Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

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    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

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    bullitt

    nicht_vom_forum
    Wieso Schmuddelkarte? Was beispielsweise BLM oder Fridays for Future auszeichnet ist ebenfalls primär Empörung. Es geht mir nicht um Bewertung. Es geht darum, dass allgemein ganz genau verstanden wird, warum Mars Uncle-Ben’s-Reis umbenannt hat. Darüber kann man diskutieren und streiten. Es hat allerdings nichts mit „Verständnis“ zu tun. Dass die latent aggressive und ironisierte Selbsverharmlosung im Moment aus einer bestimmten Richtung kommt, ist ein anderes Thema. War aber hier nicht mein Punkt. @bullit , weder Du noch sonst jemand der hier mitschreibt, sind gemeint. Wenn ich jemanden für einen Rassisten halte, benenne ich das direkt, anstatt Anspielungen in Fußnoten unterzubringen.

    Politisch motivierten Sprachverfälschung à la Pegida, Covidioten und Klimaleugnern ist nicht wertend gemeint? Alles klar. Bewusstes Missverstehen und Zitate aus dem Kontext zu ziehen gehören auch nur zum guten Ton. Kenne ich alles schon.

    Ok, hier scheitert offensichtlich schon jeder Versuch der Deeskalation. Ein persönlicher Angriff war mit meiner obigen Fußnote nicht beabsichtigt. Wenn Du mir das nicht abnimmst, kann ich es auch nicht ändern. Ich bin jedenfalls in diesem (Forums-)Kontext nicht in der Lage, mich klarer auszudrücken.

    Soll ich jetzt ein viertes mal den Sachverhalt wiedergeben? Wie oft wollen wir uns noch im Keis drehen? Die Kurzform fürs Protokoll: Reino hat sich gewundert, dass neben dem Namen auch das Konterfeit verschwindet. Darüber herrschte zunächst einmal mangelndes Verständnis und nicht über die Umbenennung als solche. Und eine Erklärung hat dafür auch noch niemand gebracht.

    Wie wär’s denn in Ermangelung aller weiteren Insiderkenntnisse mit folgender Erklärung: Das Bild einfach (ggf. vorerst) wegzunehmen, ist die am schnellsten und einfachsten umzusetzende Maßnahme. Ein neues Bild zu suchen und das bisherige zu ersetzen, ist ungleich aufwändiger und dauert wesentlich länger. Eine politische Motivation in die Entfernung des Bilds hineinzuinterpretieren, ist überhaupt nicht erforderlich.

    … gerade im Fall „Uncle Ben’s“ wohl nur am Rande um „Verständnis“ der Thematik und ist demensprechend -wenn überhaupt- nicht mit Erklärungen zu lösen, sondern allenfalls mit Argumenten.

    Wie kommst du darauf? Der deutsche Ottonormalverbraucher steigt doch nicht so in die Thematik ein wie wir hier und nur einem Bruchteil dürfte die Problematik des Begriffs in den USA bekannt sein. Ich bleibe dabei, auch hier ist mangelndes Verständnis sehr wohl vorhanden und das ist kontraproduktiv, weil der Eindruck von blankem Aktionismus und dem Kuschen vor Aktivisten entsteht.

    Dem deutschen Ottonormalverbraucher dürfte das alles weigehend egal sein. Wer aber öffentlich darüber „Unverständnis“ zeigt oder sich zu dieser Thematik positioniert und dabei entweder nicht willlens ist, echtes mangelndes Verständnis durch eigene kurze Recherche zu beseitigen oder die bereits vorhandenen Kenntnisse ignoriert und Suggestivfragen stellt, muss damit klarkommen, dass man ihm unterstellt, im Trüben zu fischen. Und nochmal zum Mitmeißeln: Damit ist niemand aus diesem Thread gemeint.

    Roma locuta, causa finita. Jedenfalls für mich und Uncle Ben.

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    #11223367  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

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    bullitt
    Mit einem Haussklaven hatte das nichts, aber auch gar nichts zu tun:
    https://youtube.com/watch?v=DOq5IdhZEOg%3Ffeature%3Doembed

    Den „Uncle“-Kontext mal ganz außen vor gelassen: Diese Darstellung der 50er/60er in den Südstaaten grenzt an Geschichtsfälschung. Und ist außerdem ein prima Beispiel für die Cultural Appropriation, um die es hier im Thread eigentlich geht: Ein weißer Lebensmittelkonzern macht Werbung mit einem klischeehaften Abklatsch von Black Culture.

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    #11223377  | PERMALINK

    bullschuetz

    Registriert seit: 16.12.2008

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    @nicht_vom_forum Genau, das ist der Punkt! Das Logo, die Werbung, die ganze Marketingstrategie besagte: Ist es nicht das irdische Paradies, in Amerika, in den Suedstaaten als Schwarzer zu leben?

    Ich habe hier in diesem Thread ja recht penetrant mein Unbehagen mit dem CA-Konzept kundgetan, aber bei Uncle Ben begreife ich den Einwand wirklich nicht recht. Natürlich hat das mit dem „Braver Haussklave“-Konzept zu tun, es ist im Kern nicht nur rassistisch, sondern halt auch wirklichkeitsverschleiernd ideologisch: Wenn der Schwarze nett lächelt und den guten Onkel gibt, darf er sogar seine eigene Farm gründen und mit der immer glücklichen Großfamilie wohlhabend auf dem Lande leben. Das ist so derartig dämlich geschichtsklitternd, dass ich staune, wie wenig das früher hinterfragt wurde. Auf den Reisfeldern in South Carolina und andernorts waren die Schwarzen doch nicht lächelnde Existenzgruender oder gar glücklich im Kreise ihrer Kinder, Enkel und Neffen ergrauende Agrarkapitalisten, sondern Sklaven! Ehrlich: Dieser bizarre Werbespot veranschaulicht mustergültig, warum es gut war, dass das Unternehmen sich endlich von so einem Stuss gelöst hat.

    Und das müsste auch deutschen TV-Guckern nicht verborgen bleiben. Womöglich hatten sie ja „Roots“ gesehen. Das lief in Deutschland Ende der 70er-Jahre mit hohen Einschaltquoten zur besten Sendezeit. Der Kontrast zwischen der Serie und dieser Werbung ist ja augenfaellig.

    zuletzt geändert von bullschuetz

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    #11223537  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

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    nicht_vom_forum

    bullitt
    Mit einem Haussklaven hatte das nichts, aber auch gar nichts zu tun:
    https://youtube.com/watch?v=DOq5IdhZEOg%3Ffeature%3Doembed

    Den „Uncle“-Kontext mal ganz außen vor gelassen: Diese Darstellung der 50er/60er in den Südstaaten grenzt an Geschichtsfälschung. Und ist außerdem ein prima Beispiel für die Cultural Appropriation, um die es hier im Thread eigentlich geht: Ein weißer Lebensmittelkonzern macht Werbung mit einem klischeehaften Abklatsch von Black Culture.

    Entweder ist er Haussklave, dann ist es nicht CA. Oder nicht. In beiden Fällen mächtige Geschichtsklitterung. Ein weiteres Problem ist Unklarheit der zumeist symbolischen Politik (in den USA findet ja nichts anderes mehr statt, das Land bewegt sich politisch kaum). Ist „Uncle Ben“ nun ein Sklave oder basiert die Figur auf Bildern aus der Zeit der Sklaverei? Kommt auf den Einzelnen an und man sieht ja schon hier im Thread, dass das nicht einfach ist. Es sei denn man räumt die jeweils anders Denkenden mit Hilfe von Unterstellungen („unbewusster Rassismus“, „übereifriger social justice warrior“)schnell in die passende Ecke.
    Meine Position (dann ist aber auch genug, wie gesagt, die Diskussion dreht sich nicht um’s Threadthema): Zum einen nicht so wichtig, es sei denn, man ist der Meinung, das (kleine) Symbolbild auf der Reispackung zu ändern, beseitigt Rassismus, von daher sehe ich schon bei den Herstellern bzw ihrer Marketingabteilung Angst vor Twitter-Shitstorms. Genauso wie ich es bedenklich finde, einem bis heute unbeanstandeten Logo bzw seinen Machern „Rassismus“ vorzuwerfen. Von daher sehe ich in der ganzen Umbenennungsgeschichte auch einen Marketingplot.

    --

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    #11223541  | PERMALINK

    bullitt

    Registriert seit: 06.01.2003

    Beiträge: 20,757

    bullschuetz Genau, das ist der Punkt! Das Logo, die Werbung, die ganze Marketingstrategie besagte: Ist es nicht das irdische Paradies, in Amerika, in den Suedstaaten als Schwarzer zu leben?

    Ganz genau. Es wir ein durch und durch idealisiertes und positiv konnotiertes Bild gezeichnet und eben nicht das des Haussklaven, wie behauptet. Das Thema wird komplett ausgeblendet.

    Das ist so derartig dämlich geschichtsklitternd, dass ich staune, wie wenig das früher hinterfragt wurde. Auf den Reisfeldern in South Carolina und andernorts waren die Schwarzen doch nicht lächelnde Existenzgruender oder gar glücklich im Kreise ihrer Kinder, Enkel und Neffen ergrauende Agrarkapitalisten, sondern Sklaven!

    Ähm, die dargestellte Szene spielt in den 1960er Jahren. Also 100 Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei in den USA. Geschichtsklitterung zu mokieren und sie im selben Satz selbst zu betreiben, ist irgendwie schräg. Und überhaupt, was folgerst du daraus? Dass man Afroamerikaner doch bitte grundsätzlich als Opfer und Bodensatz der Unterschicht darzustellen hat, um ihrem Schicksal als Nachkommen von Sklaven gerecht zu werden? Oder damit es gegenwärtig besser ins Schema passt? War demnach auch die Cosby Show „wirklichkeitsverschleiernd“, weil die Familie Huxtable der Oberschicht angehörte und nicht am Existenzminimum in der Bronx hauste? Sorry, da gehe ich definitiv nicht mit.

    Und das müsste auch deutschen TV-Guckern nicht verborgen bleiben. Womöglich hatten sie ja „Roots“ gesehen. Das lief in Deutschland Ende der 70er-Jahre mit hohen Einschaltquoten zur besten Sendezeit. Der Kontrast zwischen der Serie und dieser Werbung ist ja augenfaellig.

    Auch hier nochmal: Die Serie spielt im 18. und 19. Jahrhundert! Was soll dieser absurde Vergleich? Und nein, ich werde jetzt ganz sicher nicht weiter über die allgemeine Methodik von Werbung im Unterschied zu fiktionalen oder dokumentarischen Stoffen diskutieren.

    nicht_vom_forum
    Wenn Du mir das nicht abnimmst, kann ich es auch nicht ändern. Ich bin jedenfalls in diesem (Forums-)Kontext nicht in der Lage, mich klarer auszudrücken.

    Nehme ich dir ab, den unterschwelligen Vorwurf der politisch motivierten Sprachverfälschung weise ich dennoch nochmal klar von mir. Ich habe es genau so gemeint, wie ich es geschrieben habe und sehe darin kein Problem.

    Dem deutschen Ottonormalverbraucher dürfte das alles weigehend egal sein. Wer aber öffentlich darüber „Unverständnis“ zeigt oder sich zu dieser Thematik positioniert und dabei entweder nicht willlens ist, echtes mangelndes Verständnis durch eigene kurze Recherche zu beseitigen oder die bereits vorhandenen Kenntnisse ignoriert und Suggestivfragen stellt, muss damit klarkommen, dass man ihm unterstellt, im Trüben zu fischen.

    Tja, und das glaube ich eben nicht und da kommen wir dann nicht zusammen. Dem Ottonormalverbraucher sind solche Fälle meiner Meinung nach weder egal, noch ist es damit getan, ihm moralisch belehrend damit zu kommen, er möge sich doch mal bitte in afroamerikanische Befindlichkeiten einfühlen, die mit seiner Alltagsrealität nichts zu tun haben, oder alternativ die Klappe halten. Das mag bei „Uncle“ etwas egaler sein, als bei Begriffen wie „Indianer“, aber Rücksichtnahme auf einer Metaebene gegenüber nicht vorhandenen Bevölkerungsschichten ist halt, naja, schwierig und mit kurzer Recherche ist das jeweils nicht getan, weil das zu keiner klaren Antwort führt. Es ist halt ein riesen Unterschied, wo man die Debatte mit wem führt.

    In der Realität ist das dann nämlich auch mal gerne so, dass mich ein „White Savior“ mit frischem Bachelor-Abschluss in Völkerkunde zum Begriff „First Nations“ statt  Indianer belehren will, während mich im USA-Urlaub bei einer geführten Tour durch den Antelope-Canyon die Navajo-Guides begeistert ausgerechnet auf Karl May bzw. Winnetou ansprechen, weil sie mitbekommen haben, dass Deutsche deswegen überproportional oft vorbei kommen und ein gesteigertes Interesse an ihrer Kultur mitbringen. Die positiv stereotypisierende Indianerdarstellung der Figur war denen total egal.

    latho Wie es ganz offensichtlich schwierig ist, Konzepte aus dem „kalten Bürgerkrieg“ der USA auf Deutschland zu übertragen. Allein das Konzept von „Blackness“ ist eigentlich (auch historisch) ein spezifisch amerikanisches….Das ist ein weiteres Problem: Dass die Diskussion in den USA inzwischen intellektuell so verflacht ist …), dass es nur um „wir“ gegen „die“ geht, Zwischentöne und vor allem Argumente versanden…

    Tja, das ist der springende Punkt. Die völlig festgefahrene Debatte in den USA zu lösen scheint kaum mehr möglich. Umso wichtiger eigentlich, dass man sie hier differenzierter führt.

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    #11223567  | PERMALINK

    latho
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    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,711

    bullitt[…]
    Tja, das ist der springende Punkt. Die völlig festgefahrene Debatte in den USA zu lösen scheint kaum mehr möglich. Umso wichtiger eigentlich, dass man sie hier differenzierter führt.

    Darauf kann man sich, glaube ich, einigen.

    In der Times habe ich diesen Artikel gefunden, der auf die Hintergründe eingeht.

    --

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    #11223591  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    bullitt
    Ähm, die dargestellte Szene spielt in den 1960er Jahren. Also 100 Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei in den USA. Geschichtsklitterung zu mokieren und sie im selben Satz selbst zu betreiben, ist irgendwie schräg. Und überhaupt, was folgerst du daraus? Dass man Afroamerikaner doch bitte grundsätzlich als Opfer und Bodensatz der Unterschicht darzustellen hat, um ihrem Schicksal als Nachkommen von Sklaven gerecht zu werden? Oder damit es gegenwärtig besser ins Schema passt? War demnach auch die Cosby Show „wirklichkeitsverschleiernd“, weil die Familie Huxtable der Oberschicht angehörte und nicht am Existenzminimum in der Bronx hauste? Sorry, da gehe ich definitiv nicht mit.

    Ich wurde von youtube nach diesem Spot zu einem anderen, für UB-Fertigmilchreis, weitergeleitet, der auf einer aktuellen (dh. wohl 1997) Hochzeit spielte. Das war für mich im Prinzip ok – unter den Randbedingungen, dass es nunmal Werbung ist und entsprechend geschönt. Für die Cosby-Show gilt ähnliches. Es geht ja in beiden Fällen nicht um Realismus.

    Der „ca. 1960“-Spot ist da wesentlich problematischer. Je nachdem in welchem Jahr der Spot genau spielt, wäre da die Rassentrennung noch voll im Gange oder gerade in der Abwicklung gewesen. Wir reden von der Zeit von „separate but equal“, Mississippi Burning, Sundown Towns, Emmett Till, Negro Motorist Green Book und so weiter. Da halte ich das, was da gezeigt wurde, für pure weiße Südstaatenfantasie und Geschichtsklitterung. Angefangen bei der Frage, ob das Familienoberhaupt dieses Anwesen überhaupt hätte kaufen können. Da hat @.bullschuetz oben gut zusammengefasst, was hier nicht passt – auch und gerade in den 50ern/60ern. Das Detail „Haussklave“ hin oder her.

    nicht_vom_forum Wenn Du mir das nicht abnimmst, kann ich es auch nicht ändern. Ich bin jedenfalls in diesem (Forums-)Kontext nicht in der Lage, mich klarer auszudrücken.

    Nehme ich dir ab, den unterschwelligen Vorwurf der politisch motivierten Sprachverfälschung weise ich dennoch nochmal klar von mir. Ich habe es genau so gemeint, wie ich es geschrieben habe und sehe darin kein Problem.

    Lassen wir es dabei bewenden. Es war nicht meine Absicht, Dir überhaupt irgendwas vorzuwerfen. Der Hinweis war ausschließlich dahingehend gedacht, dass bei Begriffen wie „Unverständnis“ in der aktuellen (sozialen) Medienlandschaft Vorsicht angebracht ist, weil Formulierungen wie „Ich verstehe nicht, wie der Idiot auf dieses schmale Brett kommt“ zwar formal „Unverständnis“, de facto aber etwas ganz anderes ausdrücken. Gleiches gilt für eine ganze Reihe Suggestivfragen aus der Rubrik „Schlagen Sie eigentlich Ihre Frau immer noch? Ja oder nein?“.

    Dem deutschen Ottonormalverbraucher dürfte das alles weigehend egal sein.

    Tja, und das glaube ich eben nicht und da kommen wir dann nicht zusammen. Dem Ottonormalverbraucher sind solche Fälle meiner Meinung nach weder egal,

    Ich denke doch. Ich hatte jedenfalls außerhalb des Internet noch keine Gespräche zu diesem Thema, die über einige Kalauer aus der Rubrik „Es heißt ja jetzt Sinti-und-Roma-Schnitzel“ hinausgehen. Wenn man das nicht aufgreift (was ja tatsächlich eine Option ist), ist das Thema damit dann auch vom Tisch. Wirklich interessiert an der Thematik sind m. E. die Wenigsten.

    noch ist es damit getan, ihm moralisch belehrend damit zu kommen, er möge sich doch mal bitte in afroamerikanische Befindlichkeiten einfühlen, die mit seiner Alltagsrealität nichts zu tun haben, oder alternativ die Klappe halten.
    […]

    Zustimmung.

    Tja, das ist der springende Punkt. Die völlig festgefahrene Debatte in den USA zu lösen scheint kaum mehr möglich. Umso wichtiger eigentlich, dass man sie hier differenzierter führt.

     
    Oder eben auch mal ignoriert. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck dass diese Themen in Deutschland primär von den Befürwortern der „PC“-Änderungen hochgekocht werden. Meistens ist meine Erstbegegnung -von der reinen Information abgesehen- mit irgendwelchen Umbenennungen oder Logo-Änderungen jemand, dem es anscheinend rückwirkend die Kindheit ruiniert, nicht mehr Mohrenkopf sagen zu „dürfen“.

    --

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    #11223721  | PERMALINK

    bullschuetz

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    Beiträge: 2,238

    @UncleBen und @bullitt

    Meinetwegen muss man es nicht Rassismus nennen, deshalb begnüge ich mich mit der Feststellung:

    Wenn eine von Weißen geführte Firma eine vor Jahrzehnten entwickelte, mit ihren Anfängen in Segregation-Zeiten wurzelnde Markennamens- und Werbestrategie überarbeitet, in der vorgegaukelt wurde, dass glückliche Schwarze in den Südstaaten unter Führung des netten „Uncle Ben“ ein schönes Leben führen, dann sehe ich darin einen vernünftigen und nachvollziehbaren Schritt und nicht im entferntesten einen anprangernswerten Beleg dafür, dass durchgeknallte CA-Fundamentalisten mal wieder ihr Unwesen treiben und nicht mal vor unschuldigen Firmen mit schön nostalgischen Logos haltmachen. Die Werbung von heute wirbt ja auch in Deutschland nicht mehr mit den Frauenbildern und Geschlechterklischees der Adenauerzeit.

    Dass davon der Rassismus nicht weggeht, ist mir auch klar. Insofern gibt es sicher Wichtigeres – zum Beispiel den Einspruch gegen rassistische Polizeigewalt. Aber das ist doch sowieso selbstverständlich.

    Dass Werbung immer ein geschöntes Bild der Realität vermittelt – auch geschenkt. Mir persönlich stößt an dem Spot eben auf, dass ikonografisch das Bild des immerfreundlichen guten schwarzen Onkels angezapft wird – ein wirklich altes kulturelles Klischee. Dieser gute Onkel trug einst vorbildlich brav sein doch gar nicht so schlimmes, sondern eigentlich recht heimeliges und gesundes Sklavenlos an der frischen Luft auf der Reisplantage und belästigt heute – Sklaverei gibt es ja nicht mehr, also ist mittlerweile erst recht alles gut – nicht mit solchen Zumutungen wie harscher Kritik an den womöglich immer noch da und dort ein klitzekleines bisschen von Rassismus geprägten Verhältnissen.

    Mich befremdet auch die Vorgaukelung einer heilen Südstaatenwelt, in der jeder Schwarze sich wirtschaftlich wunderbar verwirklichen und glücklich werden kann. Mich befremdet es, weil das eben so ganz besonders krass daneben ist. Die Frau am Herd, wie sie in der Werbung der Adenauerzeit prätsentiert wurde, gab es wenigstens wirklich.

    Wenngleich ich Werbung nicht mit Geschichtsschreibung verwechsle, finde ich, dass auch Werbung in Sachen Ignoranz, Zynismus und Realitätsverdrehung nicht immer das Maximum ausloten muss. Wenn eine Firma an dieser Stelle nach Jahrzehnten mal ihren Kurs überdenkt, finde ich das gut.

    Auf „Roots“ habe ich hingewiesen, weil vor dem Hintergrund einer zwar fernsehgerecht populär aufbereiten, aber doch in groben Zügen historisch richtig dargestellten, Jahrhunderte überspannenden Unterdrückungsgeschichte ein Fernseh-Spot, der womöglich zur gleichen Zeit im deutschen TV lief und die Südstaaten als Idyll und Insel der Seligen zeichnete, wo Schwarze ein in goldenes Licht getauchtes Dasein als Reisplantagenbesitzer im Kreise ihrer Lieben führen, ganz besonders hirnrissig verlogen wirken musste.

    Es geht hier natürlich um Konnotationen, Implikationen, Antriggerung von Klischees, um eine Marke zu vermarkten, und nicht um Hardcore-Rassismus. Aber stören konnte man sich schon immer daran – mir ist das Gesicht auf der Reispackung zum Beispiel schon, als ich ein Jugendlicher war und mich schüchtern für Soul, Funk, James Brown und später, daraus erwachsend, für Bürgerrechtsbewegung, MLK, Malcolm X, Muhammad Ali, Miles Davis zu interessieren begann, irgendwie seltsam vorgekommen, vage unpassend. Und ich schätze mal, @gypsy-tail-wind mag es später (er ist wohl jünger als ich) ähnlich ergangen sein. Man muss kein besessener CA-Anprangerungsgroßmeister sein, um solche Unstimmigkeiten wahrzunehmen.

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    #11223729  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    bullschuetzWomöglich hatten sie ja „Roots“ gesehen. Das lief in Deutschland Ende der 70er-Jahre mit hohen Einschaltquoten zur besten Sendezeit. Der Kontrast zwischen der Serie und dieser Werbung ist ja augenfaellig.

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    #11223745  | PERMALINK

    wahr

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    bullschuetz@UncleBen und @bullitt
    Aber stören konnte man sich schon immer daran – mir ist das Gesicht auf der Reispackung zum Beispiel schon, als ich ein Jugendlicher war und mich schüchtern für Soul, Funk, James Brown und später, daraus erwachsend, für Bürgerrechtsbewegung, MLK, Malcolm X, Muhammad Ali, Miles Davis zu interessieren begann, irgendwie seltsam vorgekommen, vage unpassend. Und ich schätze mal, @gypsy-tail-wind mag es später (er ist wohl jünger als ich) ähnlich ergangen sein. Man muss kein besessener CA-Anprangerungsgroßmeister sein, um solche Unstimmigkeiten wahrzunehmen.

    So ähnlich ging es mir auch. Da wurde die Kulisse eines einfachen, aber glücklichen Lebens von Schwarzen in den Südstaaten aufgebaut. Wie ja auch mit „Onkel Toms Hütte“. „Onkel“ und „Tanten“ wurden Schwarze deswegen genannt, weil man sie nicht mit „Herr“ und „Frau“ anreden wollte. So steht es auch im von latho verlinkten Text, ebenso der Umstand, dass man Schwarze offenbar einfach nur mit Vornamen anredet und ihre Nachnamen nicht existieren (dieses Detail war mir in puncto „Uncle Ben“ gar nicht bewusst). Auch eine Form von Disrespekt. Das Klischee vom guten, gemächlichen Leben auch für Schwarze ehemalige Sklaven unter der Sonne der Südstaaten auf der „front porch“, für das man nicht viel Geld benötigt, um glücklich zu sein, ist eine Post-Civil War-Erzählung. Der Weg, um die Schuld der Südstaaten umzuschreiben und Nord- und Südstaaten miteinander im Patriotismus zu „versöhnen“. Auf wessen Kosten das wieder mal ging, kann man sich dann selbst herleiten.

    #11223757  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    wahr ebenso der Umstand, dass man Schwarze offenbar einfach nur mit Vornamen anredet und ihre Nachnamen nicht existieren (dieses Detail war mir in puncto „Uncle Ben“ gar nicht bewusst). Auch eine Form von Disrespekt.

    Die Namen waren durch die Barbarei der Sklaverei verloren gegangen. Und später wollte man auch nicht unbedingt seinen slave name tragen, also den des „Besitzers“. Daher stammt z.B. das X in Malcolm X.

    --

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    #11224083  | PERMALINK

    herr-rossi
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    @pfingstluemmel: Was genau ist noch mal der Unterschied zwischen „white guilt“ und „Schuldkult“? Just sayin‘, don’t wanna be a dick, haha …

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    #11224093  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    Du hast es also nicht angesehen. :-( Dabei war das so eine schöne Weiterleitung von Roots, dem allgemeinen Thema und so weiter. Naja, kann man nichts machen. (Leider schwächelt Burr auch in seinem neuesten Programm.)

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    #11224107  | PERMALINK

    latho
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    wahrSo ähnlich ging es mir auch. Da wurde die Kulisse eines einfachen, aber glücklichen Lebens von Schwarzen in den Südstaaten aufgebaut. Wie ja auch mit „Onkel Toms Hütte“. „Onkel“ und „Tanten“ wurden Schwarze deswegen genannt, weil man sie nicht mit „Herr“ und „Frau“ anreden wollte. So steht es auch im von latho verlinkten Text, ebenso der Umstand, dass man Schwarze offenbar einfach nur mit Vornamen anredet und ihre Nachnamen nicht existieren (dieses Detail war mir in puncto „Uncle Ben“ gar nicht bewusst). Auch eine Form von Disrespekt. Das Klischee vom guten, gemächlichen Leben auch für Schwarze ehemalige Sklaven unter der Sonne der Südstaaten auf der „front porch“, für das man nicht viel Geld benötigt, um glücklich zu sein, ist eine Post-Civil War-Erzählung. Der Weg, um die Schuld der Südstaaten umzuschreiben und Nord- und Südstaaten miteinander im Patriotismus zu „versöhnen“. Auf wessen Kosten das wieder mal ging, kann man sich dann selbst herleiten.

    Alles richtig, aber eben auch nichts so einfach. Die Figur Onkel Ben beruht auf einem erfolgreichen Reisfarmer (30er Jahre), keine Ahnung ob schwarz oder weiß, das Gesicht mit der Fliege auf einem schwarzen Hotelchef (nicht unbedingt eine niedrige Position in der Depression Era). Wenn die Kundenbefragungen von Mars korrekt wiedergegeben wurden, hatte weder der weiße noch der schwarze Kunde ein Problem mit Logo/Name. Kann sich sicherlich ändern, wenn die Diskussion weiter geführt wird. Deswegen mein Hinweis drauf, dass es wohl eher Minderheiten (im Sinne von zahlenmäßig wenige) waren, die das sich an die Jim Crow-Ära erinnert fühlten (mein Verdacht aber ist, dass keiner der Beschwerdeführer zu dem Zeitpunkt schon gelebt hat, aber sei’s drum). Mars hat das zum Anlass genommen, ein Rebranding durchzuführen und sich die Aufmerksamkeit zu sichern. Deswegen meine Bemerkung weiter vorne, dass das weder ein Mehrheitsthema noch eines von umfassender Bedeutung (oder Auswirkung) ist.

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    #11224113  | PERMALINK

    herr-rossi
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    Registriert seit: 15.05.2005

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    @pfingstluemmel: Ich habe ihn doch zitiert, natürlich habe ich den Clip gesehen. Verstehe auch seinen Punkt, dass die Darstellung der Rassismus-Thematik im „woken“ Film oft selbst klischeebeladen ist. Aber „Roots“ als Höhepunkt der „weißen Scham“? Das Buch und die Serie haben die Geschichte der Sklaverei ja überhaupt erst einem großen Publikum vermittelt. Und es basierte immerhin auf den persönlichen familiengeschichtlichen Recherchen des Journalisten Alex Haley. Ein wichtiger Beitrag zum US-Jubiläum 1976. Und hat Klein-Rossi inspiriert, selbst Familienforschung zu treiben, völlig unabhängig von der Rassismus-Debatte fand ich das einfach spannend …

    Und „white guilt“ ist tatsächlich ein Schlagwort der Alt-Right wie der Begriff der „Schuldkult“ der deutschen Rechten. Ist damit ebenso tot wie alpha/beta male.

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