Labyrinths – Irrlichts Alben-Faves

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    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    Dieser Thread stand schon lange fest, die genaue Zeit hingegen nicht. Vielleicht blieb für mich auch abzuwarten, wann das passende Album kommen würde, mit dem ich diesen Weg beginne. Nun steht vorerst alles, ich habe vor hier nach und nach Alben, die mir mehr als wichtig sind, zu besprechen, irgendwie auch zu analysieren und wünsche mir natürlich gerne die eine oder andere, damit verbundene, vielleicht auch längere, Diskussion, die von Kritik, über weitere, am besten ausgiebig geschilderte, Ansichten bis hin zu totalen Verrissen reichen kann. Da ich momentan mehr oder weniger mitten im Abi stehe, wird es mir wohl nicht möglich sein monatlich etwas zu veröffentlichen (zumindest einmal pro Quartal wäre es mir aber ein Anliegen), auch kann ich wohl nicht mit einer Sachkenntnis aufwarten, wie sie bei Niko, kramer, Tina, Mikko (herzlichen Dank an dieser Stelle, einige Texte eurerseits haben mich mehr als inspiriert und mitunter erst dazu bewegt dieses „Projekt“ in Angriff zu nehmen) und anderen in ihren Favoriten-Threads oftmals durchscheint. Vielleicht aber dennoch zum einen oder anderen „Aha-Erlebnis“ beitragen oder zumindest ein wenig Freude bereiten. Passt jetzt vielleicht auch ganz gut zu Weihnachten.

    front.jpg

    Portishead – Third
    (Universal Island Records – 2008)

    Der Zahl 3 wird in vielerlei Hinsicht große Bedeutung zugemessen. Schon in vielen biblischen Weltbildern wird die Welt in drei Etagen unterteilt – Himmel, Erde und Unterwelt. 3 Mal lockt der Teufel in der Wüste Jesus mit sanften Worten, 3 Wünsche werden den Helden der Sagenwelt gewährt und an der Zahl sind es 3 Heilige aus dem Morgenland – genauso bildet die 3 das bindende Glied, das eine Verhältnissetzung oftmals erst ermöglicht. So findet man zumeist zwischen den Extremen einen mittleren Weg, den Ausgewogenen, der nicht selten Ansichten und Wege der extremen Parteien mit sich bringt, diese aber nicht derart konsequent verfolgt. Die goldene Mitte eben. Auch umfasst der Lebenszyklus 3 Phasen, ausgehend von Jugend, über Entfaltung und innerer Ausrichtung, bis schließlich Alter und relativ gefestigte Ansichten die dritte Phase einnehmen. Selbst die Mondphase stützt sich auf einem Dreierrhythmus, der nach dem Neumond erst anwächst, bei Vollmond seine stärkste Kraft besitzt und entfaltet und anschließend wieder schrumpft. Überdies ist es übrigens allerdings der erdähnliche, aber weitaus kühlere, rostrote Planet Mars, der stellvertretend für die 3 steht. Die 3 steht ebenso für Dreifaltigkeit oder auch Trinität, deren Grundordnung die Einheit aus „Vater“, „Sohn“ und „heiliger Geist“ darstellt, auf der sich die christliche Theologie stützt.

    Die 3 steht nun aber auch für das dritte Album der britischen (Bristol) Trip-Hop Band Portishead um Beth Gibbons, Geoff Barrow und Adrian Utley, die sich 2008 – nach über 10 Jahren – wieder mit einem neuen Album aus der Versenkung zurückmeldet, welches schlicht „Third“ genannt wurde. Alles andere als selbstverständlich – hatte der einstige Tourstress und die zerbrochene Beziehung zwischen den beiden Produzenten Barrow und Utley doch 1998 zum raschen Aus der Band geführt. Die Zukunft der Band dürfte ungewiss gewesen sein, im Verlauf der nächsten 5 Jahre konzentrierte man sich auf Solo-Projekte – Beth Gibbons Arbeit mit Paul Webb (Talk Talk), unter dem Pseudonym Rustin man, für das Album „Out of season“ (2002) dürfte wohl das Bekannteste sein (welches dem Schreiber dieser Zeilen aber bislang noch gänzlich unbekannt ist). Soweit denn überhaupt weitere Werke seitens der anderen beiden Mitglieder zu vermelden wären, leider findet man diesbezüglich größtenteils gähnende Leere vor. Immerhin zeigen sich der 50jährige Utley und der am 9.Dezember 37 Jahre alt gewordene Barrow für die Produktion des dritten The Coral Albums „The invisible invasion“ verantwortlich. Was die beiden überdies in diesen langen Jahren getrieben haben bleibt im Halbdunkeln, Indie-Soundtracks produziert hier (Utley) (zudem noch ein 1999 veröffentlichtes Album, „Warminster“ mit Mount Vernon Arts Lab), Australienreise dort (Barrow). Und letztlich wäre dann noch die gemeinsame Aufnahme des Tracks „Motherless child“ mit Tom Jones (auf dessen Album „Reload“ erschienen (auf welchem auch seinerseits ein Cover der Portishead Single „All mine“ zu finden ist).

    Es lässt sich wohl davon ausgehen, dass die Band diese Jahre mehr als benötigte, zur Erholung sicher, wenngleich mehr sekundär, aber in erster Linie zum Auffinden eines neuen Weges, einer neuen Ausrichtung. So sehr man sich als Fan vielleicht ein zweites „Portishead“ gewünscht hätte – mit eben letzterem wurden die bestehenden Grenzen ausgelotet und zumindest auf dieser Ebene alles gesagt. Was hätte in einem sonst zumeist üblichen 2 Jahresrhythmus einer möglichen Entstehung mehr heraus kommen können, als ein (womöglich ausgemergelter und größtenteils unbrauchbarer) Aufguss des Vorgängers ? Portishead entschlossen sich (glücklicherweise) nicht für den Weg der schnellen Produktion, Masse statt Klasse, sondern schneiderten für sich ein neues Gewand, das aber dennoch typisch Portishead ist und bleibt.

    For the next few years, the band members concentrated on solo and other pursuits. In February 2005, the band appeared live for the first time in seven years at the Tsunami Benefit Concert in Bristol. Around that time Barrow revealed that the band was in the process of writing its third album.

    Der Entstehungsprozess von “Third” sollte nun ebenfalls mit Komplikationen verbunden sein, laut Aussagen seitens der Band wurden zweimal die gesamten Aufnahme zu ihrem neusten Studiowerk entsorgt, da sie ihnen zu nah an ihrem alten Sound waren – eine Band, die sich selbst nicht mit aufgewärmter Alltagskost zufrieden zu geben scheint und in stetigem Selbstzweifel lebt – nicht anders also, wie sich auch ihre Musik selbst präsentiert, musikalisch wie auch vor allem textlich.

    Esteja alerta para as regras dos três
    O que você dá, retornará para você
    Essa lição, você tem que aprender
    Você só ganha o que você merece

    Portishead sind, was den Aufbau ihrer Alben angeht, keine Freunde der sanften und hörerfreundlichen Steigerung. Wie schon beim Vorgänger „Portishead“ findet man sich auch bei „Third“ bereits beim Opener mit einem der härteren Abschnitte des Werkes konfrontiert.
    „Silence“ ist eine holpernde Dampfwalze, mit einem knöchrigen Beat unterlegt, die bereits nach wenigen Sekunden verkündet, wohin die Reise mit „Third“ gehen wird. Was ohnehin die Stärke Portisheads war und ist. Die Tracks benötigen keine Aufwärmübungen – sie sind sofort präsent, erreichen den Hörer unmittelbar (soweit er sich denn nicht dagegen sträubt), zerren sofort in ihren dunklen Kosmos aus Trauer, Verzweiflung und Unsicherheit. Es gehört fürwahr Mut und Selbstvertrauen dazu, schon zu Beginn mit so erstaunlich schwermütiger Kost zu beginnen (wobei Portishead da natürlich leider (?) reichlich wenig Alternativprogramm zu bieten hätten).

    „Silence“ ist für mich einer der Stützpfeiler des Albums, zudem mitunter der aggressivste Track (von „We carry on“ vielleicht abgesehen, wobei dieser den Hörer auf eine andere Weise zu erreichen versucht). Die ersten Worte ähneln einer verstörenden Funkübertragung, ehe „Silence“ wütend losmarschiert und den Weg zum Hörer sucht. Keiner Konfrontation scheut. Unter den Beat mischen sich aufhellende Synthiefetzen und tiefe, morbide, Gitarrenlinien, bis das Biest irgendwann zum abrupten Stillstand kommt und sich nur noch in einem Raum mit der Sängerin befindet, die entschlossen, dennoch gebrechlich und ängstlich, ihre Lyrik aus Vorwürfen und Weltschmerz in selbigen zittert.

    Did you know when you lost ?
    Did you know when I wanted ?
    Did you know what I lost ?
    Do you know what I wanted ?

    Portishead lebt stark von ihrer Sängerin – sie bildet das Bindeglied, die der Musik ihre unverwechselbare Identität gibt und die Albumtracks konsequent aneinander knüpft. Selbige sind aufgefächert und bieten ein breites Spektrum, womöglich mehr, als das noch auf den Vorgängern der Fall war. Die Band arbeitet überdeutlich mit starkem Kontrastprogramm, widernatürlichen Rhythmen und schief liegenden Tönen und Melodien. Nicht zum reinen Selbstzweck, finde ich, ein Maximum an Spannung (gerne auch Druck) und Tiefendimension wurde damit erreicht – Atempausen gibt es eher selten.

    Bevor man mit „Hunter“ wärmere Gefilde betritt wird man – nach der kurzen Gesangseinlage Gibbons – allerdings noch mit der abschließenden Wirkung von „Silence“ vertraut. Gegen Ende hin steigert sich der Track immer weiter, wird tragischer, verstörter, psychotischer, aber auch zerbrechlicher und gewissermaßen durchschaubarer, ehe er plötzlich ohne Vorwarnung in sich zusammenfällt – ein abruptes Ende, was bei mir bis heute Fragezeichen hinterlässt. Ich deute es wie es ist – ein Zerfall, ein innerer Zusammenbruch, ein bildhafter Totalabsturz. Natürlich hätte man ihn langsam leiser werdend ausspielen können, das wäre aber wohl nicht Portishead 2008. Es hätte dem Track seine Besonderheit genommen, hätte ihn zu einem – von der Härte abgesehen – relativ typischen Opener gemacht. „Silence“ wirkt für mich in dieser Hinsicht etwas wie Katatonia’s „Omerta“, welches mit dem Tod des Protagonisten abschließt und nur Zeit für kurze, letzte und endgültige Worte lässt. Eine verzweifelte Nachricht an die Nachwelt. Überdies gibt es allerdings mit diesem Stück keine Schnittpunkte, vielmehr erinnert mich „Silence“ vehement an The Cure’s „Pornography“, speziell gerade an den Titeltrack, der einen fast identischen Spannungsbogen besitzt (flirrende Stimmen zu Anfang, stampfende, energiegeladene Einläutung, plötzlicher Gesangseintritt, recht rasches Ende).

    „Hunter“ ist in seiner Wirkung weitaus freundlicher und feiner, mehr melodie-, weniger rhythmusbetont und schwerfällig. Im Grunde ist es neben „Thr rip“ und dem Übergangstrack „Deep water“ das sanfteste Stück des Albums „Third“.

    „Hunter“ klingt als taumle der Protagonist auf der Suche nach Unterkunft und Geborgenheit angeschlagen durch die – von Nebelschwaden durchzogenen – Hinterhöfe einer dunklen, urbanen Gegend. Angst vor dem Morgen, froh die lange, schwere Reise bereits hinter sich zu haben. Wo ist das Ziel – was ist überhaupt das Ziel ? Wo sind die Anhaltspunkte ? Was wird sein, was ist ?

    I stand on the edge of a broken sky
    And I will come down; don’t know why
    And if I should fall, would you hold me?
    Would you pass me by?
    For you know I’d ask you for nothing
    Just to wait for a while

    So confused
    My thoughts are takin‘ over
    Unwanted, arising space me instead
    Won’t let go

    Der Track wirkt weich und transparent, teilweise fast surreal und wird nur von kleineren Stormstößen und einschlagenden Impulsen unterbrochen – im Hintergrund dröhnt ein schiefer Bass, der „Hunter“ zumindest ein Mindestmaß an Härte verleiht.
    (3:06): Die Stimmung kippt, ein Schlagzeug erhebt sich klirrend aus dem Abgrund, eine eiernde, warme Sequenz lässt den Hörer für ein paar wenige Momente in Besinnung und Gefühl der Einkehr schlummern, ehe „Nylon smile“ ebenso rasch einen weiteren Schlenker vollzieht und den Hörer in das Nächste der elf Szenarien geleitet.

    Portishead_2008_Universal_377.jpg

    „Nylon smile“ erscheint perkussionbetont, lebt von seinem seidigen, fast bedrohlichen Rhythmus und wirren Takt. Inzwischen hat der Protagonist den Weg in eine nahe gelegene Bar gefunden und blickt nun angeschlagen, im Zustand langer, unerholter Nächte, durch die dicken Rauchfäden und exstatisch tanzenden Menschen auf der Fläche zu seiner Rechten. Die Atmung fällt zunehmend schwerer, die Lage wird dramatischer, die Stimmung verzweifelter.

    I’d like to laugh at what you said
    but I just can’t find a smile

    Erinnerungen durchziehen den Abend, in letzter Konsequenz kommt die Person zu keinem annehmbaren Ausweg, lediglich eine bittere Erkenntnis bleibt. Die Zeit steht still, die Menschen im Raum sind nun lediglich Bestandteil einer Illusion.

    I can’t see nothing good
    and nothing is so bad
    I never had a chance
    to explain exactly what I meant



    In der Stadt geht ein weiteres Mal die Sonne auf. Der Protagonist erwacht, blickt in den klaren Himmel – warme Strahlen fallen ein – und sieht verzückt die Wolken wie kleine Schiffchen über der Stadt treiben. Alles nur Traum gewesen, alles nur böse Vorahnung oder gar ganz falsche Annahme ? Wo bin ich hier, wie kam ich hier her ? Wieder nur weitere Fragen – keine abschließenden Antworten. Gefasst schaut er – die langen Leinengardinen fest umklammert – ein weiteres Mal in den Himmel hinauf, der Blick fällt wieder auf die bedächtigen, erhabenen, tummelnden, aber dennoch freien und freundlich wirkenden Aerosolgebilde. Die Gedanken schweifen ab, man sieht sich selbst mit jenen über den Türmen und Feldern ziehen – rastlos, überall fremd, aber dennoch glücklich, isoliert, ungezwungen. „The rip“ ähnelt einem Fallschirmsprung aus 4000 Meter Höhe, gleichsam einem Sprung ins Ungewisse.

    Im Verlauf werden Heerscharen aus weißen Pferden beschworen, eben diese, von denen sie sich wünscht davon getragen zu werden. Wohin ist Nebensache, bloß fort von hier, raus aus der Dunkelheit, die so lange Gefängnis der Sinne war.

    Wild, white horses
    They will take me away
    And the tenderness I feel
    Will send the dark underneath
    Will I follow?

    Das verzaubernde “The rip” wirkt wie ein kleiner Abschluss, vielleicht gerade dadurch auch etwas wie ein Fremdkörper des Albums. Ein sanfter Hoffnungsschimmer wohl. Womöglich auch der Punkt der Annerkennung, fraglos war es nötig die Glassplitter aus den Gelenken zu entfernen, die man sich bei „Nylon smile“ zugezogen hatte.

    Ein Augenschlag später erfolgt wieder der Sturz ins Bodenlose. Es war doch alles so gewesen, wie man es nie wollte. Ohne Hoffnung, ohne Zukunft, ohne Freude – nur Kummer und Leid und Verderben. Und wieder zerspringt die Welt. Alles ist vergänglich.

    I wonder why
    I don’t know what you see

    Die Gedanken werden wieder finsterer, wieder die alte Rolle, das gleiche Muster, ein identisches Gefühl. Furcht, Einsamkeit, Isolation. „Plastic“.

    On your stage
    A show that you create
    All by yourself
    I am nowhere

    Beth Gibbons beschreibt in meinen Augen klassische Verlustängste, nicht nur hier, zumeist, auf Albumlänge.

    Don’t you know life turns me
    Always wants me
    I can hardly pray

    Eine letzte Bitte um Verständnis, Annerkennung, vielleicht gar Annahme, für mehr reicht die Kraft nicht aus. Im Hintergrund kreist die Melodie wie ein schwerfälliger, spiegelglatter Boomerang, stets kurz davor abzustürzen und alles unter sich zu begraben. Immer wieder, für ein paar wenige Momente, verschwindet diese, gewährt der Atemlosigkeit seinen Platz im Glasshaus. Gibbons liefert sich mit dem später aufkommenden preschenden Dröhnen und Donnern ein eisernes Duel, der beängstigende, wabernde Synthiesound steht ortsfest im Raum, erdrosselt alles um sich – am Ende sind es die metallischen, stampfenden, unaufhaltsamen Klänge, die stehend zurückbleiben. Nur der Schmerz hat Bestand.

    „We carry on“ ist für mich der zentrale Punkt des Albums, der Kern, der in seiner verstörten, klaustrophobischen Atmosphäre und all seinen verwinkelten Seitengängen, einem aufgewühlten Traum ähnelt.

    The taste of life
    I can’t describe

    “We carry on” schnürt schon nach wenigen Sekunden die Bereiche der Kehle radikal zu und wirkt auf mich als Hörer beinahe wie ein Nahtoderlebnis. Ein zuckender, konfuser Beginn, mehr und mehr treten weitere Elemente ins Klangbild, fügen sich zu einem zerstörenden, zermürbenden Ganzen. Allmählich fängt die Luft Feuer, die Räume stehen in Flammen – aber nicht nur diese, bald das ganze Gebäude, die ganze Umgebung. Nach und nach verschlingt der Track das ganze Universum. Der stampfende Beat, die flimmernden Geräusche im Hintergrund, die knirschenden Stromgitarren – all das unterstützt und bekräftigt die Dramatik und auch Dynamik dieses Stücks. Die Stimme thront wie ein mahnender und zugleich klagender Fluch über allem. Dieses Stück Musik beschreibt für mich die Essenz und Klasse des gesamten Werkes (erinnert mich thematisch übrigens an das wunderbare „The other shoe“ der Eels, auch wenn musikalisch auf einer ganz anderen Baustelle spielend), ist auch mein eigentlicher Favorit, zieht einen konsequent zu den dunkelsten und gefühlt grausamsten Orten der Gedankenwelt – eigentlich paradox, wo doch im Grunde nur (kläglich ?) versucht wird das Leben zu beschreiben, in all seinen Facetten und (eventuellen) Farben. Die Aussage Portishead würde wie ein Hybrid aus Einstürzende Neubauten und Joy Division klingen, ist vielleicht gar nicht so abwegig, wie mir hier auffällt. Zuletzt eine erneute bittere Erkenntnis und ein ungläubiger Ruf an Verstand und Urteilsgabe.

    The pace, the time,
    I can’t survive
    It’s grinding down the view
    Breaking out which way to choose
    A choice I can’t renew

    I bleed, no place is safe
    Can’t you see the taste of life ?

    “We carry on” endet verstört und knüpft an das – zumindest musikalisch – recht ähnliche „Machine gun“ an, wenngleich ungleich nuancierter. Auf eine andere Weise, sicher, aber ich bin eigentlich ganz froh, dass dieser brodelnde Vulkan aus Ängsten und Gefühlen, zumindest für eine paar wenige Sekunden, nicht mehr kocht. „Deep water“ wirkt wie eine kleine Offenbarung, ein Übergangstracks dennoch, der die beiden aggressiven, aufwühlenden Stücke aber verknüpft und gleichsam wunderbarerweise auch abschwächt. Zumindest einen besinnlichen Moment gewährt, neue Kraft schöpfen lässt.

    „Deep water“ ist für mich bisweilen ein Fremdkörper, denke, das will und muss er eigentlich aber auch sein.

    I’m drifting in deep water
    Alone with my self-doubting, again
    Try not to struggle this time
    For I will weather the storm

    Ein paar wenige Momente der Ruhe, die sich der Protagonist – mit Ukulele in der Hand -, vor dem anschließend hereinbrechenden Sturm aus dumpfen Beats und weinenden Stimmen, gewährt. Tatsächlich irgendwie „drollig“ und herzallerliebst.

    „Machine gun“ ist für mein Dafürhalten – auch wenn es verwundert – eine gut gewählte Single (als Download und 12″ erschienen) und alles andere als „zu hart“. Der Track ist nur oberflächlich von Härte, der Gesang bildet einen so starken Kontrast dazu, dass er doch wieder zerbrechlich, fast schon bereits zerbrochen wirkt. Wie schon in „Hunter“ sieht man sich „on the edge of a broken sky“ stehend, in die weiten Abgründe der Welt blickend – „Machine gun“ verhält sich hier wie ein kleiner, aber kraftvoller Befreiungsschlag. Die Interpretation bezüglich des Selbstmords ist daher womöglich gar nicht so weit hergeholt und durchaus denkbar. Die Aufgabe des Jetzt und Hier’s, das endgültige Hingeben und Annehmen der misslichen Situation.

    Besonders tragisch sind für mich bereits die einleitenden Zeilen:

    I saw a saviour
    a saviour come my way
    I thought I’d see it
    at the cold light of day
    but now I realise that I’m
    Only for me

    Das Erkennen der trostlosen Lage, stets war man alleine gewesen, alles war nur Einbildung, nur Schein – eine trügerische Wirklichkeit die man gelebt hatte. Und wieder eine abschließende unterschwellige Bitte, ein Kniefall und anheim geben der eigenen Gefühle.

    If only I could see
    You turn myself to me
    and recognise the poison in my heart

    Dennoch scheint „Machine gun“ offensichtlich auf Annerkennung und großflächige Begeisterung zu stoßen, offizielle Fakten geben einen Eintritt in die Single-Charts des UK an (30 März 2008: #52) – der Erste seit 1998 (damals mit „Only you“ des zweiten Albums „Portishead“). „The rip“ erreichte immerhin noch Platz 200.

    Die Geräusche, die „Maschine gun“ zu dem machen was es ist, stammen übrigens von einer gesampelten Orgel und nicht – wie man meinen könnte – von einem MG (wobei der Sound durchaus an die Schießeisen aus Counterstrike erinnert).

    Nach den undurchdringbar wirkenden letzten Klängen “Machine gun’s” – das Ende wirkt wie ein erlösender Abschluss (oder aber auch (Selbst)Abschuss) – könnte man meinen, das Album sei zu Ende – nach meiner Meinung wäre es übrigens tatsächlich auch ein stimmiges Ende der Platte gewesen (wobei ich mir dann eine etwas verlängerte Form des Endes durchaus gewünscht hätte).

    85980.jpg

    Dem ist nicht so, eine sanfte Gitarre, von ebenso sanftem Gesang begleitet, läutet einen weiteren Ruhepol des Albums ein. Zumindest indirekten. „Small“ ist ein Track mit konsequenter Steigerung, der irgendwann aus seiner monotonen Lage ausbricht und knirschend die Konfrontation sucht. Zuvor zerrt er tief in den Abgrund, „Machine gun“ als stimmige Vorbereitung und mit erwirkter Steilvorlage, wieder zu den „deep waters“- in die tiefen, dunklen, kalten Meere. Ein erneutes Mal wie die Wünsche und Hoffnungen abgestürzt. Der Abschnitt stellt – wie eigentlich das gesamte Album – einen inneren Monolog dar – in diesem Falle augenscheinlich existenzielle Fragen nach „Wer bist Du in der Zukunft, wer – bzw. auch was – jetzt ?“. Immer noch den bitteren Wein auf den Lippen drehen sich die Schalter wieder, die Gesinnung schlägt um, die „Opferrolle“ wird beschworen – aus der Frage wird erstmals (?) eine Antwort oder aber zumindest klare Aussage:

    Hating the lord
    Hating the lord
    Hating the lord
    Hating the lord


    Failure again
    Tried to pretend
    Who you were then
    Who you are now

    Die obligatorische Zigarette und ein halbvolles Weinglas in der Hand versumpft der Protagonist ein weiteres Mal in seiner Melancholie, stirbt tausend Tode, geradezu gnadenlos hämmert nun der Beat, wie die bittere Erkenntnis, auf ihn ein. Weiter und weiter, kontinuierlich. Am Ende liegt er zusammengekauert, schwer angeschlagen, neben den Scherben, atmet schwer, saugt sich die letzte Lebenskraft aus dem Leib. Doch es bringt nichts, die Schläge enden nicht, beginnen von vorn, existieren beständig.

    Die dritte Single „Magic doors“ – durchaus passend, weil leichter zugänglich – ist in seiner Bedrohlichkeit wieder weitaus abgeschwächter. Textlich natürlich keineswegs:

    To describe this sense absurd
    Try to resist my thoughts but I can’t lie

    All the muse in myself
    My desire I can’t hide
    No reason and I thought

    “Magic doors” ist – trotz seiner Länge – für mich mehr als Übergangsstück zu sehen. Es ebnet den Weg für den endgültigen Abschluss, der in Form von „Threads“ wenig später eingeläutet werden sollte. Wieder die Suche nach Antworten, nach Rat, nach Wahrheit – nach einem Ausweg, einer „magic door“ ins Glück vielleicht. Nicht selten wird auf der geistigen Ebene die Tür als Symbol gewählt, nicht zuletzt von den hochspirituellen The Doors selbst. Der Gang in eine andere Welt, in die Erlösende, vielleicht Glücklich – und Heilere. Soweit denn der Freitod nicht zuvorkommt.

    „Threads“ beschließt dieses einzigartige Album mit einem, eigentlich unüblichen, aber dennoch stimmigen Ende. Der Track ist mit all seiner Tragweite vielleicht der Wichtigste des gesamten Albums, ein letzter Impuls in Herznähe sozusagen. Er beginnt weich, fast zärtlich, grelles Licht umscheint die kahlen Gebilde, ein leises Schlagzeug untermalt die morbide Stimme, die sich mit letzter Kraft die nötige Luft, für die wirklich letzte Worte, aus der Lunge reißt.

    I battle my thoughts, I find I can’t explain
    I’ve travelled so far, but somehow feel the same

    Ich bekämpfe meine Gedanken – ich erkenne, dass ich sie nicht erklären kann
    Ich reiste so weit, aber irgendwie fühlte ich stets das Selbe.

    Eine tragische Geschichte die mit einem letzten Aufgebehren, letzten echoartigen kläglich-verzweifelten Schreien und schließlich kompletten Absturz endet.

    Vor dem geistigen Auge sieht man die schweißgebadete Beth mit letzter Kraft das Mikro an die Wand knallen und anschließend in sich zusammenbrechen.

    I’m always so unsure
    I’m always so unsure
    I’m always so unsure
    I’m always so unsure

    Stand, stand, damned one

    Damned one
    Damned one
    Damned one

    I am one
    Damned
    One

    Where do I go?

    There is no dark side of the mind really. Matter of fact its all dark. Der Abschluss gestaltet sich genau so, wie er es sollte. Vergangenheit ist Gegenwart wird Zukunft, nur durch Schatten getrennt.

    Der Fallschirm hat sich nicht mehr geöffnet.

    beth_gibbons.jpg


    „Third“ ist Kopfkino, erschafft nicht nur vereinzelte Bilder, sondern gleich ganze Landschaftsstriche – trostlose zumeist, ja, sicher. Bildhaft erkennt man, halb geblendet, schwach beleuchtete lange Korridore, grau in grau, endlose Gänge und Etagen, Tag für Tag, ein Leben lang gar. Zumeist fensterlose Gebäude, die einzige Lichtquelle ist eine matte, halb runterhängende Neon-Röhre, die auf die grauen Steingewölbe einen glänzenden Schimmer zaubert. Portishead ist keine Musik von Farbe, beinhaltet wenig Leben(swille) (nicht mit Gefühllosigkeit gleichzustellen), ich würde jedem, der das bezweifelt, raten einen Stift zur Hand zu nehmen und beginnen zur Musik etwas zu zeichnen/malen. Für mein Dafürhalten entstehen dabei zumeist karge, abgefressene Landschaften und zerfallene Gebilde, morbide Gestalten oder letztlich gebrochene Gesichter.
    Ich habe das Album während des Schreibens dauerhaft gehört und kann für mich festhalten, dass es definitiv kein Album ist, welches für die eigene Psyche wirklich förderlich ist. „Third“ zerfrisst, baut eigentlich nie auf, lebt in seinem isolierten, windigen, aber ansonsten eiskalten Königreich aus Eis und Schnee. Dennoch ist es für mich eines der interessantesten und intensivsten Angelegenheiten seit langer Zeit, was größtenteils der enormen Spannung geschuldet sein dürfte. „Third“ zapft kontinuierlich Freude ab, (“I just can’t find a smile”) lässt letztlich nur kahle Flächen übrig, fasziniert aber vielleicht gerade dadurch ungemein. Ich kann nachvollziehen, dass man evtl. gar angewidert den Kopf abwendet – das Album schlägt aufs Gemüt, zieht runter, wer das nicht will, wird mit ihm niemals zurecht kommen können.

    Wobei für mich übrigens eine Frage aufkommt: Wieso kommt Portishead mit „Third“ fast generell so gut an ? Hängt noch der Gedanke an frühere Großtaten beim Hören, Nostalgie also, über „Third“ ? Nicht falsch verstehen, „Third“ ist besonders, aber alles andere als einfache Kost, vielleicht habe ich durch meine längere Beschäftigung mit extremer Musik hier einen kleinen Vorteil, aber wieso kommen so viele plötzlich – und offensichtlich auch nur hier – mit dieser verstörenden, beklemmenden Symbiose aus Angst und Trauer zurecht, wo man doch sonst bei jedem lauten Schreien und tiefen Bassanschlag für gewöhnlich schnell das Weite gesucht hatte ? Würde mich sehr interessieren.

    Dabei ist es gar nicht mal so anders wie sein Vorgänger, der mir eigentlich sogar extremer erscheint. Bei „Portishead“ hat man eine verbitterte Beth vor sich sitzen, die sich brutal auf die Lippen beißend ihre Flüche von der Seele singt. Reichlich garstig zumeist (ich denke gerade speziell an „Cowboys“ oder „Elysium“). Womöglich ist „Third“ avantgardischer, differenzierter, vielfältiger und weniger Trip-Hop betont, letztlich sind das, zumindest für mich, aber nur Worte. Das hier vorliegende Album ist für mich das Offenste der Drei und jenes, welches mit dem größten und breitesten Spektrum aufwartet. Nach „Western eyes“ („Portishead“) klang die Band noch hungrig, mit „Third“ scheint man einem endgültigen Abschluss nahe zu sein. Wobei das meinerseits nur Spekulation ist, hat die Band doch bereits ein viertes Album bestätigt (aber was sollte nach „Third“ eigentlich denn noch kommen ?):

    Nach dem diesjährigen „Third“ planen Portishead bereits ihr viertes Album und die passende Tour, wie Geoff Barrow der BBC verriet:

    „When everyone’s had a bit of a break, I think we’re just going to plough onto it […] And I think everybody at some point wants to get back out on the road, because we didn’t really do an awful lot of live stuff.“

    Man kann sich wohl auf einen etwas experimentelleren Release einstellen:

    „What’s really interesting is that we’re in this lucky position now. We haven’t got a record company; our deal ended and so did our publishing deal […] So we pretty much own all of our own rights now, which is scary as well as exciting really, so we’re thinking of loads of different ways of doing things.“

    Wobei ich nicht weiß, was ich davon halten soll. 11 Jahre und dann bereits so schnell ein neues Album ? Wie sollte man den eigenen Ansprüchen (und natürlich auch den mindestens ebenso enormen der Hörer bzw. Fans) denn so schnell gerecht werden ?

    Wo Barrow doch selbst für eine sorgsame Rezeption von Musik plädiert (was einem schnellen „Raushauen“ neuen Materials, wie ich finde, irgendwie – wenn auch nur indirekt – konträr gegenüber steht):

    „Der Grund ist das mangelnde Interesse daran, interessante und anspruchsvolle Musik zu fördern. Ich meine, man sollte einmal die unfassbare Menge an Kohle, die für… sagen wir: die Killers rausgehauen wird, in ein musikalisches Äquivalent von, von mir aus: Arcade Fire investieren – und staunen, was dann dabei herauskommt. Es traut sich aber niemand mehr irgendwas, und das ist das Problem. Wenn du eine interessante Band unter Vertrag hast, dann kannst du fast schon davon ausgehen, dass das Radio sie nicht spielen wird, eben weil sie interessant ist. Es ist ja eigentlich eine feine Sache, dass das Publikum so viel Macht hat. Aber was macht es mit dieser Macht, was wünscht es sich? Es wünscht sich 24 Stunden James Blunt.“

    Wo die Reise mit Portishead nach „Third“ führen wird, bleibt für mich bisweilen ungewiss – schön in diesem Sinne allerdings ein abschließendes Statement seitens Utleys:

    „Wir sind noch immer auf der gleichen Straße. Nur schon etwas weiter.“

    Wir sind gespannt.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #6937541  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    #6937543  | PERMALINK

    fletcher

    Registriert seit: 29.07.2008

    Beiträge: 3,021

    Das ist einfach großartig geschrieben, Daniel. Großes Kompliment. Das Album liegt mir nicht, dass weißt du, aber vielleicht versuch ich es einmal und les dabei deinen Text. Vom Aufbau her ist der Text ebenso klasse,(bedeutung der Zahl 3). Jetzt trau ich mich kaum, einen Thread für meine Faves zu eröffnen, was ich auch vorhatte.

    --

    Well I'm going where the water tastes like wine We can jump in the water, stay drunk all the time.
    #6937545  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,064

    Ein gewaltiger Text, Irrlicht, den man am Bildschirm eigentlich gar nicht lesen kann. Ausgedruckt ist er fast 10 Seiten lang (mit Bildern)! Ich hoffe sehr, dass er deshalb nicht von all zu vielen als „zu lang“ abgetan wird. Es lohnt sich, ihn zu lesen!

    Ich habe ihn gelesen während ich das (immer noch exzellente) Album ein weiteres Mal gehört habe. Ich finde ausgezeichnet, dass Du versucht hast, dem Album Kontext zu verleihen, also ein an Orten und Zeiten ausgerichtetes Szenario zu entwerfen, das den Protagonisten (oder vielmehr die Protagonistin) in einen Kontext einbettet.

    Die Umsetzung ist Dir hervorragend gelungen. Man kann natürlich immer über Details diskutieren: „The Rip“ könnte man sich ebenso gut als Beschreibung eines Drogenrausches vorstellen oder als geistesabwesendes Dahindämmern, aber darauf kommt es nicht wirklich an. Wichtiger ist, dass Du wirklich tief in die Thematik und den Charakter des Albums eingedrungen ist – tiefer als Dir manchmal lieb zu sein scheint – und dass es Dir gelungen ist, das Gehörte als Ausgangspunkt einer Interpretation zu nehmen, die eine glaubhafte und nachvollziehbare Deutung des Albums darstellt. Grandios!

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #6937547  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

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    FletcherDas ist einfach großartig geschrieben, Daniel. Großes Kompliment. Das Album liegt mir nicht, dass weißt du, aber vielleicht versuch ich es einmal und les dabei deinen Text. Vom Aufbau her ist der Text ebenso klasse,(bedeutung der Zahl 3). Jetzt trau ich mich kaum, einen Thread für meine Faves zu eröffnen, was ich auch vorhatte.

    Ach was, mach nur. Wenn man sich da Zeit lässt, rechechiert und mit ordentlich Herzblut rangeht, kommt da schon was – zumindest lesbares – bei raus. Danke jedenfalls, freut mich, dass es Dir gefällt. Über evtl. neue Eindrücke würde ich mich freuen.

    nail75Ein gewaltiger Text, Irrlicht, den man am Bildschirm eigentlich gar nicht lesen kann. Ausgedruckt ist er fast 10 Seiten lang (mit Bildern)! Ich hoffe sehr, dass er deshalb nicht von all zu vielen als „zu lang“ abgetan wird. Es lohnt sich, ihn zu lesen!

    Ich habe ihn gelesen während ich das (immer noch exzellente) Album ein weiteres Mal gehört habe. Ich finde ausgezeichnet, dass Du versucht hast, dem Album Kontext zu verleihen, also ein an Orten und Zeiten ausgerichtetes Szenario zu entwerfen, das den Protagonisten (oder vielmehr die Protagonistin) in einen Kontext einbettet.

    Die Umsetzung ist Dir hervorragend gelungen. Man kann natürlich immer über Details diskutieren: „The Rip“ könnte man sich ebenso gut als Beschreibung eines Drogenrausches vorstellen oder als geistesabwesendes Dahindämmern, aber darauf kommt es nicht wirklich an. Wichtiger ist, dass Du wirklich tief in die Thematik und den Charakter des Albums eingedrungen ist – tiefer als Dir manchmal lieb zu sein scheint – und dass es Dir gelungen ist, das Gehörte als Ausgangspunkt einer Interpretation zu nehmen, die eine glaubhafte und nachvollziehbare Deutung des Albums darstellt. Grandios!

    Dankeschön :-)

    Es stand von Anfang an fest, dass ich bei diesem Album ein Szenario erdenken müsste, das Album arbeitet ja selbst stark mit Bildern. Sicher gibt es viel Spielraum, in die Köpfe der Schöpfer kann ich nicht sehen, nur versuchen zu interpretieren, soweit denn möglich. Und natürlich dürfen hier auch gerne weitere Interpretationen und Vorschläge ihren Platz finden, dafür ist der Thread nicht zuletzt auch da. Daher: Immer her mit euren Eindrücken.

    Ich glaube ja leider auch, dass der Text, ob seiner Länge, einige abschreckt/abgeschreckt hat. Vielleicht (hoffentlicht) kommt da noch etwas mehr Beteiligung nach, bisher hält sich das ja doch sehr in Grenzen. Naja, sind auch Feiertage, der Forumskern ist wohl außer Haus.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #6937549  | PERMALINK

    fincky87

    Registriert seit: 30.05.2008

    Beiträge: 6,716

    Auch von mir Kompliment. Nicht für die Auswahl, du weißt ja, ich stehe nicht auf die Künstler, aber der Beitrag ist mehr als wundervoll.

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    #6937551  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    fincky87Auch von mir Kompliment. Nicht für die Auswahl, du weißt ja, ich stehe nicht auf die Künstler, aber der Beitrag ist mehr als wundervoll.

    Herzlichen Dank, fincky. Freut mich :-)

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #6937553  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    IrrlichtIch glaube ja leider auch, dass der Text, ob seiner Länge, einige abschreckt/abgeschreckt hat. Vielleicht kommt da noch etwas mehr Beteiligung nach, bisher hält sich das ja doch sehr in Grenzen. Na ja, sind auch Feiertage, der Forumskern ist wohl außer Haus.

    Deine Gedanken zum neuen Portishead-Album habe ich gerne gelesen (auch wenn ich das mir der Zahl 3 nicht wirklich verstanden habe). Respekt. Mir waren diese Reflektionen auch nicht zu lang. Abschrecken wird das höchstens einen Teil der Sternchenschleuderer im Sterne-Thread. Die wären vermutlich mit etwas wie Portishead “Third“ ***** schon zufrieden gewesen.

    Anmerkung: “Out of season” (2002) von Beth Gibbons & Rustin Man kann ich sehr empfehlen. Sehr akustische und melancholische Aufnahmen der betörenden Kettenraucherin Gibbons. Auch das wunderbare “Roseland NYC Live” (1998) und die DVD zu diesem Konzertmitschnitt sind beeindruckend. Kennst Du aber sicher.
    .

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    #6937555  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    tolomoquinkolomDeine Gedanken zum neuen Portishead-Album habe ich gerne gelesen (auch wenn ich das mir der Zahl 3 nicht wirklich verstanden habe). Respekt. Mir waren diese Reflektionen auch nicht zu lang. Abschrecken wird das höchstens einen Teil der Sternchenschleuderer im Sterne-Thread. Die wären vermutlich mit etwas wie Portishead “Third“ ***** schon zufrieden gewesen.

    Der Einstieg diente für mich lediglich als Überleitung. Womöglich haben sich die Macher weniger Gedanken zu ihrem Albumtitel gemacht und es eben passend zum dritten Release benannt. Da ich „Third“ aber Bedeutung zuspreche, erschien mir die sonstige Wichtigkeit um die Zahl 3 ganz interessant.

    Freut mich jedenfalls sehr, dass Dir das Lesen Freude bereitet hat. Das bedeutet mir wirklich viel. Natürlich hätte wohl für manche eine reine Wertung genügt, aber über die Maßen aussagen tut das über die Eindrücke leider nicht. Mir erschien es wichtig diesen nackten Wertungen – wie sich hier im Forum nicht selten kritisiert werden – ein wenig entgegenzuwirken.

    tolomoquinkolomAnmerkung: “Out of season” (2002) von Beth Gibbons & Rustin Man kann ich sehr empfehlen. Sehr akustische und melancholische Aufnahmen der betörenden Kettenraucherin Gibbons. Auch das wunderbare “Roseland NYC Live” (1998) und die DVD zu diesem Konzertmitschnitt sind beeindruckend. Kennst Du aber sicher.
    .

    Das klingt interessant, tolo, Danke. Wollte an andere Stelle ohnehin noch fragen, was mich wohl bei „Out of season“ erwarten würde.

    Und „Roseland NYC live“ kenne ich tatsächlich ebenfalls nicht. Ich bin ein Hörer, der die Studiofassungen zuerst kennen will, ehe er sich an die Live-Umsetzungen wagt. Da der Zweitling erst vor einigen Tagen bei mir eintraf, blieb der Kauf demnach bisher aus. Wird aber sicher noch nachgeholt, erste Eindrücke über youtube und Co. sind durchaus positiv.

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #6937557  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    IrrlichtNatürlich hätte wohl für manche eine reine Wertung genügt, aber über die Maßen aussagen tut das über die Eindrücke leider nicht. Mir erschien es wichtig diesen nackten Wertungen – wie sich hier im Forum nicht selten kritisiert werden – ein wenig entgegenzuwirken.

    Mit diesen *-Schulnoten kann ich gar nichts anfangen. Sie sagen nichts darüber aus, wie sie zustande gekommen sind. Schon gar nicht was der jeweilige Hörer dabei empfunden hat bzw. was er aus den Songs (auch für sich selbst) herausgelesen hat. Genau das aber würde mich interessieren.

    IrrlichtUnd „Roseland NYC live“ kenne ich tatsächlich ebenfalls nicht. Ich bin ein Hörer, der die Studiofassungen zuerst kennen will, ehe er sich an die Live-Umsetzungen wagt.

    In der Regel hasse ich Live-Alben. Bei „Roseland…“ musste ich allerdings zurückrudern. Für mich ist dieses Album das Beeindruckenste, was Portishead bisher gemacht haben. Gibbons in ihrer Rolle als TripHop-Shirley-Bassey einfach gewaltig. Und der 5.1-Sound der DVD über Anlage gehört, ist auch ohne Bilder überwältigend. Hör‘ da gelegentlich mal rein.
    .

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    #6937559  | PERMALINK

    chocolate-milk

    Registriert seit: 29.01.2006

    Beiträge: 16,109

    tolomoquinkolomMit diesen *-Schulnoten kann ich gar nichts anfangen. Sie sagen nichts darüber aus, wie sie zustande gekommen sind. Schon gar nicht was der jeweilige Hörer dabei empfunden hat bzw. was er aus den Songs (auch für sich selbst) herausgelesen hat. Genau das aber würde mich interessieren.

    Naja. Man könnte ja nachfragen, wenn es einen denn wirklich interessiert. So fremd ist dir das ja normalerweise nicht, oder? Niemand hat hier ne Fragezeichenallergie.

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    #6937561  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    tolomoquinkolomMit diesen *-Schulnoten kann ich gar nichts anfangen. Sie sagen nichts darüber aus, wie sie zustande gekommen sind. Schon gar nicht was der jeweilige Hörer dabei empfunden hat bzw. was er aus den Songs (auch für sich selbst) herausgelesen hat. Genau das aber würde mich interessieren.

    Ebenso. Wobei chocolate milk’s Einwurf schon richtig ist, das Gros der hier versammelten User steht Rede und Anwort, wenn man denn darum bittet. Allerdings bei weitem nicht so ausführlich, wie das bei einem Review zu tragen kommt (muss natürlich auch nicht, manchen Alben wöllte ich gar nicht soviel Platz einräumen…)

    tolomoquinkolomIn der Regel hasse ich Live-Alben. Bei „Roseland…“ musste ich allerdings zurückrudern. Für mich ist dieses Album das Beeindruckenste, was Portishead bisher gemacht haben. Gibbons in ihrer Rolle als TripHop-Shirley-Bassey einfach gewaltig. Und der 5.1-Sound der DVD über Anlage gehört, ist auch ohne Bilder überwältigend. Hör‘ da gelegentlich mal rein.
    .

    Hassen nicht, aber nicht „allzu sehr schätzen“. Wobei ich Konzerte wiederum gerne besuche.

    Nach der DVD/CD sehe ich mich um, macht doch sehr neugierig. :-)

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
    #6937563  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    chocolate milkNaja. Man könnte ja nachfragen, wenn es einen denn wirklich interessiert. So fremd ist dir das ja normalerweise nicht, oder? Niemand hat hier ne Fragezeichenallergie.

    Doch. Ich. ;-) In Sachen „Smile“ habe ich einmal nachgefragt, was (auch aus anderen Gründen) überraschende Folgen hatte. Und es geht mir wirklich nicht um die Sternchen. Bei der Wertung von ganzen Alben könnte ich diese Quersumme aus guten und schlechten Songs auch gar nicht nachvollziehen, geschweige denn selbst bilden. Dass es auch ohne so etwas interessant zugehen kann, zeigt ja dieser neue Thread sehr deutlich.
    .

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    #6937565  | PERMALINK

    systematic-drummer

    Registriert seit: 07.12.2007

    Beiträge: 4,673

    So Daniel, endlich habe ich es auch geschafft, dein Werk (und das ist es) zu lesen.
    Gleich vorneweg, was ich mir sowieso schon gedacht habe: Deine Albumbesprechung ist großartig!

    Zwar ist sie meiner Meinung nach etwas zu lang geraten, aber die Länge wird durch deinen Schreibstil – der sehr anregend und Lust machend auf das Album ist (hab es grad laufen) – locker ausgeglichen.

    Besonders gut gefallen mir neben den Hintergrundinformationen die Bilder, die du aus der Stimmung beschreibst, sowie deine Assoziationen und deren Verbindung mit der Musik und vor allem deine Interpretationen der Lyrics.

    Bei den Texten habe ich bei Portishead bis jetzt immer Probleme gehabt, diese passend zu interpretieren, aber deine Entwürfe machen Lust auf mehr. Bislang ging konnte bei mir nur die Musik diese Bilder beim Hören hervorrufen, aber jetzt habe ich auch endlich ein paar Anregungen für eigene Interpretationen der Texte gefunden.

    Das Highlight zu lesen war für mich übrigens der Part zu We Carry On!

    Wie gesagt: Toll ge- und beschrieben, ich bin schon gespannt, über welches (mir hoffentlich bekanntem) Album du als nächstes schreibst.

    Auf jeden Fall gilt: Unbedingt weitermachen!

    Ich hoffe auch, dass sich noch mehr User zu deiner Albumbesprechung äußern werden und bin umso gespannter auf das nächste Album von Portishead…

    Gruß,
    SD

    PS: Jetzt interessiert mich natürlich noch, wie du die einzelnen Songs und das Album als Ganzes besternen würdest!

    PPS: Irgendwann bitte eine solche Besprechung zu „The Drift“!

    --

    #6937567  | PERMALINK

    irrlicht
    Nihil

    Registriert seit: 08.07.2007

    Beiträge: 31,401

    Erfreulich ausführlich, sehr schön !

    Systematic DrummerSo Daniel, endlich habe ich es auch geschafft, dein Werk (und das ist es) zu lesen.
    Gleich vorneweg, was ich mir sowieso schon gedacht habe: Deine Albumbesprechung ist großartig!

    Zwar ist sie meiner Meinung nach etwas zu lang geraten, aber die Länge wird durch deinen Schreibstil – der sehr anregend und Lust machend auf das Album ist (hab es grad laufen) – locker ausgeglichen.

    Danke erstmal, dass Du Dich noch gemeldet hast (und erst den Mut gefasst hast, Dich überhaupt an den Text zu wagen).

    Und natürlich ist der Text lang, womöglich sogar zu lang (als Schreiber beurteilt sich das ungleich schwerer). Du wirst es mir verzeihen, dass an manchen Stellen wohl das Album selbst mit mir durchgebrannt ist und evtl. manch Passage hätte verkürzt werden können. Aber ich stehe ja auch noch am Anfang, was nicht ist kann noch werden.

    Systematic DrummerBesonders gut gefallen mir neben den Hintergrundinformationen die Bilder, die du aus der Stimmung beschreibst, sowie deine Assoziationen und deren Verbindung mit der Musik und vor allem deine Interpretationen der Lyrics.

    Das Alles war ja auch die Essenz des Textes. Eine Aneinderreihung von Fakten lag mir fern – auch wenn natürlich z.T. bitter nötig. Zudem – ich schrieb es ja bereits – arbeitet das Album selbst mit Bildern, diesen konnte ich mich nur durch die Erschaffung eigener nähern.

    Systematic DrummerBei den Texten habe ich bei Portishead bis jetzt immer Probleme gehabt, diese passend zu interpretieren, aber deine Entwürfe machen Lust auf mehr. Bislang konnte bei mir nur die Musik diese Bilder beim Hören hervorrufen, aber jetzt habe ich auch endlich ein paar Anregungen für eigene Interpretationen der Texte gefunden.

    Sehr schön, dann habe ich schonmal etwas für mich erreicht. Kurioserweise habe ich mich in den Welten Portishead’s schnell zurechtgefunden, selbst bei den Texten, auch wenn diese – wie Nail schon richtig anmerkte – vielfältig auslegbar sind und ich somit keine absolut „richtige“ Anleitung kreieren konnte.

    Systematic DrummerDas Highlight zu lesen war für mich übrigens der Part zu We Carry On!

    Bei seinem Favorit brennt auch das Irrlicht lichterloh ;-)

    Systematic DrummerWie gesagt: Toll ge- und beschrieben, ich bin schon gespannt, über welches (mir hoffentlich bekanntem) Album du als nächstes schreibst.

    Auf jeden Fall gilt: Unbedingt weitermachen!

    Mercí. Ich gestehe momentan noch kein neues Album im Auge zu haben, daher wurde ja auch der Zeitpunkt der nächsten Veröffentlichung lediglich wage angekündigt. Mal sehen.

    Systematic DrummerIch hoffe auch, dass sich noch mehr User zu deiner Albumbesprechung äußern werden und bin umso gespannter auf das nächste Album von Portishead…

    Ich auch (zu beidem). Freue mich allerdings schon, dass sich nach vielen Stunden der Ruhe doch nochmal jemand gemeldet hat. Vorbildlich.

    Systematic DrummerPS: Jetzt interessiert mich natürlich noch, wie du die einzelnen Songs und das Album als Ganzes besternen würdest!

    Lass es mich noch einmal hören, morgen wird die Wertung an entsprechendem Ort veröffentlicht. Du wirst aber verwundert sein, ganz sicher.

    Systematic DrummerPPS: Irgendwann bitte eine solche Besprechung zu „The Drift“!

    Ich hätte mir denken müssen, dass so etwas kommt. Nun, ausgeschlossen ist sowas für mich nicht (wobei Walker natürlich doch etwas mehr veröffentlicht hat, Kontexteinordnung und so, you know), wenngleich ich mit ihm und seinem Debut ja noch am Anfang stehe. Irgendwann darf allerdings so verbleiben.

    Und ein letzter Dank, hat mich gefreut Deine Einschätzung zu lesen :bier:

    --

    Hold on Magnolia to that great highway moon
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