Das Piano-Trio im Jazz

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    gypsy-tail-wind
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    Junior Mance Trio – Big Chief! | Lasse das doch nicht aus, zwischen den Three Sounds, Bobby Timmons, einem letzten John Wright-Album passt das doch gut rein, dachte ich … und siehe da: das ist sehr viel entspannter als das Live-Album, das hier zuletzt lief. Am Bass ist Jimmy Rowser dabei, was heisst: in the pocket-Spiel, guter Beat, kein allzu grosser Ton, aber alles total stabil – und neben Mance, dessen Spiel ja oft zum „Dicken“ tendiert, ist ein schlanker Bass eine gute Idee, finde ich. Am Schlagzeug sitzt ein mir unbekannter Mann, Paul Gusman, auch eher von der leichteren Sorte, aber mit einem guten Stomp in den schnelleren Nummern – „Swish“ etwa, dem Mance-Stück, das Seite 1 der LP beschliesst und in dem das Trio trotz schnellem Tempo und hoher Intensität nie so „frantic“ klingt, wie die halbe Zeit auf dem Live-Album.

    Los geht das Album mit Mances Titelstück, dann folgt eine recht interessante Version von „Love for Sale“, danach das sehr schöne „The Seasons“ von Sara Cassey (1929-1966 – interessante Story, hatten wir im Komponistinnen-Faden nur in der Liste) und zuletzt das hippe „Filet of Soul“ von Larry Gales, Kollege von Mance in der Griff/Lock-Band. Seite 2 beginnt mit „Summertime“, auch wieder mit rasenden Läufen, die zwischen repetitive Figuren eingefügt werden – das gleitet nie in Funk-Klischees, bleibt aber stellenweise auch irgendwie unpersönlich. Das gilt auch für Mances Version von „Ruby, My Dear“, die am Cocktail-Piano noch vorbeischrammt, die tremolierten Töne sind aber hart an der Grenze – dafür ist Rowser hier toll. „Little Miss Gail“ ist das letzte Original von Mance, bevor das Album mit einer tollen Version von W. C. Handys „Atlanta Blues“ schliesst. Der Bass ist hier ins Arrangement eingebunden, von den Drums kommt ein einfacher aber effektiver Besen-Beat (wie anderswo auf dem Album vielleicht eine Spur steifer als man möchte) … das alles ist wirklich sehr entspannt, die Basie-Bemerkungen von Hentoff fallen mir da sofort wieder ein – und das ist gut.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #12572519  | PERMALINK

    vorgarten

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    coltrane, workman, haynes, transfiguration (1978)

    ich brauchte mal kurz was, was aus der zeit fiel und nicht langweilig ist. werde ich natürlich nicht für die liste auswählen, denn auch, wenn das, was sie hier spielt, anders funktioniert als eine klassische orgel, so ist das hier doch kein klaviertrio… tatsächlich haben workman und vor allem haynes ganz schöne schwierigkeiten, sich hier einzubringen, haynes versteht erst nach und nach das tempo (rasend), aber wer weiß, wie die mikrofonierung und die monitore an dem abend funktioniert haben. und natürlich ist die leaderin auf ihrem eigenen trip. aber sie finden sich rein, und spätestens bei den 37 minuten „leo“ heben sie zusammen ab und nehmen das publikum mit. das ist wirklich wild. [die beiden klassischen klavierstücke hier sind solo, auf einem gibt es noch streicher-overdubs.]

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    #12572551  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Bora Rokovic „Ultra Native“ (MPS Records) 1972 …. hier mit Peter Trunk (b) und Tony Inzalaco (dr) im November 1971 @ Studio Villingen …. der serbische Pianist/Arrangeur im einem raren Piano Trio Setting …. und der späte(re) Peter Trunk surft die perfekte Welle ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12572567  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    The Bobby Timmons Trio in Person | Live im Village Vanguard am 1. Oktober 1961 mit Ron Carter und Albert Heath bietet Bobby Timmons einiges mehr an Facetten als auf „This Here Is“. „Autumn Leaves“ zum Einstieg mit tollem Groove, ausgiebigen Block-Akkord-Passagen, dann Funk mit „So Tired“, eine wunderbare Solo-Version von „Goodbye“ (mit ein paar Tönen und Wischen von den anderen zwei am Ende) und als Thema zum Abschluss „Dat Dere“ (ausgeblendet, also fürs Album künstlich zum „tag“ gemacht). An der Stelle fügt die CD (ich hab in dem Fall wirklich die 20bit-Ausgabe, kann in diesem Fall aber nichts falsch dran finden) zwei Extras ein, zuerst „They Didn’t Believe“ mit mit tollem Besen-Swing von Tootie Heath, und dann die vollständige Version von „Dat Dere“. Teil zwei der Platte umfasst wieder drei Stücke. Nach dem eigenen „Popsy“ hebt Timmons in einer langen Version von „I Didn’t Know What Time It Was“ ab, von Carter/Heath sehr toll begleitet und mit gutem Bass-Solo. Dann gibt es noch einen Lieblingssong, „Softly, As in a Morning Sunrise“, in der Carter das Thema und dann das erste Solo übernimmt – nicht immer ganz intonationssicher im Thema, dünkt mich, aber das macht bei dem tollen Spiel nicht viel. Die gleiche gekürzte Version von „Dat Dere“ beschliesst dann auch das zweite „Set“.

    Timmons wirkt auf mich um Jahre gereift im Vergleich zum Vorgänger vom Januar 1960 – und die Musik profitiert enorm von Ron Carters souveränem Bass, der das alles so beweglich und doch so solide grundiert, dass es eine Freude ist. Heaths Besen-Arbeit hat auch Qualitäten, von denen andere (z.B. der Drummer auf dem Mance-Album, das ich gerade hörte) nur träumen konnten. Jamal haben sie gehört, klar, vermutlich auch etwas Ramsey Lewis … aber Funk-Klischees gibt es hier kaum, stattdessen wird mit Verve und vielen Einfällen Musik gemacht, immer entspannt und locker, aber total auf den Punkt. Auch rasend schnelle oder super eng verzahnte Passagen schütteln die drei mit Lockerheit aus dem Ärmel, alles bleibt immer in Bewegung, die Drums setzen frische Akzente, der Bass schaltet einen Gang hoch und wieder runter, Timmons zitiert, variiert, rifft, fällt von Melodien in Akkorde, albert in der Langversion von „Dat Dere“ ordentlich herum – aber verliert nie den Biss. Seit drei Monaten habe das Trio zusammen gespielt, als es im Vanguard aufgenommen wurde – und Timmons sei stolz darauf, dass überhaupt nichts von den Arrangements notiert sei, schreibt Joe Goldberg in den Liner Notes. Eine tolle Aufnahme und vermutlich mein liebstes Album von Timmons (wobei ich längst nicht alle kenne).

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    #12572587  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Phineas Newborn Jr. – A World of Piano | Die Anklage lautete auf Virtuosität, „but what is he really saying? How about the emotional communication?“ (Leonard Feather in den Liner Notes). Newborn zog Anfang 1961 nach Los Angeles und nahm dort bald bei den Aufnahmen zu „Together Again!“ von Teddy Edwards und Howard McGhee sowie „Maggie’s Back in Town“ teil – und da zeigt sich eine neue Reife, die auch hier zu hören ist, auf seinem ersten Album, nachdem er exklusiv von Contemporary verpflichtet worden ist. Paul Chambers und Philly Joe Jones begleiten Newborn auf der ersten Hälfte, Sam Jones und Louis Hayes auf der zweiten – die ehemalige Miles Davis-Rhythmusgruppe und die aktuelle, langjährige von Cannonball Adderley und damit zwei eingespielte Teams. Die Virtuosität ist immer noch da, klar – Feather schreibt dazu: „bearing in mind that Bernard Peiffer is French and Oscar Peterson Canadian, it would not be extravagant to claim that Phineas has no equal among American jazz pianists, from any standpoint, technical or esthetic. He is a moving, swinging, pianistically perfect gas.“

    Newborn spielt irre zweihändige Passagen, arbeitet Ravels „Sonatine“ in „Lush Life“ ein, präsentiert im rasenden Opener „Cheryl“ (Charlie Parker) das Thema unisono mit dem rasenden Bass von Chambers – Blues, Tempo, Block-Akkorde und quecksilbrige Läufe … alles im Opener schon da. Jones kriegt seinen Spot im Closer der ersten Hälfte, „Daahoud“ von Clifford Brown, das Newborn schon 1956 aufgenommen hatte. Teil 2 entstand einen Monat später, Adderley ware gerade in der Stadt und seine Rhythmusgruppe konnte ausgeliehen werden. „Oleo“ von Sonny Rollins ist wieder ein rasantes Stück, „Juicy Lucy“ von Horace Silver ein entspannter Romp mit dem Bass in Zwei – bis zu dem Moment, als Jones/Hayes mit einer Vierer-Begleitung zur linken Hand von Newborn stossen. „For Carl“ ist Leroy Vinnegars Hommage an Carl Perkins – ein Pianist, den auch Newborn schätzte, wie Feather schreibt. Ein Walzer mit tollem Groove, der so geerdet bleibt, dass Newborns kaum fassbare Höhenflüge sehr gut rüberkommen, finde ich. „Cabu“ von Roland Alexander ist der Closer – Shelly Manne und sein Quintett hatten es im Westen eingeführt, auf Vol. 4 der Blackhawk-Alben – mittelschnelles Tempo mit tightem Groove und gutem Bass-Solo und ein würdiger Closer für ein Album, das mir ohne mich sehr zu berühren doch ziemlich gut gefällt.

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    #12572601  | PERMALINK

    thelonica

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    Hier laufen gerade ganz kurz noch die Prestige Trio Session (Compilation) von Bobby Timmons. Da höre ich noch Parallelen zu Ellington, der aber am Piano (im Trio) oft noch weniger vorhersehbar sein konnte (Mary Lou Williams vielleicht auch, Avantgarde mal nicht berücksichtigt), es mag auch ein wenig an der Rhythmusgruppe liegen (Ray Lucas/Sam Jones). Tootie Heath und Ron Carter mussten mal einen Gig in San Francisco (?) zu zweit spielen, weil Timmons nicht aufgetaucht war. Trotzdem ein ganz interessanter Pianist, die Aufnahmen aus dem Vanguard sind sehr gut (Tootie Heath, Ron Carter, Iverson hatten das ebenfalls unterstrichen).

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    #12572623  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Stimmt, das hatte ich schon wieder vergessen, dass das Iversons Timmons-Empfehlung ist. Den Prestige-Twofer habe ich auch, und – gerade unauffindbar – noch den aus der Jazzplus-Serie von Universal (glaub dort sind zwei Riverside-Alben, auch Trios, drauf). Timmons ist wie zu „This Here Is…“ geschrieben bei mir quasi von Beginn an präsent gewesen („The ‚In‘ Crowd“ ist das andere Piano-Trio-Album, an das ich mich eben so lange erinnere, aber Timmons sagte mir früher deutlich mehr zu, heute auch noch, aber etwas weniger deutlich). Einen b/d-Gig stelle ich mir eher schwierig vor – obwohl die zwei das bestimmt gut gekonnt haben …

    Bei mir gestern Insomnia, drum:

    Kenny Drew Trio with Paul Chambers, Philly Joe Jones | Zweimal, und das hat jetzt definitiv geklickt. Und zwar so, dass ich nicht begreife, was ich noch vor einem Monat für ein Problem damit hatte. Krass. Ein sehr, sehr tolles Album! Ich kann jetzt auch nachvollziehen, was @atom neulich schrieb, dass das wie aus einer andere Zeit im Jahr seiner Aufnahme (1956) vorbeischaue oder so ähnlich, denn einiges, was Drew hier anstellt, wirkt wirklich schon sehr modern und ungewöhnlich – zum Beispiel, wie er das Thema von „Come Rain or Come Shine“ (das spielten all die anderen ja dann erst so ab 1959/60 oder?) spielt, mit welchen ungewöhnlichen Voicings er die Melodie unterfüttert. Chambers ist hier hervorragend, selbst im gelegentlichen Arco-Solo ohne Fehl und Tadel, und Jones ist eh einer der lässigsten Drummer der Jazzgeschichte, ich mag ihn eigentlich immer gerne.

    The Herbie Brock Trio – Brock’s Tops | Wie Johnny Coates ein Pianist, der Savoy empfohlen wurde. Im Herbst 1955 nahm das Label schon ein Solo-Album mit Brock auf, live im Onyx Club in Miami, Florida. Im Frühling 1956 folgte dann ebendort das Trio-Album mit seiner regulären Crew, Brooks Caperton (b) und Rick Hanson (d) – es gibt da noch ein paar weitere Trio- und Solo-Alben und auch was mit Sängerinnen, ich kenne noch „Herbie’s Room“ auf Criteria und noch eines, das auf Discogs und bei jazzdisco.org fehlt – das erste auch mit Caperton/Hanson, das zweite mit Caperton/Bill Ladley).

    Herbie Brock stammte aus Rochester, NY und trat zuerst in den 40ern mit Buddy Satan im Klavierduo auf. Die Presse nannte ihn damals Lord Brock. In den 50ern liess er sich in Miami nieder, seine Session (at „Herbie’s Room“, einem kleinen Club in Miami, der so hiess, weil Brock an mehreren Wochentagen dort auftrat) war die erste Aufnahme, die Emerman aufnahm. Neben dem Trio hier (Brooks Caperton-b, Bill Ladley-d) leitete er ein Trio in Fort Lauderdale (Red Holley-b, Stan Musick-d); spielte später 20 Jahre lang als Hauspianist im David Williams Hotel. Lebt „heute“ im ländlichen Norden im Inland von Florida. (Und hat zwei Alben für Savoy aufgenommen, bevor das für Criteria entstanden ist).

    […]

    The Herbie Brock Trio – Herbie’s Room | Los geht es hier mit Musikschnipseln aus der Jukebox – und dann beginnt das Trio zu spielen. Und das ist sehr tolle Musik. Es gibt „Doxy“ von Sonny Rollins“, je ein Original von Lou Stein („Jim and Andy“, der Opener) und Lennie Niehaus („Johnny Jaguar“), das Album dauert grosszügige 45 Minuten. Die Musik ist grosse Klasse, zum Beispiel die Version von „My Funny Valentine“:

    Und zu Brock gibt es in den Liner Notes von damals, geschrieben von Val Marchen, auch noch ein paar Zeilen: attended the State School for the Blind in Batavia, NY, where he won medals in competition for track.“ (was heisst das?) Hauptfächer waren Klavier und Orgel, aber beim Abschluss spielte er Tenorsax. Nach seiner Rückkehr nach Rochester, spielte er lokale Gigs am Klavier und am Sax, 1944 versuchte er eine Tour durchs Land „as a jazz duo“ zu machen (mit Satan, nehme ich an?), aber das Duo löste sich „due to bad bookings“ auf.

    Creepy Criteria-Detail: überall steht, mit wem die Herren Musici verheiratet waren. Zu Brock hier: „Since then he has married a Rochester gal, moved to Miami, Florida, and has resided here since 1952.“ Zu Ladley in denselben Liner Notes: „… originally from Pittsburgh, he is married to a beautiful model whose name is Grace.“ Interessanter aber, dass er auch mit Johnny Smith gespielt und auf Aufnahmen mit Jackie & Roy zu hören ist.

    Brooks Caperton, der Bassist, stammt aus Cleveland (verheiratet, drei Kinder – keine Namen hier und keine Sätze, die Fünfzigerjahre-Kopfkino auslösen), hat in Oxford, OH, das Miami College besucht und dort in der Band gespielt, danach spielte er mit diversen Big Bands, darunter jener von Ray Anthony. Nach dem Umzug nach Miami spielte er mit Joe Mooney, bevor er zum Trio von Brocks stiess.

    aus dem Criteria-Faden:
    https://forum.rollingstone.de/foren/topic/criteria-gold-coast-jazz-jazz-in-florida-ca-1957/

    Gefällt mir auch heute noch sehr gut. Zweihändiges Piano, abseits der Stilschubladen, altmodisch und irgendwie doch am Puls der Zeit. Im verlinkten Faden gibt’s noch etwas mehr zu Brock, auch das Cover der Interplay-CD, die im Netz fast keine Spuren hinterlassen hat bisher … die müsste ich mal bei Discogs nachführen, wenn sie mir wieder die Finger kommt (hervorgesucht hatte ich Brock gar nicht, die Savoy-CD kam mir letztes Wochenende zufällig in die Finger, als ich Denny Zeitlin hervorgesucht hab).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #169 – 13.01.2026, 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12572625  | PERMALINK

    vorgarten

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    lawson, cranshaw, riley, prime time (1977)

    leader-debüt mit 42, ende der 70er im klaviertrio-format. ein iverson-tipp, und pianistisch ist das auch ziemlich super. sehr viele noten, tatsächlich wirkt es so, als sei da eine schleuse geöffnet worden und ganz viel angestautes musste raus. was darunter leidet, ist das zusammenspiel, riley und cranshaw wirken etwas lustlos, müde, vielleicht auch nur zurückhaltend, um lawson nicht die schau zu stehlen. und die schau ist alte schule, ich würde auf bud powell als wesentliche referenz tippen, erstaunlich ist auch, wie wenig sich das richtung pop der 70er oder free hinüberlehnt. eine kapsel, in sich ziemlich lebendig, sie kann darauf warten, erst jahrzehnte später wieder geöffnet zu werden.

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    #12572631  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Das ist schon interessant, welche Wege die älteren Leute da so gehen … Lawson war ja relativ jung (also erst so 22, als er bei Lateef war), aber wegen Deiner Bemerkung zur Traurigkeit beim Hanna-Album (das ich nicht hervorgeholt habe, weil es relativ kürzlich lief – ich mochte es da recht gern): ich kann das total nachvollziehen … und mal kippt es in die Richtung, dass etwas traurig wirkt, mal in die andere – und meine Erfahrung ist auch, dass es bei manchem Album oder Pianisten in beide Richtungen kippen kann, je nach meiner Laune/Stimmung.

    Das mit den Lackschichten, was Rosenthal zu den Detroit-Pianisten schreibt, fand ich aber auch eine interessante Beobachtung, denn es gibt ja Leute, die tatsächlich später besser waren als in den retrospektiv wichtigsten Jahren (z.B. Randy Weston, aber der ist bei Trio halt nicht so ein Thema – gerade weil die frühen Sachen nicht so toll sind … aber ich denke gerade, ich hätte sie doch auch hervorkramen sollen …). Hanna würde ich sogar auch zu denen zählen, aber so richtig warm werde ich da auch erst punktuell.

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    #12572633  | PERMALINK

    atom
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    BILL EVANS – The Paris Concert: Edition One/Two (Elektra/Musician, 1983/84)
    Das Konzert vom 26. November 1979 im Pariser Salle Pleyel wurde erst posthum auf dem noch jungen Elektra-Jazz-Ableger Elektra/Musician veröffentlicht – und dokumentiert eindrucksvoll die letzte kreative Hochphase von Bill Evans. Nur wenige Monate vor seinem Tod im September 1980 zeigt sich der Pianist hier in bemerkenswerter Form: Die Interaktion mit Marc Johnson und Joe LaBarbera erreicht jene Dichte, die bereits das legendäre Trio mit Scott LaFaro auszeichnete.
    Für mich gehört diese Aufnahme zum Besten, was das finale Bill Evans Trio eingespielt hat – die Balance zwischen lyrischer Intimität und rhythmischer Spannung ist hier meisterhaft austariert. Interessanterweise wurden Evans‘ eigene Kompositionen komplett auf Edition Two konzentriert, während Edition One sich stärker auf Standardrepertoire fokussiert.

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #12572643  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windDas ist schon interessant, welche Wege die älteren Leute da so gehen … Lawson war ja relativ jung (also erst so 22, als er bei Lateef war), aber wegen Deiner Bemerkung zur Traurigkeit beim Hanna-Album (das ich nicht hervorgeholt habe, weil es relativ kürzlich lief – ich mochte es da recht gern): ich kann das total nachvollziehen … und mal kippt es in die Richtung, dass etwas traurig wirkt, mal in die andere – und meine Erfahrung ist auch, dass es bei manchem Album oder Pianisten in beide Richtungen kippen kann, je nach meiner Laune/Stimmung.
    Das mit den Lackschichten, was Rosenthal zu den Detroit-Pianisten schreibt, fand ich aber auch eine interessante Beobachtung, denn es gibt ja Leute, die tatsächlich später besser waren als in den retrospektiv wichtigsten Jahren (z.B. Randy Weston, aber der ist bei Trio halt nicht so ein Thema – gerade weil die frühen Sachen nicht so toll sind … aber ich denke gerade, ich hätte sie doch auch hervorkramen sollen …). Hanna würde ich sogar auch zu denen zählen, aber so richtig warm werde ich da auch erst punktuell.

    ich kann das nur sehr oberflächlich beurteilen, aber mir scheint, dass die zweite hälfte der 70er eine besonders harte zeit für klassische jazzensembles waren. die leute kamen aus szenen, wo sie in ihrer jungend der heißeste scheiß waren, dann gab es die ganzen öffnungen (stilistisch, was sounds angeht, apparate-technisch), wo scheinbar alle ihren individualistischen weg finden mussten, dann waren die erfolgreichen plötzlich in rockjazz-gefilden unterwegs (hancock, corea, zawinul), die ja dann auch sehr schnell in formeln erstarrt sind. plötzlich ist man nische, hat nur noch fans in japan etc. bis sich das ganze wieder etwas auflöst und man anders über traditionen nachdenken konnte – so wie geri allen, die man in einen loft, an einen korgsynthesizer, zum filmset von KANSAS CITY und zu hommagen für nichols oder mary lou williams einladen konnte, ohne dass das für sie ein verrat an ihrem individualismus gewesen wäre. als ich in japan war, liefen überall jazzklaviertrios, in allen restaurants, bars, hotels, sogar in raucherkabinen. ich habe das dann immer shazamt, und das waren meistens venus-aufnahmen von berühmten veteranen. da kann man ab 1980 sicherlich wieder entdeckungen machen. aber klassischer klavierjazz zwischen 1975-80 scheint mir kein gutes selbstbewusstseins-reservoir für musiker gewesen zu sein – das wirkte nach außen bestimmt wie ein formales beharren ohne publikum.

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    #12572665  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Das scheint mir eine passende Zusammenfassung zu sein … aber die Leute gab es halt noch und sie mussten ja weiter machen: Walter Bishop, Kenny Drew, Duke Jordan, Al Haig … das waren halt nicht diejenigen, die zum Synthesizer griffen oder in den Jazz-Rock rüberwechselten (wobei es da ja halbe Anläufe gibt, von Hawes oder von Victor Feldman z.B., die von Denny Zeitlin hast Du ja cshon erwähnt, aber die sind nochmal anders).

    Den Punkt mit der zunehmenden Verfeinerung des Personalstils sehe ich am ehesten bei den beiden Grossmeistern Hank Jones und Tommy Flanagan. Letzterer hatte ja insofern Glück. als dass Enja ihn in den späten Siebzigern, am Ende des und direkt nach dem Jahrzehnt bei Ella, ausgiebig dokumentierte … da finde ich dann tatsächlich einzelne Sachen aus den 90er noch besser („Sea Changes“ und “
    Sunset and the Mockingbird“ sind zwei Favoriten hier, seit über 25 Jahren – das Album, das Iverson hervorhebt, „The Magnificient“, ist von 1981, das habe ich glaub ich noch nie angehört, aber bei einem Online-Grosseinkauf bei einem Berner Laden in der Pandemie mal gekauft …)

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    #12573021  | PERMALINK

    soulpope
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    Barry Altschul Paul Bley Gary Peacock „Butterflies“ (Improvising Artists Inc.) 1976 …. feingezeichnete Träume von Anette Peacock hier ungemein einfühlsam umgesetzt …. Aufnahme im Juni 1967 von David Baker …. ein Leader schwer auszumachen, deutliche Präsenz von Gary Peacock allemal …. unterschätzte Musik ….

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    #12573041  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    Den Punkt mit der zunehmenden Verfeinerung des Personalstils sehe ich am ehesten bei den beiden Grossmeistern Hank Jones und Tommy Flanagan. Letzterer hatte ja insofern Glück. als dass Enja ihn in den späten Siebzigern, am Ende des und direkt nach dem Jahrzehnt bei Ella, ausgiebig dokumentierte … da finde ich dann tatsächlich einzelne Sachen aus den 90er noch besser („Sea Changes“ und “
    Sunset and the Mockingbird“ sind zwei Favoriten hier, seit über 25 Jahren – das Album, das Iverson hervorhebt, „The Magnificient“, ist von 1981, das habe ich glaub ich noch nie angehört, aber bei einem Online-Grosseinkauf bei einem Berner Laden in der Pandemie mal gekauft …)

    alle drei alben kenne ich bisher nicht. ich weiß nur, dass mir flanagan auf steve colemans intergenerationalem projekt RHYTHM IN MIND begegnete, das war 1991, und da haben ein freund und ich bewundernd gedacht: solche akkorde kann heute keiner mehr.

    cowell, mcbee, haynes, equipoise (1978)

    gutes gegenbeispiel. klingt zwar auch furchtbar (bass und drums total flach), aber hat trotzdem frische und wagemut. und die titelkomposition müsste heute eigentlich ein standard sein.

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    #12573073  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Der Titeltrack ist glaub ich in meinem Real Book… aber zum Jam Session Favoriten wurde er wohl nie. Das Album kenne ich nicht, bei meinem Schneckentempo werd ich da auch kaum viel Neues schaffen. Aber auch so schon einige Entdeckungen gemacht, zuletzt das „Kenny Drew Trio“, das ich wirklich überraschend finde.

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