Soll Kultur – hier Rock/Pop Musik – staatlich gefördert/subventioniert werden?

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Soll Kultur – hier Rock/Pop Musik – staatlich gefördert/subventioniert werden?

Ansicht von 15 Beiträgen - 121 bis 135 (von insgesamt 397)
  • Autor
    Beiträge
  • #6723189  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,684

    AmadeusDas sind wirklich extrem kleine Beträge, die ja wohl nicht zur Disposition gestellt werden müssen. Im Vergleich zum Bundesetat weniger als ein Nasenwasser. Ich dachte mir zwar, dass die Förderung niedrig ist, aber nicht so niedrig. Nein, da gibt es nichts mehr zu kürzen.

    Das ist der Bundeshaushalt. Mir geht es um die Kommunen und Länder, die als Eigentümer Theater- und Opernbühnen betreiben. Wenn man das auf das gesamte Bundesgebiet zusammenrechnet, kommen da ganz sicher andere Beträge zusammen.

    --

    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #6723191  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    AmadeusDas sind wirklich extrem kleine Beträge, die ja wohl nicht zur Disposition gestellt werden müssen. Im Vergleich zum Bundesetat weniger als ein Nasenwasser….

    Klar, fairerweise muss man aber hinzufügen: Kulturförderung ist zum großen Teil Sache der Länder und Kommunen und deren Beträge sind da nicht mit drin. Mir ging’s mehr um die Darstellung des typischen Verhältnisses zwischen den Fördertöpfen für Klassik und populärer Musik (im weitesten Sinne).

    --

    #6723193  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,684

    nail75
    Was die bayrischen Schulen und Krankenhäuser angeht, glaube ich Dir einfach mal. Dennoch gilt das „entweder-oder“-Rechnen nicht.

    Das wird andernorts nicht anders sein. Aber warum gilt das „entweder-oder“-Rechnen nicht? Bei der Überschuldung der Kommunen ist nicht Geld für beides da.

    --

    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    #6723195  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    MistadobalinaIst für mich so nicht nachvollziehbar, obwohl es sich natürlich wunderbar anhört. Für mich ist das eine ohne das andere nicht denkbar. Es gibt kein entweder/oder. Das Kind, das einen Kindergartenplatz bekommt, könnte es ja durchaus gewinnbringend sehen, wenn es später mal ins Theater gehen kann. Oder Schauspieler oder Beleuchter werden will. Bildung und Kultur gehören zum Leben, auch in der „Provinz“, sonst hängen eines Tages alle nur noch vor der Glötze.

    Aber warum garantiert nur die Förderkultur „Bildung und Kultur“? Das ist doch eine der Sachen, die ich bemängele – dass eine künstliche Hochkultur geschaffen wurde, die ganze Kunst-Bereiche ausschließt und letzlich zur Abgrenzung dient.

    Herr RossiNatürlich gibt es immer noch sowas wie eine Elitenkultur, die vor allem der Selbstdarstellung dient und Bayreuth ist dafür sicher das markanteste Beispiel, auch mit diesem merkwürdigen Clan an der Spitze. Aber es ist nicht repräsentativ für Bühnen in kleineren deutschen Städten, im Gegenteil.

    Nein, Bayreuth ist ein relativ krasses Beispiel. Aber ich denke, auf die Fläche gesehen, dürfte es genügend Beispiele für Subventionen geben, die letzten Endes unnütz sind.

    nail75Ja, Du gehörst leider auch dazu! Entsetzlich. ;(

    Millionen? Kommt auf die Stadt an. Worms leistet sich millionenschwere Nibelungenfestspiele, die fast komplett ausverkauft sind und die Stadt in weiten Teilen Deutschlands erst wieder bekannt gemacht haben. Ein obskurer Literaturpreis kostet vielleicht 30.000 Euro, vermutlich weniger – ist er deshalb Verschwendung? Und natürlich wird da nicht nur Elitenkultur zelebriert, sondern Kultur, die die ganze Mittelschicht prägt und geprägt hat und auch in weniger begüterten Schichten Anhänger hat. Abgesehen davon steckt in diesen Institutionen, mögen sie auch manchmal hochgestochen sein, unser kulturelles Erbe, das man nicht einfach wegwirft.[…]

    Wie oben geschrieben: unser kulturelles Erbe umfasst mehr als in der aktuellen E-Kultur stattfindet. Und durch Kürzungen von Subventionen geht auch nicht das Abendland unter.

    nail75
    Wer mal wissen will, wie es sich ohne (oder mit wesentlich weniger) Kulturförderung lebt, der wohne mal etwas länger in einer Stadt mittlerer Größe in den USA (sagen wir unter 200.000 Einwohner). Dort gibt es wenige kulturelle Angebote außer Kino, jedenfalls viel weniger als hier und die Entfernung zur nächsten Metropole beträgt mehrere Stunden Autofahrt. Das kann niemand ernsthaft wollen.

    In Deutschland fährt keiner mehrere Stunden bis zur nächsten Großstadt… Und in den größeren Städten der USA findet ausreichend Kulturelles statt.

    Sonic JuiceNur mal kurz dazu dazwischengerätscht, weil ich mich (wie auch Rossi, Mista und Nail) zu den meisten allgemeineren Punkten bereits geäußert habe (insbesondere zum dem entweder-oder-Denkfehler):
    Literaturpreise gibt es zwar viele, die Preissummen sind allerdings recht überschaubar (15.000 € für einen Jahrespreisträger sind schon sehr viel), diverse Preise entstammen einem Stiftungsvermögen und die Preise sind eine der wesentlichen Einnahmequellen für alle Schriftsteller, die nicht vom Verkauf ihrer Bücher allein leben können (also mal ins Blaue hinein geschätzte 95 %). Ohne die vielfältigen Literaturpreise gäbe es in Deutschland keine Literaturszene und insbesondere keinen literarischen Nachwuchs jenseits der Massenbelletristik. Ich fände das schade.

    Ich kann mich dazu eigentlich nicht äußern, weil ich die Bücher nicht lese, aber warum wird Geld, dass durch einen winzigen Förder-Kreis vergeben wird, an einen Schriftsteller gegeben, dessen einziges Merkmal sein wird, gerade eben diesen Preis bekommen zu haben? Und wieso ist das dann gute Literatur – gerade hier ist es doch so, dass es eine überschaubare Szene aus Schriftstellern, Gremien und Kleinverlagen gibt, die sich das Geld gegenseitig zuschanzen und sich dabei versichern, sie förderten die hohe Kunst der Literatur, deren Definition aber widerum nur von ihnen verfasst wurde.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #6723197  | PERMALINK

    mojoclub

    Registriert seit: 07.08.2007

    Beiträge: 1,493

    die frage, ob rock- und popmusik gefoerdert werden sollte ist obsolet, weil dies seit jahrzehnten geschieht. richtiger waere, in welcher form das geschehen sollte.
    hier ist vor kurzem ein kulturpark entstanden, bzw. entsteht noch, weil der prozess noch nicht abgeschlossen ist. dieser kulturpark bietet unter anderem mehreren hundert bands die moeglichkeit zu sehr guenstigen mietbedingungen uebungsraeume zu nutzen.
    meines wissens gibt es derartige projekte in dieser groessenordnung nur noch zweimal in deutschland, jedoch nicht in dem ausmass wie hier in augsburg.
    diese foerderung der kultur, insbesondere der jugendkultur ist praxisnah und mittel- bzw. langfristig ausgelegt. sie foerdert den kreativen prozess direkt und ist nicht an kommerzielle bedingungen gekoppelt.
    kulturfoerderung sollte immer in drei schritten entstehen: in der uebungs-, lern- und entwicklungsphase, der verfuegungstellung von auftrittsmoeglichkeiten, sowie einer adaequaten verwertung von nutzungsrechten.
    letzteres geschieht zum beispiel durch erhebung von gema-gebuehren oder der nutzungsverwertung von bildrechten bei fotografen. diese ist zwar keine direkte foerderung, aber eine rechtliche klaerung und sicherstellung der finanziellen absicherung und haengt damit mittelbar zusammen. die auftrittsmoeglichkeiten werden seit langem in praktisch allen grossstaedten gefoerdert und unterstuetzt.
    ich kenne zwar das molotow nicht, bin mir aber ziemlich sicher, dass hier eine direkte staatliche oder regionale foerderung unangemessen waere, weil erstens der betreiber unter den gleichen umstaenden sein unternehmen fuehren muss wie jeder andere clubbetreiber der stadt, zweitens eine kneipe oder ein club ein kommerzielles interesse haben und drittens kein ueberregionales interesse, sondern nur ein lokales besteht. und warum sollte gerade dieser eine club den anderen gegenueber bevorzugt werden? sinnvoller waere es in diesem fall eine foerderung fuer die gesamte kleinkunstszene der stadt zu erwirken, moeglicherweise ist diese sogar schon vorhanden. denn auch hier ist es in der praxis der fall, dass in den meisten groesseren staedten kleinkunsttheater und artverwandte institutionen gefoerdert werden. wenn auch nur mit kleinen betraegen (ein paar tausend euro im jahr).
    zur entscheidungsfindung speziell hier fuer das molotow muesste naemlich geklaert werden: wird die kultur gefoerdert oder die existenz des clubs? das sind zwei paar schuhe. im zweiten fall kann man in zusammenarbeit mit der stadt (hier der kulturausschuss) und der industrie- und handelskammer durch ein unternehmerisches neukonzept vielleicht ein loesung finden.

    --

    hörbares hören
    #6723199  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    nail75[…] Und natürlich wird da nicht nur Elitenkultur zelebriert, sondern Kultur, die die ganze Mittelschicht prägt und geprägt hat und auch in weniger begüterten Schichten Anhänger hat. […]

    Noch dazu: Elitenkultur, wenn es denn so etwas gibt, will keine staatliche Förderung, da ist es doch guter Ton, nichts vom Staat zu nehmen. Nein, wir reden hier von einer Mittelschichtkultur für die oberen zwei Drittel der Gesellschaft. Für die ist das Programm gemacht, andere (die unten) können und sollen nicht daran teilhaben und der bildungsbürgerliche Teil läßt dies dann in Feuilletons und Universitäten als „Kultur“ und zwar die einzig Wahre erklären.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #6723201  | PERMALINK

    stormy-monday
    Natural Sinner

    Registriert seit: 26.12.2007

    Beiträge: 21,495

    Zunächst mal ist das eine sehr spannende Diskussion hier mit guten Argumenten auf jeder Seite.
    Weil ich aber parteiisch bin:
    Zitat Nail75: Mir fällt gerade die Semperoper ein, die im letzten Jahr 96% ausgelastet war…und…Aber allein durch den Kartenverkauf sind Inzenierungen dieser Güte nicht zu finanzieren……

    Äääh, warum eigentlich nicht, bei 96%?
    Da komm ich jetzt mit einem beliebigen, zu 96% ausverkauften Rock/Popkonzert, jeder Grösse, und frage, ob das Subventionen braucht?
    Trotz ebenfalls manchmal mehrhundertköpfigem Personal, wie in der Oper/ Theater und dem ganzen logistischen, stets mobilen Überbau? Die „Produktionskosten“ sind doch auch hier in Millionenhöhe vorhanden, ohne „festes Haus“. Aha, da sind die Eintrittspreise auch anders! Wieder, wie schon ziemlich weiter vorne frage ich, wieviel Euros da auf dem Sitz liegen, auch auf den (Idealfall) fehlenden 4%. Warum sollen Bund, Länder und Kommunen gut- bis bestensverdienenden Pelzträgern den Abend versüssen? Wenn ich an die ganze „Hoch“-Kulturszene denke, dieser kruden Mischung aus bestens bezahlten Theater/Opern/ Museenschranzen und den zum eigenen Nutzen sponsorenden Sparkassendirektoren/ Politikern/Adabeis, weiss ich, wo alles versickert. Weil die Zahnarztfrau zu wenig zahlt für ihren Sitzplatz, gesponsort von Dir und mir. In der Semperoper, in Stuttgart oder Berlin. Und ich erwähne ganz konkret Bayreuth nochmal, das zu seinen Mios ( wie viele eigentlich?) nochmal mehr als 60 Mios braucht….. Wenn Angela und Stoiber und Gottschalk und Andere bei DEM Antisemiten vorbeischauen wollen, dann aber aus eigener Tasche, bittschön. Und zwar jeden Cent.
    Ich bin grundsätzlich für die staatliche Subvention von Kultur wie Bibliotheken,Museen und gut ausgelasteten Theatern, auch Preisvergaben in Literatur oder Musik lehne ich nicht ab in einem plausiblen Kontext. Filmförderung muss auch sein, glaub ich. Aber dann auch die hier schon oft geforderte Unterstützung dezentraler (kommunaler) Kulturinitiativen, die nah „am Volk“ bleiben.

    --

    ...but everybody wants you to be just like them                              Contre la guerre    
    #6723203  | PERMALINK

    dougsahm
    Moderator

    Registriert seit: 26.08.2002

    Beiträge: 17,863

    nail75@otis: Du offenbarst hier eine Art von peinlicher Ignoranz, die ich Dir nicht zugetraut hätte. Das gilt leider auch für dougsahm und wa.

    Wenn es denn so überfordernd ist allgemeine Ausführungen verstehen zu können, dann halt mal das jüngst erlebte reale Beispiel:

    Da liegt jemand im Krankenhaus. Nein, in keiner veralteten Einrichtung, sondern in einer Dependance eines Universitätsklinikums mit Fensterplatz sogar. Und was sieht er: Die Illumination einer Sommernachtsveranstaltung am Fluss mit einer Kombination aus E-Musik und U-Musik. Er liegt mehrmals seit mehr als 4 Stunden im eigenen Urin und wenn Angehörige nicht zur Pflege und Windelwechsel kommen würden, dann wäre das noch länger der Fall. Das Pflegepersonal ist willig und freundlich und zeitlich überfordert. Kein Einzelfall. Siehe gestern in der SZ „Milliardendefizit in den bayr. Krankenhäusern 2009“.

    Der Mensch hat jahrelang Einkommenssteuer, KFZ-Steuer, Mwst. bezahlt und sieht vom Fensterplatz aus auf die aus Steuergelder finanzierte Beleuchtung, Beschallung, Organisation und liegt in der eigenen Kacke.

    Wenn ich mich dann argumentativ auf die Seite dieser Schwachen stelle, dann findest Du das schlimm und von peinlicher Ignoranz begleitet. Mir fehlen die Worte.

    Übrigens 1: Wenn jetzt das Gegenargument 1 kommt „ Das eine muss das andere nicht ausschließen“, dann antworte ich vorab, dass das nur in eine weitere Staatsverschuldung führt und wir das Problem auf Deine Kinder verlagern.

    Übrigens 2: Wenn jetzt das Gegenargument 2 kommt „Man muss in der Klinikorganisation die Strukturen optimieren“. Mehrfach von mir persönlich mit leitenden Stationsschwestern und meinen Nachbarn KH-Arzt durchdiskutiert. Die sind am Ende der innerbetrieblichen Optimierung.

    Übrigens 3: Wenn jetzt das Gegenargument 3 kommt „Kultur ist mir wichtiger als die Erfüllung von Grundbedürfnissen“, dann akzeptiere ich es sogar. Teilen brauche ich aber diesen Wertekanon wohl nicht und eine peinlich Ignoranz ist diese meine Einstellung wohl auch kaum – meine ich.

    --

    #6723205  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    lathoAber warum garantiert nur die Förderkultur „Bildung und Kultur“? Das ist doch eine der Sachen, die ich bemängele – dass eine künstliche Hochkultur geschaffen wurde, die ganze Kunst-Bereiche ausschließt und letzlich zur Abgrenzung dient.

    Wie oben geschrieben: unser kulturelles Erbe umfasst mehr als in der aktuellen E-Kultur stattfindet. Und durch Kürzungen von Subventionen geht auch nicht das Abendland unter.

    In Deutschland fährt keiner mehrere Stunden bis zur nächsten Großstadt… Und in den größeren Städten der USA findet ausreichend Kulturelles statt.

    Ich kann mich dazu eigentlich nicht äußern, weil ich die Bücher nicht lese, aber warum wird Geld, dass durch einen winzigen Förder-Kreis vergeben wird, an einen Schriftsteller gegeben, dessen einziges Merkmal sein wird, gerade eben diesen Preis bekommen zu haben?

    Wieso wird hier eigentlich die ganze Zeit der Kulturförderung vorgeworfen, dass sie Entscheidungen trifft? Das ist ihre verdammte Aufgabe, Entscheidungen treffen, was sie für förderwürdig hält. Und wenn das ein Schriftsteller ist, dann ist das ein Schriftsteller – sicher besser, sich für einen zu entscheiden, als jedem Schriftsteller 10€ zu überweisen.

    Untergehen wird das Abendland tatsächlich nicht. Wir könnten auch den staatlichen Straßenbau einstellen und einfach abwarten, welche Wege sich wo entwickeln, untergehen wird das Abendland nicht. Aber ist die verdammte Aufgabe des Staates, eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen und zu unterhalten – und dabei eben auch Entscheidungen zu treffen.

    Übrigens fährt man natürlich auch in D noch Stunden bis in die nächste Großstadt, und ich werde doch hoffentlich neben Mista nicht der Einzige sein, dem ein kultureller Unterschied zwischen Stadt und Land aufgefallen ist. Das Kino, in dem ich filmsozialisiert wurde, ist ohne staatliche Förderung/Preise schon seit 20 Jahren nicht mehr überlebensfähig. Aber egal, verzichten wir doch auf Förderung und lassen einen Blockbuster drin laufen, wie in jedem anderen Kino auch…

    --

    #6723207  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Dick LaurentWieso wird hier eigentlich die ganze Zeit der Kulturförderung vorgeworfen, dass sie Entscheidungen trifft? Das ist ihre verdammte Aufgabe, Entscheidungen treffen, was sie für förderwürdig hält. Und wenn das ein Schriftsteller ist, dann ist das ein Schriftsteller – sicher besser, sich für einen zu entscheiden, als jedem Schriftsteller 10€ zu überweisen.

    Untergehen wird das Abendland tatsächlich nicht. Wir könnten auch den staatlichen Straßenbau einstellen und einfach abwarten, welche Wege sich wo entwickeln, untergehen wird das Abendland nicht. Aber ist die verdammte Aufgabe des Staates, eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen und zu unterhalten – und dabei eben auch Entscheidungen zu treffen.

    Übrigens fährt man natürlich auch in D noch Stunden bis in die nächste Großstadt, und ich werde doch hoffentlich neben Mista nicht der Einzige sein, dem ein kultureller Unterschied zwischen Stadt und Land aufgefallen ist. Das Kino, in dem ich filmsozialisiert wurde, ist ohne staatliche Förderung/Preise schon seit 20 Jahren nicht mehr überlebensfähig. Aber egal, verzichten wir doch auf Förderung und lassen einen Blockbuster drin laufen, wie in jedem anderen Kino auch…

    Das Kino, in das ich normalerweise gehe, wäre ohne Beihilfen wohl auch schon zu (Fremdsprachen, you know?). Und so etwas meinte ich in diesem Zusammenhang auch nicht, zumal ich den Vergleich Kultur (in dem Zusammenhang, von dem ich gesprochen habe) und Straßen nicht ganz nachvollziehen kann. Und über die Strecke zur nächsten Großstadt müssen wir nicht diskutieren, da müssen wir nur „Großstadt“ festlegen.
    Nochmal: eine Kulturförderung, auch jenseits von Bildungseinrichtungen und „Denkmalpflege“ ist sinnvoll und notwendig, kann aber auch anders gemacht werden als bisher. Wie otis geschrieben hat, gibt es zahlreiche Beispiele, wo man sparen könnte, wo man auch sagen könnte, richtet euch auf das Publikum aus oder schließt es ganz. Die ganze Szene hält sich doch selbst oft für eine heilige Kuh, an der nicht kritisiert werden darf, erst recht nicht grundsätzlich, weil ja eben sonst das Abendland untergeht.
    Es sollte auch nicht so sein, wie jüngstens in der Filmförderung diskutiert (oder schon tatsächlich durchgeführt?), dass nur noch zu erwartende Massenspektakel Geld bekommen.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #6723209  | PERMALINK

    amadeus

    Registriert seit: 04.12.2003

    Beiträge: 10,741

    waDas ist der Bundeshaushalt. Mir geht es um die Kommunen und Länder, die als Eigentümer Theater- und Opernbühnen betreiben. Wenn man das auf das gesamte Bundesgebiet zusammenrechnet, kommen da ganz sicher andere Beträge zusammen.

    Ist mir schon klar, allerdings kenne ich hierzu keine Zahlen. Die Diskussion, wie die knappen Mittel zu verteilen sind ist endlos und ich überlasse diese Entscheidungen den Politikern und kann durch meine Wahlentscheidung meine Zustimmung bzw. Ablehnung treffen. Natürlich kann man sich über viele Einzelfälle ärgern, siehe Berichte über Steuerverschwendung oder das Beispiel von dougsahm. Dick hat es auf den Nenner gebracht: die Kulturförderung muss Entscheidungen treffen dürfen, wer, wie gefördert wird und diese Entscheidungen kann sie nicht von fehlenden Mitteln im Gesundheitswesen abhängig machen.

    --

    Keep on Rocking!
    #6723211  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    dougsahmWenn es denn so überfordernd ist allgemeine Ausführungen verstehen zu können, dann halt mal das jüngst erlebte reale Beispiel:

    Übrigens 3: Wenn jetzt das Gegenargument 3 kommt „Kultur ist mir wichtiger als die Erfüllung von Grundbedürfnissen“, dann akzeptiere ich es sogar. Teilen brauche ich aber diesen Wertekanon wohl nicht und eine peinlich Ignoranz ist diese meine Einstellung wohl auch kaum – meine ich.

    Dougsahm, Deine Argumentationsweise ist abwegig. Mit dem gesamten Geld, dass der deutsche Staat für Kulturförderung ausgibt, könntest Du die ganzen Krankenhäuser des Landes vermutlich nicht einmal einen Monat betreiben. Wir reden hier von gänzlich verschiedenen Größenordnungen. Kultur ist selbstverständlich nicht wichtiger als die Grundbedürfnisse, aber sie ist sehr wichtig, schon deshalb, weil zerstörte kulturelle Institutionen unrettbar verloren sind. Über die genaue Art der Förderung kann man immer diskutieren.

    Die Bildzeitung hat auch mal vorgeschlagen, die Diäten zu kürzen, um den Bundeshaushalt zu sanieren. Es gibt 600 (unterbezahlte) Bundestagsabgeordnete. Selbst wenn man deren Diäten ersatzlos streicht, dann hat man höchstens einige dutzend Millionen gespart.

    Eines sollte doch logisch sein: Wenn an deutschen Krankenhäusern Missstände herrschen, dann muss der Fehler im Gesundheitssystem gesucht werden. Deutschland hat pro Kopf die dritthöchsten Ausgaben für Gesundheit – wenn das Geld in den Klinken nicht ankommt, dann liegt es an der Verteilung des Geldes und nicht am Geld an sich.

    Der bayrische Staat macht Gewinn. Er nimmt mehr ein als er ausgibt. Wenn er nicht dazu in der Lage ist, seine Schulen zu sanieren, dann könnte der Wähler ja überlegen, ob es nicht an der Zeit ist, einen Regierungswechsel vorzunehmen.

    lathoDas Kino, in das ich normalerweise gehe, wäre ohne Beihilfen wohl auch schon zu (Fremdsprachen, you know?). Und so etwas meinte ich in diesem Zusammenhang auch nicht, zumal ich den Vergleich Kultur (in dem Zusammenhang, von dem ich gesprochen habe) und Straßen nicht ganz nachvollziehen kann. Und über die Strecke zur nächsten Großstadt müssen wir nicht diskutieren, da müssen wir nur „Großstadt“ festlegen.
    Nochmal: eine Kulturförderung, auch jenseits von Bildungseinrichtungen und „Denkmalpflege“ ist sinnvoll und notwendig, kann aber auch anders gemacht werden als bisher. Wie otis geschrieben hat, gibt es zahlreiche Beispiele, wo man sparen könnte, wo man auch sagen könnte, richtet euch auf das Publikum aus oder schließt es ganz. Die ganze Szene hält sich doch selbst oft für eine heilige Kuh, an der nicht kritisiert werden darf, erst recht nicht grundsätzlich, weil ja eben sonst das Abendland untergeht.
    Es sollte auch nicht so sein, wie jüngstens in der Filmförderung diskutiert (oder schon tatsächlich durchgeführt?), dass nur noch zu erwartende Massenspektakel Geld bekommen.

    Die Franzosen fördern ihr Kino mit Millionenbeträgen. Du könntest Filme auf diesem Niveau vergessen, wenn die das über Nacht einstellten. Glücklicherweise muss sich dort niemand dafür rechtfertigen, dass er kulturelle Institutionen erhalten will.

    Das Abendland geht nicht unter, wenn die Kulturförderung eingestellt wird, aber das was unser Land ausmacht schon. Wenn wir nicht in der Lage sind, unser kulturelles Erbe und unsere kulturellen Institutionen zu bewahren, dann würde ich lieber in einem Land leben, das überhaupt nicht den Anspruch erhebt, an kulturellen Werten interessiert zu sein.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #6723213  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,243

    dougsahmDer Mensch hat jahrelang Einkommenssteuer, KFZ-Steuer, Mwst. bezahlt und sieht vom Fensterplatz aus auf die aus Steuergelder finanzierte Beleuchtung, Beschallung, Organisation und liegt in der eigenen Kacke.

    Wenn unser Gesundheitssystem solche Fehlentwicklungen zeigt (es ist nicht überall so, man kann auch immer noch sehr positives erleben), dann ist das ein Versagen der dafür zuständigen Politiker, aber es ist bestimmt nicht von Operndarstellern und Stadtfestorganisatoren zu verantworten. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man das eine gegen das andere ausspielen muss. Das tust Du nicht explizit, aber Deine Argumentation behauptet einen unauflösbaren Zusammenhang.

    Übrigens 1: Wenn jetzt das Gegenargument 1 kommt „ Das eine muss das andere nicht ausschließen“, dann antworte ich vorab, dass das nur in eine weitere Staatsverschuldung führt und wir das Problem auf Deine Kinder verlagern.

    Dass ausgerechnet die Kulturetats die Staatsverschuldung verursachen, ist einigermaßen überraschend. Welchen Anteil hat denn Kulturpflege an den Ausgaben der Kommunen, der Länder und des Bundes? 50%, 75%, 90%?

    --

    #6723215  | PERMALINK

    m-c

    Registriert seit: 13.11.2007

    Beiträge: 979

    otisErsteres ist richtig, zweites hat keiner gesagt.
    Auch hat keiner die Umkehrung behauptet: Was gut ist wird gekauft und umgekehrt.
    Wenn ich mich Künstler nenne, Kunstwerke schaffe daheim: Bücher schreibe, Musik mache, Bilder male etc. dann soll ich das tun, muss ich das vielleicht tun, aber woher sollte ich das Recht nehmen, von der Gesellschaft zu verlangen, dass sie mich dafür bezahlt; sie sieht es als mein Hobby. Erst wenn es überpersönlich wird, erst wenn es auch andere interessiert, kann ich darauf rechnen, dass es mir Geld einbringt. Also weil der Markt mich will. Ob ich dann viel verkaufe oder wenig, hängt sicher nicht nur von der Qualität ab.
    Wo ist das Problem?
    Soll etwa jeder bemühte Gitarrenklampfer und jede befreite Ü50-Frau, die ihr Glück in der Malerei findet, gefördert werden?
    (und überhaupt: ich und FDP!?!?)

    Das ist im Grunde auch Antwort auf Staggerlees Punkt 2. Leute setzt euch durch, das muss jeder am Arbeitsplatz oder jeder freie Unternehmer. Werdet gut, seid besser.

    Den Zustand den Otis o. beschreibt, nämlich der Diletantismus welcher einem in der Öffentlichkeit präsentiert wird, mit dem Hinweis: „Kulturfördernd“! Ist der gegenwärtige Zustand in Deutschland. Darüber sind wir uns wohl alle einig.
    Diletanten ziehen sich einen schwarzen Mantel an und entdecken die Welt der Kunst. Sie stülpen sich die Atitüde „Künstler“ über und stolpern vor sich hin. Manche entdecken den BBK für sich, werden irgendwann aglimentiert und fangen selber an zu „unterrichten“. Diletanten bilden Diletanten aus.
    Diesen Zustand gilt es zu ändern. Anstatt mit der Giesskanne irgendwelche Projekte zu unterstützen, sollten wir Ausbildungsplätze schaffen um Talente zu erkennen und zu fördern. Kunst ist wichtig. Für sämtliche Regionen in Deinem Hirn. Der Mensch lebt auch nicht nur von Wasser und Brot.
    Künstler sind wichtig für eine Gesellschaft. Sie schaffen neue Formen der Kommunikation.
    Gute Kunst, schlechte Kunst. Oder gute Musik, schlechte Musik.
    Der größte Teil der Kunst oder Musik Konsumenten, kann gar nicht erkennen, ob es sich um „Gut“ oder „Schlecht“ handelt. Als Fachidiot steht man manchmal Kopf schüttelnd da. Ich sage immer: „Es kann nicht schlecht genug sein, um ein Erfolg zu werden.“ Das bezieht sich nicht nur auf Musik.
    Gut ausgebildete Musiker / Künstler sind Facharbeiter. Das sollte erst einmal in das Bewusstsein von allen dringen. Leute, welche zuhause ihr Bad fliesen, sind ja keine Facharbeiter. Auch wenn sie solche Arbeiten verrichten.
    Wir sollten alle Ansprüche an Kunst stellen dürfen. Und nicht alles konsumieren, was uns so serviert wird.
    Aber wir müssen uns auch um ernsthaftigkeit bemühen. Um Glaubwürdigkeit.
    Was bleibt in 500 Jahren aus unserer Zeit? vermutlich Pornofilme, World of Warcraft und Pop-Musik. Das ist es doch, was unsere Gesellschaft zusammen hält.
    „Gina Wild“ neben der „Mona Lisa“. Und einen Eimer mit Fett von „Joseph Beys“. Und Musik von „Scooter“. Oder was?

    --

    "Schönheit lockt Diebe schneller noch als Geld" William Shakespeare ( 1564 - 1616 )
    #6723217  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    m.c.Den Zustand den Otis o. beschreibt, nämlich der Diletantismus welcher einem in der Öffentlichkeit präsentiert wird, mit dem Hinweis: „Kulturfördernd“! Ist der gegenwärtige Zustand in Deutschland. Darüber sind wir uns wohl alle einig.

    Nein, sind wir nicht. Im Gegenteil, ich halte das für ausgesprochenen Unfug.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
Ansicht von 15 Beiträgen - 121 bis 135 (von insgesamt 397)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.