Avantgarde: Trompete

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  • #7556487  | PERMALINK

    Anonym
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    gypsy tail wind… jetzt läuft zum dritten mal „L’heure bleue“ – Coe ist ganz wunderbar! Zum grossen Teil ist das Album mit dem Monoblue Quartet (Coe, Stangl, Koch) aufgenommen worden, zwischendurch gibt’s ein paar Duos von Koglmann mit Misha Mengelberg. Sehr, sehr schöne CD! Irgendwie hatte ich die nie so recht gehört bisher, auch weil sie immer in allen Hat-Sales und auch anderen Sales überall rumstand… gekauft hatte ich sie letztes Jahr bei discplus.ch als die den ultimativen Ausverkauf hatten (ich glaub 1.5€ für einige Dutzen hatOLOGY CDs). Das war eine Fehlentscheidung, eindeutig, denn die Musik ist ganz toll! Offen, swingend, oft sehr nuanciert und klangmalerisch. Daraus bricht dann am ehesten Coe solistisch raus, während Stangl und Koglmann selbst meist eher „drin“ bleiben. Es gibt u.a. eine tolle Version von „Moon Dreams“ zu hören, ein paar Standards („Night and Day“, „My Old Flame“) und Ellingtons „Black Beauty“ und am bemerkenswertesten (ich finde schon „Moon Dreams“ höchst bemerkenswert und unerwartet!) ein Stück von Tony Fruscella, „Baite“. Koglmanns eigene Stücke sind teilweise wieder Widmungen („Monoblue“ für Yves Klein, „Nachts“ für Paul Celan, „For Bix“ wohl für denselbigen).

    […]

    Bob Blumenthal vergleicht übrigens in seinen Notes zu „L’heure bleue“ Koglmann sowieso mit Ellington… in den Notes von 1991 (es gibt noch neue von 2000 dazu, auch von ihm).

    (Europäischer Jazz-Thread)

    Mit großer Verspätung ein paar Zeilen zu Koglmanns »L’Heure Bleue« – neben »Opium«, das mir zunächst nicht so einging, das ich aber jetzt wiederhören muss – das einzige Album, das ich bisher kenne. Als die Gitarre im ersten Stück einsetzte, hatte ich geradezu den Kopf Richtung Player geworfen, entsetzt und fast um Hilfe rufend. Unsinnige Idiosynkrasie gegenüber der Gitarre, das weiß ich, aber ich muss sie dann doch jedesmal aufs Neue überwinden. Und das passierte noch innerhalb von »Leopard Lady«! Das ist alles so fest gefügt, und hat doch so viel Luft, hat dermaßen Witz, auch launige Cleverness, dass ich irgendwann aus dem Grinsen nicht mehr herauskam. »It Isn’t Easy«, ein Koglmann-Arrangement von Ralph Richardson, konnte das erst recht nicht abstellen. Begeistert hat mich besonders Coe – aber, wie gypsy so gut sagte, er bricht auch am ehesten einmal aus, wenn auch nicht zu sehr. Hier gibt es nichts à la: »Und jetzt ein schönes Solo, das wird Euch umhauen, folks«; größeres Gewicht scheint mir der »Komposition« selbst zuzukommen, will sagen, zumindest bei »L’Heure Bleue« nehme ich die Musik als solche viel eher war, als irgendeine solistische Leistung, ob die nun im Vordergrund ist oder nicht. In diesem Punkt finde ich nun Koglmann sehr mit, remember, Dixon vergleichbar, vielleicht auch darin, das eigene Instrument nicht über die übrigen zu stellen. Blumenthal, Liner Notes: »And it can be said for Koglmann, as it was for Ellington, that the band is his true instrument.«

    Noch eine meiner halbgaren Assoziationen: Auf Nabatovs »autumn music« (p, cello, dr) gibt es ein Stück »hardly obliged«, da ist erst einmal Reijseger, der die im Anfang verhaltene Saitenzupferei immer weiter treibt und steigert, Vatcher kehrt mit dem »Besen« ordentlich drumherum bis ein ganzes Spinnennest von Cellotönen ausbricht – und darein zieht Nabatov eine schlichte, fast schon kitschige Melodie; ja, und erst durch Koglmanns, oder vielmehr Stangls Version von »Night and Day« fällt mir auf, dass diese Klaviermelodie – »Night and Day« ist, o. k.: sein könnte. Koglmann war mir da also eine Art Übersetzer von Nabatov – das mag ruhig auch heißen, dass sein, Koglmanns, Vokabular reicher ist als Nabatovs …

    Als nächstes werde ich »Make Believe« hören – das Pound-Album stelle ich erst einmal zurück, bis mir nach Gesang ist.

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    #7556489  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    „Night and Day“ ist aber keine Melodie… eher ein Rhythmus!
    Ausser der Bridge läuft das ganze Stück auf demselben Ton – was es zu einer wunderbaren Herausforderung macht, weil alles an der Phrasierung, Intonation etc. hängt… wunderbar zu hören z.B. bei Coleman Hawkins, 1944.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7556491  | PERMALINK

    Anonym
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    gypsy tail wind“Night and Day“ ist aber keine Melodie… eher ein Rhythmus!
    Ausser der Bridge läuft das ganze Stück auf demselben Ton – was es zu einer wunderbaren Herausforderung macht, weil alles an der Phrasierung, Intonation etc. hängt…

    Ich hätte wohl mindestens das Wörtchen „aus“ vor „Night and Day“ nicht vergessen sollen – mit der Melodie (schlicht usw.) meinte ich die Nabatovversion (oder auch Nicht-Version). Aber Du wirst ansonsten sicher recht haben. Es scheint mir – unabhängig von „Night and Day“ – aber durchaus möglich, durch rhythmische Abläufe eine Melodie zu erzeugen, vielleicht nicht im Jazz, das weiß ich nicht. Na, nicht so wichtig.

    Dagegen würde mich Deine Meinung zu folgendem Satz interessieren, zu „Night and Day“: „Der Kern der Melodie besteht im Grunde nur aus einer Tonwiederholung und einer sanften Triole abwärts. Die ungewöhnlich gebaute Komposition (48 Takte, Form: ABA’BCB‘) lebt von den kleinen Bewegungen, die chromatisch um den Grundton herum kreisen, und von der häufigen Verwendung der Quinte: Beides zusammen gibt dem Ganzen einen federnden, schwebenden Charakter.“ (Schaal, Jazz-Standards) – Abgesehen von dem Wort „Melodie“ kann ich Deine Charakterisierung da schon finden – oder?

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    #7556493  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja, klar ist das eine Melodie (und die Triole abwärts hab ich unterschlagen, die gibt’s auch wiederholt, eigentlich immer in der „Antwortphrase“… „Night and Day… YOU ARE THE one… / Only you and me… UN-DER THE sun“ oder so ähnlich… hab den Text jetzt nicht präsent), und klar kann man auf einem Ton eine Melodie machen! Monk hat das ja auch gemacht – ich glaub in „Thelonious“, aber ich bring seine Stücke immer durcheinander.

    Ich hab da auch noch eine kleine Anspielung verpackt auf eine CD, die ich noch nicht mal kenne… Melodie und Rhythmus von Gräwe mit Gratkowski.

    Edit: und wie Google mir mitteilt was das wiederum der Titel einer DDR-Musikzeitschrift.

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    #7556495  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Nachtrag zu „Night and Day“: das Monk-Stück heisst in der Tat „Thelonious“, und das Thema bzw. die Melodie (auf einem Ton) lebt von der Rhythmik und den darunter gelegten Akkord-Stakkati… hab das von Monk selbst (und von Bud Powell, der auf dem Columbia-Album, das Monk gewidmet ist, eine sehr schöne Version davon aufnahm) jetzt zwar nicht präsent, höre aber grad Dennis Charles‘ grandiose Version davon auf „Bangception“ (bin durch den Violinen-Thread drauf gekommen)

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    #7556497  | PERMALINK

    Anonym
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    Sehe gerade, dass es heute Nacht das Tomasz Stanko-Quartett gibt (JazzBaltica Festival 2005). Auf 3Sat.

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    #7556499  | PERMALINK

    Anonym
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    Ziehe noch einmal die Dixon-Akte hervor, auch wenn ich nur einen kleinen Zettel hineinzulegen habe, und sei’s auch nur zu meiner eigenen Erinnerung. Bin immer noch und immer mehr begeistert von »Bill Dixon in Italy« und »Strange Serenade« von Andrew Hill, von mir aus hätten die das auch in einem Köfferchen gemeinsam veröffentlichen können. Jetzt habe ich mal in Youngs »Dixonia« die 1980er-Phase nachgelesen und die Petitessen, die ich da gefunden habe, kommen also jetzt auf den Zettel:

    Am 6. Juni 1980 begann Dixons erste Italienmusikreise, mit einem kleinen Ausflug in die Schweiz, und zwar in Verona, Teatro Romano. Programm so ungefähr das, das dann auch auf den Platten zu hören ist, wenn auch immer wieder Arrangements, insbesondere die Folge der Soli geändert wurden. Truppe: Bill Dixon, Arthur Brooks, Stephen Haynes (t, Dixon außerdem p), Stephen Horenstein (ts, bs), Alan Silva (b), Freddie Waits (dr). Zunächst waren Jimmy Lyons und Art Davis vorgesehen, standen auch auf den Werbeplakaten, haben aber abgesagt, warum, sagt Young nicht. Waits ist dann auf den letzten Drücker am Tag des Konzerts eingetroffen. Die Sache ist an dem Tag übrigens Miles Davis gewidmet, warum auch immer.

    Am 7. Juni dann die Geschichte, auch aus Verona, aber Via Reggio, die ich nett finde: Da war nämlich Andrew Hill mit einem Soloprogramm. Der Produzent von Soul Note, Giovanni Bonandrini, wollte eine Aufnahme mit Hill machen, kam aber zu spät, um Hills Konzert zu hören. (Ich verstehe das so, dass er sich mal anhören wollte, ob es sich lohne, Hill im Juni 1980 ins Studio einzuladen.) Damit Bonandrini – so erzählt es Dixon bei Young – Hill doch noch hören könne, gab’s einen neuen Plan: Dixon leiht Silva und Waits an Hill – der keine eigene Band im Koffer hatte. (So steht es da, warum Hill nicht mit Bonandrini in einen Klavierladen gegangen ist, um ihm solo vorzuspielen, weiß ich nicht.) Jedenfalls hat Hill Dixon um Silva und Waits gebeten, was für Dixon »perfectly all right« war. »He also asked me to play with him that night. I told him I wouldn’t play the whole set with him, but I would play the beginning of a piece (maybe the first ten minutes) that the trio could work into a set. He and I played a duet with no written music; then Silva and Waits joined in, and they carried on as I left the bandstand. It worked very well, and we had a certain affinity. But in all this time I’ve known Andrew, we’ve only played for those ten minutes, though we talked about it ever since the days of the Cellar Cafe.« Dies also die Hauptnotiz. Young sagt natürlich nichts über die »Strange Serenade«.

    »BD in Italy« wurde dann auf Bonandrinis Wunsch vom 11. bis 13. Juni 1980 im Barigozzi Studio in Mailand aufgenommen, »For Cecil Taylor« als einziges Stück mit ausgeschriebenen Noten, soll auch einige relations zu »For Franz« (auf »Opium«) haben – Dixon hat nach Young den frühen Koglmann reichlich unterstützt, was immer das heißen mag. Dann geht’s noch zwei, drei Tage weiter in Italien, dann in die Schweiz nach Bellinzona und am 18. Juni ist Dixon in Paris, erst einmal mit Kent Carter (b) und Oliver Johnson (dr), am 24. sind dann die Leute aus Italien wieder dabei.

    Und die Dixon-Akte wieder zu.

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    #7556501  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Danke für diese Stories! Hoffe, in diesem Thread hier bald auch mal wieder was beizutragen (warte auf ein paar CDs…)

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    #7556503  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    nur ein link zu einer Seite mit einem Ausschnitt aus Ed Currans obskurem Savoy Album, krieg die Geschichte nicht mehr richtig zusammen, aber irgendwie war es wohl so, dass Dixon seinen Plattenvertrag mit Savoy an eine Schüler verschenkte im ihn zu erfüllen… jedenfalls ist das hier wunderbar charmanter früher Free Jazz mit Marc Levin – Dixons Schüler wie gesagt – an der Trompete/Posaune

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    #7556505  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    redbeansandricenur ein link zu einer Seite mit einem Ausschnitt aus Ed Currans obskurem Savoy Album, krieg die Geschichte nicht mehr richtig zusammen, aber irgendwie war es wohl so, dass Dixon seinen Plattenvertrag mit Savoy an eine Schüler verschenkte im ihn zu erfüllen… jedenfalls ist das hier wunderbar charmanter früher Free Jazz mit Marc Levin – Dixons Schüler wie gesagt – an der Trompete/Posaune

    Hab nur gelesen, dass Dixon – weil ohne Platte kaum Chancen auf einen Clubauftritt bestanden – sich Savoy als Produzent für Currans, Levin und Colbeck angeboten hat und das Angebot angenommen wurde. Meintest Du das? Dixon hat sich von Savoy wohl auch deshalb getrennt, weil die wenig dafür getan haben, im Radio gespielt zu werden – weiß der Himmel, welche Bedingungen das Radio stellt.

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    #7556507  | PERMALINK

    katharsis

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    Er ist vielleicht nicht unbedingt als Avantgardist zu bezeichnen, aber aus Mangel an Alternativen:
    Kann jemand etwas zum ersten Album von Dave Burns auf Vanguard sagen?

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #7556509  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    katharsisEr ist vielleicht nicht unbedingt als Avantgardist zu bezeichnen, aber aus Mangel an Alternativen:
    Kann jemand etwas zum ersten Album von Dave Burns auf Vanguard sagen?

    Kann ich leider nicht helfen, aber die Alternative ist hier:
    http://forum.rollingstone.de/showthread.php?t=41051

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7556511  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ekkehard Jost schreibt in Free Jazz: Stilkritische Untersuchungen zum Jazz der 60er Jahre (Wien 1975 – ich hab die Ausgabe von Schott, Mainz 1975 – hier gibt’s Vorreden und die Einleitung) im 5. Kapitel („John Coltrane 1965-1967“) ziemlich ausführlich über die Session zu Coltranes Album Ascension und macht dabei einige allgemeinere Anmerkungen zum Problem der Trompete in der neuen Musik jener Zeit, die mir durchaus erwähnenswert scheinen:

    Es mag aufgefallen sein, dass bisher kaum von den an Ascension beteiligten Trompetern, Freddie Hubbard und Dewey Johnson, die Rede war. In der Tat ist die Rolle der Trompete hier – wie generell im Free Jazz – problematisch. Anders als dem Saxophonisten stehen dem Trompeter Mittel der klanglichen Verfremdung und Ausweitung kaum zur Verfügung. Die growl-Töne, welche Hubbard in anderem Zusammenhang spielt, stellen eher eine Verlegenheitslüsung dar als ein musikalisch relevantes Element. Die Ausweitung des Tonbereichs in die überblasenen Register, welche der Saxophonspielweise erhebliche Impulse geben konnte, kommt bei der Trompete nicht zur Geltung, denn diese ist – wie alle Blechblasinstrumente – von Natur aus ein überblasendes Instrument. Der Tonumfang, der von Cat Anderson und anderen „Höhen-Trompetern“ erschlossen wurde, konnte auch dem Free Jazz-Trompeter keine neuen Inspirationen vermitteln. Noch weniger waren die Versuche mit dem sogenannte „Unterblasen“ erfolgreich: Töne, die man auf der Trompete unterhalb des geläufigen „Grundtones“ zwar erzeugen kann, erwiesen sich in der Regel als zu unflexibel, um eine wirkliche Bereicherung des Klanges zu ergeben. Nur allzu bezeichnend für diese Situation ist der Gruff Don Ellis‘ zur Vierteltontrompete sowie seine Einbeziehung mannigfacher artifizieller, auf elektro-akustischem Wege produzierter „Klangeffekte“, aber auch Don Cherrys und Lester Bowies Multi-Instrumentalismus.
    Der Wille zur Exploration der Klangfarbe als eines der wesentlichsten Antriebsmomente zur stilistischen Erneuerung stellt so die Trompeter des Free Jazz for quasi unlösbare Aufgaben. Umso verständlicher mag es sein, wenn die Soli von Freddie Hubbard und Dewey Johnson etwas konfus und richtungslos anmuten. In dem gewaltigen Klanggebäude der Gruppenimprovisationen von Ascension tragen ihre Stimmen gewiss wesentlich zur Färbung des Gesamtklanges bei, gegen die emotionale Kraft der solistischen Alleingänge der Saxophonisten jedoch scheinen sie farblos. Es bedurfte eines anderen musikalischen Kontextes, um der Trompete unter Beibehaltung ihrer natürlichen Klangeigenschaften einen Platz im Free Jazz zu geben, wie in den Kapiteln über Don Cherry und das Art Ensemble of Chicago zu zeigen sein wird.

    ~ Ekkehard Jost, Free Jazz, Mainz 1975, 109f.

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    #7556513  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,504

    katharsisEr ist vielleicht nicht unbedingt als Avantgardist zu bezeichnen, aber aus Mangel an Alternativen:
    Kann jemand etwas zum ersten Album von Dave Burns auf Vanguard sagen?

    also hier ist eine Radiosendung in der das Album (zum Gedenken an den kürzlich verstorbenen Edgar Bateman) komplett gespielt wird… Herbie Morgan (of BN-Sideman Fame) am Tenorsaxophon und Kenny Barron Klavier, Steve Davis (McCoy Tyners Schwager, Coltranes ehemaliger Bassist…) am Bass… ist – genau wie Burns anderes Vanguard Album und wie Bill Englishs Vanguard Album mit Burns – ein hübsches Hard Bop Album, allerdings keins, das in meiner Liste vergessener Hard Bop Alben weit oben rangieren würde (besser und vergleichbar find ich die Alben von Al Grey/Billy Mitchell mit Burns oder die Alben von Dave Bailey… oder auch aus Philadelphia und mit Kenny Barron die Sachen von Bill Barron aus der gleichen Zeit…) Burns ist aber in der Tat ein sehr guter Trompeter, garantiert kein Avantgardist, und viel falsch machen kann man mit dem Album nicht… ich find von den drei Vanguard Alben glaub ich das Bill English Album am stärksten, ist ein bißchen swingeliger und hat schöne Tenorsoli von Seldon Powell…

    die oben verlinkte Bateman Memorial Seite ist übrigens ziemlich interessant… einen besonders starken Eindruck machen die Ausschnitte aus dem Walt Dickerson Why Not Album mit Wilbur Ware und Bateman… die drei Vanguard Alben sind übrigens kürzlich als mp3-only reissues wiederaufgelegt worden – ansonsten wohl schwierig zu finden…

    --

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    #7556515  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

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    Ich hab mir die LP mittlerweile in einer spontanen Aktion geholt und konnte bislang zumindest die erste Seite hören. Der erste Eindruck war ein sehr positiver. Schöne Kompositionen, ausdrucksstarke Musiker. Aber ich muss mich damit noch mehr beschäftigen. Spontan ist mir fast der typische Blue Note-Klang aufgefallen, den ich eigentlich sonst auch nur von – guess what – Blue Note-Sessions kenne.
    Burns selbst kannte ich bislang nur von „A.T.’s delight“, welches trotz seiner interessanten Kompositionen keinen besonders langanhaltenden Eindruck gemacht hat…

    Danke für den Link, das sind ganz schöne Tondokumente. Vor allem zu ein paar Stücken, die man sonst im Netz überhaupt nicht oder nur schwer findet. Bateman war dann doch auf ein paar interessanten, unbekannteren Sessions beteiligt.

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    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
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