100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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  • #12485787  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    88

    THE OLATUNJI CONCERT – THE LAST LIVE RECORDING
    coltrane, sanders, coltrane, garrison, ali, dewitt, santos (poss), coltrane/ koniarz, drayton (23.4.1967)

    wirbel – crash – wirbel – crash, so strukturiert rashied ali die äußerungen des ehepaars coltrane, oder sie setzen diese vorgabe um: kreisender lauf und niederhämmern der linken hand bei alice, langsames luftholen und stoßweises ausatmen bei john. nur sanders hält sich nicht mehr an die vorgabe, in seiner zirkularatmung geht aus- und einatmen inneinanderüber, vielleicht wurde deswegen darüber spekuliert, dass er hier schon auf dem emanzipationstrip ist. wirbel – crash, darin beschwörungen, candomblé (ogunde) und musical (my favorite things), beides exzessformeln. man kann alles ausschneiden, die beiden sanders-soli, mit ihren zweitönigen halalai-fanfaren zwischendrin, alices raserei (eines der wildestens soli, die ich von ihr kenne), das unfassbar schöne intro von garrison zum nicht-walzer von rogers & hammerstein, bei dem der verkehrlärm ausgeschaltet wird, indem man einfach einen kanal abklemmt (den fürs draußen? für die welt?). aber das wirklich verrückte ist, was der leader hier macht, wahnwitzig, mit den aufgewirbelten melodiefragmenten und dem crash der ausführungen, und dann wird er eins mit crashbecken und der übersteuerung der überforderten mikrofone, als spiele er kein saxofon mehr, sondern draht. und als wenn es nichts wäre, findet er aus dieser verdrahtung ganz mühelos wieder heraus. und wir hören ja auch nur eine von insgesamt 4 stunden (2 sets). im harlem der friedensmärsche, in der turnhalle von babatunde, in der die community wieder das trommeln lernt. I simply remember my favorite things. and then I don’t feel so bad.

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    #12485795  | PERMALINK

    stardog

    Registriert seit: 12.06.2011

    Beiträge: 1,917

    Sehr gut beschrieben. Da bekommt man Lust das Album mal wieder in Gänze zu hören.

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    #12485865  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 14,067

    danke für die tollen Texte vorgarten, und danke fürs Gioia Abtippen, das Buch hat mich echt geprägt, aber ich hab es immer nur aus Bibliotheken ausgeliehen… muss es wirklich mal kaufen… Giuffre hat mich in den letzten Monaten ein paar Mal echt beeindruckt, wenn auf Shorty Rogers oder MJQ+ Alben seine Klarinette plötzlich der einzige wirklich lebendige Ton war… Leadersachen hab ich auch gehört, bin aber noch nicht weit… und diesen Text hatte ich nur noch vage im Hinterkopf – ist jedenfalls eine faszinierende musikalische Biografie

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    #12485919  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,509

    Interessante Wahrnehmungen zu den jeweiligen Alben …. btw für mich bleiben die Atlantic Alben von Jimmy Giuffre – vor allem „Western Suite“ -bahnbrechend, indem die Kammermusik perfekt im Jazz Raum greift und findet …. sein radikaler Bruch und folgender Werdegang ändert daran nichts, ganz im Gegenteil ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12485923  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,342

    redbeansandricedanke für die tollen Texte vorgarten, und danke fürs Gioia Abtippen, das Buch hat mich echt geprägt, aber ich hab es immer nur aus Bibliotheken ausgeliehen… muss es wirklich mal kaufen… Giuffre hat mich in den letzten Monaten ein paar Mal echt beeindruckt, wenn auf Shorty Rogers oder MJQ+ Alben seine Klarinette plötzlich der einzige wirklich lebendige Ton war… Leadersachen hab ich auch gehört, bin aber noch nicht weit… und diesen Text hatte ich nur noch vage im Hinterkopf – ist jedenfalls eine faszinierende musikalische Biografie

    Das irre an Giuffre ist ja auch, dass er in den eher generischen West Coast Settings tatsächlich eine sehr lebendige und oft überraschend druckvolle Stimme ist … er war von den manchmal etwas anämischen Young-Followern einer, der die Stählung am Sax aus den Big Bands weitertrug, was andere ja oft nicht taten – sowas hier (Lou Levy hilft da natürlich auch sehr):

    Und an der Klarinette ist er ja eh einzigartig. Die Begegnung mit dem MJQ ist ja nicht wirklich gelungen … vielleicht fand die etwas zu früh statt? Ich verstehe sofort, wie man auf die Idee kommt, aber Giuffre ist da eingebettet, dabei hätte er als Ergänzung/Kontrapunkt mehr zu bieten gehabt, als Rahmensprenger statt als braver Mitspieler.

    Und ja, auch von mir danke für die tollen Texte!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12485931  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,509

    gypsy-tail-wind

    redbeansandricedanke für die tollen Texte vorgarten, und danke fürs Gioia Abtippen, das Buch hat mich echt geprägt, aber ich hab es immer nur aus Bibliotheken ausgeliehen… muss es wirklich mal kaufen… Giuffre hat mich in den letzten Monaten ein paar Mal echt beeindruckt, wenn auf Shorty Rogers oder MJQ+ Alben seine Klarinette plötzlich der einzige wirklich lebendige Ton war… Leadersachen hab ich auch gehört, bin aber noch nicht weit… und diesen Text hatte ich nur noch vage im Hinterkopf – ist jedenfalls eine faszinierende musikalische Biografie

    Das irre an Giuffre ist ja auch, dass er in den eher generischen West Coast Settings tatsächlich eine sehr lebendige und oft überraschend druckvolle Stimme ist …. an der Klarinette ist er ja eh einzigartig. Die Begegnung mit dem MJQ ist ja nicht wirklich gelungen … vielleicht fand die etwas zu früh statt? Ich verstehe sofort, wie man auf die Idee kommt, aber Giuffre ist da eingebettet, dabei hätte er als Ergänzung/Kontrapunkt mehr zu bieten gehabt, als Rahmensprenger statt als braver Mitspieler.

    Bezüglich der Aufnahmen mit dem MJQ greift – ähnlich wie mit Sonny Rollins – der „guest artist“ Effekt aka Jimmy Giuffre ist nur auf einem Teil der Tracks präsent und wirkt daher eher kurz(fristig) eingebunden als mit einer integrierten Rolle versehen ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12485959  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,509

    vorgarten …. 89 TAUHID sanders, burrell, sharrock, grimes, blank, betts, thiele, van gelder (15.11.1966) das ist natürlich musikalische heimat für mich und deshalb schwer zu beschreiben. eigentlich mein liebstes impulse-album von ihm, aber auch total uneinheitlich, in vielem vielleicht nur vorstudie. mich verblüfft das immer wieder, weil sanders bei den aufnahmen ja noch in der coltrane-band war (temple university war 4 tage später), morgens dabei noch mit cherry WHERE IS BROOKLYN aufgenommen hatte. seine stimme changierte zwischen diesen projekten und auch auf dem eigenen album, das erst nach coltranes tod, fast 1 jahr später, herauskam, um eine leere zu füllen. aber jetzt erstmal TAUHID auflegen, zuhören. eine für sanders untypische, mir sehr sympathische trance-band: dave burrell, henry grimes, sonny sharrock, roger blank, ned betts. repetitionsaffin, mit leichten intensitätsschwankungen. das spiritual-jazz-arpeggio am anfang, die flöte, das aussteigen. dann freie improvisation, mal mit basssolo hinten im raum, dann fragen und wenig antworten, dann schlagzeug und percussion ohne orientierung. und dann solpern sie in was rein, grimes spielt das bass-ostinato in der falschen tonart, burrell hält 4 akkorde stur dagegen, blank sucht nach dem passenden groove. alles fällt in die spur, setzt sich in bewegung, warten auf das saxofon. das kommt nicht. die rhythm section wird müde, probiert nochmal was neues aus, steigert intensitäten, schläft wieder fast ein. und dann verschluckt sich der schönste tensorsaxsound der jazzgeschichte (ha, ich bleibe dabei) fast, und die sonne bricht durch die wolken. sanders nimmt sich insgesamt nur 4 minuten am ende, in dieser zeit stellt er seinen begriff von schönheit vor, spaltet dann seinen ton inzwei, reißt die wand ein, hört zu spielen auf und fängt an zu singen. 4 minuten sandersessenz. das kurze stück „japan“: kein saxofon nötig. ein schönes kleines melodiefragment, burrell kann sowas unendlich wiederholen, sanders singt ein bisschen mit. und dann noch die suite, die nach den sternen greift und wiederum in drei teile zerfällt, die kaum etwas miteinander zu tun haben, aber ein afroamerikanisches brennglas bilden, für wut, zärtlichkeit, kitsch, sex, altägypten, utopie und stromrechnung. das legen wir alles erstmal in den schrank, dachte bob thiele. und drei jahre später spielt sanders seinen „prince of peace“ für strata east ein (da spielt er auch nur saxofon, wenn es passt), und dann erst wird bei impulse weitergemacht. heute wissen wir, dass das, was sanders da im november 1966 aufgenommen hat, ihn 55 jahre lang tragen wird.

    Bemerkenswert, dass Pharoah Sanders hier erfolgreich die Gitarre einsetzt, aber danach diesem Konzept widersteht und für längere Zeit fast durchgängig auf die Doppelbass Variante setzt (und aufgrund des Personals dies mit überragender Wirkung) …. nicht mein nähestes Album – da sind „Black Unity“ und „Karma“ obenauf – aber sicher jenes mit neuen Gedankenanstössen…. btw auf „Upper & Lower Egypt“ eine Passage, welche im Blindfold stimmig an „Journey To The One“ gehen könnte ….

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12486167  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,716

    87

    ELLA FITZGERALD SINGS THE COLE PORTER SONGBOOK
    fitzgerald, bregman, smith, geller, gentry, shank, cooper, nash, candoli, edison, ferguson, gozzo, bernhart, howard, ulyate, roberts, kessel, mondragon, stoller, hale, lamarchina, lustgarten, granz, valentin (7.–9.2. & 27.3. 1956)

    how strange the change from major to minor. 32 hits von cole porter, die in großer dichte albernheiten, zweideutigkeiten, metaebenen, listen, wortspiele, klatsch, indirektes sprechen, gaga in eleganz und sophistication baden. fitzgerald singt auch die verses mit, die porter als normative einrahmungen gehasst hat. wie passte sie in diese welt des urbanen new yorker chics, der sich schnell langweilt, wenn die nächste pointe nicht rechtzeitig kommt? wer da sehr gut reinpasst ist wunderkind-arrangeuer buddy bregman, a&r-mann bei verve, der auf fotos dieser zeit aussieht wie ein hollywood sweetheart. er hat von situationen erzählt, wo er mit fitzgerald in hottellobbys darauf wartet, dass das schwarze dienstpersonal die zimmer vorbereitet, und bedauert, dass er außerhalb der musikalischen begegnungen nie einen zugang zu ihr hinbekam. der heterosexuelle arrangeur und die für manchen club zu unglamouröse schwarze frau in den besten jahren exekutieren „let’s do it“ und textzeilen über „moth balls“ – und nicht ganz zu unrecht ist das eine referenzaufnahme für vocaljazz-versionen des great american songbooks geworden. in dieser masse wird man schnell vom glanz der songs geblendet und ermüdet vom witz. aber fitzgerald bewegt sich mit zurückhaltung und perfekter intonation durch ein außerordentlich abwechslungsreich arrangiertes setting – swingnummern mit krachendem blech folgen auf seufzende streicher, intime balladen zu klavier (und manchmal noch schlagzeigbesen und getupftem bass) werden von eleganten rhumba-nummern abgelöst. das programm ist überfordernd, aber sehr unterhaltsam. und eigentlich passt das zusammen wie lithauer und letten und gebildete flöhe.

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