Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Retromania | ist Pop tot?
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Sonic JuiceDas Problem an den Beispielen – und insofern auch an der Eingrenzung des vermeintlichen Retro-Phänomens – ist, dass man bei genauerem Blick auf jeden einzelnen Act gut begründen kann, dass die Schublade klemmt.
Vielleicht liegt es daran, dass viele Leute eher genaue Differenzierungen bei Folk- und Singer/Songwriter-Klängen vornehmen können als bei Rockabilly, Rhythm & Blues oder Soul. Da klingt aus der unkundigen Distanz halt alles gleich. Und wenn heute jemand sich dieses Instrumentariums bedient, ist das dann halt gleich ein Klon… Den Eindruck hatte ich jedenfalls bei Reynolds bisweilen.
Shaken not stirred.
Nun ist es so, dass Analysen immer etwas knifflig sind, wenn man sich selbst noch innerhalb des zu analysierenden Gegenstands befindet – in diesem Fall die Epoche der Popgeschichte, deren Kernzeit sich als jene zwischen Fünfziger/Sechziger bis Neunziger Jahre herauszukristallisieren scheint. Letzteres schreibt jedenfalls u.a. Diedrich Diederichsen. Möglicherweise mag also die Lade klemmen, die Richtung in der am Schübchen gerüttelt wird scheint mir aber nicht verkehrt. Für mich wird das Retro-Phänomen auch nicht allein durch Simon Reynolds Buch interessant, sondern durch Publikationen von nicht unbekannten Pop-Vor-und-Nachdenkern, Kultur-Historikern und anderen Autoren. Einige von Ihnen, nicht alle, gelangen zu sehr ähnlichen Einschätzungen und Feststellungen, die neben einer gewissen Identitätskernlosigkeit aktueller Popstars und Pop-Ikonen auch einen tiefnostalgischen Blick in den Popkultur-Rückspiegel ausmachen bzw. auszumachen glauben.
Und dass ausgerechet Tarantino 1:1-Kopien einer Vergangenheit anstrebt, wäre mir sowieso neu. […] Der Mann ist mit seinem Schaffen immerhin so prägend und eigen, dass „tarantinoesk“ es in das Vokabular der Filmkritik geschafft hat.
Was hat T. mit Gegenwart zu tun? Und ‘tarantinoesk’ scheint mir eine Erzeugungs- und Darreichungsform zu sein, die sich im Grunde aus zwei retrograden Elementen zusammensetzt: die Gesprächs-Kaskaden aus Rohmers Filmen (die Tarantino bewundert) und das B-Kino (das Tarantino bewundert) aus seiner früheren Videothekenzeit. Aus diesen nachgestellten Teilen – und unter persönlicher Prioritätensetzung – entstehen seine erfolgreichen filmischen Kleister-Puzzles und Klebebilder, die auch szenische 1:1-Replikas enthalten. Die von ihm recycelten Kino-Codes (beim Soundtrack geht er ähnlich vor) werden von seinem Publikum wiedererkannt und dieser Umstand von ihnen beklatscht. Das Vorgehen des Amerikaners bei der Filmbildherstellung entspricht dabei auf verblüffende Weise der Zusammenstellung eines Best-of-Albums oder einer Ultimate-Edition eines Popkünstlers. Von prägender Kinoerneuerung oder innovativer Filmkunst ist da neben vorhandenem Unterhaltungswert nichts zu erkennen (oder ich blinzle immer an den falschen Stellen). Ich räume aber ein, dass T. möglicherweise kein gutes und vielleicht THE ARTIST das bessere Thema-Beispiel ist.
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WerbungtolomoquinkolomPop-Schaum und iPod, Gegenwartsflüchter und andere Philosophen.
Die Retrokultur ist erstmal ein Generationenproblem. Wer 2001 dreißig war, erkennt in seinem Geburtsjahr 1971 eine heile Welt ohne Arbeitslosigkeit, Aids und al-Qaida, in die er gern zurückkehrte;
Schwachsinn. Bin Jahrgang 1969 und aufgewachsen mit RAF, Heroin-Hype in den Medien und atomwaffenstarrenden kaltem Krieg. Anfang der 80er war Arbeitslosigkeit sehr wohl ein Thema. Alles in allem Gefahren die genauso real waren wie die oben genannten.
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~ Mut ist, zu wissen, dass es weh tun kann und es trotzdem zu tun. Dummheit ist dasselbe. Und deswegen ist das Leben so schwer. ~tolomoquinkolomPop-Schaum und iPod, Gegenwartsflüchter und andere Philosophen.
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Dazu (auch wenn nicht im direkten Zusammenhang): Letztens hab ich mir bei youtube eine Fernsehaufzeichnung eines Strokes Konzert angeschaut (von 2001 oder 2002). Klick Nicht nur, dass die Bühne tatsächlich etwas an 2001 (also den FIlm) erinnert, aber ich war auf einmal schockiert: Das ist gerade einmal 10 Jahre her? Das sieht aus als wäre es 30 Jahre alt. Das Outfit der Strokes spielt da sicherlich eine Rolle, aber es wird bspw. auch noch genüsslich gequalmt etc. Das wirkt heute schon wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Ich mag die Strokes. Im Vergleich zu heute, kommt mir das rückblickend jetzt schon total aus der Zeit gefallen vor (bzw. als läge alles noch länger zurück als es das tatsächlich tut), obwohl damals der „Hype“-Hype im vollen Gange war. Und das alles noch vor Twitter, Facebook und Smartphones.
Worauf ich hinaus will (ich hatte das auch schon mal in einem anderen Thread erwähnt). Die ganzen Retro Analysen erwecken den Eindruck als gingen sie immer noch von dieser Zeit aus. Ich bin immer noch auf der Suche nach guten Analysen, die in diesem Zusammenhang die abermalige Beschleunigung durch die Ausbreitung der Technologien der letzten Jahre stärker berücksichtigt (sofern sie eine Rolle spielen sollten). Ich würde ja die Vermutung aufstellen, dass dadurch die Pophistorischen „Zeitreisen“ noch weiter beschleunigt wurden. In der Musikpresse las man in Bezug auf die Strokes ja immer, dass sie viel Velvet Underground gehört haben und sich anziehen wie ihre Väter. So „einfach“ war das vor 10 Jahren noch. Mit den ganzen Modeblogs und Poparchiven steht ja nochmal ein viel größerer Fundus zur Verfügung.
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If I can't dance, I don't want your revolution!Daniel_BelsazarDa widerspreche ich in mehrfacher Hinsicht. Die These der gesellschaftlichen Beschleunigung etwa wird immer wieder gerne gekaut. Betracht man die Realitäten aber unter soziologischer Perspektive, hat sich eigentlich nicht sehr viel geändert. Da ist absolut nichts beschleunigt, eher im Gegenteil: Die Generationenfolge hat sich in Anbetracht der stark angestiegenen Lebenserwartung verlangsamt und mit ihr auch die Entwicklung der Sozialstrukturen.
Wenn sich etwas beschleunigt haben sollte, dann die Wahrnehmung von Vorgängen aller Art. Das ist aber eine Ableitung, eine zwangsläufige Folge der technologischen Weiterentwicklung von medialen Aufbereitungs- und Archivierungsmechanismen („Globalisierung“ und „Wissensexplosion“), die wiederum Folgen haben wird (siehe dazu auch Exkurs Internet).
Auch wenn das so ist wie du schreibst, ist doch eine Beschleunigung vorhanden, selbst wenn sie nur eine gefühlte ist. Und die Geschwindigkeit technischer Erneuerungen und der (nicht nur) medialen Globalisierung haben ja stets kulturelle und gesellschaftliche Auswirkungen auf Konsum, Kultur und Musik. Möglicherweise führt ein derartiger subjektiver Beschleunigungseindruck auf Grund individueller Überforderung durch diese komplexe Globalität (die zum Teil auch aus Unübersichtlichkeit besteht) zu Fluchtreaktionen. Die Absetzbewegung der Retromanier im Zusammenhang mit Popkultur und Popmusik in einen bereits früher schon positiv besetzten Wohlfühlbereich aus der individuellen Vergangenheit ist nachvollziehbar.
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tolomoquinkolomAuch wenn das so ist wie du schreibst, ist doch eine Beschleunigung vorhanden, selbst wenn sie nur eine gefühlte ist. Und die Geschwindigkeit technischer Erneuerungen und der (nicht nur) medialen Globalisierung haben ja stets kulturelle und gesellschaftliche Auswirkungen auf Konsum, Kultur und Musik. Möglicherweise führt ein derartiger subjektiver Beschleunigungseindruck auf Grund individueller Überforderung durch diese komplexe Globalität (die zum Teil auch aus Unübersichtlichkeit besteht) zu Fluchtreaktionen. Die Absetzbewegung der Retromanier im Zusammenhang mit Popkultur und Popmusik in einen bereits früher schon positiv besetzten Wohlfühlbereich aus der individuellen Vergangenheit ist nachvollziehbar.
.Ohh, die Posts, wo über Beschleunigung gesprochen wurde, hab ich gerade übersehen. Aber ich denke, dass das Strokes Konzert, das ich gerade erwähnt habe, ein ganz gutes Beispiel ist. Die waren 2001, 2002 ja (ich hasse das Wort) richtige „Trendsetter“. Nicht nur musikalisch, auch was die Mode betrifft. In dem Video kann man noch ganz gut sehen, dass das Publikum im Vergleich zur Band „anders“ aussieht. Ich denke, wenn man heute ein Konzert einer angesagten Band einer vergleichbaren Größenordnung besuchen würde, würden sich Band und Publikum bestimmt schon viel ähnlicher sehen, was die Mode betrifft.
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If I can't dance, I don't want your revolution!Noch ein Gedanke dazu und von den Strokes ausgehend: Wie lange das z.B. damals gedauert hat bis man z.B. Elemente der Mode im Straßenbild gesehen hat, da sind in D. bestimmt nochmal 2,3,4 Jahre vergangen. Angenommen die Strokes wären 10 Jahre später erst aufgetaucht (wobei die Zeit damals den Strokes sicherlich in die Karten gespielt hat), dann würde man sie garantiert eine Hipsterband nennen. Und der Hipster agiert ja nahezu ohne Zeitversetzung. Heute ändern solche Phänomene das Straßenbild wesentlich schneller (jedenfalls in der relavanten Zielgruppe wie man ja so schön sagt). Ich würde daher sagen, dass die Beschleunigung nicht nur eine gefühlte ist.
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If I can't dance, I don't want your revolution!Herr Rossi“Funktional ist Pop in anderer Hinsicht ausgerichtet: das Ziel ist, für Belebung zu sorgen, angenehm zu erregen, den Körper in Bewegung zu setzen, Attraktivität zu erhöhen und eine nette, heitere Stimmung oder eine coole Haltung zu bewirken.“ Wovon redet der Mann da?
Rossi, der Kerl hält Popmusik für Unterhaltung, die Spaß macht und scheint dazu auch noch tanzen zu wollen.
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Next big thing: verbrannte Erde.
Dubstep galt nach Drum&Bass als next big thing und war im letzten halben Jahrzehnt der dominierende Trend in den Clubs, gilt gar als letzte Genre-Innovation der Popmusik. Dafür spricht immerhin, dass es überhaupt einen eigenen, allseits anerkannten Namen gibt für die konsequent weiter bastardisierte, ursprünglich eindeutig in den Londoner Clubs und damit auch den enorm wichtigen Pirate Stations verortbare, Fortentwicklung der englischen Dubhouse-Jungle-Drum&Bass-Garage-Tradition. Deren schon immer präsente besondere Gewichtung auf die Klangkultur des Bass, auf eine explizite Körperlichkeit des Sounds, wurde mit Dubstep noch einmal eine gehörige Spiralwindung weiter gedreht. Die fast schon technokratische Experimentierfreude der Drum&Bass-Avantgarde ein Jahrzehnt früher fand sich plötzlich in einem inzwischen auch an wildesten Soundeskapaden geschulten und trotzdem immer wieder auf die klassische englische Ravekultur zurückgreifenden Umfeld wieder. In dem spielte Bass mehr denn je die Hauptrolle, angefeuert von einer Generation von Soundfricklern, die das Bollern von Tieffrequenzen auf eine neue Evolutionsstufe hoben.
Es gibt viele Parallelen der Dubstep- zur Drum&Bass-Szene der Neunziger. Auch damals galt der vergleichsweise neue Sound mit den ebenso überfüllten wie euphorischen Clubnächten als Nonplusultra der Popmusik-Entwicklung, als next big thing, in songhafteren Variationen tauglich für den ganz großen kommerziellen Durchbruch. Geklappt hat das damals allerdings nicht. Erst stadiontauglich, dann tot. Mit einigen zarten Fast-Hits mit Drum&Bass-Grundmuster hat das Genre den erforderlichen Breitwand-Aufmerksamkeits-Pegel des Mainstreams nie erreicht. Drum&Bass wird heute noch hingebungsvoll gepflegt, allerdings in einer kleinen, von größerer Außenwahrnehmung weitgehend verschonten Szene mit – immer noch – Schwerpunkt London. Bei Dubstep ist das jetzt etwas anders gelaufen. Dubstep ist tatsächlich das neue große Ding – und es hat ihm nicht gut getan.
LET’S GET RAVEY verkündete 2009 ein Remix des Dubstep-Pioniers Skream, es war die aufsehenerregende – eben Rave-geeignete – Adaption eines La Roux-Hits, die ihrerseits gerade den atemberaubend konsequent rückwärtsgewandten popmusikalischen Gipfelpunkt des 80er-Synthie-Revival-Sounds abgeliefert hatten. Die damalige Frage, ob man auf einem ganz normalen Dancefloor voller Indie-Fashionistas lieber das Original oder den Remix spielen sollte, stellt sich heute nicht mehr. IN FOR THE KILL (LET’S GET RAVEY REMIX) lässt sich problemlos als Blueprint und Wegbereiter für den derzeitigen Dubstep-Overkill deuten. Der lässt sich nicht mal negieren, wenn man mit Popmusik im engeren Sinne gar nichts am Hut hat, sondern mit – sagen wir mal – Fußball.
Zur diesjährigen EM ballerten zwei internationale Megakonzerne die Werbepausen mit Dubstep zu: Mercedes und Microsoft. Ausgerechnet aus der Windows-Werbung wurde dann auch prompt mit Alex Clare ein neuer Star geboren, der seitdem auf den einschlägigen Jugendwellen hoch und runter dudelt. Es ist – nebenbei bemerkt – auch der totale Sieg gegenüber den bis dato eher erträglichen Versuchen, Dubstep in Mainstream-Pop-Nähe zu rücken: Mit einer Katy B zum Beispiel, der man die Nähe zu den Londoner Underground-Protagonisten abnahm und die auch nur bedingt prolltauglich wirkte. Allerdings wurden die Prioritäten da schon anderweitig gesetzt: In den Staaten hatte sich nämlich der Skream-Auf-die-Omme-Appeal per Springbreak-Party-Event schon so weit durchgesetzt, dass darauf gleich die Karriere eines der derzeit bestbezahlten und berühmtesten DJs aufbauen konnte: Skrillex kultivierte den – jetzt: – Brostep zum stadiontauglichen Mainstream-Soundtrack. Das Ergebnis ist verbrannte Erde.
Explizite Bass-Orgien wird man auf absehbare Zeit nicht mehr hören können, ohne schwer genervt zu sein. Natürlich wegen der Zwangsüberdosis, der man sich kaum entziehen kann, gerade weil die Werbeindustrie ordentlich in den Trend hineingebuttert hat. Vor allem aber natürlich, weil sich Dubstep als neuer hegemonialer Proll-Sound etabliert hat, von dem man sich wohl oder übel abgrenzen muss. Nur: Womit?
Post Dubstep ist das etwas unbeholfene und alles andere als definitionssichere Beschreibungskonstrukt für alle möglichen musikalischen Ausdifferenzierungen, die Dubstep-geschulte Basslinien als zentralen Bestandteil der Musik verwenden. Nach drei Jahren James Blake oder (hier gern auch andere einsetzen) XX zeigt sich allerdings, dass auch artifiziellere und Indiepublikum-geprägte Herangehensweisen deutlichen Ermüdungserscheinungen unterliegen. Eine ganze Reihe ehemaliger Dubstep-Protagonisten der ersten Liga sind vom Bildschirm verschwunden oder lassen mit Sound-Entwürfen von sich hören, die jeden expliziten Bass-Exkurs zugunsten technoider Egalisierung unterlassen. Und ja, es gibt natürlich auch noch jene, die – wie Morgan Zarate oder Sepalcure – immer noch versuchen, Dubstep so etwas wie einen Pop-Appeal nach Underground-Regeln einzuhauchen. Auch hier unter größtmöglicher Vermeidung maximaler Bass-Explizität, versteht sich. Dubstep ist tot. Der nächste bitte.
Es ist seit jeher besser, einen Trend erstmal abzuwarten und sich nach dem zusammenbrechen mit den Trümmern zu beschäftigen. Solche Abspeckkuren haben doch bisher fast jeder Musikrichtung gutgetan, von Trance über Deathmetal bis zu Grunge. Der ganze Schrott verschwindet und die Perlen bleiben zurück. Da muss man nicht so lange suchen und man hat es sich auch nicht überhört. Und was die Kommerzialisierung angeht – das hat sich nunmal ganz natürlich ergeben wie bei fast jedem anderen Trend. Auch Drum&Bass hatte seine Pop-Variationen. Bei Dubstep ist es vielleicht deutlicher in den Mainstream gerückt, weil die Leute hungrig sind nach Innovation. Und die wird es auch weiter geben – aber eben immer schwerer verträglich für den Mainstream.
[Jörg Augsburg | aus: Let’s Get Ravey!]
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@tolo: Das ist ja auch durchaus ein Aspekt von Pop und nicht der schlechteste. Aber darin erschöpft sich Pop nicht. Gerade von einer Musik, von der man erwartet, dass sie „die Frucht der Gegenwart pflückt“, erwartet man mehr, oder nicht? Und Pop bietet auch mehr. Immer schon und immer noch. Ich wüsste ja gerne konkreter, wen oder was der Autor damit meint und vor allem, wen oder was nicht. So kann man nur mutmaßen.
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Herr RossiGegenfrage: Welche Entwicklungen siehst Du in der Pop-Musik in den letzten Jahren und wie wurden diese kommuniziert, wenn nicht durch das Internet?
Die von Mikko genannten Namen sind nur zwei von inzwischen beliebig vielen. Bei den Arctic Monkeys war es vielleicht noch eine Nachricht, dass sie ein „Internet-Phänomen“ sind, aber sieben Jahre später ist es eine schlichte Selbstverständlichkeit.
„Das Internet“ macht keine Trends, sondern das Internet ist heutzutage der Kommunikationsraum, in dem sich diejenigen, die sich für aktuellen Pop interessieren, vernetzen und austauschen. Daran führt überhaupt kein Weg mehr vorbei. Du wirst keinem Künstler mehr begegnen, der ein Debüt vorlegt, jedenfalls keines, das Beachtung findet, ohne dass er zuvor schon ein Thema im „Social Web“ und in der „Blogosphäre“ gewesen wäre. Wenn doch, wäre das eine Nachricht wert!
Über Trends zu sprechen, ist heute schwieriger als früher, die Szenen und Genres verschwimmen. Von Musikjournalisten geprägte Begriffe wie „Hypnagogic Pop“ können sich nicht mehr im allgemeinen Sprachgebrauch der Pop-Hörer durchsetzen. Im Zweifelsfall ist für die Rezipienten alles irgendwie „Indie“.
Dazu müsste man wissen, welche aktuelle Musik Du überhaupt hörst und wie Du auf diese gestoßen bist. Nenn doch mal ein paar Namen. (Pitchfork ist einflussreich, ich würde es aber nun auch nicht so hervorheben, es ist halt eines von diversen Online-Musikmagazinen.)
Ich erkenne überhaupt keine Entwicklungen mehr, obwohl ich auch im Internet danach gesucht habe und auch auf Pitchfork (allerdings nicht auf die Blogs) gestoßen bin.
Was hängengeblieben ist, ist nur ein (beachtlicher) Retro-Act, nämlich Leslie Clio, und auch die nur durchs TV („Clipster“).
Aktuelle Musik, die nicht im Radio rauf und runter gespielt wird oder von Künstlern von früher kommt, erreicht mich seit der Einstellung von Onyx TV (und damit der Sendung „TV Radio“) eigentlich nicht mehr.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
tolomoquinkolomNext big thing: verbrannte Erde.
ist das jetzt pro oder contra Dubstep und/oder Pop?! Und ist da jetzt ein Unterschied zum Pop der letzten 30 Jahre oder 50 Jahre? Eine echte Aussage kann ich in dem Text irgendwie nicht finden…
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tolomoquinkolom
Was hat T. mit Gegenwart zu tun? Und ‘tarantinoesk’ scheint mir eine Erzeugungs- und Darreichungsform zu sein, die sich im Grunde aus zwei retrograden Elementen zusammensetzt […]Nun, so wie sich Popkultur stets aus der Kombination von Elementen, die für sich alleine bereits bestehen, entwickelt. Rock ’n‘ Roll, Rockabilly… you name it. In Sachen Hip Hop hat uns Sokrates sogar schon mal eindrücklich belehrt, wie umstandslos rückwärtsgewandt eine solche Verschmelzung sein kann: Da spielen die Künstler nicht einmal die alten Sachen nach, sondern betreiben einfach dreist Ideenklau durch Samples!
Die von dir geschmähten „recyclten Kino-Codes“ gibt es in den Filmen von Tarantino ja gar nicht – an welche Einstellungen, Catchphrases etc. kannst du dich nämlich erinnern, die für den Zuschauer nur dadurch funktionieren, dass etwas, was er kennt und liebt, passgenau rekonstruiert wird? Was an Tarantino gegenwärtig ist? Der Clash von Erzähltraditionen, die vor ihm noch fein säuberlich ihre eigenen Wege gingen. Auf diese Weise sind auch schon vor 100 Jahren Genres entstanden, ohne dass jemand daran interessiert gewesen wäre, die Spuren hinter sich wegzufegen. Bei Hazanavicius‘ „The Artist“ ist das nicht anders: Der Film variiert Methoden des Stummfilms klar erkennbar aus einer Perspektive von Heute und könnte von niemandem mit einem tatsächlichen Film aus den 20ern verwechselt werden. Den Tonfilm gibt es seit mehr als 80 Jahren und „The Artist“ antwortet darauf, indem er augenzwinkernd den fehlenden Klang in den Bildern immer mitdenkt. Das haben Mel Brooks oder Gene Kelly z.B. auch schon mal gemacht, sogar versierter und besser, der Standpunkt war dabei aber stets einer aus der Gegenwart.
DemonAus demselben Haus und vom selben Autor:
“Avant-Pop als bedeutende zeitgenössische kulturelle Richtung“Könnte mal endlich jemand Bourdieu die Hosen runterziehen, damit sich seine luftige soziologische Empirie nicht weiter in den Köpfen von Zweitsemestlern festsetzt? Hecken scheint jedenfalls bislang der launigste Clown unter seinen Schülern zu sein: Probleme mit dem Benennen zeitgenössischer Tribes? Mit dem Blick auf die richtigen Symptome gelingt’s:
Thomas HeckenAndererseits ist die Gruppe, die über breit gestreute Avant-Pop-Vorlieben im gerade genannten Sinne (Pet Shop Boys und Joy Division, Wallace und Hegemann, etc.) verfügt, viel größer als der Kreis jener Leute, die sich für Rainald Goetz und Thomas Meinecke, für Momus und Sunn O))) begeistern oder gar gleichermaßen für Swans und Janelle Monáe oder Schönberg und Grateful Dead eintreten (ein Kreis, der sich in erster Linie aus Doktoranden, Journalisten, Künstlern, Designern etc. zusammensetzt).
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A Kiss in the Dreamhousetolomoquinkolom[…] Einige von Ihnen, nicht alle, gelangen zu sehr ähnlichen Einschätzungen und Feststellungen, die neben einer gewissen Identitätskernlosigkeit aktueller Popstars und Pop-Ikonen auch einen tiefnostalgischen Blick in den Popkultur-Rückspiegel ausmachen bzw. auszumachen glauben.
Ja, das schwingt immer mit. Wer (wieauchimmer, wasauchimmer) „retro“ ist, ist „ideenlos“. Die Verbindung ist mir schleierhaft.
tolomoquinkolom
Was hat T. mit Gegenwart zu tun? Und ‘tarantinoesk’ scheint mir eine Erzeugungs- und Darreichungsform zu sein, die sich im Grunde aus zwei retrograden Elementen zusammensetzt: die Gesprächs-Kaskaden aus Rohmers Filmen (die Tarantino bewundert) und das B-Kino (das Tarantino bewundert) aus seiner früheren Videothekenzeit. Aus diesen nachgestellten Teilen – und unter persönlicher Prioritätensetzung – entstehen seine erfolgreichen filmischen Kleister-Puzzles und Klebebilder, die auch szenische 1:1-Replikas enthalten. Die von ihm recycelten Kino-Codes (beim Soundtrack geht er ähnlich vor) werden von seinem Publikum wiedererkannt und dieser Umstand von ihnen beklatscht. Das Vorgehen des Amerikaners bei der Filmbildherstellung entspricht dabei auf verblüffende Weise der Zusammenstellung eines Best-of-Albums oder einer Ultimate-Edition eines Popkünstlers. Von prägender Kinoerneuerung oder innovativer Filmkunst ist da neben vorhandenem Unterhaltungswert nichts zu erkennen (oder ich blinzle immer an den falschen Stellen). Ich räume aber ein, dass T. möglicherweise kein gutes und vielleicht THE ARTIST das bessere Thema-Beispiel ist.
.Kein geheimnis im Forum, dass du mit Tarantino nichts anfangen kannst, der Post zeigt auch warum: wer QT als reinen „Recycler“ von bereits Gefilmten sieht, wird mit seinen Filmen nicht viel anfangen können.
Auf der anderen Seite: welcher Filmemacher (um mal beim Film zu bleiben) macht das denn nicht?
The Artist taugt auch nicht als Retro-Vehikel, außer vielleicht, dass seit den 40ern immer wieder Stummfilm-Homagen herauskommen (yep, Silent Movie zB), die es aber nur gibt, weil Stummfilm der Tonfilmmasse eben unbekannt ist.--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.tolomoquinkolomNext big thing: verbrannte Erde.
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Monroe Stahrist das jetzt pro oder contra Dubstep und/oder Pop?! Und ist da jetzt ein Unterschied zum Pop der letzten 30 Jahre oder 50 Jahre? Eine echte Aussage kann ich in dem Text irgendwie nicht finden…
Ich steige da auch nicht ganz dahinter. Klar ist Dubstep längst im Pop angekommen, aber Katy B und Skrillex füllen nun nicht gerade Stadien und James Blake taugt sicherlich für Kaffeehäuser und Feuilletons, aber nicht für die Großraumdisco. Und dass ausgerechnet La Roux immer für ein Achtziger-Synth-Pop-Revival zitiert werden, ist mir schleierhaft. Wo gab es denn diesen Sound und Look in der Form schon mal? Da fallen mir aus den letzten 15 Jahren ganz andere Kandidaten ein…
Dubstep war für mich neben Grime übrigens wirklich ein genuin neuer Stil der Noughties, auch wenn beides in der Tradition des Hardcore-Kontinuums stand.
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http://hyphish.wordpress.com "Every generation has its one defining moment. We are yours."latho
Auf der anderen Seite: welcher Filmemacher (um mal beim Film zu bleiben) macht das denn nicht?Glaube die Dogma-Leute wollten so etwas wie einen filmischen Neuanfang starten. Aber auch sie hatten natürlich Vorläufer.
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht. -
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