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bullschuetzIch stimme Dir zu, was die innere Verwandtschaft betrifft, den Flow – aber „um etwa die gleiche Zeit“ war das eher nicht. Can veröffentlichten ihre erste LP zwar auch 1969, aber „Future Days“, auf der die Gruppe wirklich IASW-verwandt flächig und teilweise ambientartig arbeitet, ist von 1973. Bei Neu! ist es ähnlich: Debüt 1972. Da stellt sich für mich ganz konkret die Frage, ob Can und Neu! nicht vielleicht von IASW beeinflusst waren. Ich kenne mich bei den beiden Gruppen nicht genug aus, aber unplausibel erscheint es mir nicht.
Ja, das stimmt, Can und NEU! waren etwas später dran. Vielleicht haben Miles, Can, NEU! – und gypsy bringt außerdem James Brown und sogar Velvet Underground mit ins Spiel – aber zumindest an etwas ähnlichem gearbeitet: Die alten Strukturen zu verflüssigen. Da mag der eine oder andere früher oder später dran gewesen sein und auch zu anderen Ergebnissen gekommen sein und die Einflüsse mögen hin und her und über kreuz gewesen sein. Aber Verwandtschaften scheinen mir erkennbar zu sein. Erstaunliche Querbezüge tun sich da auf.
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)Highlights von Rolling-Stone.deNeu auf Disney+: Die Film- und Serien-Highlights im August
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WerbungDas Williams-Album erschien soweit ich weiss original bei Polydor:
http://www.discogs.com/Tony-Williams-Lifetime-Turn-It-Over/release/2262880Aber ja, die beiden meinte ich natürlich!
VU waren möglicherweise für Lifetime tatsächlich interessant – wegen der agressiven Klanglawinen, die sie lostraten, den ganzen Gitarren-Feedbacks etc. Aber auch da gehen die Bezüge wieder in beide Richtungen bzw. es gibt einen Punkt, wo alles zusammentrifft. The Velvets spielten ein Stück namens „Booker T.“ (in der „Peel Slowly“-Box findet es sich passenderweise direkt vor „White Light/White Heat“ auf der dritten CD, live aus dem Gymnasium, April 1967), in dem der Stax-Einfluss klar zu hören ist.
David Fricke schreibt in seinem Essay im Booklet der erwähnten Box zudem:
There was nothing arbitrary about Reed’s epochal guitar breaks on „I Heard Her Call My Name,“ the closest any rock guitarist had yet dared to get to the exuberant free-jazz squall of saxophonist Ornette Coleman and pianist Cecil Taylor’s shotgun-spray melodicism.
Der Vergleich scheint mir gar nicht gesucht – im Gegenteil, es liegt auf der Hand, dass da Dinge in der Luft lagen. Williams wollte mit seinem Trio dann wie gesagt wirklich die Wirkung einer Rock-Band erzeugen (und das gelang auch, wenn man Zeitzeugen glaubt – die Alben repräsentieren das wie so oft nicht recht, aber dasselbe sagte Lou Reed ja auch im Hinblick auf „White Light/White Heat“).
Dass James Brown in die Melange des Miles der Siebziger gehört, überrascht nicht wirklich, oder? Sly Stone war vermutlich der Musiker, den er offener noch als Vorbild benannte. Das hatten wir hier oder anderswo im Forum ja auch schon: Betty Davis hatte einen wohl nicht geringen Einfluss dabei, Miles mit der (vornehmlich schwarzen) populären Musik jener Zeit vertraut zu machen (Jimi, Sly, JB …), und ich hatte in meinem BFT ja dieses eine Stück (von Jack Bruce – der tauchte ja bei Williams dann auch auf … ohne viel zu bringen, wie ich persönlich finde, aber auch das ein Bezug) von der Columbia-Session, die Teo Macero mit Betty Davis produzierte („we can overdub that later, Teo“).
Die erwähnte Band Browns aus den Sechzigern spielte übrigens auch ein Stück von Cannonball Adderley ein, „Tengo Tango“ (ohne Vocals natürlich, ich glaub Brown sitzt dort am Schlagzeug, hab die CD aber nicht grad zur Hand). Und Robert McCullough, der durchgeknallte Saxophonist der kurzlebigen Bootsy-Band Browns (März 1970 bis März 1971), ist ohne den späten Coltrane und die anderen „wilden“ Tenorsaxer der New Yorker Avantgarde auch nicht denkbar (und ich behaupte das jetzt einfach mal, habe ich mir nie überlegt: Fred Wesley ohne Bennie Green auch nicht).
Und zu allerletzt: so, wie Williams‘ Album heute das Verve-Logo trägt, erschienen die Verve-Alben von The Velvet Underground später bei Polydor (heute ist das ja alles längst bei Universal, aber Verve kam eben schon früher dazu … und als Rock-Outlet ist es ja wirklich nicht bekannt, daher wundert es nicht, dass auf der VU-Box das Polydor-Label prangt).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Verflüssigung der Strukturen – sehr schön! Ich akzeptiere alle genannten inneren Verwandtschaften, möchte aber auch die Unterschiede betonen.
Bei James Brown kam die Erweiterung (was die Spielminuten betrifft) und gleichzeitige Reduzierung (was die harmonische Komplexität betrifft) des Songformats im Prinzip aus dem Tanz-Impuls. Diese Lieder sind von der Tendenz und Intention her eindeutig Tanzvehikel, da hat die Entwicklung ganz viel mit dem Live-Format zu tun, bei dem Songs ausgereizt werden oder auf das reduziert, was live funktioniert (wobei ich damit nicht gesagt haben will, dass man James Brown nicht auch im Ohrensessel hören kann). Bei IASW befällt mich ein total anderes Gefühl, das ist weder Tanz- noch Live-Musik, es ist Abhebmusik, im Studio konstruiert durch Schneideprozesse von Teo Macero. Etwas esoterisch und sicher verkürzt ausgedrückt: IASW lässt einen davonfliegen, James Brown ist erdig. Insofern glaube ich: Ja, Brown war, was die Entgrenzung oder auch Verflüssigung der Struktur betrifft, das „Modale“, das endlose Auskosten eines einzigen Akkords, ein Pionier. Miles hat das bestimmt zur Kenntnis genommen – aber er ist mit dieser Musiziermöglichkeit ganz anders umgegangen und hat total andere Effekte erzielt, auf jeden Fall bei IASW, aber letztlich doch auch bei BB oder OTC.
Und VU? Interessanter, aber für mein Ohr doch eher kühner Vergleich. Ja, die haben Strukturen verflüssigt, hier und dort. Aber wenn ich mir die erste VU anhöre, finde ich unter all dem avantgardistischen Lärm und den für die damalige Zeit sicher verstörenden Texten immer wieder frappierend, wie klar da die Popstrukturen sind, wie eingängig das Songwriting, wie deutlich, wenn auch subtil und von Störsounds überformt, die Traditionseinflüsse bis hin zu Motown. Mit anderen Worten: Ich bin mir gar nicht sicher, ob da die Strukturen wirklich verflüssigt wurden – eher wurden sie schroffer instrumentiert, kantiger inszeniert und hier und da auch verbeult und verbogen. Selbst ein Song wie „Heroin“ ist doch letztlich glasklar: ein Song.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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gypsy tail windDie erwähnte Band Browns aus den Sechzigern spielte übrigens auch ein Stück von Cannonball Adderley ein, „Tengo Tango“ (ohne Vocals natürlich, ich glaub Brown sitzt dort am Schlagzeug, hab die CD aber nicht grad zur Hand).
Und groovte sich bei Live-Auftritten in den 60er-Jahren mit dem „Sidewinder“ von Lee Morgan ein. Natürlich waren diese Musiker auch am Jazz geschult, Wesley, Ellis, Maceo – das gilt im übrigen ja sogar auch für die Motown-Hausmusiker der 60er-Jahre.
gypsy tail windUnd Robert McCullough, der durchgeknallte Saxophonist der kurzlebigen Bootsy-Band Browns (März 1970 bis März 1971), ist ohne den späten Coltrane und die anderen „wilden“ Tenorsaxer der New Yorker Avantgarde auch nicht denkbar.
Ich müsste jetzt etwas länger suchen, um die Aufnahme zu finden – aber es gibt eine Nummer, bei der Brown vor dem Sax-Solo dauernd etwas schreit, das ich immer als „Trane“ verstanden habe. Und dann hupt der Kerl wirklich ein bisschen wie Coltrane los, nur leider, finde ich, funktioniert das nicht wirklich.
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Bei Miles muss man gewiss zwischen Live und Studio unterscheiden. Alben wie „In a Silent Way“ oder „Bitches Brew“ griffen Dinge auf und verarbeiteten sie, es gibt da keinen graden „Rock“ zu hören sondern gewisse Elemente werden übernommen und integriert. Alles andere wäre bei jemandem vom Kaliber eines Miles Davis ja auch eine üble Überraschung. Die Tanzbarkeit hätte er allerdings wohl schon gerne gehabt, er hätte auch lieber das Langhaar-Publikum losgehabt und stattdessen die Afro-Amerikanischen Hipster angezogen, die seine Cover zu zieren begannen (siehe „On the Corner“, „In Concert“) … aber das ging ja doch nicht, weil seine Musik eben zu stark in all dem verwurzelt blieb, was er zuvor gemacht hatte … und Bach faszinierte ihn zur Zeit von „On the Corner“ wohl ebenso sehr wie James Brown – auch das sollte man nicht vergessen.
Miles spielte übrigens schon modalen Jazz, als James Brown noch ein eher schnulziger R & B-Sänger war, der seine Karriere erst grad in Angriff nahm.
Was VU betrifft, so geht es nur um „White Light/White Heat“. Das Album mit Nico hat in der Diskussion hier wirklich nichts zu suchen, da gebe ich Dir völlig recht. Das war in der Geschichte der Band ein Moment (für mich der grösste), in der dieses Aufbrechen wirklich zum Tragen kam und mehr als nur ein Stilmittel unter vielen, mit denen man Songs verfremden konnte, wurde … „Sister Ray“ zu erwähnen reicht da eigentlich schon! Von da fällt es mir dann wie gesagt auch leicht, den Bogen zu Williams‘ Lifetime zu schlagen (daher passt auch das Cover-Zitat, wie ich finde).
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Yep, und nicht nur „Sidewinder“, auch weniger funky Zeugs … kennst Du das 1967er Konzert aus Paris? MP3 gibt’s immer noch auf meinem Blog (Google hilft, ich möchte hier lieber keinen Link plazieren, auch wenn das Ding nie veröffentlicht wurde), Video auch auf Youtube:
bullschuetzIch müsste jetzt etwas länger suchen, um die Aufnahme zu finden – aber es gibt eine Nummer, bei der Brown vor dem Sax-Solo dauernd etwas schreit, das ich immer als „Trane“ verstanden habe. Und dann hupt der Kerl wirklich ein bisschen wie Coltrane los, nur leider, finde ich, funktioniert das nicht wirklich.
Ja, das habe ich auch im Kopf … kann auf „Sex Machine“ oder „Live in Paris“ sein … oder auch auf einer Studio-Aufnahme, das Fehlen von Publikum hielt Brown ja selten zurück. Für sich genommen sind McCulloughs Soli sicher nicht viel, aber im Rahmen der ganzen Band finde ich sie klasse.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Du hast vorhin auf was wirklich Auffälliges hingewiesen, das mir irgendwie auch immer so halbbewusst war: Ja, sowohl die Cover als auch die Äußerungen von Miles weisen darauf hin, dass er sowas wie ein schwarzes Straßenpublikum wollte, Tanz, Sex, Schweiß … aber ehrlich, ich kann den Miles-Platten aus dieser Zeit einiges abgewinnen, aber wie man dem Tanzaffen Zucker gibt, wusste er wohl doch eher nicht. Oder wusste er, was er tat? (Nämlich bei allen oberflächlichen Berührungspunkten doch etwas verdammt fundamental anderes als JB oder Sly)?Das kann ich nicht recht einschätzen.
Nachtrag zum „Modalen“ – was ich vorhin anzudeuten versuchte: Bei Brown ist das sehr schlüssig aus dem herzuleiten, was er auf der Bühne so trieb. Wenn er die Band auf der Stelle treten ließ, um sich selbst einen Klangteppich zum Tanzen zu geben, wenn er Phrasen endlos wiederholte, um das Publikum in den orgiastischen Wahnsinn zu treiben, dann tuckerte die Musik ja schon modal, selbst wenn danach wieder ein ganz konventioneller Soulsong folgte. Wenn die Band nicht einen Strophendurchlauf mit vier oder fünf verschiedenen Akkorden wiederholen muss, sondern auf einem einzigen Akkord rumvampt, ist sie flexibler, rektionsschneller, kann jederzeit auf ein Handzeichen Browns reagieren, die ganze Musik ist ein einziger elastischer Muskel, perfekt trainiert für den Live-Einsatz, um das Publikum zu packen. Das „Modale“ ist zunächst also einfach etwas Praktisches, um die Live-Maschine höchstfunktional zu tunen. Und daraus ergab sich quasi organisch dann die nächste Stufe: Lassen wir doch all die vielen Akkorde weg, lassen wir alle Instrumente dem Groove dienen, machen wir’s doch einfach immer so, wie wir es live sowieso zwischen den eher klassisch songorientierten Passagen schon machen …
Da ging es bei Miles‘ Modalität doch um etwas anderes: um die Befreiung des Solisten, der nicht mehr ins Korsett der vielen Harmonien, die immer nur eine begrenzte Zahl von „richtigen“ Tönen gestatteten, gespannt war, sondern sich melodisch jetzt viel ungehemmter entfalten und nach Bögen jenseits der naheliegenden Klischees suchen konnte und musste.
Was nicht ausschließt, dass JB von Miles beeinflusst war und den modalen Durchbruch auf „Kind of Blue“ wahrgenommen hatte (es gibt ja Leute, die in Cold Sweat sowas wie ein So-what-Zitat hören).
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Irgendwie gefällt mir die Überlegung, „die Befreiung des Solisten“ auch auf Browns Musik anzuwenden – denn das passt auch da, wie Du schön beschreibst …. für den Sänger JB, der Pause machen konnte, wenn er nicht mehr schreiben oder grunzen mochte („Let’s take it the bridge, fellas! Take it to the bridge!“), für den Tänzer JB, aber auch da für den Solisten (gerade Maceo Parker wusste damit auch umzugehen!). Aber ich weiss schon, was Du meinst und das stimmt auch alles. Keine Ahnung, ob Brown sich bewusst am modalen Jazz orientiert hat … er hatte ja für sowas seinen „musical director“ (das war Nat Jones, der 1967 von Pee Wee Ellis abgelöst wurde – beide spielten Altsax, Maceo damals noch vornehmlich Tenor, erst in den Siebzigern, als er nach der Meuterei der Bootsy-Band wieder zurückkehrte – und Fred Wesley der musikalische Leiter war – griff er vor allem zum Alt).
Und wie ich schon schrieb: Miles konnte das wohl einfach nicht, den Übergang zur Tanzmusik. Ich vermute, er hätte sich dafür viel zu sehr verbeugen müssen. Auch wenn er bedauert haben mag, dass es ihm nicht gelang, wusste er vermutlich auch, dass, dass eben gar nicht ging (vielleicht wäre es gegangen, aber dann wäre Miles nicht mehr Miles gewesen). So wenigstens meine Vermutung. Die Musik, die er in den Jahren machte, fasziniert mich aber ungeheuer, Tanzbarkeit hin oder her (mir persönlich ist die herzlich egal, ich höre auch Brown nur im Ohrensessel, wie Du schreibst ;-)).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaMiles Musik hatte jede Menge Soul so richtig tanzbar war eher seine späte Phase in den 80ern.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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gypsy tail windDie Musik, die er in den Jahren machte, fasziniert mich aber ungeheuer, Tanzbarkeit hin oder her.
Mich auch.
@alexischicke: Wenn man Soul nicht als Genre-Begriff nimmt, stimme ich da unbedingt zu – lohnt sich die 80er-Jahre-Phase?
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bullschuetz lohnt sich die 80er-Jahre-Phase?
Ich empfinde sie als durchwachsen. Da gibt’s viel Funkiges, teils sehr gut (z.B. auf „Star People“ und „We Want Miles“), z.T. aber auch etwas flach („You’re Under Arrest“, Teile von „The Man With The Horn“).
Eine Sonderposition nimmt für mich das reizvolle „Aura“ ein – hier steht ein ganz anderes, in sich geschlossenes (skandinavisches…) Konzept mit größerer Besetzung dahinter.Und immer wieder spielt Miles auch in den 80ern Blues (Tipp: Wiederum „Star People“). Ich mag das sehr, auch wenn es eher so ein etwas ätherischer Blues ist (ist das ein passender Begriff, um einen Gegensatz zu „erdig“ zu bilden?). Aber Miles kommt bis zum Schluss nicht weg davon, er trug ihn wohl einfach in sich und zeigte ihn ein Leben lang in unendlichen Schattierungen und Facetten.
Und dann geht’s natürlich auch in die poppigeren Gefilde. Auch hier würde ich sagen: wechselhaft reizvoll. „Amandla“ ist wunderbar. Für mich ein letzter großer Höhepunkt.
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Ja, zu den genannten noch „Tutu“ und mit Einschränkunen vielleicht noch „Man with the Horn“.
Und als Beispiel dafür, wie Miles in der Zeit live klang ist „Heard Around the World“ auch sehr gut (alternativ dazu gab’s mal noch die grosse Montreux-Box … zuletzt auf DVD, ich habe nur die CD-Ausgabe, ein riesiges, teures Teil, das ich zwar selten aber dann mit Genuss aus dem Regal ziehe).
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„(In a Silent Way) is the kind of album that gives you faith in the future of music. It is not rock and roll, but it’s nothing stereotyped as jazz either. All at once, it owes almost as much to the techniques developed by rock improvisors in the last four years as to Davis‘ jazz background. It is part of a transcendental new music which flushes categories away and, while using musical devices from all styles and cultures, is defined mainly by its deep emotion and unaffected originality.
(…)
They say that jazz has become menopausal, and there is much truth in the statement. Rock too seems to have suffered under a numbing plethora of standardized Sounds. But I believe there is a new music in the air, a total art which knows no boundaries or categories, a new school run by geniuses indifferent to fashion. And I also believe that the ineluctable power and honesty of their music shall prevail. Miles Davis is one of those geniuses.“
(Lester Bangs / Rolling Stone / Nov 15, 1969)
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)Bei den Live Konzerte sind aus den 80ern starke dabei wie die Montreux Konzert aus Mitte der 80er da gibs auch eine schöne DVD Box.
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So, habe die Box heute erhalten – allerdings erst zwei CDs gehört. Kannte ja die regulären Fillmore-Alben gar nicht und bin ja auch erst vor kurzem zum elektronischen Miles vorgedrungen – aber die Box hier macht mir wirklich Spaß. Vor allem die coolen Grooves haben es mir angetan. Das ist teilweise echt schon Drum ’n‘ Bass. Dazu ein Miles in Höchstform sowie Chick und Keith an den Keys – ein Grossman-Fan werde ich aber wohl nicht mehr. Teilweise schon sehr energisch, was er macht und manchmal muss aich auch an Gato Barbieri denken – aber er erreicht nicht die Klasse des Argentiniers. Manchmal ist er mir einfach zu hektisch. Insgesamt klingt das alles aber unglaublich futuristisch, gerade auch wenn man bedenkt, dass die Aufnahmen mehr als 40 Jahre alt sind. Abstriche muss man aber beim Sound machen.
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Do you believe in Rock n Roll? -
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