Enja Records

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  • #12312995  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    @redbeans – good catch! Ich hab tatsächlich in die Richtung gedacht (Webster, Carter … auch Bechet … aber auf Hawkins kam ich nicht). Das erste, was ich auf die Schnelle finde, ist eine Session noch aus den USA, 8. März 1934 mit Buck Washington. Evensmo nahm mal wieder kein Blatt vor den Mund, relativierte aber später etwas:

    In the first edition of the Solography I wrote: „This is a really catastrophic session.
    The whole idea in itself is to me rather risky, with a lonely piano accompaniment it
    is difficult to achieve a rhythmic tension. Accordingly, Hawkins swings less than he
    has done both earlier and later, and his futile attempts at filling the musical
    emptiness only makes it worse. „… Nobody“, the fastest side, is completely
    nonsense. The slower ones are somewhat better, but full of bad taste, and the music
    is almost a parody. The only point of merit is the first solo in „It Sends …“, where
    he presents the theme and takes it easy with some pleasant results, but to make it
    up, the last part is really bad“. I have been seriously criticized for this comment.
    Somebody even said that I clearly could not stand Coleman Hawkins‘ music as a
    whole! As if I then would have used evening upon evening playing his records.
    Well, maybe I was too condescending, but I still do not like the session, whether I
    compare it to the neighbouring ones or not. And the idea of a lonely piano
    accompaniment is risky. That Armstrong and Hines made it in a magnificent way is
    no counterproof, is it? Postscript of 2012: It is highly interesting and rather
    embarrassing to read these old-time evaluations. Obviously I was, as a young man,
    hung up with a certain opinion of how Hawk was supposed to sound, and a duo
    format was simply not emotionally acceptable at the time. Listening to the session
    again now, with alternate takes, it shows how advanced CH was in his music, and
    how creative and courageous he was. More than any other jazz musician he took on
    new challenges, playing with anybody regardless of style. This duo session is
    simply the first example of this attitude. Read also Loren Schoenberg’s informative
    liner notes on this session!

    Quelle: https://www.jazzarcheology.com/artists/coleman_hawkins_part_1.pdf

    Eine komplette sessionbasierte Diskographie gibt es inzwischen auch:
    https://coleman-hawkins-discography.com/coleman-hawkins-discography/

    Die Duo-Alben von Ibrahim hätten wohl alle zu Enja gepasst, auch die mit Buddy Tate und Gato Barbieri … irgendwie war ja Enja weniger am Schaffen eines eigenen „rosters“ gelegen, anders als den geliebten Jazz-Labeln der Fünfziger, die immer wieder ähnliche Leute einsetzten, dem Sideman bald einen Leader-Gig verschafften usw. Es gibt schon Leute, die länger und in unterschiedlichen Rahmen präsent waren (Pierre Favre in den ersten Jahren, später kommt mir da als erstes George Mraz in den Sinn, aber auch etwas weniger prominente wie Makaya Ntshoko … und Tommy Flanagan wurde ja auch mal mit anderen Leuten kombiniert, mit Bennie Wallace etwa oder mit Phil Woods/Red Mitchell, die auch kein Mensch bei Enja erwarten würde). Aber das Kopfkino geht doch manchmal in interessante Richtungen, z.B. beim Gedanken, dass Barbieri (und dann vielleicht auch Don Cherry – Karl Berger war ja schon da) auch mal was für Enja gemacht hätte … bzw. Weber und Winckelmann für ihn eine tolle Band zusammengestellt hätten, Mangelsdorff oder Berger und dazu Warren/Favre vielleicht? Das – dieses Netze schaffen – scheint irgendwie im Enja-Katalog eine etwas vertane Chance. Aber angesichts der Güte des Outputs möchte ich da wirklich nicht jammern. Der Gedanke ging mir aber in den letzten Wochen tatsächlich mehrmals durch den Kopf.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #156 – Benny Golson (1929–2024) – 29.10.2024 – 22:00 / #157 – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #12312997  | PERMALINK

    thelonica

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    redbeansandrice

    gypsy-tail-windJa, klar … hab nur etwas weiter dran rumstudiert. Ein Ellington/Webster-Duo gibt es nicht, oder? Ellington/Hodges? Irgendwas bei den Small-Group-Sessions aus den Dreissigern?

    Bei Ellington fällt mir nichts ein…. Was es glaub ich gibt sind solche Duette irgendwo zwischen Coleman Hawkins europäischen Aufnahmen aus den 30ern… Das Coltrane Ellington Album fiel mir schon auch als mögliches Vorbild ein, genau wie evtl das Ayler Cal Cobbs Spirituals Album aber das sind natürlich keine Duette.. Ansonsten scheinen ja Archie Shepp und Mal Waldron am meisten in dem Format aufgenommen zu haben…. Aber komisch dass einem nichts aus den 50ern oder 60ern einfällt

    Ruby Braff/Ellis Larkins, Don Byas/Slam Stewart (40er), Roy Eldridge/Claude Bolling (1951). Innerhalb einer Gruppe gab es ja noch „Duette“ zwischen Mingus und Eric Dolphy.

    --

    #12313011  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zu Armstrong wich ich ja nur aus, weil das die früheste Bläser/Klavier-Duo Jazz-Aufnahme zu sein scheint. Ein Charlie Parker/Bud Powell-Duo oder eins von Teddy Edwards mit Dodo Marmarosa oder sowas gibt es halt wirklich nicht (und Lester Young/Nat Cole hatten auch entweder einen Bass oder ein Schlagzeug dabei, Trios gibt – v.a. mit Sax/Piano/Drums – sind ja nicht so selten). Oder allenfalls aus irgendwelchen dokumentierten Hotelzimmer-Jam-Sessions oder ähnlichem. Byas gibt es tatsächlich in solchen Sessions (Timme Rosenkrantz) 1944 im Duo mit Jimmy Jones und John Mehegan (in der Mosaic-Box). Anders als informell scheint das wirklich sehr lange kein Thema gewesen zu sein.

    Aber ich hab ja gerade oben schon versucht, den Bogen zurück zu Enja wieder finden ;-)

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    #12313685  | PERMALINK

    friedrich

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    Mir sind auch keine älteren Vorbilder für die Kombination Piano und Sax bekannt. Dabei liegt das doch eigentlich auf der Hand. Piano und Gesangsstimme geht ja auch und dann ist Piano und Sax nicht weit. Pianist Ellington + Saxofonist (Hodges, Webster …) wäre nur konsequent gewesen.

    Ich habe das Günther Klatt + Aki Takase Play Ellington-Album oben ziemlich wortreich und vielleicht auch etwas umständlich beschrieben. Um es kurz und knapp zu machen fehlte mir die Zeit. ;-)

    Eigentlich ist es ja so: Klatt und Takase umkreisen das Gravitationszentrum Ellington und Strayhorn auf einer stark elliptischen und exzentrischen Umlaufbahn. Dabei kreisen sie beide auch gleichzeitig um einen unsichtbaren gemeinsamen Schwerpunkt. Ihre Bahn kreuzt die Bahnen von Ben Webster und Paul Gonzalves, die ebenfalls um Ellington + Strayhorn rotieren. Archie Shepp schwirrt auch mal vorbei. Der besondere Reiz dieser Aufnahme beruht auf zwei sich überlagernden Phänomenen: Zum einen besteht ein sich ständig änderndes Spannungsverhältnis zwischen Klatt + Takase einerseits und dem Zentralgestirn Ellington + Strayhorn andererseits, zum anderen gibt es auch ein Spannungsverhältnis zwischen Klatt und Takase selbst. Beides offenbar individualistische und etwas exzentrische Gestalten, die ihr Verhältnis zueinander ständig neu verhandeln. Wie weit will, kann und muss man sich vom Gravitationszentrum oder dem gegenüberliegenden Pol entfernen, wie weit will, kann und muss man sich annähern, ohne dass man entweder einsam in den unendlichen Weiten des Raumes verschwindet oder umgekehrt das Gefüge in einem dummen Klumpen in sich zusammenstürzt? Und natürlich haben die Anziehungskräfte der Planeten Webster, Gonzalves und Shepp auch noch Auswirkungen. Wenn man wollte, könnte man auch noch mal darüber nachdenken, ob die Konstellation Mann ↔ Frau in dieser Versuchsanordnung eine Rolle spielt.

    In das Archie Shepp / Jason Moran Duo-Album habe ich mal reingehört. Im Vergleich dazu gehen Klatt / Takase aber noch ein ganzes Stück weiter, weil sie die Grenzen der beiden Formate Duo und Tributalbum so weit wie möglich verschieben. Finde ich.

    Ich kenne sonst gar nichts von Günther Klatt und fast nicht von Aki Takase. Kann daher nicht beurteilen, wo dieses Album in deren Oeuvre zu verorten ist. Ich weiß auch nicht, wo das Album im ENJA-Katalog zu verorten ist. Bei mir haben Klatt und Takase jedenfalls in Ohr, Geist und Seele was ausgelöst.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #12313703  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich hab’s jetzt grad auch noch bestellt … bin gespannt, aber wird mir eh gefallen. @friedrich, wenn Du in Berlin Platten stöberst und die hier Dir mal begegnen sollte:
    https://www.discogs.com/release/1388067-G%C3%BCnther-Klatt-Strangehorn
    Zugreifen!

    Bei mir liefen gestern erneut „Bolero“ und zum ersten Mal „Dakota Song“ – letzteres ist wirklich Spitzenklasse!

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    #12313845  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Abdullah Ibrahim – African Dawn | Studio Bauer, Ludwigsburg, 7. Juni 1982 – ein weiteres Solo-Album, ein nachdenkliches, mit ein paar Originals zum Einstieg: „Blues for a Hip King“, „Sunshine of Your Smile“, das Titelstück und „African Piano“, danach folgen neue Versionen von „Round Midnight“ und „Blue Monk“, dazwischen mit „Just You, Just Me“ noch ein Standard, dann Widmungen „For Coltrane“ und „For Monk“, zum Ausklang dann Strayhorns „A Flower Is a Lovesome Thing“ und das eigene „Children’s Corner“ … was wie ein retrospektives Set klingt, entpuppt sich eher als introspektives, nachdenkliches, von einer eher dunklen Stimmung beherrschtes. Vielleicht eine Art monochromes Selbstportrait, wie es Titel und Cover auch nahelegen. Die Fremdkompositionen eignet sich Ibrahim dabei auf eine Weise an, dass sie sich vollkommen nahtlos ins Ganze einfügen, eine Art 56minütige Suite (mit Unterbrüchen, aber das ändert nichts), in der es auch eigene Intros und Interludes gibt. Läuft jetzt zum sechsten oder siebten Mal – und gefällt mir heute gerade besser als bei allen Durchgängen davor. Das hat einen Fokus, eine Konzentration, die sich aus dieser Beschränkung ergeben, es fehlen die jubilierenden Töne, die Cape-Grooves sind zwar schon auch da, aber verschattet, untergründig. Die „thirteen years of exile“ gingen erst 1991 zu Ende und es mag sein, dass die zunehmende Dunkelheit, die vielleicht auch aus den Ekaya-Alben ablesbar wird, auch damit zu tun hat.

    Auf der LP fehlen drei Stücke, in der ersten Hälfte ist Strayhorns Stück anstelle von „Sunshine of Your Smile“ zu finden, die zweite Hälfte (mit den zusätzlichen Tracks „Just You, Just Me“ und „Children’s Corner“) ist völlig anders angeordnet. Das Portrait stammt von Giuseppe Pino, in meiner CD-Ausgabe von 1999 steht das zwar in den Credits, aber das Foto ist im Booklet nicht reproduziert:

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    #12313897  | PERMALINK

    friedrich

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    gypsy-tail-windIch hab’s jetzt grad auch noch bestellt … bin gespannt, aber wird mir eh gefallen. friedrich, wenn Du in Berlin Platten stöberst und die hier Dir mal begegnen sollte:
    https://www.discogs.com/release/1388067-G%C3%BCnther-Klatt-Strangehorn
    Zugreifen!

    Bin gespannt, was Du davon hältst.

    Das Strangehorn-Album sollte ursprünglich auch auf ENJA veröffentlicht werden. In der Doku erzählt Günther Klatt, dass er und ENJA sich in dieser Sache aber irgendwie nicht einigen konnten (was immer das heißt) und er es daraufhn im „Selbstverlag“ veröffentlichte. Ohne professionelle Promotion und Vertrieb floppte das Album dann aber. Wenn mir Strangehorn mal im Plattenladen oder auf dem Flohmarkt begegnet, greife ich gerne zu.

    Ich habe in meinem obigen Post das Foto meiner Zeichnung des Ellington + Strayhorn-Sonnensystems durch ein etwas besser belichtetes Foto ersetzt. Gestern Nacht war das Licht einfach zu schlecht. Außerdem habe ich den Rechtschreibfehler bei Paul Gonzalves‘ Namen korrigiert. Jetzt korrekt mit „v“. Habe heute etwas Gonzalves gehört, kann da aber keinen sooo großen Einfluss auf Klatt raushören. Okay, wenn man sich als Tenorsaxofonist auf Ellington bezieht, kommen einem natürlich auch dessen Tenöre in den Sinn und das ist neben Ben Webster auch Paul Gonzalves. Wobei ich bei Klatt deutlich mehr Webster höre mit dessen beiden gegensätzlichen schroffen und zärtlichen Seiten. Und auch dessen Neigung zum Geräusch.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #12313915  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ganz korrekt wäre Paul Gonsalves ;-) – und ja, dass „Strangehorn“ ein Enja-Album hätte werden sollen, ist bekannt … mir hat @redbeansandrice mal eine neue LP besorgt (aus Altbeständen von Klatt selbst, oder wie war das nochmal?) – das Cover ist auch ziemlich super mit den surrealistischen Touches, die man auf den ersten Blick leicht übersehen kann.

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    #12313917  | PERMALINK

    friedrich

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    gypsy-tail-windGanz korrekt wäre Paul Gonsalves

    Oh man, irgendwas ist ja immer … :-(

    – und ja, dass „Strangehorn“ ein Enja-Album hätte werden sollen, ist bekannt … mir hat redbeansandrice mal eine neue LP besorgt (aus Altbeständen von Klatt selbst, oder wie war das nochmal?) – das Cover ist auch ziemlich super mit den surrealistischen Touches, die man auf den ersten Blick leicht übersehen kann.

    Echt? Staun!

    Zum von ihm selbst gestaltetem Cover erzählt Klatt in der Doku auch was. Er erzählte offenbar sowieso gerne was. ;-)

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #12313923  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Yosuke Yamashita / Hozan Yamamoto – Bolero | München, Amerikahaus, 4. Juli 1985, auf der Bühne zwei Japaner: Yosuke Yamashita am Flügel und Hozan Yamamoto an der Shakuhachi, einer traditionellen Bambusflöte. Im Forum ist Yamamoto schon länger ein Geheimtipp mit dem Album „Silver World (Ginkai)“, das er 1970 zusammen mit dem Trio von Masabumi Kikuchi aufgenommen hat. Doch hier lässt er auf sich warten, denn die ersten drei Stücke gehören Yamashita. Los geht es mit „‚Round Midnight“ (damals – auch bei „African Dawn“ – konsequent falsch „Round About Midnight“ geschrieben), kurz und recht kompakt, aber natürlich nicht ganz ohne Tastendonner und Verdichtungen. „Senba Yama“ dauert dann fast 18 Minuten und hier ergeben sich ständig Steigerungen und Entspannungen, verschiedene Stränge überlagern sich, stürmische Cluster, schreitende Riffs, pulsierende Rhythmen, singende Melodien – und manchmal scheint alles zusammenzufallen, doch aus der Dichte ergeben sich dann: Atempausen. Faszinierend. Dann folgt, immer noch Piano solo – das Titelstück von Maurice Ravel, das ewige Riff läuft in der linken Hand durch, während die rechte sich gewisse Freiheiten herausnimmt und Yamashita irgendwann auch mit harmonischen Verschiebungen anfängt … eher interessant als faszinierend möchte ich sagen. Die letzten sieben Minuten der ersten Platte/CD gehören dann Yamamoto, der sein Stück „Seijaku“ spielt und die zweite Platte mit einem weiteren eigenen Stück, „Space Unknown“, öffnet; 11 Minuten Shakuhachi vs. 31 Minuten Piano – war vermutlich nicht die dümmste Entscheidung. Die zwei Solo-Stücke sind schön, haben etwas durchaus Meditatives, bieten in den unterschiedlichen Ansatztechniken, die Yamamoto einsetzt, schon eine gewisse Abwechslung und Bandbreite. Die restlichen nicht mehr ganz 40 Minuten (das Doppelalbum dauert so 1:22 Stunden, 40 + 42 Minuten) gehören dann dem Duo. Es gibt drei gemeinsam konzipierte Stücke: „Farewell Jo Härting“ (Härting war der zweite Tote des Unfalls in Magdeburg am 8. November 1984 während einer Tour der Band Oregon, der auch das Leben von Collin Walcott beendete), „The Tragedy of a Grotesque Funeral“ und zum Abschluss ein Arrangement von „Scarborough Fair“. Dazwischen sind drei Stücke von Karl Berger zu hören: „Passing Rain“, „Again“ und „We Are“. Yamamoto spielt mit der Klavierbegleitung deutlich freier und bewegter auf, das Duo findet ein Gleichgewicht, in dem die geballte Power des Pianisten die zarte Bambusflöte nicht wegpustet, aber sich auch nicht ständig zurückhalten muss. Sprich: das funktioniert und gefällt mir nach inzwischen vier oder fünf Durchgängen auch ganz gut.

    --

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    #12314029  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    friedrich

    gypsy-tail-windGanz korrekt wäre Paul Gonsalves

    Oh man, irgendwas ist ja immer …

    – und ja, dass „Strangehorn“ ein Enja-Album hätte werden sollen, ist bekannt … mir hat redbeansandrice mal eine neue LP besorgt (aus Altbeständen von Klatt selbst, oder wie war das nochmal?) – das Cover ist auch ziemlich super mit den surrealistischen Touches, die man auf den ersten Blick leicht übersehen kann.

    Echt? Staun!
    Zum von ihm selbst gestaltetem Cover erzählt Klatt in der Doku auch was. Er erzählte offenbar sowieso gerne was.

    @gypsy, ich bilde mir ein, wir hätten unsere Exemplare einfach unabhängig voneinander auf Discogs gekauft… Meines war scheinbar ein Promo-Exemplar, dass sie einem belgischen Journalisten geschickt hatten, und das Anschreiben lag noch dabei… Und du hattest dich dann auf Twitter(?) kurz mit einem der Beteiligten unterhalten… Unter anderem über die Hand, die da unten links auf dem Cover aus dem Boden kommt… @friedrich, danke für das tolle Diagramm!

    --

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    #12314045  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Hm, ich dachte ich hätte die Klatt von Dir gekriegt gehabt … irgendwas mit einem Händler, der ein paar neuwertige Exemplare aus dem Nachlass hatte oder sowas?

    Ich hatte Paul Grabowski, den Pianisten des Albums, auf Twitter angepingt – hab mich in der faschistischen Vorhölle gerade nochmal angemeldet, und es ist echt zum Brüllen: Die Antwort muss ich extra über „Show more replies“ einblenden – und sie fiel relativ erwartbar aus:

    That was Günther’s sense of humour. He was also a visual artist and sculptor.

    https://x.com/paulgrab/status/1589351193335443456

    Und darunter auch des Rätsels Lösung, nochmal ich selbst, aber da kam leider keine weitere Reaktion mehr:

    Many thanks for your reply! So he tweaked with the photo afterwards, adding this hand, I’d take it? It’s a great album, just bought it in Vienna a few weeks ago (new stock copies a shop bought from Enja, it seems).

    https://x.com/CasuraFlurin/status/1589352316699746305

    Ich hab die Platte bei Black Monk in Wien gekauft und der hat das erwähnt … so war das.

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    #12314067  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Das macht viel Sinn, ich bild mir ein, ich hätte auch die meisten meiner Klatt CDs bei Black Monk auf Discogs gekauft

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    #12314789  | PERMALINK

    friedrich

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    redbeansandricegypsy, ich bilde mir ein, wir hätten unsere Exemplare einfach unabhängig voneinander auf Discogs gekauft… Meines war scheinbar ein Promo-Exemplar, dass sie einem belgischen Journalisten geschickt hatten, und das Anschreiben lag noch dabei… Und du hattest dich dann auf Twitter(?) kurz mit einem der Beteiligten unterhalten… Unter anderem über die Hand, die da unten links auf dem Cover aus dem Boden kommt… friedrich, danke für das tolle Diagramm!

    Danke, gern geschehen!

    Dieses Album löste bei mir eine Gedankenkette aus: Annäherung, Entfernung, Spannung und Entspannung, Bewegung. Umlaufbahn, Gravitationskräfte, Zentrifugalkräfte, Beschleunigung und Verlangsamung. Gegensätze, die sich einander bedingen und gegenseitig voraussetzen. Ein Gedankenmodell, das mir Begriffe für die Kräfte, die diese Musik im innersten zusammenhalten, an die Hand zu geben scheint. Bin weder Philosoph noch Physiker oder Astronom, aber das rotierte dann in meinem Kopf.

    Aber jetzt zurück zu ENJA!

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #12314805  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgarten

    jim pepper, dakota song (1987)

    ich habe eine eigenartige beziehung zu diesem album: sehr früh entdeckt, dann aber wieder weggegeben, dann gemerkt, dass ich es immer irgendwie im hinterkopf habe, also irgendwann wieder auf cd besorgt, aber trotzdem nie so ganz ernst genommen. mir schleppt pepper oft zu sehr, manchmal wirkt es mir zu schwer, zu mühsam, so dass er linien oft eher andeutet als ausspielt, die band arbeiten lässt, dann wieder viel zu schnell den effekt sucht.

    tatsächlich ist das ein wunderbares album, mit tollen kompositionen und einer klasse band (lightsey, debriano & betsch), auf dem ich pepper jeden ton abnehme. es gibt zwei standards (auf der cd sogar drei), die ich damals nicht verstanden habe, den gesungenen titelsong (fand ich damals kitschig, heute liebe ich ihn), und ein damals schon heißgeliebtes ornette-coleman-stück, in dem die ganze band total aufdreht. ich muss noch mal in mich gehen, ob ich das in meiner liste ignorieren soll, aber ich möchte das hier empfehlen, es wird fast allen – aus unterschiedlichen gründen vielleicht – gefallen, glaube ich.

    Jim Pepper – Dakota Song | Für mich ist das Album eine Neuentdeckung – es lief in den letzten Tagen schon ein halbes Dutzend Mal und klickte sofort. Los gejte es in „3/4 Gemini“ mit einer kurze Solo-Kadenz, in der Pepper am Tenorsaxophon die Stimmung setzt, dann folgt ein satter 3/4-Groove der tollen Rhythmusgruppe, in der Santi Dabriano fast mehr Solo-Platz kriegt als Kirk Lightsey, während John Betsch für einen leichten aber durchaus körperlichen Swing sorgt. Peppers grosser Sound, recht gradlinig, mit relativ wenig Vibrato, ist auch im folgenden „What’s New“ toll zu hören, einer Half-Time-Ballade, in der er gegen Ende auch mal einen Überblaser einstreut. Eine kurze Solo-Kadenz gibt es hier zum Schluss. Das ist alles recht grossspurig, kommt vielleicht auch mal Angeberisch an – und doch steckt Pepper tief drin, es gibt keinerlei virtuose Ausflüchte. Ganz im Gegenteil, irgendwie klingt das oft ziemlich basic, die Kunst liegt in den Nuancen des Tons, in der Melodieführung, in der Phrasierung (dass die für manche Ohren „schleppt“ kann ich glaub ich schon nachvollziehen – vielleicht ein ähnlicher Effekt wie bei Dexter Gordon?). Lightseys Stunde schlägt dann endgültig im dritten Stück, „Jumpin‘ Gemini“ – und wir kennen damit endgültig Peppers Sternzeichen (18. Juni 1941 – 10. Februar 1992, Herkunft: Kaw und Muskogee, geboren und gestorben in Oregon, Salem bzw. Portland.

    Die tolle Version von Ornette Colemans „Comme il faut“ hat @vorgarten schon verlinkt, auch für mich ein Highlight hier! Der Rest des Materials stammt bis auf drei (auf der LP zwei) Standards von Pepper selbst, so der „Dakota Song“ mit Peppers Chant (und Tenorsax dazu) und der „Mercer Street Blues“. Der Chant ist für einmal eher verhalten, nachdenklich – über einen tollen Groove der Rhythmusgruppe und mit einem sehr schönen kurzen Sax-Solo in der Mitte. Der Blues einfach ein Blowing-Vehikel, scheinbar ein Chaser nach dem Chant, doch der entpuppt sich bei genauerem Hinhören trotz dem aufgeräumt walkenden Bass als gerade so melancholisch. Drummer John Betsch spielt hier wieder sehr lässig auf. Danach folgt das Ornette Stück und auf der LP der Closer, Burke/Van Heusens „It Could Happen to You“, gespielt als mittelschneller Swinger. Auf der CD geht es mit „Polka Dots and Moonbeams“ (auch Burke/Van Heusen), als bezaubernde Ballade inkl. starkem Klaviersolo präsentiert, und einem letzten Original, „Rainbeaux“, weiter. Das Album wird dadurch ca. eine Stunde lang, und die gehört zum besten, was Peppers Diskographie, so weit mir inzwischen bekannt, zu bieten hat (heisst konkret bei mir: neben dem späten Live-Mitschnitt aus Österreich, „Polar Bear Stomp“, das liebste Pepper-Album – dieses fehlt hier, aber im Index ist Pepper noch einige Male zu finden, er taucht auch noch auf „Mal, Dance and Soul“ auf).

    Die Aufnahme stammt aus dem Sorcerer Sound, NYC, 14. Januar 1987, aufgenommen hat David Baker, produziert Horst Weber (das ist ja kurz nach dem Split, aber Pepper lief eh immer über Weber bzw. über Wiesssmüller/Tutu, was ja auch die Weber-Schiene war). Das Cover stammt von Alexander Fischer, der in München zur Bluesband The Mojo Street Gang gehörte und unter „Sandy ‚Mojobohne‘ Fischer“ läuft – er hat einige ähnliche Cover gestaltet, v.a. für Enja:
    https://www.discogs.com/artist/4041767-Sandy-Mojobohne-Fischer?superFilter=Credits

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