Re: Retromania | ist Pop tot?

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napoleon-dynamite
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tolomoquinkolom
Was hat T. mit Gegenwart zu tun? Und ‘tarantinoesk’ scheint mir eine Erzeugungs- und Darreichungsform zu sein, die sich im Grunde aus zwei retrograden Elementen zusammensetzt […]

Nun, so wie sich Popkultur stets aus der Kombination von Elementen, die für sich alleine bereits bestehen, entwickelt. Rock ’n‘ Roll, Rockabilly… you name it. In Sachen Hip Hop hat uns Sokrates sogar schon mal eindrücklich belehrt, wie umstandslos rückwärtsgewandt eine solche Verschmelzung sein kann: Da spielen die Künstler nicht einmal die alten Sachen nach, sondern betreiben einfach dreist Ideenklau durch Samples!

Die von dir geschmähten „recyclten Kino-Codes“ gibt es in den Filmen von Tarantino ja gar nicht – an welche Einstellungen, Catchphrases etc. kannst du dich nämlich erinnern, die für den Zuschauer nur dadurch funktionieren, dass etwas, was er kennt und liebt, passgenau rekonstruiert wird? Was an Tarantino gegenwärtig ist? Der Clash von Erzähltraditionen, die vor ihm noch fein säuberlich ihre eigenen Wege gingen. Auf diese Weise sind auch schon vor 100 Jahren Genres entstanden, ohne dass jemand daran interessiert gewesen wäre, die Spuren hinter sich wegzufegen. Bei Hazanavicius‘ „The Artist“ ist das nicht anders: Der Film variiert Methoden des Stummfilms klar erkennbar aus einer Perspektive von Heute und könnte von niemandem mit einem tatsächlichen Film aus den 20ern verwechselt werden. Den Tonfilm gibt es seit mehr als 80 Jahren und „The Artist“ antwortet darauf, indem er augenzwinkernd den fehlenden Klang in den Bildern immer mitdenkt. Das haben Mel Brooks oder Gene Kelly z.B. auch schon mal gemacht, sogar versierter und besser, der Standpunkt war dabei aber stets einer aus der Gegenwart.

DemonAus demselben Haus und vom selben Autor:
“Avant-Pop als bedeutende zeitgenössische kulturelle Richtung“

Könnte mal endlich jemand Bourdieu die Hosen runterziehen, damit sich seine luftige soziologische Empirie nicht weiter in den Köpfen von Zweitsemestlern festsetzt? Hecken scheint jedenfalls bislang der launigste Clown unter seinen Schülern zu sein: Probleme mit dem Benennen zeitgenössischer Tribes? Mit dem Blick auf die richtigen Symptome gelingt’s:

Thomas HeckenAndererseits ist die Gruppe, die über breit gestreute Avant-Pop-Vorlieben im gerade genannten Sinne (Pet Shop Boys und Joy Division, Wallace und Hegemann, etc.) verfügt, viel größer als der Kreis jener Leute, die sich für Rainald Goetz und Thomas Meinecke, für Momus und Sunn O))) begeistern oder gar gleichermaßen für Swans und Janelle Monáe oder Schönberg und Grateful Dead eintreten (ein Kreis, der sich in erster Linie aus Doktoranden, Journalisten, Künstlern, Designern etc. zusammensetzt).

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A Kiss in the Dreamhouse