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bullitt
Ähm, die dargestellte Szene spielt in den 1960er Jahren. Also 100 Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei in den USA. Geschichtsklitterung zu mokieren und sie im selben Satz selbst zu betreiben, ist irgendwie schräg. Und überhaupt, was folgerst du daraus? Dass man Afroamerikaner doch bitte grundsätzlich als Opfer und Bodensatz der Unterschicht darzustellen hat, um ihrem Schicksal als Nachkommen von Sklaven gerecht zu werden? Oder damit es gegenwärtig besser ins Schema passt? War demnach auch die Cosby Show „wirklichkeitsverschleiernd“, weil die Familie Huxtable der Oberschicht angehörte und nicht am Existenzminimum in der Bronx hauste? Sorry, da gehe ich definitiv nicht mit.
Ich wurde von youtube nach diesem Spot zu einem anderen, für UB-Fertigmilchreis, weitergeleitet, der auf einer aktuellen (dh. wohl 1997) Hochzeit spielte. Das war für mich im Prinzip ok – unter den Randbedingungen, dass es nunmal Werbung ist und entsprechend geschönt. Für die Cosby-Show gilt ähnliches. Es geht ja in beiden Fällen nicht um Realismus.
Der „ca. 1960“-Spot ist da wesentlich problematischer. Je nachdem in welchem Jahr der Spot genau spielt, wäre da die Rassentrennung noch voll im Gange oder gerade in der Abwicklung gewesen. Wir reden von der Zeit von „separate but equal“, Mississippi Burning, Sundown Towns, Emmett Till, Negro Motorist Green Book und so weiter. Da halte ich das, was da gezeigt wurde, für pure weiße Südstaatenfantasie und Geschichtsklitterung. Angefangen bei der Frage, ob das Familienoberhaupt dieses Anwesen überhaupt hätte kaufen können. Da hat @.bullschuetz oben gut zusammengefasst, was hier nicht passt – auch und gerade in den 50ern/60ern. Das Detail „Haussklave“ hin oder her.
nicht_vom_forum Wenn Du mir das nicht abnimmst, kann ich es auch nicht ändern. Ich bin jedenfalls in diesem (Forums-)Kontext nicht in der Lage, mich klarer auszudrücken.
Nehme ich dir ab, den unterschwelligen Vorwurf der politisch motivierten Sprachverfälschung weise ich dennoch nochmal klar von mir. Ich habe es genau so gemeint, wie ich es geschrieben habe und sehe darin kein Problem.
Lassen wir es dabei bewenden. Es war nicht meine Absicht, Dir überhaupt irgendwas vorzuwerfen. Der Hinweis war ausschließlich dahingehend gedacht, dass bei Begriffen wie „Unverständnis“ in der aktuellen (sozialen) Medienlandschaft Vorsicht angebracht ist, weil Formulierungen wie „Ich verstehe nicht, wie der Idiot auf dieses schmale Brett kommt“ zwar formal „Unverständnis“, de facto aber etwas ganz anderes ausdrücken. Gleiches gilt für eine ganze Reihe Suggestivfragen aus der Rubrik „Schlagen Sie eigentlich Ihre Frau immer noch? Ja oder nein?“.
Dem deutschen Ottonormalverbraucher dürfte das alles weigehend egal sein.
Tja, und das glaube ich eben nicht und da kommen wir dann nicht zusammen. Dem Ottonormalverbraucher sind solche Fälle meiner Meinung nach weder egal,
Ich denke doch. Ich hatte jedenfalls außerhalb des Internet noch keine Gespräche zu diesem Thema, die über einige Kalauer aus der Rubrik „Es heißt ja jetzt Sinti-und-Roma-Schnitzel“ hinausgehen. Wenn man das nicht aufgreift (was ja tatsächlich eine Option ist), ist das Thema damit dann auch vom Tisch. Wirklich interessiert an der Thematik sind m. E. die Wenigsten.
noch ist es damit getan, ihm moralisch belehrend damit zu kommen, er möge sich doch mal bitte in afroamerikanische Befindlichkeiten einfühlen, die mit seiner Alltagsrealität nichts zu tun haben, oder alternativ die Klappe halten.
[…]
Zustimmung.
Tja, das ist der springende Punkt. Die völlig festgefahrene Debatte in den USA zu lösen scheint kaum mehr möglich. Umso wichtiger eigentlich, dass man sie hier differenzierter führt.
Oder eben auch mal ignoriert. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck dass diese Themen in Deutschland primär von den Befürwortern der „PC“-Änderungen hochgekocht werden. Meistens ist meine Erstbegegnung -von der reinen Information abgesehen- mit irgendwelchen Umbenennungen oder Logo-Änderungen jemand, dem es anscheinend rückwirkend die Kindheit ruiniert, nicht mehr Mohrenkopf sagen zu „dürfen“.
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