro-Monk)Sicht, aber es ist ja nicht schwer, zu erklären, was manche Musiker und viele Hörer abstiess oder wenigstens zweifeln liess. Ich hoffe allerdings, mit meinen Erläuterung in der zweistündigen Sendung verdeutlicht zu haben, warum von meiner Seite her keine Zweifel mehr gehegt werden, ganz im Gegenteil. Allein der kompositorische Aspekt genügt mir schon, um Monk unter den ganz Grossen einzureihen. Der Einzelgänger-Aspekt tut natürlich ein Übriges, keine Frage (ich und meine Nerd-Debut-Liste usw., muss man nicht mehr dazu sagen). Dass es aber auch diese Kompositionen sind, die verhindern, dass Monk – innerhalb der Jazzwelt – wirklich „populär“ wurde, ist ja auch nicht weiter verwunderlich. Da möchte ich mal Mingus zum Vergleich herbeiziehen, noch so ein eigenbrötlerischer und vermutlich noch viel schwierigerer Künstler (im Sinne von: Monk hat wohl seiner Frau und seinen Kindern das Leben immer wieder zur Hölle gemacht, v.a. aber sich selbst; Mingus hat weit grössere Flurschäden hinterlassen: Zuhälterei, Körperverletzung, was weiss ich, und Ehefrauen und Kinder gab es da natürlich auch noch). Die Vorgehensweisen von Monk und Mingus könnten unterschiedlicher kaum sein, doch dünkt mich dass es auch deutliche Parallelen gibt bzw. dass eher der gewählte Weg anders ist denn die Absicht dahinter. Diese besteht darin, die Musiker einzuschwören, sie quasi in der Musik leben, atmen zu lassen. Bei Mingus ging das so, dass er kaum etwas notierte, seinen Sidemen ihre Stimmen vorsang oder -brummte, am Klavier die Akkorde zeigte, ohne sie festzuhalten usw. Bei Monk wurde wohl notiert, aber das reichte dann wiederum nicht, um zu erreichen, was ihm vorschwebte, weshalb die Musiker sich tagsüber bei ihm daheim einfanden, um seine Musik besser verstehen zu lernen und zu proben. Jedenfalls sind beides Fälle, in denen die Kompositionen ohne ihren Komponisten fast nicht sinnvoll umgesetzt werden können (ich breche bei Monk eine Lanze für Steve Lacy, obwohl ich das frühe Prestige/New Jazz-Album nur für halbwegs gelungen halte, Lacy brauchte noch einige Jahre, um mit Monk wirklich klarzukommen – und seine eigenen, oft minimalistischen Stücke erklären sich dann wohl auch aus dem Monk-Einfluss, den Lacy vermutlich wie kein anderer kanalisiert und zur Entwicklung von etwas Eigenem genutzt hat).
Hier läuft jetzt diese Doppel-LP mit einem Konzert aus Stockholm, das mir sehr viel inspirierter scheint als die beiden Konzerte, die Riverside sich von der Tour ausgesucht hatte. Rouse ist in bestechender Form und Monk entsprechend in guter Spiellaune. Dunlop schätze ich ja sowieso, bleiben die meist ziemlich öden Bass-Soli, aber die steht man gut durch, wenn der Rest so toll ist.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba