blindfoldtest #31 – vorgarten

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  • #11106449  | PERMALINK

    thelonica

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    Beiträge: 4,158

    vorgartender rest dauert noch ein bisschen, sorry. die fotos sind alle aus der zeit der veröffentlichungen (deshalb das falsche monnette-sudler-cover, es gab kein besseres, wo sie mit ihrer damaligen gitarre zu sehen war). die rote gitarre von george freeman konnte ich nicht näher bestimmen, obwohl er sie fast auf allen fotos seiner langen karriere in den händen hält. sieht nach einem semi-solid-modell aus, vielleicht eine gibson byrdland.

    Das sollte die Gibson 1964 ES-335 bei George Freeman sein. Das Original auf dem früheren Cover, später vielleicht ein Reissue.

     

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    #11106509  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    ja, das kann gut sein.

    --

    #11106519  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,139

    Danke @vorgarten – dann freue ich mich sehr daruf, die Tchicai-CD mal endlich anzuhören! Tracanna war beim erwähnten Live-Auftritt, den ich im Radio hörte, nicht mit dabei, in die Richtung hatte ich überhaupt nicht gedacht!

    Was die Instrumente angeht, danke für die Präzisierung! Bei Scofield kenne ich auch v.a. das semi-solid (nehme ich an?) Instrument, das er z.B. hier hält (fürchterliches Cover):

    Aber vom Sound her leuchtet mir bei ihm eine solid body fast genau so ein (ich bilde mir aber ein, den Klang der Resonanzräume bzw. den „echten“ Klang des Instrumentes schon da und dort herauszuhören).

    Was das Design angeht, werden diese Instrumente (Frisell hin oder her) und ich keine Freunde mehr, fand ich immer übel … mir kommt da als erster ein Basser in den Sinn, Marino Pliakas (als ich Flull Blast hörte, war sein Bass aber schwarz und wohl auch etwas kleiner – kann aber sein, dass das am Gedächtnis oder am damaligen Schummerlicht liegt):

    Was Ed Bickert angeht, bin ich jetzt aber wirklich sehr überrascht, das hätte ich nicht gedacht! Hoffe, in der neuen Mosaic-Box (warte immer noch auf Versandbestätigung, ein Freund, der auch sofort bestellt hat, hat schon vor 10 oder 12 Tagen eine gekriegt … hoffe sie haben mich nicht vergessen und ich muss auf die Produktion der zweiten Runde warten … aber da Trump ja gerade die US-Post abschafft, bin ich wegen des halben Dutzend offener US-Bestellungen – blöder Bandcamp Day! :whistle: – eh gerade recht skeptisch und froh, wenn überhaupt irgendwann mal was ankommen wird – da ist auch einiges Gitarrisitsches dabei, neben etwas Halvorson von Firehouse12 auch Okazakis Monk-Projekt).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11106567  | PERMALINK

    h8g7f6

    Registriert seit: 11.11.2016

    Beiträge: 976

    Aha, John Tchicai war der Tipp, der allerdings über den Weg „Suche nach Jazz-Bassklarinettisten“ für mich nicht auffindbar war.

    Toller Track, toller bft … und wenn man mal was gar nicht rauskriegt ist immer Billy Hart an den drums. Können wir das so festhalten?

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    #11106571  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    h8g7f6und wenn man mal was gar nicht rauskriegt ist immer Billy Hart an den drums. Können wir das so festhalten?

    genau so!

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    #11106595  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    auflösung, teil 2.1 – die aufnahmen:
    no leaders – intuitive, harmolodiker und kollektivisten

    1 |

    „dark matter“
    john tchicai/ charlie kohlhase/ garrison fewell/ cecil mcbee/ billy hart: TRIBAL GHOST
    no business records, 2013
    john tchicai (bcl), charlie kohlhase (bs), garrison fewell (g), cecil mcbee (b), billy hart (dm)
    rec. live at birdland (nyc), 6./7.2.2007

    dunkle materie. nach einem ausgesprochen klassischen jazzgitarren-intro kommt ein bass hinzu, dann weitere dunkle instrumentenfarben. fewell ist einerseits ein sehr konservativer gitarrist (der auf einer gibson l-5 spielt, wie wes montgomery), der das wissensfeld in berklee unterrichtet und darüber auch bücher geschrieben hat, andererseits hat er viel erfahrung mit nahöstlicher trancemusik (um dem vietnam-einzug zu entgehen, verbrachte er viele jahre in afghanistan). sein gitarristischer ansatz ist aber eigentlich nochmal anders: seine linien verbinden sich mal mit dem bass, mal mit den beiden anderen melodieinstrumenten, in einem freien, „intuitiven“ dialog, den man fast in der nachfolge billy bauers hören könnte (dieser ist die erste wichtige leerstelle im bft, btw.). mit kohlhase und tchicai spielte er eigentlich im trio, aber der betreiber des birdland bestand auf einer rhythm section – so kamen mcbee und hart dazu, die den kollektiven geist aber sehr schön aufgreifen. das ganze ist retro-musik aus einem freien geist heraus, bildet eine klammer mit parker/mazurek am ende, setzt den klassischen jazzgitarrenton in ein neues licht.

    als TRIBAL GHOST herauskam, war das ein ziemlicher hit hier im forum (aber auch sonst). aber vielleicht nicht bei denen, die hier beim bft mitgemacht haben.

    leider ist fewell früh gestorben, kurz nach tchicai und roy campbell, mit dem er ebenfalls viel gespielt hat. hier das cover seines lehrbuchs:


    2 |

    „time for a change“
    monnette sudler quartet/ quintet: TIME FOR A CHANGE
    steeple chase, 1977
    monnette sudler (g), oliver collins (p), gerald benson (b), newman baker (dm)
    rec. 7.11.1976, denmark

    ein trockener funk mit einem schöne swing-twist und ein thema, das beides trägt. mit dem klavier entsteht ein dialog, das diesem ständigen wechsel rechnung trägt. monnette sudler kommt aus philadelphia und ist bis heute mit der dortigen szene verbunden (auch wenn sie mal kurz in berklee studiert hat). sie hat dort mit khan jamal in lofts gespielt, r&b und funk, mainstream jazz und feministische spoken-word-artistry gehören zu ihrem programm, sie spielt außerdem bass, schlagzeug und klavier. lokal ist sie sehr bekannt, ansonsten kaum – weil sie eine frau war und man mit ihr nicht auf tour gehen wollte, sagt sie. aber als sie schwer krank wurde, sammelte die szene vor ort genug geld für eine doppelte lungentransplantation. ihr album-leader-debüt übernahme 1977 das dänische steepechase-label, es entstand genug material für zwei alben, später gab es noch ein live-album.

    hier ein konzertmitschnitt von 2010:


    3 |

    „z jam blues“
    bern nix trio: ALARMS AND EXCURSIONS
    counter currents/ new world, 1993
    bern nix (g), fred hopkins (b), newman baker (dm)
    rec. 25./26.1.1993 nyc

    wieder newman baker an den drums, hier umtänzelt er den harmolodischen gitarristen bern nix, und der geniale bassist fred hopkins ist auch noch dabei. auch nix studierte in berklee und kam 1974 zu ornette coleman, der sich seit james blood ulmer 1971 an gitarristische begleitungen gewöhnt hatte. beide teilten sich den gitarrenpart auch mal, später war mit charles ellerbee ein weiterer gitarrist neben nix in der prime-time-band. colemans konzept sah ja keine hierarchie in bands vor, und nix hat das auch in seiner eigenen trio-aufnahme beibehalten – hopkins agiert genauso eigenständig, genauso im kontakt zum verschrobenen thema, es reibt sich alles ständig, findet woanders zusammen, geht eigene wege. nix ist kein virtuose, aber ein sehr eigenständiger musiker. für mich eine große entdeckung.

    4 |

    „sphinx“
    james blood ulmer plays the music of ornette coleman: MUSIC PLAYS LOUDER THAN WORDS
    DIW, 1996
    james blood ulmer (g), calvin „hassan truth“ jones (b), rashied ali (dm)
    rec. 18./19.12.1995

    jetzt muss ich mich kurz halten (warum gibt es eigentlich noch keinen blood-thread?). kein originärer bluesmusiker (das war in seiner familie verboten), kein besonders erfolgreicher montgomery-imitator (sein idol ignorierte ihn, als er ihn in seiner pittsburger frühphase ansprach, während am gleichen ort george benson mit montgomery-weihen durchstartete), kein besonders aufmerksamkeitserregender orgeltrio-gitarrist (in detroit gab es engagements bei hank marr, dann bei john patton, mit dem er nach new york ging). der plan, bei miles davis zu spielen, klappte nicht (bei benson wiederum schon), und als er mit patton 1970 nach new york kam, war gerade hendrix gestorben. glücklicherweise lernte er billy higgins kennen, und über ihn ornette coleman, der ulmer als „natürlichen harmolodiker“ erkannte. ulmer zog bei ihm ein, spielt ein jahr täglich mit ihm – und plötzlich hatte coleman wieder ein begleitinstrument in der band (und das publikum lief scharenweise aus den konzertsälen). ulmer übernahme das colemankonzept auf verschiedenen wegen: er stimmte seine gitarre völlig originell, absprachen mit anderen musikern über tonart usw. sind seitdem nicht mehr möglich. die dichten, komplett verzerrten sounds sind besonders, ebenso sein pausenloses dazu-spiel (oft akkordisch und single-notes im ständigen wechsel), er benutzt die montgomery-daumen-technik, bei der sich die einzelnen töne aus den stummgehaltenen akkorden herausschälen, und seine kompositionen sind interessante aktualisierungen der colemanschen kinderliedmelodien.

    ulmers eigentliches debüt ist REVELALING von 1977 (mit george adams, cecil mcbee und doug hammond), das erschien aber erst sehr viel später auf dem deutschen in&out-label. zuerst zu hören war er also 1979 mit coleman, tacuma und colemans sohn denardo auf TALES OF CAPTAIN BLACK – und das klang so:

    ulmer behielt das punkige konzept zunächst bei, das „free funk“ genannt wurde; seine band war die einzige schwarze, die an downtown-wave-orten wie der danceteria auftrat. es gab einen kurzen deal mit columbia, worauf das tolle trio odyssey (mit charles burnham, violine, und dem drummer warren benbow) erstmal zu hören war. danach entwickelte er das harmolodische konzept einerseits mit seiner jazzigen band phalanx (george adams, sirone, rashied ali) und dem sehr viel härteren music revelation ensemble (mit amin ali und verschiedenen drummern, saxpartner zunächst david murray, später blythe, bluiett, rivers, zorn und sanders) weiter. mit bill laswell gab es dubbige blues-flirts (ulmer singt recht idiosynkratisch, spielt außerdem ziemlich gut flöte), was er in den 90ern mit tighteren bands weiterentwickelte. letzte stationen bislang waren die untypischen bluesalben mit vernon reid, u.a. das solo BIRTHRIGHT:

    das relativ späte album mit ornette-coleman-kompositionen und -hommagen verbindet verschiedene seiner eigenwilligen harmolodik-ansätze, wobei schon die bands schräg zusammengesetzt sind – wie hier mit rashied ali und dem muddy-waters-bass-veteranen calvin jones (jahrgang 1926). john abercrombie (weitere schmerzende leerstelle hier) hat das gleiche stück mal von ted panken in einem blindfoldtest vorgespielt bekommen und äußerte sich bewundernd folgendermaßen:

    I love the feel of this piece. It reminds me a little bit of something from sort of semi Sonny Sharrock, but not really. It could be one of these Albert Ayler tunes or something like that, something in that vein. It sounds like somebody who’s playing with their thumb a little bit, but it’s not Wes! It doesn’t really sound like him, I didn’t know he played anything this out, but it could be… Could it be Kevin Eubanks? It sounds too harmonically oriented to be Sonny Sharrock, but that was still my first take on it. It still could even be somebody like that, but… James Blood? Wow! This is great. I don’t know that tune. I have to get this. I’ve heard some other stuff by Blood and I liked it. I have some of this stuff where he was singing that I enjoyed, but I’ll have to get this. This definitely sounds very hip to me. Very open. And it’s kind of funny; that’s why I thought it was Sonny Sharrock, because of some of the similarities. He sounds to me more harmonic. I hear more harmonic information in his playing. It’s cool. And I think he does sort of play with his thumb a little bit, because it’s got a little bit of that feel. It’s plucky. He chokes the notes a little bit, so it… I’ll give this 5 stars. I still like it. [AFTER] Now that you tell me it was Rashied Ali, it makes total sense, because I played with him once, and he has a great way of playing a sort of open music. you really feel like they’re playing on a form or something. It really has a great swing, a pulse to it. It’s not just free. I think that’s what makes it work. That’s what makes everything sound so great.

    5 |

    „waiting inside“ (b. frisell)
    billy hart: OSHUMARE
    gramavision, 1985
    jabali billy hart (dm), steve coleman (as), branford marsalis (ts), bill frisell (g), kenny kirkland (p), dave holland (b), manolo badrena (per) [marc gray, key; kevin eubanks, g; didier lockwood, vl]
    rec. 1985, nyc

    wie lässt man bill frisell in einem blindfoldtest auftauchen, ohne dass man ihn sofort erkennt? ihn nicht zu präsentieren, ging nicht, kein anderer jazzgitarrist hat das instrument prominenter als etwas etabliert, das mit einfachen melodieintrumenten nicht mehr zu vergleichen ist. dazu kommt, dass er eigentlich keine linearen soli spielt, sondern einzelne sounds auftürmt und wieder abbaut (eines seiner gimmicks ist das sustain-pedal, mit dem er einem im raum stehenden akkord etwas völlig anderes hinzufügen kann). das ding hier ist ein schräger behelf, da er es zwar komponiert hat, sich aber mit wenigen atmosphärischen sounds sehr im hintergrund hält. die absurde band hier besteht aus jungen löwen, m-basern und weißen downtown-ny-leuten, damit sind drei hauptströmungen des us-jazz der zweiten 80er-hälfte auf einem haufen vertreten. besonders witzig für mich ist natürlich das als „schmalzig“ identifizierte saxofonsolo von steve coleman, dem kenny kirkland noch eins auf dem synth-grand-piano hinterherschickt. david baker wird seine große mühe damit gehabt haben, das alles vernüftig in einen sound zu integrieren.

    frisells spiel zu charakterisieren, außer, dass er seine komplizierten apparaturen vollständig beherrscht und mit sehr viel technik einen sehr persönlichen, jederzeit identifizierbaren sound hinbekommt, ist quasi unmöglich.

    6 |

    „probe“
    harriet tubman: ASCENCION
    sunnyside, 2011
    harriet tubman double trio: brandon ross (g), melvin gibbs (b), jt lewis (dm), ron miles (tp), dj logic / dj singe (turntables)
    rec. live at the Knitting Factory, NYC on 9-02-00

    wir bleiben im knitting-factory-umfeld, allerdings in seiner schwarzen ausprägung, das trio-band-projekt „harriet tubman“ (benannt natürlich nach der underground-railroad-aktivistin, unfassbare biografie) existiert seit 1998, angestrebt wird eine „pan-tonalität“, die keine wirkliche leader kennt – selbst die gaststars, wie hier ron miles und die beiden illbient-turntabler logic und singe verschmelzen kollektiv im mix. ASCENSION spielt mit dem 7-ton-motiv von coltrane, entwirft dann aber völlig andere soundscapes, die übereinander, vorwärts und rückwärts laufen und in der postproduktion noch mal desorientierend verschichtet werden.

    brandon ross (der hier für eine tradition steht, in der man auch vernon reid, jean-paul bourelly und andere hätte vorstellen können) ist ein sehr interessanter musiker, dem es völlig abgeht, sich in den vordergrund zu stellen. er tauchte ende der 1970er in new york auf und kam über leroy jenkins in kontakt zu einigen loftszene-prominenten. sein debüt im „new life trio“ (steve reid, david wertman) ist bereits sehr interessant, verfolgt eigentlich einen harmolodischen ansatz, auf e- und akustik-gitarre im wechsel.

    danach ging es zu threadgill (der ja auch eine vorliebe für gitarristen gegenüber pianisten hat), in die downtown-szene und dann kam er zu seinem wohl bekanntesten job bei cassandra wilson (sehr feinfühlig, akustisch, souverän):

    sehr schön finde ich aber auch das hier, ein duett mit henry grimes:

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    #11106693  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    die auflösung, teil 2 – die aufnahmen:
    leader-gitarren – filigrantechniker und sanfte rebellen

    nach der ersten, eher soundorientierten bewegung geht es in die historie, in der sich gitarren zwar als melodieinstrumente und zentralorgane ihrer bands präsentieren, dabei aber relativ wenig testosteron im spiel ist.

    7 |

    „chung king“ (byrd, betts, ellis)
    herb ellis & charlie byrd: GUITAR/GUITAR
    columbia 1965
    herb ellis (e-g), charlie byrd (ac-g), keter betts (b), buddy deppenschmidt (dm).
    rec.?

    riff-musik, akkordisch richtung vorgestellten fernen osten, mit lässigem geklapper, das man von charlie byrds bossa-nova-arrangements kennt. wieder spielt er hier akustisch, wie er es von den lateinamerikanern gelernt hat, deren einfluss auf die us-jazz-szene nicht zu unterschätzen ist – zum ersten mal gibt es veritable alternativen zum klavier, und diverse saxofonisten springen darauf an. hier allerdings bleibt alles eine rein gitarristische affäre – byrd holt sich den oscar-peterson-gitarristen herb ellis dazu, der ein bisschen aus seiner formelgeprägten comfort zone geholt wird. das konzept war erfolgreich, als „great guitars“ waren sie mit anderen gitarristen zusammen noch lange unterwegs.

    8 |

    „brazil“ (ary barroso, 1939, eigentlich „aquarela do brasil“)
    django reinhardt: THE GREAT ARTISTRY OF DJANGO REINHARDT
    clef 10‘, 1953
    django reinhardt (g), maurice vander (p), pierre michelot (b), jean-louis viale (dm).
    rec. 10.3.1953, paris

    reinhardts vorletzte session, 2 monate vor seinem tod, und er geht neue wege. kein weiteres melodieinstrument hier, sein spiel weniger akkordisch, eine minimalistische band im hintergrund. wenn überhaupt jemand die gitarre als zentralorgan einer jazzband erfunden hat, war es reinhardt. und sein spiel ist so charakteristisch, dass es auch keine geringe aufgabe war, etwas zu finden, das hier sinn macht. seine völlig originelle technik, z.t. auch aus der not einer verbrennungsgeschädigten linken hand geboren, ist bekannt. mich hatte interessiert, wie so ein stück zwischen den ganzen jazzstücken der christian-ecke wirkt, ob es herausfällt oder vielleicht doch bezüge aufbaut. die frage ist ein bisschen offen geblieben.

     

    9 |

    „these foolish things“
    mary osborne: A GIRL AND HER GUITAR
    warwick, 1960
    mary osborne (g), tommy flanagan (p), danny barker (g), tommy potter (b), jo jones (dm).
    rec. 1959, nyc

    bei mary osborne ging die christian-schule soweit, dass sie von ihm persönlich beim gitarrenkauf beraten wurde. eigentlich kam sie natürlich von der country-musik her und fing als banjospielerin an, aber die begegnung mit christian persönlich brachte sie zum jazz. in den 40ern machte sie sich in new york einen namen auf diversen jam sessions, spielte mit monk, coleman hawkins, stuff smith, mary lou williams, das führte aber natürlich nur bedingt weit. in den 50ern schien sie verschwunden, tauchte aber in radio- und tv-shows auf, wie wir gesehen haben u.a. mit billie holiday. 1959 dann konnte sie ein album mit hochkarätiger band aufnehmen.

    später gab es dann noch aufnahmen mit einer reinen frauen-band (u.a. marian mcpartland und vi redd) auf halcyon, davon hatte ich auch mal was auf einem bft präsentiert:

     

    10 |

    „angel eyes“
    the montgomery brothers: THE MONTGOMERY BROTHERS IN CANADA
    fantasy, 1961 (reissue, overdubbed publikumsgeräusche fehlen)
    wes montgomery (g), monk montgomery (b), [buddy montgomery (vib),] paul humphries (dm).
    rec. 16.9.1961, the cellar, vancouver.

    der nach charlie christian vielleicht einflussreichste jazzgitarrist war ein ziemlicher spätzünder. eigentlich stellte sich der große erfolg erst mit creed-taylor-produktionen ein und wurde von einem frühen tod unzeitig beendet. vorher gab es unzählige aufnahmen, in denen sich motgomery das spotlight mit pianisten teilte – und es gibt aufnahmen mit den groove brothers, auf denen buddy montgomery vibrafon spielt, was den raum für die gitarre sonisch etwas offener lässt. hier, auf der version von „angel eyes“, ist tatsächlich nur ein trio am werk und man kann sehr gut nachvollziehen, warum wes montgomery vor allem unter gitarristen so verehrt wird. er beherrscht sowohl das akkordische, wie das einzeltonspiel, er vermag komplex zu erzählen und eine sehr intime stimmung zu erzeugen (das rauschen, das durch die aufnahme geht, ist wohl durch das herausfiltern des fake-applauses entstanden, das im original draufgekleistert wurde – irgendjemand war das wohl zu wenig, was hier gespielt wird). montgomery ist einer der daumenspieler hier (neben ulmer und eubanks), er streicht akkorde durch, bei denen einzelne seiten durch berühren stumm gehalten werden. mir scheint das ein grundsätzlich anderer ansatz zu sein als das einzeltonpicken der christianer – jeder ton löst sich aus seinem logischen umfeld und grundsätzlich behält die gitarre ihre ambivalenz zwischen begleit- und soloinstrument bei.

    11 |

    „on my way to paradise“
    kevin eubanks: TURNING POINT
    blue note, 1992
    kevin eubanks (g), kent jordan (fl), charnett moffet (b), mark mondesir (dm).
    rec. 16.-20.12.1991, 7./9. januar 1992, nyc

    neben den montgomerys aus indianapolis und den freemans aus chicago hat auch musikerfamilie eubanks aus philadelphia einen gitarristen hervorgebracht (die marsalis‘ und jordans, deren vertreter man auch hier hören kann, leider nicht). der berklee-absolvent fand in new york schnell anschluss an art blakey und dave holland, nahm zunächt einige fusion-alben für elektra und grp auf, bevor er in dave hollands quartett auf viele großen eindruck machte, u.a. auf mich – tatsächlich hatte mein teenie-ich noch wenig ahnung von jazz, als es einen moers-mitschnitt im radio verfolgte und exakt dieses solo schnell auf tape bannen konnte (der link geht direkt dorthin, der sound ist leider übel):

    ich konnte es damals nicht fassen und kann es eigentlich noch immer nicht. eubanks spielt rasend schnelle, dabei aber aus der stille kommende läufe, hat andere sounds vollständig körperlich integriert und spielt akkorde, die ich noch nie gehört habe. flageolets und pizzicato-töne werden irgendwo versteckt, aber auch in der begleitung bleibt das spannend, öffnet den raum, macht angebote.

    man muss aber sagen: so gut war eubanks nie wieder. technisch schon, klar, aber der biss ging dann doch nach jahren in der jay-leno-show vorbei. ziemlich schnell nanch der holland-quartet-zeit kamen aber drei blue-note-alben heraus, die einen wärmeren, akustischeren zugang zur mathematischen m-base-welt vorschlugen, alle mit dem flötisten kent jordan und z.t. mit dem posaunistenbruder robin. und davon ist TURNING POINT, das erste album, wirklich geschlossen und überzeugend.

    aktuell gibt es mit dem genderfluiden, sehr interessanten, aber noch weniger geschmackssicheren gitarrist*en stanley jordan (auch ein anwärter hier mit seiner sehr eigenen technik) ein duo-projekt:

     

     

    12 |

    „sing and swim“
    bill connors: SWIMMING WITH A HOLE IN MY BODY
    ecm, 1980
    bill connors (g).
    rec. august 1979, oslo.

    ein gitarrist mit schlechtem timing. in chick coreas return-to-forever hatte connors fusion-jazz-fans reihenweise in schockstarre versetzt, als er dachte, dass mit dem jazzrock würde sich bald erübrigen, und auf akustische gitarre umsattelte. als er wieder auf die großen bühnen zurückkam, fand er lauter erfolgreichere nachahmer vor. dokumentiert wurde sein akustischer output von ecm, eicher hat sich sehr spezifisch bewundernd über connors geäußert. die komplizierten voicings und die vielen akkordwechsel auf eher folkloristischer grundlage fallen hier etwas raus, aber ich finde das schon eine hohe kunst, wie connors hier zwischen melodieführung, fast dronigen arpeggien-sounds und akkordbegleitung wechselt. auch wie der kitsch immer wieder aufgefangen wird und alles sehr beweglich bleibt. ralph towner war natürlich die erste idee für diese gitarristentradition, aber tatsächlich höre ich dieses und das vorgängeralbum (THEME TO THE GAURDIAN, sic!) immer wieder sehr gerne, wogegen ich towner nur in selten momenten ertrage.

    13 |

    „the peacocks“ (jimmy rowles)
    thumbscrew: THEIRS
    cuneiform, 2018
    mary halvorson (g), michael formanek (b), tomas fujiwara (dm).
    rec. june 2017, pittsburgh

    mary halvorson durfte natürlich nicht fehlen. hier mit ihrer sehr fokussierten band thumbscrew, die 2018 ein doppelpack veröffentlicht hat: OURS mit eigen, THEIRS mit fremdkompositionen. vollresonanzgitarre mit aleatorischen, zuschaltbaren tonausbrüchen, die schwerelose jimmy-rowles-ballade „the peacocks“, die bis dahin ein pianisten-flirt war (bill evans!), aber eigentlich pygmäengesang zum vorbild hat und versucht, eine spezifische form des vokalisierens in westliche tonsprache zu transformieren. norma winstone hat daraus wiederum eine vokalversion gemacht, die auch sehr schön ist:

    --

    #11106809  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    den letzten teil der auflösung habe ich verloren, dumm gelaufen. stichpunktartig rekonstruiert.


    die auflösung, teil 2 – die aufnahmen.
    dirty lead guitar – jazzgitarre als theatralische performance (und eine coda).

    14 |

    „guitar works II“
    keiji haino: GUITAR WORKS I-VIII
    table of the elements, 1994
    keiji haino (g).
    rec. january 1994, tokyo

    liebt alte bluesmusik, kontrollfreak, das spiel mit überraschung, erwartung, attacke gehört zur gitarrenperformance, die dinghaftigkeit des instruments, mögliche andere kandidaten: oren ambarchi, arto lindsay, haino ist aber kompletter.

    15 |

    „new improved funk“
    george freeman: NEW IMPROVED FUNK
    groove merchant, 1974
    george freeman (g), bobby blevins (org), marion booker (dm), von freeman (ts), [leroy jackson, b; john young, p]
    rec. prob. 1972

    chicago-lokalheiliger, spielte 1951 mit charlie parker, orgeltrios (shirley scott, richard groove holmes), sun ra. ältester noch aktiver gitarrist im bft, letztes album 2017. von anfang an kein traditionalist, idiosynkratische spielweise, „weirdly right, not quite crude, but almost, while also being genuinely sophisticated“ (zitat).

    freeman mit parker (solo ab 5:54):

    freeman mit 90:
    https://www.youtube.com/watch?v=eimpUydqUsk

    16 |

    „stones….“
    larry coryell: FAIRYLAND („a place of delicate beauty and magical charm“)
    mega records/ flying durchman, 1971
    larry coryell (g), chuck rainey (b), pretty (d.i. bernard) purdie (dm).
    rec. 18.6.1971, montreux, switzerland

    schweinesolo auf technobeat, 1971er montreux-sensation, geburt des jazzrock (?). diverse gitarrenduelle (wahrscheinlich alle gewonnen), zu beginn auch mit konkurrent mclaughlin – coryell hatte das größere ego und den direkteren bezug zur jazzgitarrentraditionen („wes montgomery changed my life“). zeitlich von vielen falsch eingeordnet – gerade erst war die von hendrix bereitete bühne frei geworden. keine fans hier?

    17 |

    „gypsy blood“ (titel unklar)
    jimi hendrix: HEAR MY MUSIC
    comp., dagger, 2004
    rec. 22.2.1969, olympic studios, london

    experiment: hendrix in einem jazz-bft. aufs nötigste reduziert, ein paar licks verschiebend, allein im studio zwischen zwei auftritten in der royal albert hall, zwischen ELECTRIC LADYLAND und woodstock, nicht wirklich suchend. kein jazz, oder? auch mit larry young war es hendrix plus x, mit miles wäre es wohl auch so gewesen. hier der jam mit young:

    18 |

    „ode to a kudu“
    george benson: BEYOND THE BLUE HORIZON
    cti, 1971
    george benson (g), ron carter (b), clarence palmer (org), jack de johnette (dm), albert nicholson (per), michael cameron (per).
    rec. february 1971.

    nach durchbruch mit jack mcduff wurde das potenzial schnell von creed taylor erkannt: arrangement-veredelung, beatles-album, mitnahme zum neuen label cti. dort fehlte das geld für streicher, benson läd berühmte jazzer ein und spielt „so what“. und eine kleine ballade, vielleicht das schönste, was er je aufgenommen hat: orgel setzt aus, carter streicht nur in hohen lagen, dejohnette lässt die besen stecken. danach der durchbruch bei lipuma und warner, BREEZIN, mit anschwellenden ogerman-arrangements und vokalisierungen (unter jazzern verpönt). größter popstar der jazzgitarrengeschichte. der große hit – gar nicht schlecht!

    19 |

    „water flower medusa“ (mazurek)
    rob mazurek – jeff parker: SOME JELLYFISH LIVE FOREVER
    rogue art 2015
    rob mazurek (cor), jeff parker (g, effects)
    rec. 24.-27.5.2013, chicago

    nach testosteronausschüttung: postrock. parker geht zu tortoise, loopt seine trockenen linien, verliert aber nie den bezug zum aacm. hiphop und breakbeat und retrogitarre. diese erzählung ist erst post-jazzrock möglich. aktuelle möglichkeit zum weiterhören, chicago underground quartet, wieder mit mazurek:

    danke für’s mitmachen & lesen!

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    #11106833  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,945

    Danke fuer die tolle Zusammenstellung… Ellis/Byrd hab ich vorhin schon ein bisschen gehoert, einige andere sind auch noch faellig… Haino kenn ich tatsaechlich bislang nur dem Namen nach… ist ja auch eine eher grosse Diskografie… das sollte den Einstieg ja eigentlich erleichtern, tut es aber leider selten… wg dem Datum von New Improved Funk: Armin Buettner schreibt in seiner ‚Young‘ John Young Diskografie ‚probably 1972‘, mehr ist ws nicht drin…

    --

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    #11106913  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,549

    danke. hab schnell ergänzt.

    wer alles fehlt: jim hall, natürlich die ganzen anderen christianer (und er selbst!), und die orgeltrio-spezialisten. die postbopper: szabó, martino, galbraith. free: sharrock, cosey. die modernistischen akustiker: spencer barefield, michael jackson. die funk-spezialisten: kelvyn bell, reggie lucas, prince! und ein paar aktuelle: liberty ellman, miles okazaki, ava mendoza. vernon reid. arto lindsay. oren ambarchi. jean-paul bourelly. stanley jordan. billy bauer. john abercrombie, ralph towner, pat metheny. joe morris. und natürlich die brasilianer, von almeida bis nelson veras.

    das war lange drin, vinícius cantuária & arto lindsay:

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    #11106947  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,945

    Oren Ambarchi… den hab ich ja mit gypsy beim meteo in Mulhouse zweimal gesehen, und das war auch beide Male wirklich toll, aber ich habe es hinterher irgendwie nicht geschafft, Aufnahmen zu finden, die zu Hause wirklich funktionieren – womit wuerdest Du anfangen?

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    #11106979  | PERMALINK

    brandstand3000

    Registriert seit: 29.12.2016

    Beiträge: 222

    toller bft! vielen dank. die auflösung ist schon wieder ein kunstwerk für sich.

    über bernard purdie bei der #16 hab ich mich sicher schon gewundert, als du es mir zum ersten mal vorgespielt hast. der spielt sonst schon eleganter. und dass bass und drums hier später für steely dan spielen würden, würde man echt nicht annehmen. überhaupt ’71 in montreux so dreckig zu spielen, ist schon ganz schön frech :)

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    #11107115  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,139

    Tausend Dank für die tolle Zusammenstellung!

    #1 ist eine Überraschung, die LP kaufte ich damals auch, sie gefiel mir auch total gut, aber LPs höre ich ja bekanntlich selten und seit einem Jahr vorübergehend überhaupt nicht mehr … ich hatte die Scheibe hier im Visier heute Morgen – das wäre dann wohl eine Empfehlung für Dich @vorgarten, falls Du sie nicht auch kennst? Mir war heute Morgen nicht klar, dass Fewell auf der NoBusiness-Scheibe dabei ist, ging davon aus es gäbe nur eine mit Tchicai und ihm:

    Was die erste Leerstelle angeht: weshalb denn erst Billy Bauer? Charlie Christian kommt in Deinen Kommentaren nur als Negativbeispiel, von dem man sich abheben sollte vor – das ist jetzt sicher zu plakativ gesagt, aber das wäre schon die erste grosse Leerstelle, oder? Und es gab ja auch davor schon ein paar tolle Leute, Eddie Lang vor allem:

    Aber auch George Van Eps, und dann – wohl oder übel – Les Paul.

    Aber klar, Billy Bauer ist toll, aber ein Tristano-Stück wäre hier sofort „aufgeflogen“, als Leader hat er ja leider soweit ich weiss wirklich nur „The Plectrist“ aufgenommen?

    #2 – Monette Sudler also … der Track bzw. besodners ihre Gitarren-Licks haben sich mir dermassen ins Ohr geschlichen, dass ich inzwischen meine, die Aufnahme zu kennen. Das ist aber definitiv nicht der Fall. Es war übrigens ihr Gitarrensound, der mich zeitlich so falsch raten liess – ev. hat aber auch der saubere Steeplechase-Sound (ein Anknüpfungspunkt an meinen BFT) was damit zu tun?

    #3 – mit den Prime Time-Alben habe ich ja auch – wenigstens teils – mein Plastic-Sound-Problem … nehme seit Jahren immer wieder Anläufe, bin immer wieder begeistert, aber bleibe dann doch nie dran. Muss ich mal mit der gebotenen Ruhe und Zeit verfolgen (und dann auch mal zu Ulmer abschweifen, „Tales of Captain Black“ gehört ja zu den Alben eh mit dazu).

    #4 – James Blood Ulmer – warum es keinen Thread gibt? Die Gitarristen-Threads krieg ich nicht auch noch alleine hin, solange alle nur Bildchen in den Hörfaden stellen, ist das halt so … ;-) – das mit Ulmer vs. Benson ist eigentlich verrückt, oder? Dabei hatte zumindest Miles doch in aller Regel ein gutes Händchen. Bei Montgomery könnte man etwas böse behaupten, dass der Erfolg grösser wurde im gleichen Mass, wie die Musik schlechter – aber das ist dann ja nur die Musik um ihn herum, sein Spiel bleibt in der Regel astrein, aber das reicht mir bei den Verve-Alben schon nicht mehr, die höre ich alle paar Jahre mal und dann ist wieder gut (die Live-Aufnahme mit Wynton Kelly und die Alben mit Jimmy Smith auch etwas öfter).

    #5 – Billy Hart bzw. Bill Frisell – das ist ja tatsächlich ein irres Line-Up! Das Album hatte ich noch nie gesehen … muss ich wohl auch nicht haben, aber die Band ist schon bemerkenswert, auch vor dem Hintergrund der Diskussion über die Szenen/Revivals, von denen wir es vor ein paar Wochen hatten!

    Das Bild am Ende wird übrigens nicht angezeigt, und #6 heisst dann „7“

    #6 – Bin ja immer noch ein klein wenig stolz, dass ich den Track hier erkannt hab … muss mich den Aufnahmen von Harriet Tubman mal widmen, denn das ist definitiv einer der Tracks, der bei mir sehr gewachsen ist! Ross lernte ich von den Aufnahmen mit Cassandra Wilson kennen – und die viel zu vielen Leute auf den Alben (ich hab „Blue Light ‘Til Dawn“ und“New Moon Daughter“ zeitgleich kennengelernt) habe ich damals (späte der 90er, bei „Travelling Miles“ war ich dann zeitnah dran bzw. kaufte die CD wohl ca. ein Jahr nach ihrem Erscheinen, als sie in die Grabbelkiste wanderte) nicht einschätzen können, sie haben mich aber auch nicht so angesprochen damals, ich mag bis heute Alben mit dauernd wechselnden Line-Ups nicht so gerne, ich will Zeit haben, den Leuten zuzuhören, nicht da mal etwas Graham Haynes und dort zwei Trompetensoli von Olu Dara (der sich mir da aber noch am ehesten eingebrannt haben dürfte) … da merk‘ ich wohl, dass ich mich quasi mit Jazz selbst musikalisch sozialisiert habe und nie die Song-Fixierung kannte, die hier im Forum ja ausserhalb der Jazz-Ecke auch sehr verbreitet ist. Und einigen, die hier dabei sind, auch nicht fremd … gerade sowas wie „da ist der eine Benson-Track, den ich richtig gut finde“ würde mir aber eben genau deshalb nicht passieren, weil ich mit dem Album gar nicht so viel Zeit verbringen würde, als dass ich den Track entdeckte. 20 Sekunden Track 1 – bäääh, ist das seicht; 10 Sekunden Track 2 – okkkayyy; 20 Sekunden Track 3 – hm, schon etwas besser aber … – CD aus dem Player, Blue Note-Klassiker rein – und klar ist, wohin mein Taschengeld geht :-) – das soll jetzt alles bitte nicht als wertend gelesen werden, ich staune nämlich oft genug darüber, wie andere, gerade Du @vorgarten, anders hören und anders zu hören vermögen als ich.

    #7 – hier finde ich ja krass, wie sehr Betts und Deppenschmidt (woher wohl der Name stammt? hiess die Familie früher mal Messerschmidt oder so?) einen signature sound geprägt haben zusammen mit Charlie Byrd. Oder wie sehr ich den Sound von „Jazz Samba“ usw. einfach im Ohr habe? Ich weiss das gerade nicht zu entscheiden … daher rührte ja auch die Brasilien-Assoziation, die ja auch mindestens jemand weiteres noch hatte.

    Und ja, wo wir hier bei Herb Ellis sind, ich hatte ja bereits eine Lanze für seinen Vorgänger im Oscar Peterson Trio, Barney Kessel gebrochen, den ich wirklich super finde (aber deshalb jetzt auch nicht besonders eifrig ins Regal stellen würde, seine Contemporary-Alben sind mir zu konzipiert und teils auch zu sehr Flickwerk) – z.B. seine paar Beiträge auf dem ersten Imperial-Album von Sonny Criss (dafür gab ich auch mein Taschengeld aus … 2000 kam die Doppel-CD in der Connoisseur Series von Blue Note, da war ich dann schon an der Uni):

    #8 – bei Django lag ich ja ziemlich daneben – aber ich hatte diese späten Sachen überhaupt nicht mehr im Ohr, hab mich an denen nie wirklich festgehört (auf der letzten Session machte dann ja Martial Solal sein Debut im Plattenstudio … die lief vor ein paar Jahren wieder, auf der Suche nach einem Klaviersolo für eine StoneFM-Sendung über Solal, aber daran erinnerte ich mich auch nicht). Mal chronologisch/integral Django hören ist so ein Projekt … hier nennst Du dann ja Christian (mit Autokorrektur?) quasi als Gegenspieler. Wenn ich zu meinem ersten Kommentar zurückgehe – wo ich eher sowas wie den Gitarristen von Bob Wills oder irgend einen Gitarrenhelden, der halt für einmal jetzt gerade Jazz spielt erwartet hätte – würd ich mal behaupten, dass ich da einen Unterschied festmachte, der wohl darin liegt, dass Django eben auch für meine diesbezüglich ungeschulten Ohren quasi die totale Gitarre spielt, das Instrument in jeder Hinsicht erfasst, versteht, durchsteigt und das alles mit viel Gusto auskostet. Und das ist natürlich was vollkommen anderes als wenn Grant Green einen ganzen Blues-Chorus mit einem Ton bestreitet, klar (das höre dann sogar ich ;-) )

    #9 – Mary Osborne … ist das ganze Album so schön? Es gibt ja eine Compilation él/Cherry Red (Bootleg, nehme ich an? ich wurde bezüglich des Labels mal korrigiert, da ging es aber nicht um Jazz, wo ich immer noch stark die Vermutung von Piraten-Reissues habe, auch wenn die paar, die ich habe, sicherlich zu den verdienstvolleren zählen).
    https://www.discogs.com/Mary-Osborne-A-Girl-Her-Guitar/release/7521503

    #10 – wo wir beim Einfluss und bei den Lyrikern sind: ich vermute eigentlich schon lange, dass Jim Hall wahnsinnig einflussreich war – von Metheny bis Frisell irgendwie … der fehlt hier auch und sein Name fiel auch nie, wenn mich nicht alles täuscht? Ich erkannte Wes Montgomery ja auch erst beim zweiten Anlauf, habe aber die Aufnahmen mit den Brüdern rausgelegt und das eine oder andere auch schon wieder angehört (die CD ist in diesem Fall tatsächlich sehr aufgeräumt, klanglich).

    #11 – da sind wir in der Ecke, die mich damals überhaupt nicht ansprach … wobei Eubanks mir völlig unbekannt blieb, die CDs standen hier nicht (mehr?) in den Läden, aber es gab diese eine von Stanley Jordan, die mich aber damals nach dem oben erwähnten Schema (das massiv zugespitzt ist, ich sass schon als Teenager ganze schulfreie Nachmittage im Laden und hörte in CDs rein, wobei eigentlich galt maximal drei, weil oft nicht genügend Player vorhanden waren und die Leute dann anstehen mussten … die erste grosse Entscheidung fiel also schon vor dem Reinhören, aber im Lauf der Jahre hatte ich das Sortiment der Läden dann wohl ziemlich durch und eben auch mal die Stanley Jordan angetestet … dass Kent Jordan (den ich noch schlechter kenne) sein/ihr Bruder ist, wusste ich nicht.

    Wenn ich damals sowas hörte (das war das Album, das noch im Sortiment war), stellte ich nach den Synthesizer-Fanfaren ab, mit denen der Track beginnt (den Bass hätte ich damals aber toll gefunden, hätte aber auch nicht geholfen bei dem Gesamtklangbild):

    #12 – Bill Connors … ich hab’s ja geschrieben, die Solo-Alben gefallen mir auch sehr, aber sie liefen schon bevor der Plattenspieler ausstieg ein paar Jahre nicht mehr, daher konnte ich nicht nachprüfen, ob er es wirklich ist … definitiv eine hohe Kunst, und auch für mich eine, die mehr anspricht als Towner solo (da müsste ich aber „Batik“ und „Solstice“ mal wieder anhören, davon habe ich die Touchstones-CD-Ausgaben, geht also jederzeit … von den Solos blieb hier nur ein Zufallskauf hängen, „Solo Concert“, die da wohl gemeinhin nicht zu den besten gezählt wird). Connors als Sideman habe ich wohl bloss zweimal, „Love Love“ und „Places“ – die Garbarek aber auch wieder als LP, und Garbarek mag ich wohl so alle 10 Jahre hören (und wenn es zum nächsten Mal so weit ist, liegt seit ein paar Jahren schon „Nude Ants“ bereit). Mit Coreas RTF-Band hatte ich das oben schon geschilderte Problem (aber ich glaub das Zeug, was überall herumlag, war dann mit John Di Meola, den ich immer grauenvoll fand).

    #13 – Jimmy Rowles ist ja auch so ein seltsamer Vogel, den ich lange nicht begriff, aber inzwischen doch im allgemeinen sehr schätze, wenn er als Begleiter auftaucht … „The Peacocks“ – da ist das hier „meine“ Version, die mit Rowles und Stan Getz:

    #14 – Keiji Haino (diesmal korrekt geschrieben, pardon) – bitte um Empfehlungen, dringend! Und gerne auch eine oder zwei dabei, die auch zu finden sind, falls das möglich ist :-)

    #15 – George Freeman … „New Improved Funk“ ist bei mir noch eine Lücke, „Birth Sign“, „Franticdiagnosis“ (LP, letzten Sommer in den niederen Landen gekauft, entsprechend noch gar nie gehört) und jüngst „Man and Woman“ sind da – und natürlich ein paar Sideman-Sachen (Griffin, Ammons, Groove Holmes) und die musikalisch phänomenale aber klanglich ja eher schwer hörbare Session mit Charlie Parker selbstverständlich auch.

    Danke für das verlinkte späte Filmchen mit „I Can’t Get Started“ – schön!

    Der guten Ordnung halber hier noch Von Freeman mit seiner Ryhtmusgruppe, da stehen dann auch die Namen drunter:

    #16 – Larry Coryell … nein, bisher kein Fan, was ber auch an mangelnder Exposure liegen mag. Da ist nur „Barefoot Boy“. Womit sollte ich denn weiter machen?

    #17 – Jimi … wie konnte ich daran denn zweifeln? Sehr schönes kurzes Solo, und wir hatten’s ja davon schon: klar gehört er da mit rein! Leider scheint es das Stück auf den gängigen (MCA/Sony/Experience Hendrix) Releases, die hier ziemlich komplett stehen, nicht zu geben, in die Untiefen von Dagger stieg ich nie hinab, Prioritäten setzen fällt mir ja schon so genug schwer ;-)

    #18 – George Benson … da bin ich halt genau der Jazzer, der denkt: was für eine Verschwendung! Und das denke ich halt immer noch (aber sage es im Gegensatz zu früher nur noch laut, wenn ich auch gefragt werde), wenn ich den „Hit“ anhöre … da spricht mich einfach wirklich nichts an, weder Song noch Arrangement noch Sound des Ganzen. Zwischendurch ist allerdings Harvey Mason am Schlagzeug ja fast zu erkennen, danach nimmt das Geschepper wieder überhand … ich glaub Benson steht leider wirklich für ganz vieles, was ich eigentlich nie hören will. „Beyond the Blue Horizon“ und „Bad Benson“ gehören übrigens auch zu den Alben, die ich quasi wegen ihres hartnäckigen Vorhandenseins irgendwann mal angespielt habe … jetzt läuft von ersterem gerade „So What“, aber auch da bin ich leider sehr schnell raus, bei allem Respekt vor Carter und DeJohnette, das funktioniert nicht bzw. macht mich grad kirre, bin zu müde für sowas, auch wenn DeJohnette dann endlich in einen swingenden 4/4 fällt, das ist so wahnsinnig nach vorn, dass ich, wie man hier sagt, davon stigelisinnig zu werden drohe :-) – das Gitarrensolo ist dann allerdings schon ganz gut, aber dann wieder DeJohnettes Aktionismus drunter/drüber/rundherum … die Übergänge, das wirkt alles überhaupt nicht organisch aber auch nicht irgendwie so, dass ich denken würde: wow, toll gemacht.
    (McDuff übrigens, glaub mit McGriff hatte Benson nie zu tun, hätte aber später dann wohl besser gepasst, der war ja auch nicht immer stilsicher ;-) )

    #19 – Rob Mazurek … mit oder ohne Jeff Parker, da muss ich ja endlich mal tiefer einsteigen. Bin ich ja dran, aber das geht halt sehr langsam voran.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11107161  | PERMALINK

    vorgarten

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    redbeansandriceOren Ambarchi… den hab ich ja mit gypsy beim meteo in Mulhouse zweimal gesehen, und das war auch beide Male wirklich toll, aber ich habe es hinterher irgendwie nicht geschafft, Aufnahmen zu finden, die zu Hause wirklich funktionieren – womit wuerdest Du anfangen?

    ist jetzt natürlich die frage, was bei wem zuhause funktioniert. ich kenne ambarchis polymorphes werk natürlich nur ausschnittsweise, und gitarre wird da sehr speziell als ein sound unter vielen eingesetzt, aber so seit 2 jahren finde ich da immer was, was für mich auf jeden fall zuhause sehr gut funktioniert.

    erste entdeckung war HUBRIS, mit 2 schlagzeugern, elektronikern, synthspielern und ambarchi und lindsay auf gitarre:

    die sachen auf editions mego habe ich dann ein bisschen weiterverfolgt, das duo mit jim o’rourke (BEHOLD) ist ganz toll – aber das ist halt auch ein ambientmäßig zusammengebautes tongebilde, das sehr flächig bleibt, aber wo immer was spannendes passiert.

    es gibt auch sachen mit ambarchis gitarre in einem eher-technoaffinen umfeld, z.b. auf dem ostgut-ableger a-ton:
    https://a-ton.bandcamp.com/album/panama-suez

    ambarchi, o’rourke und haino gibt es natürlich auch als trio, davon kenne ich vor allem die aktuellste aufnahme besser:

    (da spielt ambarchi meistens drums und o’rourke bass.)

    was jazziger funktioniert (und die habt ihr auch live gesehen, oder?) ist das duo mit will guthrie – KNOTTING ist ein knapp 30-minütiger drone-exzess, live, fängt ganz leise an und steigert sich dann ins unermessliche:

    und total faszinierend fand ich zuletzt noch das trio von ambarchi, o’rourke und der japanischen sängerin phew, das kann man aber nicht nebenher hören:

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    #11107167  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Wo ist das auf dem unteresten Cover?

    Ambarchi/Gurthrie gab’s ja in Mulhouse auch:

    Meine Erinnerung täuscht mich aber nicht, ich fand sein Solo-Set noch besser:

    Météo – Mulhouse Music Festival 2017 – 23.-26. August
     
    JEUDI 24 AOÛT

    OREN AMBARCHI / WILL GUTHRIE – Den Abschluss machte Oren Ambarchi, der hinter einem Tisch voller Utensilien sass, so dass man seine Gitarre kaum sehen konnte, im Duo mit dem Schlagzeuger Will Guthrie (noch zwei Australier übrigens). Ambarchi war sicherlich eine der Entdeckungen des Festivals, obwohl ich nicht weiss, ob ich ihm nachgehen werde, ob ich seine Aufnahmen, so sie denn mit den beiden gehörten Sets zu vergleichen sind, daheim anhören würde. Jedenfalls gab das – um Unterschied zum ersten Duo des Abends – eine tolle Mischung. Er bearbeitete seine Gitarre, loopte, nutzte Delays, hatte neben einem grossen Verstärker auch einen Leslie dabei, wie er üblicherweise für die Hammond Orgel genutzt wird, was dann eine Art Gitarren-Orgel-Sound erzeugte. Das war alles sehr experimentell, erschloss neue Räume und war irgendwie auch das pure Gegenteil zu Orcutt, mit dem der Tag begonnen hatte. Der Abend lief nach einem ähnlichen Schema ab wie der erste: in der Mitte der Free Jazz (wenngleich von völlig anderer Sorte), davor und danach zwei irgendwie vergleichbare und ähnlich besetzte Formationen.
    Fazit: * * * *
     
    VENDREDI 25 AOÛT

    OREN AMBARCHI SOLO – Nach dem tollen Schlusspunkt vom Vorabend war es klar, dass wir auch zum Solo-Set von Ambarchi gehen würden. Der fand um 16:00 im viel zu eng bestuhlten Entrepôt statt, wo er auf der Bühne wieder seine ganzen Utensilien auf dem Tisch ausgebreitet hatte, hinter dem er Platz nahm. Das klanglich erneut höchst inspirierende Solo-Set gefiel mir alles in allem wohl noch eine Spur besser und war von den Gittarreien wohl der Höhepunkt, auch wenn für mich das Solo-Set von Orcutt doch am schönsten war. Jedenfalls war damit die anfänglich leichte Skepsis wegen des Gitarrenschwerpunkts endgültig verflogen.
    Fazit: * * * *1/2

    http://forum.rollingstone.de/foren/topic/2017-jazzgigs-konzerte-festivals/page/6/#post-10258247

    Und nachgegangen bin ich ihm dann tatsächlich nicht …

    --

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