Re: Miles Davis

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gypsy-tail-wind
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Das Williams-Album erschien soweit ich weiss original bei Polydor:
http://www.discogs.com/Tony-Williams-Lifetime-Turn-It-Over/release/2262880

Aber ja, die beiden meinte ich natürlich!

VU waren möglicherweise für Lifetime tatsächlich interessant – wegen der agressiven Klanglawinen, die sie lostraten, den ganzen Gitarren-Feedbacks etc. Aber auch da gehen die Bezüge wieder in beide Richtungen bzw. es gibt einen Punkt, wo alles zusammentrifft. The Velvets spielten ein Stück namens „Booker T.“ (in der „Peel Slowly“-Box findet es sich passenderweise direkt vor „White Light/White Heat“ auf der dritten CD, live aus dem Gymnasium, April 1967), in dem der Stax-Einfluss klar zu hören ist.

David Fricke schreibt in seinem Essay im Booklet der erwähnten Box zudem:

There was nothing arbitrary about Reed’s epochal guitar breaks on „I Heard Her Call My Name,“ the closest any rock guitarist had yet dared to get to the exuberant free-jazz squall of saxophonist Ornette Coleman and pianist Cecil Taylor’s shotgun-spray melodicism.

Der Vergleich scheint mir gar nicht gesucht – im Gegenteil, es liegt auf der Hand, dass da Dinge in der Luft lagen. Williams wollte mit seinem Trio dann wie gesagt wirklich die Wirkung einer Rock-Band erzeugen (und das gelang auch, wenn man Zeitzeugen glaubt – die Alben repräsentieren das wie so oft nicht recht, aber dasselbe sagte Lou Reed ja auch im Hinblick auf „White Light/White Heat“).

Dass James Brown in die Melange des Miles der Siebziger gehört, überrascht nicht wirklich, oder? Sly Stone war vermutlich der Musiker, den er offener noch als Vorbild benannte. Das hatten wir hier oder anderswo im Forum ja auch schon: Betty Davis hatte einen wohl nicht geringen Einfluss dabei, Miles mit der (vornehmlich schwarzen) populären Musik jener Zeit vertraut zu machen (Jimi, Sly, JB …), und ich hatte in meinem BFT ja dieses eine Stück (von Jack Bruce – der tauchte ja bei Williams dann auch auf … ohne viel zu bringen, wie ich persönlich finde, aber auch das ein Bezug) von der Columbia-Session, die Teo Macero mit Betty Davis produzierte („we can overdub that later, Teo“).

Die erwähnte Band Browns aus den Sechzigern spielte übrigens auch ein Stück von Cannonball Adderley ein, „Tengo Tango“ (ohne Vocals natürlich, ich glaub Brown sitzt dort am Schlagzeug, hab die CD aber nicht grad zur Hand). Und Robert McCullough, der durchgeknallte Saxophonist der kurzlebigen Bootsy-Band Browns (März 1970 bis März 1971), ist ohne den späten Coltrane und die anderen „wilden“ Tenorsaxer der New Yorker Avantgarde auch nicht denkbar (und ich behaupte das jetzt einfach mal, habe ich mir nie überlegt: Fred Wesley ohne Bennie Green auch nicht).

Und zu allerletzt: so, wie Williams‘ Album heute das Verve-Logo trägt, erschienen die Verve-Alben von The Velvet Underground später bei Polydor (heute ist das ja alles längst bei Universal, aber Verve kam eben schon früher dazu … und als Rock-Outlet ist es ja wirklich nicht bekannt, daher wundert es nicht, dass auf der VU-Box das Polydor-Label prangt).

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