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nun dieses gesamtkunstwerk, ein cover was ich mir tatsächlich auch ohne lp an die wand hängen würde, es hapert aber leider am platz….
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herrlich….da wird sie wohl in deiner liste in einer der vorderen positionen auftauchen….Nein, weil ich schon zu Beginn beschlossen habe, „Historisches“ wegzulassen … aber in diesem Fall gab es – anders als bei Mingus, Dolphy, Lasha, Webster oder Ervin – halt Anschluss an eigentliche Enja-Produktionen und mir war nach nem Benjamin-Vormittag heute
Ich finde ja „kuratieren“ auch was Gutes, aber für die Bestenliste hab ich so schon mehrere Dutzend valabler Kandidaten und die Wahl wird sehr schwer fallen!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaAbdullah Ibrahim & Ekaya – African River | Das nächste Album vom Meister aus Kapstadt – und hier habe ich seitdem ich mich erinnern kann bedauerlicherweise den Eindruck, dass ich der einzige im Forum bin, des es in höchstem Masse schätzt. Mit einem Cape-Town-Rhythmus geht es los, Horace Alexander Young ist der Solist am Sopransax. John Stubblefield (ts/fl) und Young (as/ss/picc) sind dabei, zudem Howard Johnson (bari/tuba/t) und zudem Robin Eubanks (tb). Buster Williams und ein Drummer namens Brian Adams komplettieren die Band. Und natürlich hat Ibrahim alles komponiert, arrangiert und spielt das Piano. Aufgenommen wird am 1. Juni 1989 bei Van Gelder (auch wenn Enja längst auf zwei aufeinanderfolgende Tage zur Albumproduktion umgestellt hatte: bei Ibrahim gab’s nur einen, das reichte wohl immer). Ein kleines Detail, weil’s schon bei „Mindif“ steht: heute will Ibrahim ja ein Klavier von Fazioli, damals noch: „plays Yamaha Grand Piano“.
Im fast zehnminütigen Titelstück ist dann fast die ganze Band zu hören. Zwei Sax-Soli rahmen eins von der Posaune, dann ist noch Williams am Bass dran, Johnson ist im ganzen Album fast so präsent wie die Rhythmusgruppe, auch wenn er weniger Solo-Platz kriegt. Das verzahnt sich alles wieder perfekt und auch der Sound von RVG ist wieder gut. Das Klavier klingt irgendwie aus dem Mischsound wunderbar hervor – und Ibrahim braucht auch nur ein paar Riffs und Kürzel einzustreuen, um seine Präsenz zu markieren, darin inzwischen dem grossen Vorbild Ellington längst ebenbürtig.
„Joan – Capetown Flower“ ist eine Hymne, Stubblefield singt das Thema, getragen von weichen Akkorden der Band (Barisax, Posaune und Flöte – auch so ein Ellington-Ding), die Soli kommt dann von Johnson am Barisax (er setzt im Tenorregister an, sinkt dann allmählich ab, sehr effektiv) und Eubanks. Dann übernimmt Young am Altsax für den Schluss mit dem Thema. Im folgenden „Chisa“ wieder mit einem unverwechselbaren Groove, ist Young wieder am Sopransax zu hören – und übernimmt den Part, den der Leader zehn Jahre früher wohl noch selbst gespielt hätte (weniger brillant aber etwas enigmatischer vielleicht?), während Johnson rifft.
Auch der Groove in „Sweet Samba“ ist mitreissend, Young ist der ersten Solist am Piccolo nehme ich an, dann erst folgt das eigentliche Thema. Stubblefield soliert dann als nächster, plötzlich tauchen flirrende Riffs (Piccolo-Flöte und Barisax – Gil Evans schielt herein) hinter ihm auf, dann folgen kurze Soli von Posaune, Flöte (oder Piccolo?), Trompete (Johnson konnte echt ziemlich alles – sicher nicht das beste Trompetensolo, das man zu hören kriegen kann, aber trotz einiger kleiner Patzer sehr charmant, flächig gespielt und mit Biss – klingt eher nach Kornett, aber im Booklet steht Trompete), dann nochmal ein Sax (Young am Alt?), ein paar Takte Bass, erneut Trompete (und jetzt hat Johnson nochmal einen Gang höher geschaltet, shades of Don Cherry) und Flöte, dann das flirrende Riff, nochmal die Posaune … und wenn das Sax zurückkehrt bin ich erneut unsicher, ob das nicht auch wieder Stubblefield ist? Egal, das ist ein tolles Stück mit dem (nicht ganz echten?) Samba-Beat, dem catchy Themenkürzel, den vielen kurzen Soli, arranger’s touches …
„Duke 88“, eine Ellington-Hommage mit Bläser-Riff, das vom Barisax initialisiert wird, bietet einen ruhigeren, jedoch zügig walkenden Gegenpol. Eine Saxophon-Melodie schält sich fast zögerlich aus den Riffs heraus, das Klavier streut ein paar Fills ein, das Schlagzeug wird dichter. Dann kriegt Eubanks das erste Solo – und sein Auftritt auf dem Album gefällt mir sehr. Er fügt sich perfekt ein, bleibt doch spürbar modern, schlank im Ton, elegant, aber da und dort mit einem Cry, der perfekt in die afrikanischen Aufnahmen Ibrahims aus den Siebzigern passen würde. Dann sind die Saxophone dran, in aufsteigender Reihenfolge Bariton, Tenor und zuletzt Alt. Das ist eine recht straighte Jazznummer, aber durch die ständig präsenten Riffs der anderen und Ibrahims prägendes Piano bleibt sie unverkennbar.
„The Wedding“ ist die zweite Hymne hier, eine alte bekannte. Ibrahim öffnet am Klavier, dann singt Young am Altsax das Thema (das gehört auf „African Marketplace“ Carlos Ward), während die anderen liegenden Choral-Harmonien drunter legen, auch Williams mit Bogen. Zauberhaft – und auch das einzigartig, gibt es so nirgendwo sonst, zumindest wäre mir das nicht bekannt. Ruhig auch der Closer, „A Mountain of the Night“, noch ein Klassiker, Querflöte und Barisax und Bass, Klaviertupfer, liegende Bläser mit langsam wechselnden Akkorden, ein leichter Besen-Swing … so könnte ich mir in den Himmel hochzufahren vorstellen, würde ich an solche Dinge glauben. Schön.
Abdullah Ibrahim – No Fear, No Die (S’en Fout La Mort) | Am 18. Juli 1990 ist die Band wieder bei Van Gelder, es entsteht der zweite Soundtrack für einen Film von Claire Denis (ich kenne sie leider beide noch nicht). Young (as/s/fl) und Williams sind wieder dabei, Ricky Ford (t) ist vom ersten Album von Bea Benjamin noch im Ohr. Jimmy Cozier (bari/cl), Frank Lacy (tb) und Ben Riley (d) sind die neuen Gesichter. Der Charakter der Musik ist hier noch einmal etwas anders, noch tänzerischer, leichter – was wohl damit zu tun hat, dass Denis‘ Film in die französischen Antillen und weitere Karibik-Inselstaaten zum Hintergrund gehören? Mit „African River“ bin ich so halb aufgewachsen (es kam etwas später dazu), „No Fear, No Die“ kaufte ich dann zuerst selbst, ich denke so um 1997 herum, jedenfalls noch vor dem Reissue von 2002 (das in die „Vintage Series“ gehört, die wiederum bei Enja läuft, dort sind dann alle drei Label-Logos: Tiptoe, Enja und Ekapa zu finden, auf meiner CD von 199 nur die ersten zwei, aber drunter steht „ENJA-TIPTOE Ekapa Series“ – auf drei Zeilen … etwas verwirrlich, das alles, aber ich betrachte das alles als Enja-Alben, Ibrahim hatte als Zugpferd wohl einfach etwa mehr Freiräume als die meisten anderen).
Ein Calypso rahmt das Album: der langsame, dunkelschattierte „Calypso Minor“ dient als Opener. Wichtiger noch als Fords Tenorsax ist hier Lacys Plunger-Posaune, und die ist natürlich eine Ellington-Reminiszenz – und die Personalie, die hier die merklichste Veränderung im Bandsound bewirkt. „Angelica“ folgt, ein Lieblingsstück gerade in dieser Version – aber auch im Original von „Duke Ellington & John Coltrane nicht zu verachten. Lustigerweise hab ich zuerst gerade nach „Angelica Ellington Coleman Hawkins“ gesucht, weil der Sound, den Ibrahims Arrangement hier erzeugt, viel besser zu dem Album passt. Die Soli hier kommen vom mir Ford, Lacy und Williams (der ist jetzt endlich wirklich unproblematisch aufgenommen).
„Meditation, II“ folgt (die erste ist später zu hören), eine wunderbare Performance, getragen von Williams und den nur fein punktierenden Ibrahim und Riley, darüber Ford – oder doch Cozier? Irre, was Ford für eine Sonorität hinkriegt, ein paar der Töne dünken mich so tief, dass sie am Tenor kaum zu erzeugen sein dürften, aber das bilde ich mir wohl nur ein. Lacy und Ford wechseln sich dialogisch mit Solo-Passagen ab, und ihre jeweiligen Sonoritäten passen wahnsinnig gut zusammen.
„Nisa“, das vierte von sieben Stücken ist mit über 12 Minuten das Herzstück des einigermassen symmetrisch aufgebauten Albums – zunächst spielt nur die Rhythmusgruppe mit Williams als Solisten. Nach knapp zwei Minuten ein tiefes Bläser-Riff – unbegleitet, bis Ibrahim trillernd die Rhythmusgruppe dazu holt, ein unendlich verführerischer Groove entsteht – und eine weitere wahnsinnig schöne Stimmung. Und das, die tollen Stimmungen, die meist dunklen, sehr reichen Klangfarben, sind das, was dieses Album so besonders machen. Ford und Young spielen tolle Soli. Dann folgt Lacy, der hier zunächst schlanker auftritt, während Williams dahinter die Führung zu übernehmen scheint. Dann Cozier (und da ist der Fall jetzt klar, dass das davor alles Fords Beiträge sind), Williams – nur noch leise von der Hi-Hat begleitet. Ford ist am Ende nochmal an der Reihe – rauschhaft, vom riffenden Barisax geerdet.
In „Kata“ gibt es ein insistierendes Bass-Riff, einen leichten Beat von Riley, irgendwann das gemeinsam von den Bläsern vorgestellte Thema, dann Soli von Ford, Lacy, Young (fl) und Young (ss), wobei zwischendurch jeweils kurz das Thema eingestreut wird und Ibrahim hinter den Solisten teilweise aussetzt. Am Ende setzt dann Cozier mal noch einen Moment zu früh ein – vielleicht etwas, was bei anderen zu einem weiteren Take geführt hätte… aber ist doch egal, den Flow hier kann man eh nicht toppen, warum also nochmal von vorne anfangen?
„Meditation I“ und der zweite Take vom „Calypso Major“. Eine Hymne für Youngs singendes Altsax zuerst, feine Besen von Riley, ein weit ausschwingender Bass und dann wieder der Bläserchoral. Die Solo-Spots kriegen auch hier wieder Ricky Ford – so toll wie auf diesem Album kriegt man den meines Wissens selten zu hören (auf eigenen Aufnahmen hat er die Tendenz, etwas aus der Form zu gehen mit irren Verdichtungen, die manchmal etwas over the top sind, das tut er hier nie – je nach Geschmack mag sein Spiel einem drum hier gar verhalten scheinen) – und Lacy.
Die Dur-Version des Calypso ist gar nicht so fröhlich – Williams trägt die Performance mit seinem rollenden Riff, das Klavier füllt zwischen den Bläser-Riffs und spielt dann tatsächlich ein kleines Solo, hinter dem Riley mit den Besen auch ein paar Male etwas lauter auf die Snare schlägt. Dann kommt nochmal Ford, klingt wie ein alter Meister, etwas Luft im riesigen Ton, ein Hauch Vibrato, ein schneller Lauf. Und dann die Posaune, nochmal mit dem Plunger, klar. Das ist alles so toll – es ist nichts und doch alles. Betörend!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaTutu Presents: „Live“ – Mal Waldron Quartet Featuring Jim Pepper Volume One – Quadrologue at Utopia | Bisschen umständlich der Albumtitel hier – umso unverschnörkelter die Musik. Fünf Viertelstunden mit Jim Pepper (ts), Mal Waldron (p), Ed Schuller (b) und John Betsch (d), live im Club Utopia in Innsbruck am 25. und 26. Oktober 1989. Auratisch ist hier nicht die ganze Musik (wie bei „No Fear, No Die“), aber die beiden Co-Leader sind es alleweil. Doch ist das hier wie fast immer bei Pepper leider halt auch einfach eine Blowing-Session und wieder einmal so ein Fall, den ich gerne mehr mögen würde.
Dennoch schön, die fünf langen bis sehr langen (10-20 Minuten) Stücke zu haben. Pepper ist immer wieder kurz davor, aus den Formen auszubrechen, tut das in harmonischer Hinsicht, überbläst, löst sich auch mal vom Beat, der aber stets weiterläuft hinter ihm, was zu interessanten Spannungen führt. Die sind hier auf jeden Fall alle gut aufgelegt, aber irgendwie fühlt es sich leider nicht so an, als sei das Ganze viel mehr als die Summe seiner Teile.
Vol. 2 (inkl. der Titel aller fünf enthaltenen Stücke) wird im Booklet hier schon angekündigt, sollte aber erst 1994 folgen – zu einem Zeitpunkt also, als die Enja-Connection nicht mehr auf den Hüllen vermerkt wird. Es gibt im achtseitigen Booklet auch wieder einen ausführlichen Text (von Wiessmüller selbst) sowie Fotos, darunter auch eins von einem entspannt-fröhlich wirkenden Waldron: Zigarette in der Hand, klar, aber für einmal zeigt er breit lachend seine Zähne.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
Aki Takase, Daniel Erdmann – Ellingtonmeinte hier nicht gestern wer, Takase sei auch immer ein bisschen eine Poserin gewesen? Wie auch immer – Ellington-Duettalben aufnehmen ist was, was sie kann, dieses hier ist quasi brandneu, das derzeit jüngste Enja Album scheint mir… Erdmann als Saxophonisten mag ich auch sehr gerne, weiss gerade nicht mal mehr woher, ein etwas coolerer Saxophonist als Bennie Wallace oder Günther Klatt… ob es jetzt *wirklich* noch so ein Album gebraucht hätte, bin ich mir nicht 100% sicher, aber es hat ja auch nicht jeder das mit Klatt… und ein bisschen anders ist das schon, ne ich hör es eigentlich doch beides sehr gerne.
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.Eddie Harris Quartet – There Was A Time – Echo Of Harlem | Und dann ist noch ein Lieblingsalbum seit den 90ern dran. Eddie Harris wurde mir erst kurz nach seinem Tod im November 1996 von verschiedener Seite nahegelegt. Zwei Enja-Alben schlugen massiv ein, das hier war das zweite, ist aber früher entstanden, am 9. Mai 1990 im Edison Studio in New York (Jim Anderson) – produziert hat es Todd Barkan, im Auftrag von Makoto Kimata von Alfa Records, das das Album 1990 in Japan herausbrachte – im selben Jahr wie Enja es in den USA und in Europa veröffentlichte. Was ich hier höre ist Mainstream-Jazz der allerersten Güte, mit dem Leader in bester Form, nur am Tenorsaxophon (kein Varitone, keine Trompete mit Sax-Mundstück, keine Keyboards, kein Gesang – auf dem anderen Enja-Album gibt es davon dann die volle Dröhnung) und mit einer erstklassigen Begleitcombo: Kenny Barron, Cecil McBee und Ben Riley. Das Album lief die letzten Wochen auch mobil wieder einige Male.
Was ich zur Musik schreiben kann – nicht leicht, da ich hier wirklich fast jeden Takt antizipieren kann, halbe Soli auswendig kenne. Los get es souverän mit „Love Letters“, der zarte und doch starke Ton von Harris, so biegsam und beweglich wie kein anderer ihn am Tenorsax hatte, ist perfekt in Szene gesetzt. Die Rhythmusgruppe fällt nie in allzu erwartbare Gefilde, Barron klingt sehr frisch, auch da, wo er seine alten Bebop-Chops auspackt … aber ein Bebop-Album ist das echt nicht geworden. An zweiter Stelle da 10minütige „Historia de un amor“ von Carlos Eleta Amarán, einem Songwriter aus Panama. Latin-Beat im Thema, 4/4 in den Soli, Fours – ein melancholischer, vielleicht etwas kitschiger Bolero, der für einen Film aus dem Jahr 1956 entstand und in Argentinien auch als Tango aufgenommen wurde (irgendein Witzbold hat bei Wikipedia 2015 als Jahr eingetragen, weil es da eine neue Version von Il Divo gab). „Autumn in New York“ als Ballade folgt – Riley glänzt an den Besen. „Photographs of You“ ist dann das erste von zwei Harris-Originals, hier ist im mittelschnellen Tempo sein so typisches kreisendes Saxophonspiel zu hören. „The Song Is You“ von Richard Kern ist als viereinhalbminütige unbegleitete Tour de Force des Leaders zu hören – irres Tempo, perfekte Time, schöner Ton …
Dann folgt das zweite epische Stück, Rogers‘ „Harlem Nocturne“ mit über zwölfeinhalb Minuten. Piano/Bass-Vamp, darüber singt Harris das Thema – Inselmusik mit tollen Soli von Harris und Barron. Der ist danach mit dem Titelstück zum zweiten Mal als Komponist vertreten, noch eine Latin-Nummer mit hohem Wiedererkennungswert und einer tollen Performance des Leaders inklusive ein paar so typischer Ausflüge ins Falsett – gern als weite Sprünge, aber er trifft auch einzelne Töne stets perfekt (seine eigenwillige Intonation mag eher anderswo auffallen). Nach dem Piano-Solo riffen Harris und Barron und im Wechsel mit ihnen kriegt Riley ein paar Takte. Zum Ausklang folgt dann eine rasante Version von „Lover Come Back to Me“ – das ist ein Tempo, bei dem ich mich vor allem bei den Drummern frage, wie die das ohne Verkrampfungen hinkriegen – im Gegentil, Riley spielt hier auch noch ein feines Solo am Ende. Es geht in den acht Stücken hier fast immer um Liebe – gut möglich, dass bei der Auswahl jemand mitgeredet hat (scheint ja bei solchen japanischen Produktionen öfter mal der Fall zu sein – aber zum Glück ist das kein Balladenalbum geworden). Für mich funktioniert das von Anfang bis Ende, die Stunde wird mir keine Sekunde lang.
In den Liner Notes berichtet Todd Barkan von der Karriere von Eddie Harris, dem genialen Innovator, von seinem – oft vergeblichen – Kampf um Anerkennung, versucht ihn, in eine Linie mit Jazzgrössen einzuordnen (völlig zu recht, finde ich, aber wer das nicht begriffen hat, den wird so eine Lobeshymne auch nicht umstimmen, drum liest sich das alles etwas seltsam) und zitiert Branford Marsalis, 1990 ein wichtiger Gewährsmann: „Make no mistake about it: there is no badder cat around than Eddie Harris. He is a true giant of the saxophone.“
Ein paar der kleineren Stationen im biographischen Abriss hatte ich nicht mehr präsent und finde ich doch recht witzig: 1936 geboren, spielte Harris (er besuchte die DuSable High in Chicago) als Teenager an der Strassenecke mit Bo Diddley, sein ester professioneller Gig war als Pianist, ein One-Nighter mit der Band von Gene Ammons. Und er spielte in jungen Jahren auch mit Charlie Parker und Lester Young. Mit der 7th Army Symphony tourte er dann durch Frankreich und Deutschland, spielte in einer Band, zu der auch Cedar Walton und Leo Wright gehörten, jammte mit lokalen Bands.
The George Gruntz Concert Jazz Band – Blues ’n Dues et Cetera (The New York Sessions) | Dann mein zweites Gruntz CJB-Album auf Enja – erst neulich mal mitgekauft und noch gar nie angehört, glaube ich. Neun Stücke, 67 Minuten, aufgenommen am 4., 5. und 29. Januar 1991 in den Clinton Studios in New York. Die Line-Ups wechseln etwas, zu hören sind insgesamt: Marvin Stamm, Randy Brecker, Michael Mossman, Jon Faddis, Wallace Roney, Franco Ambrosetti, John D’earth, Bob Millikan (t/flh), John Clark, Jerry Peel (fh), Dave Bargeron, Jim Pugh (euph), Howard Johnson (tuba), Chris Hunter, David Mann, Bob Mintzer, Bob Malach, Jerry Bergonzi, Al Foster, Roger Rosenberg (reeds), Gast John Scofield (g), auf ein paar Stücken The Lucifers als Posaunen-Section: Ray Anderson, Art Baron, Dave Taylor und als Gast aus Gruntz‘ Stamm-Line-Up Bargeron, sowie auf allen Stücken die Rhythmusgruppe aus Gruntz, Mike Richmond (b) und Adam Nussbaum (d). D.J.A.D. steuert ein paar Mal Scratches bei und Ray Anderson zusammen mit Desire auf einem auch noch etwas Rap.
„Q-Base“ heisst der Opener und der DJ öffnet mit einem rudimentären Beat von Nussbaum, Scofield gesellt sich dazu – Rockit und all das waren auch bis nach Basel vorgedrungen. Und wenn die Bläser einsetzten, ist „Buckshot LeFonque“ erst Mal gar nicht weit – und doch Welten entfernt. Chris Hunter ist der Solist am Sax, der sich zu Scofield und dem DJ gesellt (wer das ist, scheint unklar zu sein, keine weiteren Credits bei Discogs) – der Beat bleibt karg und hart … und irgendwie ist das recht schnell durch, auch wenn es dann noch ein paar Minuten dauert und Hunter sich Mühe gibt, eingebettet von der Sax-Section (hier drei Tenöre: Mintchel, Malach und Bergonzi, sonst fast immer die übliche Fünfer-Combo mit Hunter/Mann, Malach/Foster, Rosenberg). „Datune“ ist dann den Kindern der Bandmitglieder gewidmet und ist die Bezeichnung des damals eineinhalb Jährigen Raven Anderson für „telephone“, ein Vater Ray hat das Stück komponiert. Roney (t), Mann (as), Anderson (tb) und Faddis (t) sind die Solisten.
Im echten Wald ist zum Glück selten eine kreischende Scofield-Gitarre zu hören – Gruntz, der Gast-Gitarrist und Franco Ambrosetti sind die Solisten im langen „Forest Cathedral“, dem „ecology song“ des Albums, wie Gruntz schreibt. Hier gefällt mir das sparsame Klaviersolo am besten – der Rest verläuft sich irgendwie schnell, auch das Arrangement finde ich eher etwas langweilig, auch wenn es klanglich durch die reine Blechbesetzung schon recht attraktiv ist (2 flh, 2 frh, 2 euph, tuba, g, p, b, d). Im folgenden Titelstück gibt es wieder die vierköpfige (as/ts/ts/ts) Sax-Section und zwischen Spots für Gruntz und Nussbaum eine der Reihe nach Bob Mintzer, Bob Malach und Jerry Bergonzi (alle ts).
Auf „Rap for Nat“ gibt es dann den vokalen Auftritt (Rap mag ich das irgendwie nicht nennen) von Ray Anderson und Desire, Scratches vom DJ und Soli von Roney (t), Malach (ts) und Nussbaum (d), der wieder einen kargen Beat spielt, wie ihn auch eine Drum Machine hingekriegt hätte. Roney ist ziemlich toll, wenn er nach der ersten Einlage sehr cool übernimmt. In „Two Friends“ wird es dann in recht gemächlichen Tempo Funky und a ist hauptsächlich das Blech dran: Brecker und Mossman (t), Johnson (tuba), Bargeron (euph), und dann auch noch Chris Hunter (as).
Stamm (t) und Bargeron (euph) sind neben Gruntz die Solisten in dessen „Sentimental Over Mental Food“, das Ellingtons „In a Sentimental Mood“ paraphrasiert und dann inkludiert – für eine kleine Blech-Besetzung (Stamm-flh, Clark/Peel-frh, Bargeron/Pugh-euph, Johnon-tuba) mit Rhythmusgruppe arrangiert und vielleicht mein Favorit hier. Das Finish des Albums – die letzten 25 Minuten, wenn die Gitarre, der DJ, die Rapper*innen und mal durch sind – ist eh stark: es folgt „Gisueppi“ von Richmond im 12/8, dem Gruntz eine Tarantella voran setzt und in dem neben Gruntz und Richmond John Clark mit einem tollen Horn-Solo und am Ende nochmal Marvin Stamm zu hören sind. Im Closer, „General Cluster“ sind Art Baron (tb), Dave Taylor (btb) und John D’earth (t) die
Solisten, Taylor sei seit langen sein „cluster man“, so Gruntz, „as he takes care so well of my serial European ambitions“. Der Posaunenchor ist hier nochmal dabei Baron spielt Bassflöte (auf er Hülle steht „bass recorder“, aber ich höre hier eine Bass-Querflöte) und eine dieser grossen Muscheln, Taylor setzt auch seine Stimme ein – hier sind wirklich Gruntz‘ Ambitionen als Komponist zu hören. Nach dem langen klangmalerischen Intro setzt die Rhythmusgruppe ein, und was zunächst wie ein Übergang in den „Jazz-Teil“ klingt, entpuppt sich bald als Finte: das Arrangement bleibt ambitioniert, es gibt dicht gesetzte Bläser … nun ja, Cluster, und bald die nächsten solistischen Einwürfe von Taylor, die vom Ensemble immer wieder eingeholt werden, dann beginnt Taylor eine Art Rezitation, die auch immer lautmalerischer wird … Mingus‘ Experimente der Fünfziger sind hier auch nicht weit. Vor dem stimmigen Schluss geht das Tempo hoch und D’earth schwebt an der Trompete über der kompakten Rhythmusgruppe.Unterm Strich bleiben meine Gruntz CJB-Annäherungen bestenfalls semi-erfolgreich … aber irgendwann höre ich dann mal wieder in ein paar seiner späteren Alben auf TCB oder die schon erwähnten Aufnahmen mit den WDR oder NDR Radio Big Bands rein.
McCoy Tyner – Remembering John | Nach dem bunten Strauss von Gruntz eine Wohltat: ein No-Bullshit-Klaviertrio mit McCoy Tyner (p), Avery Sharpe (b) und Aaron Scott (d). Los geht das seinem ehemaligen Boss gewidmete Programm mit „India“ – also nicht mal ein Vamp, eigentlich nur ein Orgelpunkt vom Bass über fast sieben Minuten. Nach dem Klaviersolo ist der Bass an der Reihe, wobei der Orgelpunkt jetzt nicht mehr wirklich durch läuft. Tyner deutet ihn an, streut aber weitere Akkorde ein. Die Aufnahme, die sehr präsent klingt (in meinem Fall die 24bit-Remaster-CD unten), entstand am 27. und 28 Februar 1991 in den Clinton Studios in New York (wie üblich mit Jim Anderson). Fast eine Stunde dauert das Album, auf dem neben fünf weiteren Coltrane-Stücken auch Monks „In Walked Bud“ sowie „Like Someone in Love“ (Van Heusen/Burke) und „Good Morning Heartache“ (Higginbotham/Fisher/Drake) zu hören sind. Da hier auch „Giant Steps“ zu hören ist, bietet sich ein Vergleich mit Tommy Flanagan. Da würde ich sagen klingt das Tyner Trio vielleicht weniger toll, aber wirkt integrierter, eingespielter – und offener. Auch wirkt das alles offener, selbst wenn die Musik streng in den Formen bleibt – hier weht erwartungsgemäss ein anderer Wind. Die Bezungspunkte sin auch andere, es gibt nach dem Monk-Stück und dem ersten „One and Four“, „Up ‚gainst the Wall“ und dann nach dem Holiday-Song zum Ausklang „Pursuance“ und eine lange Version von „The Wise One“. Der Schwerpunkt liegt also bei Coltranes Impulse-Aufnahmen, während Flanagan den Fokus auf die Atlantic-LP „Giant Steps“ legt, an der er selbst beteiligt war. Klar: das gilt mit der Ausnahme von „Giant Steps“ für die Stücke, die Tyner wählte, auch – aber der hat da natürlich auch eine sehr viel grössere Auswahl. Mir gefällt das Ergebnis recht gut, auch wenn es unterm Strich schon recht konventionell geworden ist.
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In diesen Zeitraum fällt auch das Album „Under the Wire“ von Michael Marcus, das ich wieder gehört habe, bevor ich mich ans chronologische Hören machte.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@gypsy-tail-wind: Die beiden vorgestellten Abdullah Ibrahim-Alben schätze ich ebenfalls sehr, African River gehört sogar zu meinen Top-Favoriten von ihm.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...atom
@.gypsy-tail-wind: Die beiden vorgestellten Abdullah Ibrahim-Alben schätze ich ebenfalls sehr, African River gehört sogar zu meinen Top-Favoriten von ihm.Oh, das freut mich @atom – war mir bisher nicht bewusst!
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Abdullah Ibrahim – No Fear, No Die (S’en Fout La Mort) | Am 18. Juli 1990 ist die Band wieder bei Van Gelder, es entsteht der zweite Soundtrack für einen Film von Claire Denis (ich kenne sie leider beide noch nicht). Young (as/s/fl) und Williams sind wieder dabei, Ricky Ford (t) ist vom ersten Album von Bea Benjamin noch im Ohr. Jimmy Cozier (bari/cl), Frank Lacy (tb) und Ben Riley (d) sind die neuen Gesichter. Der Charakter der Musik ist hier noch einmal etwas anders, noch tänzerischer, leichter – was wohl damit zu tun hat, dass Denis‘ Film in die französischen Antillen und weitere Karibik-Inselstaaten zum Hintergrund gehören?haha, der film spielt an nicht-orten (industriegebieten, raststätten am rande französischer großstädte) und ist eine kühle, unwirtliche studie über heimatlosigkeit und kapitalismus, die beiden hauptfiguren, ein ungleiches paar, kommen aus benin und von den antillen. ibrahims soundtrack passt nicht hinein, am ende gibt es nur den „calypso minor“ unter den schlusstiteln und einen ganz kurzen einsatz von „angelica“, glaube ich. ich denke, dass das projekt am anfang anders gedacht war und sich in eine richtung entwickelt hat, mit der ich den soundtrack gar nicht mehr verbinden kann – weshalb ich ihn immer eigenständig wahrgenommen habe.
danke für die schönen texte, ich freue mich jetzt auf AFRICAN RIVER. ricky ford finde ich auf NO FEAR NO DIE überragend, habe ihn auch auf eigenen aufnamen nie so gut gehört. die beiden „calypsos“ würde ich allerdings noch schwärmerischer beschreiben – der in moll fehlt ja auf keinem enja-sampler, sowas habe ich von ibrahim noch nie gehört, überhaupt ist das ein stück musik, das ich mir nie recht erklären konnte – vielleicht hat es eben doch etwas filmisches in sich?
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Danke für die Erläuterungen @vorgarten – ich höre das Album definitiv irgendwie „filmisch“ – aber das kann auf falschen Vorstellungen beruhen
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...atom
Apropos filmisch, ich höre gerade mit Begeisterung das Trio/Orchester-Album African Suite von 1998. Das ist eine perfekte Kollaboration zwischen Jazztrio und Orchester.Das sorgte hierzulande damals (logischerweise: Schnyder ist ja Schweizer und war damals auch noch unter 40 also „jung“, usw.) für Aufsehen, aber ich hab’s nie wirklich angehört … muss ich wohl gelegentlich mal nachholen!
Ich habe gestern zufällig gesehen, dass über die Bandcamp-Seite von Enja/Yellowbird recht viele Alben komplett gestreamt werden können (auch ein paar Klassiker, z.B. „Super Session“ und auch ein paar ältere – neben jüngeren – Ibrahim-Alben):
https://enjayellowbirdrecords.bandcamp.com/musicKann ich aber momentan nicht in mein Programm aufnehmen, sonst bin ich noch bis Ende Oktober dran
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaBobby Previte – Weather Clear, Track Fast | Die Band, die sich 7. und 8. Januar 1991 im Gramavision Studio in New York (aufgenommen von Joe Ferla, produziert von Previte) einfand, kann ich nicht so recht einordnen – irgendwo zwischen Downtown-Szene und M-Base, aber ein paar Eklektizisten (eher im positiven Sinn) sind auch dabei: Graham Haynes (cor), Robin Eubanks (tb), Don Byron (cl, bari), Marty Ehrlich (cl, bcl, as, fl), Anthony Davis (p) Anthony Cox (b) und Previte (d). Auf dem Opener sitzt Steve Gaboury am Klavier, anstelle von Davis.
Die CD kam mal eher zufällig in meine Hände, enttäuschte mich ziemlich und verschwand im Regal. Und ich finde die Musik auch heute nicht sehr ansprechend – warte eher auf Einzelbeiträge wie das erste Solo des Albums, das von Graham Haynes stammt und mehr Wärme ausstrahlt als der ganze Rest. Ich glaube, das ist eine Art von postmodernem Jazz, die ich einfach nicht mag, nie wirklich mochte – auch wenn da tolle Bläser dabei sind, ein super Pianist, ein phantastischer Bassist … Ich höre das daher gerade mit Interesse wieder, aber ohne irgendwie berührt zu werden. Oft dichte Musik mit sich überlagernden Linien, immer wieder neue Kombinationen von den beiden Holzbläsern (z.B. mal ein tiefes bari/bcl-Duo oder auch bari/fl – die beiden wechseln auch innerhalb der Stücke ständig ihre Instrumente), ständig Brüche (auf ein Bläser-Wirrwarr mit Rhythmusgruppe folgt eine Piano-Solopassage), die Blechbläser growlen im Duett, der Drummer überlegt sich immer wieder gegenläufige zickige Beats, dann verführerisch gesetzte Ensemble-Passagen ohne Störfaktoren oder dahinstapfende Ensembles mit Soli drüber. Stomps, Romps, Blow-Outs … von allem ziemlich viel dabei hier. Nach dem für meine Ohren recht hektischen Einstieg beruhigt sich das hinten raus etwas, die Stärken der Band wie auch der einzelnen Musiker werden besser hörbar. Die Rhythmusgruppe hat einen guten Drive, Davis sorgt immer wieder für überraschende Einwürfe – und wenn Cox mal richtig unterwegs ist, passt auch Prevites disruptives Schlagzeug besser.
Vermutlich hätte ich das so 1996 noch recht toll gefunden, aber damals kannte ich das Album noch nicht. 2000 hörte ich Bump the Renaissance Band im Konzert, mit Curtis Fowlkes, Ehrlich, Wayne Horvitz und Steve Swallow – das fand ich damals recht gut, die waren aber weniger auf dem „alle 30 Sekunden was andere“-Trip. Etwas bösartig könnte man zum Album auch sagen: Jo, die Rennstrecke war tatsächlich schnell an dem Tag und die Pferdchens hüpften brav über jedes Hindernis, haben am Schluss auch noch artig Männchen gemacht und hielten sich dabei aus nur ihnen ersichtlichen Gründen für total frech.
Kenny Barron Quintet – Quickstep | „Und jetzt das Kenny Barron Quintet mit dem Quickstep – Let’s Dance!“ – Äh, nein, nicht ganz. Ich bin froh, nach dem Postmodernen jetzt einfach etwas Postbop zu hören. Die Band fast dieselbe wie im Fat Tuesday’s: Eddie Henderson (t), John Stubblefield (ts), Barron (p), David Williams (b) und Victor Lewis (d). Man traf sich bei Rudy Van Gelder am 18. Februar 1991 (nur ein Tag, wie bei Ibrahim). Es gibt je zwei Stücke von Barron, Stubblefield und Lewis sowie in der Mitte „Hindsight“ von Cedar Walton. (Mein Exemplar ist leider nicht signiert – das ist einfach der beste Scan bei Discogs.)
Im Studio kommt, dünkt mich in Stubblefields Opener „Once Upon a Time“, Eddie Henderson stärker zur Geltung. Sehr warm klingt seine Trompete, völlig logisch im Aufbau seiner Improvisation, schnörkellos, direkt. Auch Barrons Piano klingt sehr warm – auch wenn RVG es (wie üblich) ohne die Klarheit und die Klangfülle aufnimmt, wie andere Studios das damals längst machten. Lewis macht über das ganze Stück hinweg mächtig Druck. Auch im zweiten und dritten Stück setzt Henderson für meine Ohren die Glanzpunkte – mit Dämpfer in Lewis‘ „I Wanted to Say“ und wieder mit offenem Horn über den Latin-Beat von Barrons „Until Then“, das vielleicht das erste Stück hier ist, das mich richtig reinzieht. Das folgende Stück von Walton ist dann auch nochmal sehr gut, aber danach zieht das wieder mehr an mir vorbei. Zumindest bis zum fast 16 Minuten langen Closer, der mit einem ominösen Ostinato einsetzt, darüber die gestopfte Trompete … und dann entsteht hier etwas Tolles, catchy langsamer Groove, total schöne Atmosphäre, starke Soli (Stubblefield! endlich!) – und das ist hier mein Fazit: Henderson ist wirklich toll auf dem ganzen Album. Er setzt die Glanzlichten, ragt heraus, sonst bleibt das die meiste Zeit einfach irgendwie grundsolide.
Von der Wirkung, die der Live-Mitschnitt aus dem Fat Tuesday’s auf mich neulich hatte, ist das hier also leider ziemlich weit entfernt: Ich habe hier eher meine übliche Barron-Erfahrung, die in etwa so geht: Alles ganz hübsch, sehr gekonnt komponiert und arrangiert, mit starken Leuten aufgenommen – aber irgendwie kommt am Ende nicht so viel heraus, wie ich hoffen würde.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaEd Schuller & Band – The Eleventh Hour | Wenn ich es richtig sehe, ist das Schullers eigentliches Leader-Debut (nach einem Duo-Alben als Co-Leader und ein paar ähnlichen Veröffentlichungen mit mehreren Namen auf dem Cover). Am 21. und 22. Februar 1991 in den Water Music Studios in Hoboken, NJ für Tutu aufgenommen mit Greg Osby (as/ss), Gary Valente (tb), Bill Bickfoerd (g), Schuller (b), Victor Jones (d) und auf ein paar Stücken Arto Tuncboyaci (perc/voc). Das ist eins der Alben, die ich neulich nachgekauft habe, kleine Enja/related-Bestellung bei Discogs und das sah irgendwie gut aus, fand ich. Dass Schuller mir generell gefällt, sein Album „Mu-Point“ schon länger hier ist, hatte ich ja geschrieben (und das Album auch vor Beginn des katalognummernchronologischen Hörens wieder mal angehört, klick).
Den Liner Notes des inzwischen (rel. 1992) auf 12 Seiten angewachsenen Booklets kann man auch entnehmen, dass Ornette Coleman als Babysitter von Schuller (geboren am 11. Januar 1955) gewirkt hat: „Ornette was a the time not so well known and barely had enough jobs. So he made himself useful as a babysitter for my parents“ (Schuller-Zitat im Wiessmüller-Text – warum schreibt sich Wiessmüller eigentlich nicht mit Scharf-S?).
Nach dem energetischen Opener folgt das atmosphärische Titelstück in zwei Teilen, zusammen fast eine Viertelstunde lang – hier ist Tuncboyaci dabei, Bickford (der davor u.a. bei Defunkt spielte) spielt statt einer harten Gitarre zwischen Scofield und Frisell sphärische Töne und Akkorde und erst nach mehreren Minuten fällt die Band in einen festen Beat. Wenn ich Osby in diesem eher ungewöhnlichen Kontext höre, frage ich mich zwischendurch mal kurz, ob der Saxer, den ich hier eher erwarten würde, Arthur Blythe, nicht einen gewissen Einfluss auf seinen Ton hatte? (Keine Verbindung, die ich bisher je gemacht hätte.) In „PM in the AM“ („Paul Motian in the morning […] would generally be very energetic, while the rest of the band would still be recovering from the night before!“) ist dann vielleicht ein Ornette-Coleman-Einfluss zu hören – jedenfalls ist Osby hier stark. In „Love Lite“ ist er dann am Sopransax zu hören – sehr schöner Ton!
Die flamboyante Posaune von Gary Valente ist neben Osby und Bickford die dritte prägnante Stimme hier – mir sonst v.a. von der Carla Bley Band bekannt. Er klingt manchmal so, dass ich Angst kriege, sein Hals oder Kopf platze gleich … aber Spass macht sein Spiel fast immer, sehr vokal, nicht auf Schönklang aus sondern überbordend mit Ideen und Power. Von Valente stammt das einzige der Stücke, das nicht der Leader komponiert hat, „Keeping Still/Mountain“ (neben der zweiteiligen Titelnummer das andere Stück mit Tuncboyaci, der hier auch ohne Text singt), ein 15/8-Stück, das manchmal in 5/4 wechselt und in dem Ende die Bläser in 6 über die 15/8 spielen, um am Ende wieder mit der Rhythmusgruppe zusammenzufinden – wie Schuller im Booklet zitiert wird, sonst hätte ich das bestimmt nicht durchschaut. Hier sind die Bläser im Dialog zu hören über dem dichten Groove der Band – und wenn das vielleicht auch irgendwie „schwierige“ Musik ist und ich dabei ans Previte-Album denke, so scheint mir, dass es Schullers Band nie darum geht, „mavericks“ zu sein, was ich bei Previte nicht glauben mag.
Dass das hier eine Bassisten-Band oder -Scheibe ist, würde ich vom ersten Eindruck her blind vermutlich nicht erraten haben. Dass die Musik zumindest teils stark um den Bass herum aufgebaut ist, wird aber bei genauerem Hinhören schon manchmal klar, zum Beispiel im langen zweitletzten Stück „Shamal“, das eine tolle Stimmung aufbaut. Im kürzeren Closer „For Dodo“ wird es dann doch noch deutlich, handelt es sich doch um eine Konzert für Kontrabässe. Im Overdub-Verfahren hat Schuller hier mehrere Spuren aufgenommen, die sich nach zwei Minuten allmählich aufzuschichten anfangen. Und was soll ich sagen: Wenn das Album so um 1994 oder 1995 bei uns die Runde gemacht hätte, hätte mir das sicherlich sehr viel besser gefallen, als die Bass-Schichtungen von Stanley Clarke (elektrisch) und John Pattitucci (elektrisch und akustisch), die uns in die Hände gefallen sind.
Das Album ist zwölfte von TUTU, ich habe Nr. 10 (Dannie Richmond, „Three Or Four Shades of Dannie Richmond Quintet“, live beim Jazzfestival Münster 1981 mit Jack Walrath, Kenny Garrett, Bob Neloms und Cameron Brown) ausgelassen – zwangsläufig, weil ich die CD gerade nicht finden kann. Gekauft habe ich die aber noch nicht lange und auch kurz bevor wir hier mit Enja anfingen wieder mal angehört. Sonst noch da aus der Enja-Phase von Tutu sind nur noch zwei: „Black Sea“ von der Nicolas Simion Group (1992 – mit Graham Haynes, die Empfehlung kam von @vorgarten, glaube ich? Top-Album!) und „Land Whales in New York“ vom Gordon Lee Quartet (1992), das 1990 schon anderswo herauskam und daher als Reissue auch ausscheidet (es handelt sich um eine Aufnahme von 1982 mit Jim Pepper, Calvin Hill und Bob Moses).
Arthur Blythe – Hipmotism | Blythe habe ich nach einem Forumsereignis (ein BFT, sein Tod, beides?) in Etapen und bei sich bietender Gelegenheit fortlaufend vertieft und einiges nachgekauft, darunter auch dieses erste Album, das er für Enja machte, vom 15. bis 17. März 1991 im Systems Two Studio in Brooklyn aufgenommen und von Blythe selbst produziert. Hamiet Bluiett wird in den Credits als „special guest with the Arthur Blythe Ensemble“ angepriesen, aber neben dem tollen Altsax des Leaders ist im Opener erstmal die Ethno-Schiene zu hören: Gust William Tisils (mar) und Arto Tuncboyaci (perc) sind dabei. Im folgenden „Dance Benita Dance“ kommt dann Jazzband dazu: Kelvyn Bell (g), Bob Stewart (tuba) und Don Moye (d), während Tsilis pausiert. Das ist Musik von enormer Wärme, was mit dem Sax des Leaders zu tun hat, aber auch mit den Klang den Akkorden, die Bell einstreut (Bickford klingt eiskalt im Vergleich) und noch mehr mit der wunderbar resonant aufgenommenen Tuba von Bob Stewart, einem von Blythes wichtigsten Mistreitern. Im folgenden „Cousin Sidney“, einem einfachen Riff-Tune, ist dann die Jazzband für sich: Blythe, Bell, Stewart, Moye. Hier sielt Bell dann nach dem Leader ein recht eigenwilliges aber tolles Solo – während Stewart/Moye eine Art funky New Orleans-Beat spielen. „Shadows“ ist eine ziemlich wilde Band-Performance (die Gitarre fehlt gemäss Cover, ist aber im Hintergrund klar zu hören), bis Tsilis mit einem tollen Vibraphonsolo übernimmt und Stewart/Moye/Tuncboyaci in etwas ruhigere Fahrwasser finden.
Im Titelstück, das in der Mitte der neun Tracks steht, taucht dann der Gast Hamiett Bluiett mit seinem Baritonsaxophon zum ersten Mal auf. Die ganze Band, jetzt also zu siebent, groovt passend in … sieben. Das ist super, wieder diese Wärme, ich bild mir irgendwie auch Licht ein beim Hören dieser Musik (so klar hörte ich das alles bei Blythe erstmals in „Down Home“, dem Joey Baron-Album mit Blythe, Bill Frisell und Ron Carter und irgendwie hab ich seither recht klare, natürlich nicht in Worte übersetzbare Vorstellungen von Blythe). Aus dem Groove schälen sich kurz einzelne Stimmen heraus, finden immer wieder zurück, auch Blythe rifft mit – wieder Ensemblemusik eigentlich, und doch fehlt da nichts, auch wenn es eigentlich sechs Minuten lang nur einen wiederholten Takt zu hören gibt, der durch rudimentäre Blues-Changes geschoben wird (ich glaub nur eine achttaktige Form).
In „Miss Eugie“ mit Percussion-Einleitung von Tuncboyaci gibt es ein Trio mit Blythe und Stewart. Eine unregelmässige Kippfigur von der Tuba, darüber Melodiefetzen vom Sax, Beckenschläge, Trommelwirbel, kurze Vokaleinlagen von Tuncboyaci. Das ist natürlich auch, was man damals „World Music“ nannte. Arto Tunçboyacıyan ist die Schreibweise im Wiki-Eintrag; ich hatte ihn mir in den späten 90ern im Radio als „Arto Tuncboyacian“ gemerkt, also in der lateinischen Transkription, dass die letzte Silbe meistens weggelassen wird, merkte ich erst viel später – ich glaub, das war damals auch ein Mitschnitt einer Band von Blythe, aus dem ein paar Auszüge gesendet wurden, Tsilis war jedenfalls auch dabei, die zwei gehören für mich daher irgendwie zusammen. Jedenfalls kam Tunçboyacıyan 1957 in Istanbul als Angehöriger der armenischen Minderheit zur Welt, die englische Wiki nennt ihn einen „Armenian-American“, es heisst da jedenfalls, dass er 1981 in die USA gezogen sei). Das Stück im Trio ist im Nu vorbei, obwohl es vier Minuten dauert – diese Musik hat etwas durchaus Hypnotisches.
In „Matter of Fact“ geht es nach kurzer Zeit schon im einleitenden Sax-Duo deutlich ruppiger zu und her. Nach drei Minuten kündet Moye mit einem Roll den Einstieg der Band an, die hier wie auch im folgenden „Bush Baby“ in voller Stärke aufspielt: gequälte Gitarrenkreischer, Marimba-Fills, ein paar Töne der Tuba, Handtrommeln und Drums vermischen sich zu einer freien Collage, in die auch mal ein wuchtiges Barisax-Riff einbricht. In „Bush Baby“ sind dann die Riffs zurück. Tuba und Drum-Section setzten den Groove, die anderen spielen weitere Riffs dazu und pausieren wieder, während Bells Gitarre immer wieder irgendwie frei dazwischen zu schweben scheint. Irgendwann hebt Blythe darüber ab, es gibt Verdichtungen, Beschleunigungen, nach dem Solo wieder ein gemeinsames Riff, aus dem dann Bells Gitarre entsteigt, umspielt von Tsilis‘ Marimba. Schade höchstens, dass Bluiett hier nicht nochmal richtig zum Zug kommt, denn danach folgt schon der Closer, „My Son Ra“, ein dreiminütiges Solo von Blythe, das seinen wahnsinnig schönen Ton und seine ebenso perfekte Delivery nochmal deutlich hörbar macht.
Das ist kein Album, das ich alle Tage hören könnte – aber ich find’s dennoch sehr toll. Allein schon wegen all der Sounds, die es hier gibt. Wie Blythe in seiner Musik (die neun Stücke stammen alle von ihm) eine völlig offene Traditionspflege bewerkstelligt, dabei ganz vieles miteinbezieht, was eben nicht aus der Tradition stammt … und so etwas Neues schafft, ist schon ziemlich einzigartig. Ich wünschte mir, das wäre die massgebliche Schiene im Jazz der 80er und 90er gewesen, nicht der hip unterkühlte (oder à la New Orleans künstlich exaltierte) Hard Bop und Post Bop, der in der Zeit so erfolgreich war.
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Damit bin ich mit den 6000er-Katalognummern durch. Ausgelassen habe ich:
6028 – Hampton Hawes – Live at the Showcase, Chicago Vol. 2 (rec. 1973)
6062 – Aki Takase – Shima Shoka
6090 – Rabih Abou-Khalil – Al-Jadida
6096 – Maria João, Aki Takase and Niels Pedersen – AliceNummer 6090 ist eine wichtige Etappe: das erste Enja-Album von Rabih Abou-Khalil, der in der Folge zum wichtigen Exponenten des Labels wurde und dessen frühere Alben für MMP (aber nicht das eine für ECM) von Enja später übernommen wurden („Between Dusk and Dawn“, 9371; „Bukra“, 9372; „Roots and Sprouts“, 9373 – das dritte fehlt mir noch, beim ersten ist auch Charlie Mariano ein Kaufgrund, der später auch auf weiteren Enja-Produktion von Abou-Khalil wieder dabei war).
Ich habe längst beschlossen Abou-Khalil wegzulassen … aus Zeitgründen, aber auch, weil er eh nicht ganz vorn mitspielen wird. Und auch, weil ich seit längerem vor habe, seine Sachen mal vertieft zu hören (acht der Alben auf Enja sind da inkl. der zwei auf MMP, dazu seit der ECM-Strecke hier auch sein eines ECM-Album).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHIPMOTISM hatte ich auch mal, zusammen mit CALLING CARD (dem dritten von blythes drei enja-alben) sehr gerne gehört, irgendwann ist mir die cd verlorengegangen. mir war das ein bisschen zu clean und ein bisschen zu zerstückelt, aber das solostück am ende ist wirklich ein highlight.
zustimmung meinerseits zu dem, was du über WEATHER CLEAR TRACK FAST geschrieben hast. natürlich hab ich alles mal gekauft, auf dem haynes mitspielt, aber das ding wurde sofort wieder aussortiert, da macht mir selbst haynes keinen spaß. ganz anders als bei simion (ja, der tipp müsste von mir gekommen sein, bevor ich gelernt habe, dass redbeans den sehr gut kennt).
ich fasse mal zusammen, was ich so in den letzten tagen unsystematisch gehört habe:
michell rosewoman, quintessence (1987)
chet baker, my favorite songs – the last great concert (1988)
horace parlan, pannonica (1984)
elvin jones, in europe (1992)
john tchicai & vitold rek, satisfaction (1992)kaum zu glaube, dass das alles nur 5 jahre abbildet. rosewomans frisches quintet kommt zwar für mich überhaupt nicht so avantgardistisch daher wie es aufgenommen wurde, von colemans und osbys konzepten ist das auch weit weg, aber unter playing-aspekten macht das spaß. eine komposition kannte ich von ralph petersons ART, auf dem rosewoman sehr prägnant mitspielt, das finde ich auch eher die passende ecke für sie als das, was zu der zeit als m-base netzwerke bildete.
chet bakers großes abschiedskonzert mit bigband und streicherensemble (und walter norris am klavier) verblüfft zwar, weil baker so mühelos durch die gar nicht so unkomplizierten arrangements kommt (die müssen wirklich miteinander geübt haben), aber trotzdem ist das für mich schnarchlangweilige musik, ein betuliches aufwärmen tausendfach gespielter songs, im oberstudienratswing, bei dem niemand ein risiko eingeht.
ganz anders parlans heißes trio, das totgespielte songs wieder auf mindestens 300 grad erhitzt. da stimmt alles, hätte ich so nicht erwartet.
elvin jones‘ band hier ist wenig dokumentiert: in ihr hat er john stubblefield dem jungspund ravi coltrane daneben gestellt, der zu beginn seiner karriere schon sehr genau wusste, was er kann und was er will. als album funktioniert das für mich nicht, die stücke sind lang, ergänzen sich nicht gut, irgendwie vermittelt sich die atmosphäre im raum nicht, mir scheint der abend nur gesampelt, ausgeschnitten präsentiert zu werden.
die größte überraschung am schluss, tchicai & rek in der duo-serie, fängt verschroben an, tchicai liest texte (einen auf deutsch), rek assoziiert frei, aber später werden die sachen konzentrierter, interessant arrangiert, sie schaffen eigene atmosphären. ein stück heißt „berlin ballad“, ein anderes highlght einfach „e flat minor“. das hat, egal wie und auf welchen instrumenten, eine große stringenz. muss ich noch öfter hören, aber schöne entdeckung – sax&bass-alben gibt es ja nicht so viele.
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Schlagwörter: Enja Records, Tiptoe, Tutu Records, yellowbird
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