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friedrichDen Zusamenhang zwischen Bossa Nova und Blues müsste man mal untersuchen, zwischen „saudade“ und „blue“.
das ist wohl sehr komplex. die portugiesische „saudade“ wurde sicherlich auf kolonialwegen auch nach brasilien exportiert, aber die bossa nova sollte daraus eigentlich ein musikalischer ausweg sein. in den 1950ern war das „samba-canção“, also quasi das samba-chanson (für das z.b. elizete cardoso, die sängerin des orfeu-soundtracks, steht) voller verzweiflung, pathetischem herzschmerz und schlechter laune. gerade im gegensatz dazu erklärt man sich den erfolg der musik von jobim, moraes & gilberto, die eine neue leichtigkeit in die brasilianische musik gebracht haben – „chega de saudade“ ist insofern ein programmatischer titel: raus aus der saudade.
das spezifisch afroamerikanische „feeling blue“ ist sicherlich in brasilien irgenwie präsent, aber die samba geht in eine andere richtung als der blues, hat eine andere energie, eine andere instrumentierung, ist kollektiver und hat einen verwandten, aber dann doch verschobenen spirituellen hintergrund (ohne mich da jetzt allzu weit aus dem fenster lehnen zu können).
die bossa selbst war in brasilien nur kurz in der „reinform“ präsent, als GETZ/GILBERTO in den usa erschien, hatte das militär in brasilien sich bereits an die macht geputscht – übrigens mithilfe des cia – und die bossa-protagonist_innen haben erstmal das weite gesucht. aber auch vorher kann man eine politisierung der bossa feststellen, werden die rhythmen härter, die texte schärfer. wie beim „orfeu“ steht auch hier ein musical für diese veränderungen, das kurz nach dem putsch noch uraufgeführt wurde: „opinião“, mit nara leão und später maria bethania in der hauptrolle. und mit den tropicalistas wird die musik auch schwärzer (und gleichzeitig rockiger). das ist eine einzige große hybride wundertüte. gilberto haut ja eigentlich schon portugiesische saudade mit einer übersetzung afrobrasilianischer rhythmen in minimalgitarrenbegleitung zusammen, plus debussy & sinatra, „beschwerte leichtigkeit“ trifft es in der tat sehr gut. und ein afrobrasilianer wie milton nascimento hat mehr saudade in seiner stimme als alle weißen sänger zusammen. „offiziell“ wollten sie aber eigentlich alle eine neue lebensfreude vermitteln und keinen kult mehr um die traurigkeit machen.
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Werbungsehr interessante erläuterungen, @vorgarten. sehr gerne gelesen. auch deine ausführungen zum theaterstück von moraes & jobim fand ich klasse. dies ist zuzeit der für mich informativste thread des forums.
gypsy-tail-wind
Der Vater liess den Familiennamen in „Evans“ wechseln. Wer will schon „der aus dem Lumpenkaff“ heissen … das mit dem New Age dürfte bei ihm so schlüssig sein wie bei Jimmy Giuffre. Natürlich kann mir das gestohlen bleiben, aber als musikalische Entwicklung – so schmerzhaft dieses Eingeständnis sein mag – leuchtet es schon ein. Aber in den 90ern hatte es sich spätestens wieder gefangen (gerade wie Giuffre) und es gibt ein paar sehr schöne späte Aufnahmen von ihm. Davon ab: Ich stelle mir ja auch Vieles ins Regal, aber die geschilderten Motive werde ich zeitlebens vehement ablehnen – gerade weil sie zu solcherart absurden Verzerrungen führen, wie Du sie schilderst. Ich bin gerne selbst verantwortlich für meine Bildungslücken und auf „Kult“ werde ich, pardon, ebenso zeitlebens mit grosser Verve scheissen.Erst Huddleston, dann Evans und den – äh … – richtigen Namen werden wir am Ende auch noch verraten.
NIEMALS würde ich Dir, @gypsy-tail-wind, unterstellen, dass Du Dir etwas aus Poser-tum ins Regal stellst! Btw.: Ich selbst habe übrigens eine Sun Ra-Singles Box im Regal stehen, aber nicht dieses stylische Ding von 2016, sondern die alte Ausgabe auf Evidence von 1996. Besonders oft gehört habe ich das aber nicht, denn das ist echte eine Herausforderung.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)vorgarten
friedrichDen Zusamenhang zwischen Bossa Nova und Blues müsste man mal untersuchen, zwischen „saudade“ und „blue“.
das ist wohl sehr komplex. die portugiesische „saudade“ wurde sicherlich auf kolonialwegen auch nach brasilien exportiert, aber die bossa nova sollte daraus eigentlich ein musikalischer ausweg sein. in den 1950ern war das „samba-canção“, also quasi das samba-chanson (für das z.b. elizete cardoso, die sängerin des orfeu-soundtracks, steht) voller verzweiflung, pathetischem herzschmerz und schlechter laune. gerade im gegensatz dazu erklärt man sich den erfolg der musik von jobim, moraes & gilberto, die eine neue leichtigkeit in die brasilianische musik gebracht haben – „chega de saudade“ ist insofern ein programmatischer titel: raus aus der saudade.
das spezifisch afroamerikanische „feeling blue“ ist sicherlich in brasilien irgenwie präsent, aber die samba geht in eine andere richtung als der blues, hat eine andere energie, eine andere instrumentierung, ist kollektiver und hat einen verwandten, aber dann doch verschobenen spirituellen hintergrund (ohne mich da jetzt allzu weit aus dem fenster lehnen zu können).
die bossa selbst war in brasilien nur kurz in der „reinform“ präsent, als GETZ/GILBERTO in den usa erschien, hatte das militär in brasilien sich bereits an die macht geputscht – übrigens mithilfe des cia – und die bossa-protagonist_innen haben erstmal das weite gesucht. aber auch vorher kann man eine politisierung der bossa feststellen, werden die rhythmen härter, die texte schärfer. wie beim „orfeu“ steht auch hier ein musical für diese veränderungen, das kurz nach dem putsch noch uraufgeführt wurde: „opinião“, mit nara leão und später maria bethania in der hauptrolle. und mit den tropicalistas wird die musik auch schwärzer (und gleichzeitig rockiger). das ist eine einzige große hybride wundertüte. gilberto haut ja eigentlich schon portugiesische saudade mit einer übersetzung afrobrasilianischer rhythmen in minimalgitarrenbegleitung zusammen, plus debussy & sinatra, „beschwerte leichtigkeit“ trifft es in der tat sehr gut. und ein afrobrasilianer wie milton nascimento hat mehr saudade in seiner stimme als alle weißen sänger zusammen. „offiziell“ wollten sie aber eigentlich alle eine neue lebensfreude vermitteln und keinen kult mehr um die traurigkeit machen.Das war eigentlich nur so ein Gedanke von mir, als ich merkte, wie sich im Mix (Prä-)Bossa und Blues via Jazz vermischen und beidem eine gewisse Traurigkeit innewohnt. Weltschmerz, aber in jeweils anderer kultureller Ausprägung. Thx @vorgarten für die Ausführungen!
Nächstes mal dann ein BFT mit Tropicalia und zeitgenössischem Jazz?
Ich löse in den nächsten Tagen mal auf, okay?
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)wahrsehr interessante erläuterungen, @vorgarten. sehr gerne gelesen. auch deine ausführungen zum theaterstück von moraes & jobim fand ich klasse. dies ist zuzeit der für mich informativste thread des forums.
dass ich darauf so einsteige, ist ein bisschen zufall, weil ich in den letzten wochen wieder verstärkt brasilianische musik höre. vorher war ich lange zeit gar nicht mehr in der ecke unterwegs, aber das kommt anfallartig immer wieder. mir ist diese allesfresser-kultur sehr sympathisch, vor allem, weil sie da immer wieder einen ganz eigenen ausdruck findet. und es am ende eben doch eine musikgeschichte aus vielen großartigen individualist_innen ist. und wer einmal erlebt hat, wie irgendwo an der küste zwischen rio und são paulo ein ganzes dorf leise zur begleitung einer drittklassigen band im quasi-dunkeln „a felicidade“ mitsummt, weiß, dass es ein ganz besonderes volk sein muss, das sich auf solche lieder einigen kann.
friedrich
Nächstes mal dann ein BFT mit Tropicalia und zeitgenössischem Jazz?mmhh, beides wäre nicht unbedingt meine erste wahl. eigentlich habe ich einen reinen 50er-jahre-bft im auge (was für mich eine große herausforderung wäre), zum anderen habe ich seit bft#1 eine idee, die ich eventuell später im jahr tatsächlich mal umsetzen könnte.
echt jetzt, auflösen? was ist denn mit @redbeansandrice und @udw und @clasjazz? und warum macht eigentlich @soulpope nie mit?
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vorgarten
friedrich
Nächstes mal dann ein BFT mit Tropicalia und zeitgenössischem Jazz?mmhh, beides wäre nicht unbedingt meine erste wahl. eigentlich habe ich einen reinen 50er-jahre-bft im auge (was für mich eine große herausforderung wäre), zum anderen habe ich seit bft#1 eine idee, die ich eventuell später im jahr tatsächlich mal umsetzen könnte.
War’n Scherz! Habe den Smiley nachträglich noch gelöscht.
echt jetzt, auflösen? was ist denn mit @redbeansandrice und @udw und @clasjazz? und warum macht eigentlich @soulpope nie mit?
Ich warte gerne, wenn da noch was kommt. Als groben Termin für die Auflösung würde ich dann mal das kommende Wochenende anpeilen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Will überhaupt nicht drängeln aber mein BFT ist wohl bereit … wird viel Musik – ca. 80 Minuten plus Bonus mit 7 Tracks, die nochmal fast 100 Minuten lang sind – teils nahm ich dabei aber extra die kurzen Tracks, teils gerade nicht, aber der eigentliche BFT wird recht klassisch daherkommen – und natürlich Bezüge zum Bonus haben, klar… bei letzterem besonders erwarte natürlich ich selbstverständlich nur klassische Bildbeschreibungen, von links oben nach rechts unten )
Aber erstmal warte ich gespannt auf die Auflösung.
Für die Blues/Saudade-Diskussion bin ich nicht qualifiziert (und das Tippen am Smartfon macht mich fertig) – aber: gibt es nicht jenseits von stilistischen Eingrenzungen eine Art anthropologische (das Blöd
vphffonwördderpuck kennt skandalöserweise nur: anthroposophisch!) Konstante hin zum Traurigen in der – halbwegs – genuinen Volksmusik, der traditionellen, fast egal, wohin man schaut? Klar, da ist due Diskussion dann viel weniger interessant und spezifisch und vielleicht gar nicht mehr sinnvoll, aber vom traditionellen Deltablues der Zwanziger zu alter Volksmusik aus dem Alpenraum könnte man gewiss ein paar Bögen schlagen – vielleicht nicht was die Pentatonik betrifft, aber mit der kommt man wiederum durch hslb Afrika und halb Asien und natürlich zum Blues … aber zum Fado oder nach Brasilien eben auch eher nicht, oder?(Sorry für die wohl horribilen und zahlreichen Tibbvehlär.)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaOK, DEN TROPICALIA BFT MACH ICH DANN! :))
der blues und die bossa… das könnte ein schöner liebesfilm sein. der ungeschliffene arbeiterjunge und die sophisticated internatsschülerin. vielleicht hätte er ihr gegenüber minderwertigkeitskomplexe, und ihre freundinnen würden intrigieren um die beiden auseinander zu bringen…
zu @vorgarten wollte ich sagen, dafür, dass sie raus aus der saudade wollen, sind sie aber immer noch wahnsinnig melancholisch. aber ich höre gerade alten joão gilberto und er ist doch sehr fröhlich. nur eben so wahnsinnig zart und über-sophisticated. herrlich. and don’t get me started on nascimento and MPB…
und @gypsys einwurf über die traurigkeit der volksmusik gefällt mir. vielleicht weil volksmusik nach einem harten arbeitstag gesungen wurde, um sich darüber zu erheben und damit klarzukommen.
aber bei musikantenstadl und polka haut das dann nicht mehr hin…
und bossa nova würde ich dann doch nicht als volksmusik bezeichnen. dafür ist sie mir zu urban und modern. sie ist eher sehr guter pop, oder? interessant an bossa nova finde ich auch, dass sie wie der jazz eine interpreten-kultur ist. alle spielen die selben standards…und ich freue mich schon auf gypsys monumental-bft!
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gypsy-tail-windWill überhaupt nicht drängeln aber mein BFT ist wohl bereit … wird viel Musik – ca. 80 Minuten plus Bonus mit 7 Tracks, die nochmal fast 100 Minuten lang sind – teils nahm ich dabei aber extra die kurzen Tracks, teils gerade nicht, aber der eigentliche BFT wird recht klassisch daherkommen – und natürlich Bezüge zum Bonus haben, klar…
Insgesamt 3 Stunden Musik: Für mich too much! Aber ich bin wg. Urlaub sowieso bei diesem BFT draußen.
Aber erstmal warte ich gespannt auf die Auflösung.
Die liefere ich vereinbarungsgemäß und dann erfährst Du auch das – vermutlich – einzige Stück, das Du nicht identifizieren konntest.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)brandstand3000OK, DEN TROPICALIA BFT MACH ICH DANN! :))
dachte ich mir schon aber erst mal sind wir gespannt auf das bft-epos, egal ob das rein in die traurigkeit oder raus aus der traurigkeit führt. beim apérol spritz weiß ich das persönlich ja auch nie.
was anthroposophisch/phagische konstanten angeht, glaube ich ja, dass es in der volksmusik im engeren sinne immer darum geht, hardship und traurigkeit zu beschwören und gleichzeitig den weg, der daraus herausführt, als bewältigungsmuster in und über musik sozusagen. wie ja auch das beherrschen von verschiedenen rhythmischen ebenen (im spiel, im tanz) immer auch ein ausweis dafür sein soll, wie man mit problemen klar kommt, spannung aushalten kann etc.
was aber eben auch interessant ist, sind die unübersetzbarkeiten von „saudade“, „weltschmerz“, „blue“ usw. – was ja wiederum dafür spricht, dass jede kultur eine sehr spezifisch eigene form der traurigkeit kennt.
und bossa nova ist auf jeden fall pop, keine frage – und eine musik, die standards, individualisten, göttinnen und diven produziert hat – auf der grundlage eines materials, dass dort einfach jede(r) kennt – also irgendwie volksmusik und starkult zugleich.
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vorgarten
was anthroposophisch/phagische konstanten angeht, glaube ich ja, dass es in der volksmusik im engeren sinne immer darum geht, hardship und traurigkeit zu beschwören und gleichzeitig den weg, der daraus herausführt, als bewältigungsmuster in und über musik sozusagen. wie ja auch das beherrschen von verschiedenen rhythmischen ebenen (im spiel, im tanz) immer auch ein ausweis dafür sein soll, wie man mit problemen klar kommt, spannung aushalten kann etc.
was aber eben auch interessant ist, sind die unübersetzbarkeiten von „saudade“, „weltschmerz“, „blue“ usw. – was ja wiederum dafür spricht, dass jede kultur eine sehr spezifisch eigene form der traurigkeit kennt.
und bossa nova ist auf jeden fall pop, keine frage – und eine musik, die standards, individualisten, göttinnen und diven produziert hat – auf der grundlage eines materials, dass dort einfach jede(r) kennt – also irgendwie volksmusik und starkult zugleich.äh, stimmt. so ungefähr wollte ich das schreiben bzw. ist es richtiger.
:) <3--
aber musikantenstadl und mallorca-schlager bleiben ein großes deutsches verbrechen. und zwar ein verbrechen, wie man es in dieser extremität kaum von einer anderen nation kennt, oder? ;)
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das sind halt andere strategien, die vorgeben, dass es gar keine traurigkeit gibt oder dass ihre bloße erwähnung ein verbrechen ist.
aber auch das gibt es in brasilien, auch wenn es eine andere qualität hat. das hier z.b. hat mich einen sommer lang in den wahnsinn getrieben (auf den kapverden, wo ich damals war, wurden kurzerhand wahlkampfsongs daraus gemacht):
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vorgarten
(…) was anthroposophisch/phagische konstanten angeht, glaube ich ja, dass es in der volksmusik im engeren sinne immer darum geht, hardship und traurigkeit zu beschwören und gleichzeitig den weg, der daraus herausführt, als bewältigungsmuster in und über musik sozusagen. wie ja auch das beherrschen von verschiedenen rhythmischen ebenen (im spiel, im tanz) immer auch ein ausweis dafür sein soll, wie man mit problemen klar kommt, spannung aushalten kann etc. was aber eben auch interessant ist, sind die unübersetzbarkeiten von „saudade“, „weltschmerz“, „blue“ usw. – was ja wiederum dafür spricht, dass jede kultur eine sehr spezifisch eigene form der traurigkeit kennt. (…)Das wollte ich damit andeuten, indem ich die Worte Blues, saudade und Weltschmerz in ein und demselben Satz unterbrachte. Alles eine Form von Traurigkeit oder ein Ausdruck davon, jeweils anders kulturell geprägt und jeweils nicht ohne weiteres sprachlich oder in anderer Form übersetzbar. Da sind wir bei kulturellen Unterschieden und ggf. kulturellen Missverständnissen.
Gestern saß ich bei geöffneten Fenster im Büro, auf der Straße fuhren Autos mit offenem Fenster und aufgedrehter Stereoanlage vorbei. Da hörte man James Brown (was bei mir sofort Zuckungen auslöste) und kurz danach offenbar arabische oder türkische, für mich dudelige Musik (die ich als exotisch empfand und die mich emotional weniger berührte). Da dachte ich auch: Was für unterschiedliche Gefühlshaushalte die Urheber und die Hörer dieser Musik wohl haben? Nur so’n Gedanke ..
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich
Da hörte man James Brown (was bei mir sofort Zuckungen auslöste) und kurz danach offenbar arabische oder türkische, für mich dudelige Musik (die ich als exotisch empfand und die mich emotional weniger berührte). Da dachte ich auch: Was für unterschiedliche Gefühlshaushalte die Urheber und die Hörer dieser Musik wohl haben? Nur so’n Gedanke ..meine idee: beide autos halten nebeneinander und das geht wunderbar zusammen:
und, especially for @brandstand3000, wegen disco:
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Schlagwörter: Blindfold Test, Jazz
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