jazz in den 1990ern

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  • #11841873  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    ich kenn eigentlich nur das Katz und das Lieder Album so richtig… Music for Six Musicians fand ich auch mal sehr gut, ist aber ewig her… inzwischen hab ich ein paar CDs, aber urspruenglich waren das bei mir auch alles Kassetten, gezogen von den CDs aus der Stadtbuecherei, die man sich fuer 3 Mark ausleihen durfte (off topic, oder auch nicht: mir fiel vorhin zum ersten Mal seit langem ein Fuenfmarkstueck in die Haende, ein komisches Gefuehl, einerseits total vertraut, andererseits halt auch nicht mehr… aehnlich wie mit mancher Musik, die man seit damals nicht mehr gehoert hat… der gleiche Zeitkorridor, den man nicht mehr oft betritt)

    und wo ich gerade hier bin, es laeuft das Christian Escoude Album mit Rodney Kendrick und Tom Harrell… und wenn man (wie von gypsy neulich vorgeschlagen) einfach mal ausblendet, wer hier der Leader sein soll, ist das wirklich ein sehr sehr schoenes Album… vielleicht am meisten wegen Harrell…

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    #11841891  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Harrell ist echt super auf dem Album – das fand ich lustigerweise beim Wiederhören aus der anderen Perspektive ebenfalls!

    Mit Byron wurde ich ja nie so richtig warm, das Trio-Album mit Moran/Hart fehlt mir immer noch (hatte damals einen Mitschnitt von einem Festival im Radio gehört und war nicht überzeugt von Byron selbst), aber das Katz-Album habe ich schon lange, und „Music for Six Musicians“ neulich mal nachgeholt, liegt zum Wiederhören bereit. Ziemlich gerne mag ich die Hommage an Junior Walker („Do the Boomerang“), auf dem er fast nur Tenorsax spielt. Aber typisch ist das wohl nicht gerade. Andererseits: bei jemand wie Byron gibt es „typisch“ vielleicht auch nicht im herkömmlichen Sinn.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11841911  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

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    ich glaub bei Byron gibt es „typisch“ echt nicht… und das haben auch nicht viele geschafft – der Preis war allerdings hoch… hab fast das Gefuehl, er spielt vor allem Tenor mittlerweile (zB auf den Videos mit deJohnette, die irgendwo online waren)

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    #11843457  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,154

    redbeansandriceich kenn eigentlich nur das Katz und das Lieder Album so richtig… Music for Six Musicians fand ich auch mal sehr gut, ist aber ewig her… inzwischen hab ich ein paar CDs, aber urspruenglich waren das bei mir auch alles Kassetten, gezogen von den CDs aus der Stadtbuecherei, die man sich fuer 3 Mark ausleihen durfte (off topic, oder auch nicht: mir fiel vorhin zum ersten Mal seit langem ein Fuenfmarkstueck in die Haende, ein komisches Gefuehl, einerseits total vertraut, andererseits halt auch nicht mehr… aehnlich wie mit mancher Musik, die man seit damals nicht mehr gehoert hat… der gleiche Zeitkorridor, den man nicht mehr oft betritt)

    Weiß du noch, was ein „Groschen“ ist? ;-)

    Ja, geht mir ähnlich mit dieser Musik aus den 90ern. Damals viel gehört, aber dann fast in Vergessenheit geraten. Bis man die alten Platten wieder aus dem Regal zieht.

    gypsy-tail-wind(…)
    Mit Byron wurde ich ja nie so richtig warm, das Trio-Album mit Moran/Hart fehlt mir immer noch (hatte damals einen Mitschnitt von einem Festival im Radio gehört und war nicht überzeugt von Byron selbst), aber das Katz-Album habe ich schon lange, und „Music for Six Musicians“ neulich mal nachgeholt, liegt zum Wiederhören bereit. Ziemlich gerne mag ich die Hommage an Junior Walker („Do the Boomerang“), auf dem er fast nur Tenorsax spielt. Aber typisch ist das wohl nicht gerade. Andererseits: bei jemand wie Byron gibt es „typisch“ vielleicht auch nicht im herkömmlichen Sinn.

    Do The Boomerang hatte ich auch mal. Warum, warum nur habe ich das mal abgestoßen? Arrrgh!

    redbeansandriceich glaub bei Byron gibt es „typisch“ echt nicht… und das haben auch nicht viele geschafft – der Preis war allerdings hoch… hab fast das Gefuehl, er spielt vor allem Tenor mittlerweile (zB auf den Videos mit deJohnette, die irgendwo online waren)

    Es ist wohl typisch für Byron, dass er sich immer wieder andere Themen sucht und historische Musik ausgräbt und wiederbelebt. In der Wikipedia kann man nachlesen, dass er in einer jüdisch geprägten „hood“ aufwuchs und für ihn als Klarinettist u.a. Artie Shaw ein Vorbild war. Er kam also mit Musik aus sehr unterschiedlichen Richtungen in Kontakt und verarbeitet das in seiner eigenen Musik. Er hat auch immer wieder mal an Universitäten unterrichtet. Ein Musikologe.

    Mit „hoher Preis“ meinst du wahrscheinlich, dass man bei ihm nicht ohne weiteres eine Handschrift erkennen kann, man durch ständige Stilwechsel nie weiß, was von ihm zu erwarten ist, und er dadurch schwer vermarktbar ist?

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    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #11843463  | PERMALINK

    friedrich

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    Steven Bernstein – Diaspora Soul (1999)

    Ein Name, der nicht so oft im Vordergrund auftaucht, den man aber öfter mal in den credits verschiedener Alben lesen kann. Der Trompeter Steven Bernstein hat auf Don Byrons Bug Music mitgespielt, bei den Lounge Lizards hat er mitgemischt und so manches andere mehr. Doch dazu später. Dies ist jedenfalls sein erstes Album unter eigenem Namen – nach einem Album mit seiner ziemlich albernen Band Sex Mob, aber das hier ist völlig anders. Auf Bitte von John Zorn für dessen Label Tzadik in der Reihe Radical Jewish Culture eingespielt.

    SB hat sich dafür extra etwas ausgedacht: Er mischt traditionelle „jüdische Folklore“ mit lateinamerikanischen Rhythmen und fügt Orgel / E-Piano hinzu. Klingt paradox? Ist es auch! Das hört sich so an, als würde eine ost-europäische Klezmer-Kapelle in New Orleans auf eine kubanische Perkussionsgruppe treffen. Denn – so schreibt SB in den liner notes – „Who loves the cha-cha more than the jews?“ SB bremst das aber so weit runter, dass es in einem sämigen, schleppenden groove dahinfließt, der den Hörer richtig einlullt und langsam mitschwingen lässt. Nur konsequent ist am Ende die Zugabe eines tracks in einer Dub-Version, wie man es vom Reggae kennt. Eigentlich wünsche ich mir das ganze Album in einer Dub-Version.

    Habe ich damals geliebt und klingt auch heute noch toll!

    Edit: Das Video der Live-Aufnahme habe ich entfernt. Das gab die Musik völlig unzureichend wieder.

    zuletzt geändert von friedrich

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    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #11843925  | PERMALINK

    friedrich

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    Kansas City – Original Motion Picture Soundtrack (1996)

    Der Robert Altman-Film (an den ich mich nur vage erinnere) spielt im Kansas City der 30er Jahre und für die Filmmusik re-animiert eine Allstar-Band die Musik der damaligen Zeit. Und das gelingt hier sehr gut! Das klingt so, als als sitze man in einem Nachtclub und kriegt eine heiße Show geboten. Hier und dort gibt es etwas instrumentale Akrobatik, wilde growls und man hört das Publikum schwatzen und applaudieren. Einige Musiker nehmen sogar die Rollen der Vorbilder aus den 30ern ein, Coleman Hawkins, Ben Webster, Lester Young, Mary Lou Williams. Man kann seinen Spaß damit haben!

    Mit dabei Nicholas Payton, David Murray, Don Byron, James Carter, Joshua Redman, Geri Allen, Ron Carter u.a. Und im Kleingedruckten verbirgt sich Steven Bernstein, der einige Stücke arrangiert und wohl auch co-produziert hat.

    Klaro ist das hemmungslos nostalgisch. Ich hatte mal den „Moten Swing“ von diesem Album in einen Blind Fold Test geschmuggelt. Original und Fälschung konnten selbst Experten damals nur schwer auseinanderhalten.

    Hier gibt’s eine komplette Session der Kansas City Band zu sehen:

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    #11847195  | PERMALINK

    friedrich

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    Wynton Marsalis Septet – Citi Movement (Griot New York) (1993)

    Von den Nostalgikern zu den Traditionalisten.

    Wynton Marsalis hat Citi Movement als Musik für ein Ballet in drei Akten geschrieben. Mit einer Gesamt-Spielzeit von gut 2 Stunden ist das ein ganz schöner Brocken.

    Die Musik ist szenisch aufgebaut und folgt der Dramaturgie des Ballets. Das ist, ohne das Ballet zu sehen, naturgemäß nicht immer leicht nachvollziehbar. In einigen Stücken gibt es alle paar Takte abrupte Themen- und Tempowechsel. Als würde man mitten in der Großstadt stehen, um die eigene Achse rotieren und nach jedem Lidschlag eine völlig andere Szene erleben. Über die gesamte Spielzeit macht mich das völlig meschugge und ich weiß am Ende nicht mehr, was ich am Anfang gehört habe. Naja, der erste Akt heißt ja auch Cityscape und das erste Stück daraus Hustle Bustle …

    Leichter verdaulich wird Citi Movement, wenn man die drei Akte einzeln hört – jeweils auch schon ca. 40 Minuten. Dann bleiben kleine Motive hängen und man kann sich überhaupt erst auf längere Stücke mit durchgehendem Thema einlassen. Dark Heartbeat, Marthaniel, Spring Yaoundé, High Rise Riff und Swingdown, Swingtown sind schon toll und das kurze, erst nur gesummte, dann nur von den Bläsern gespielte I See The Light ist zauberhaft. Natürlich alles von Marsalis’ Septett virtuos und glasklar gespielt.

    Stanley Crouch nennt in den liner notes Ellingtons Black, Brown & Beige und Anatomy Of A Murder, Mingus Ah Um und Coltrane als Referenzen. New Orleans und Kansas City hört man aber auch raus.

    Wenn man das Faltblatt des Covers ganz ausbreitet, sieht man das obige Foto von der mir bis dahin unbekannten Berenice Abbott, wie nur im Kleingedruckten der Credits erwähnt wird. New York City bei Nacht in den 30ern. Da will ich hin!

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    #11847389  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke für deine Beiträge hier @friedrich – ich lese sie stets mit Interesse! Hatte hier auch mal eine Antwort verhauen (mittels F5, immer beliebt bei nervösen Schnelltippern und -klickern), zu Bernstein glaub ich? Dessen „Diaspora“-Projekte habe erst so um 2002 herum kennengelernt, glaub ich – zuerst auch mal was im Radio gehört, dann die obige CDs aus der Bibliothek – und dann kam eben 2002 auch noch die neue CD „Diaspora Blues“ mit Sam Rivers (und seinem Trio der Neunziger/Nuller, Doug Mathews/Anthony Cole) – aber die fand ich damals dann etwas enttäuschend. Alles sehr lange nicht mehr gehört.

    Dann hatte ich noch was zu Philipp Johnston geschrieben, wie ich dahin kam, weiss ich nicht mehr, aber auch irgendwie durch diesen Faden inspiriert … und Sex Mob auch noch, die ich mal mit @redbeans in Köln live gehört habe – und die zumindest von den mir bekannten (nicht kommerziellen) Live-Aufnahmen überhaupt nicht besonders albern waren. Johnstons „Normalology“ von 2000 war mein Einstieg, ein Zufallsfund, der mir damals sehr, sehr gut gefiel. Da ist wiederum Paul Shapiro dabei, den es in den Nullern dann bei Tzadik auch als Leader gab (sein „It’s in the Twilight“ gehört zu meinen liebsten Tzadik-Produktionen, aber ich habe da seit ein paar Jahren fast nichts mehr angehört). Aber zurück zu den Neunzigern: Philipp Johnston leitete damals u.a. die Band Big Trouble und deren „Flood at the Ant Farm“ (1995) kam mir dann auch noch in die Hände, hat aber nicht so eingeschlagen wie „Normalology“. Da sind aber einige gute Leute drin, weiterzuverfolgen sicher kein Fehler wäre, z.B. Steve Swell oder Kevin Norton, der um dieselbe Zeit auch erstmals bei Braxton zu hören ist. Und Steve Lacy guckt als Gast vorbei. Das erste Big Trouble Album (ohne Titel, 1992 aufgenommen und 1993 erschienen) holte ich dann auch noch nach, aber da hab ich keine Erinnerung mehr dran.

    Dave Douglas war in dem verlorenen Post (ist schon ein paar Wochen her) auch noch drin, den hörte ich auch 2000 oder 2001 zum ersten Mal live, kannte da aber zumindest schon das Tiny Bell Trio (da ist bzw. war wohl das erste, unbetitelte Album von 1994 mein liebstes), die Charms of the Night Sky hörte ich damals im Radio und das war einer der Mitschnitte, der immer wieder lief, die CD kaufte ich dann erst vor ein paar Jahren mal noch nach. Die Soul Note-Box von Douglas habe ich noch nie ausgiebig gehört, einzeln hatte ich daraus davor nur „Parallel Worlds“ – muss ich auch mal wieder anhören, mochte ich damals (also auch ca. frühe Nuller) recht gerne, aber lief nicht oft.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11847627  | PERMALINK

    friedrich

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    Thx @gypsy-tail-wind!

    Ich glaube, die ersten beiden Sex Mob-Alben hatte ich mal. Das erste heißt Din Of Inequity, was soviel bedeutet wie „Lärm der Ungerechtigkeit“. Auf dem Cover Steven Bernstein als Teufelchen mit (Zug-)Trompete. Ich erinnere mich an die Musik als „durchgeknallte Blaskapelle zerspielt Pop-Hits, James Bond-Songs und Jazz-Klassiker“, irgendwo zwischen Spaß und Subversion. Das hat Witz, nutzte sich in meinen Ohren aber schnell ab. Live mag das eine andere Wirkung haben, denn da zählt nur der Augenblick und dann kann man damit sicher seinen Spaß haben.

    Ich habe außerdem noch Steven Bernsteins Diaspora-Blues und Diaspora-Suite. Lange nicht mehr gehört. In meiner Erinnerung kamen die aber nicht an die großartige Diaspora Soul heran. Muss ich mal wieder hören.

    Philip Johnston lief mir nur zufällig in Gesellschaft von Guy Klucevsek über den Weg. Habe ich bislang aber nicht weiterverfolgt. Der Mann scheint ja sehr produktiv zu sein. Aber ich kann leider nicht alles hören …

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    #11847783  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    @friedrich Ja, das sind auch bei mir keine Ecken, die ich allzu tief erforschen müsste … Douglas ist bei mir im Regal stark vertreten, aber am Ende sind es das erste Diaspora-Album von Bernstein (auch für meine Ohren klar das stärkste der drei) und eins oder zwei von denen von Paul Shapiro (aus den Nullern), die ich wirklich schätze.

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    #11847817  | PERMALINK

    friedrich

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    Zwischen Kansas City und Wynton Marsalis gehört eigentlich noch diese Nostalgiestunde. Hier in der Runde wahrscheinlich gut bekannt:

    Charlie Haden / Quartet West – Haunted Heart (1992)

    Nostalgie ist hier Programm! Charlie Haden vertont ein mythisch und romantisch verklärtes Los Angeles der 40er/50er Jahre. Das Album beginnt mit der Musik, die im Vorspann von Warner Bros. Filmen lief und geht dann in den Soundtrack von John Hustons The Maltese Falcon über. Das Quartet spielt Stücke von Lennie Tristano, Charlie Parker und Glenn Miller, das Thema des Films The Bad And The Beautiful (dtsch: Stadt der Illusionen) und einige Eigenkompositionen. Dazwischen Gastauftritte der Sängerinnen Jo Stafford, Jeri Southern und Billie Holiday mit historischen Aufnahmen aus der Plattensammlung von Charlie Haden. Das Cover zeigt LA auf Postkarten aus den 40ern, im booklet am Ende eine Passage aus einem Roman von Raymond Chandler. Das Album ist „directed“ by Charlie Haden, „conceived (…) as if it were a film telling a story“.

    Das gelingt ganz wunderbar, wirkt wie ein Soundtrack zu einem imaginären Film, hat eine schöne Dramaturgie, erzeugt eine geheimnisvoll nächtliche, coole und elegante Atmosphäre und umhüllt den Hörer. Ohne dass er sich in den Vordergrund drängt ist der Saxofonist Ernie Watts mit seinem melodisch und geschmeidig fließenden Spiel der Hauptdarsteller.

    Ulkig: Das Album wurde in Frankreich aufgenommen und veröffentlicht und in San Francisco gemixt. Charlie Haden (Jahrgang 1937) kam erst 1957 nach Los Angeles. Er hat das LA der 40er und 50er also größtenteils auch erst aus der Rückschau kennengelernt. Aber aus der Distanz werden ja meist die schönsten Mythen geboren.

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    #11847855  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich weiss, dass bei der Band gerne von „Nostalgie“ geschrieben wird – aber so höre ich das eigentlich gar nicht. Eher als eine Fortschreibung von etwas, was es vielleicht in der Form gar nie so wirklich gegeben hat? Ich denke hier nur ein wenig laut nach, ohne darauf bisher viele Gedanken verschwendet zu haben, aber ist das ev. eine ähnliche Form der „erfundenen Tradition“, wie sie in den Neunzigern in Europa von Jazzern entwickelt wurde, die sich auf „Folklore“ bezogen (Trovesi, Sclavis etc.)? Jedenfalls ist der Sound dieser Band – des Quartet West – in der Musik der Vierzigerjahre unvorstellbar. Und hätte Haden es gewollt, hätte die Band ja auch anders klingen können (oder anders aufgenommen/produziert werden)?

    Dieser Gedanke stellt natürlich nicht in Abrede, dass ein ganzes Netz von Bezügen gesponnen wird (das wird ja später noch deutlicher, wenn sogar noch Samples eingestreut werden). Aber für meine Ohren ist das eher ein postmodernes als ein nostalgisches Projekt :-)

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    #11847857  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Anders gefragt: Was ist Nostalgie, die auf Fiktion beruht? In der Politik ist sie oft sehr gefährlich, in der Kunst … ein Spiel?

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    #11847859  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Auf irgendeine Art ist Quartet West ja auch gar nicht so viel anders, als viele Bands, die ca 1980 auf Discovery herauskamen, nur besser vermarketet… (an sowas musst ich denken)

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    #11847861  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    redbeansandrice
    Auf irgendeine Art ist Quartet West ja auch gar nicht so viel anders, als viele Bands, die ca 1980 auf Discovery herauskamen, nur besser vermarketet… (an sowas musst ich denken)

    Das stimmt auch, ja. Auch sowas wie das tolle Dino’s Album von Bill Perkins (Interplay, 1986 aufgenommen – auch Broadbent am Klavier, war mir gar nicht mehr bewusst). Jedenfalls nicht wie kalifornische Small Groups aus den Vierzigern, was ja irgendwie schon wegen Ernie Watts undenkbar ist.

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