Retromania | ist Pop tot?

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  • #8682449  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    MikkoUnd das ist dann die Definition von „retro“?

    Nö, die Definition von „retro“ interessiert mich aber auch nicht.

    Und dann? Was hast Du dann davon, wenn ich Dir sage, The Allah-Las klingen wie eine Mischung aus Byrds und Seeds, aber letztlich eben doch nicht genau so wie die eine oder die andere der beiden Bands, denn es sind nun mal The Allah-las und weder The Byrds noch The Seeds.

    Genau darauf will ich hinaus. „Retro“ als Kampfbegriff gegen bestimmte Formen aktueller Musik ist mir zu billig.

    --

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    #8682451  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    nail75Genau darauf will ich hinaus. „Retro“ als Kampfbegriff gegen bestimmte Formen aktueller Musik ist mir zu billig.

    Wer benutzt das denn als Kampfbegriff?

    Ich würde den Begriff ohne weitere Erläuterungen gar nicht benutzen, höchstens mal ironisch.

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    #8682453  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    nail75Nein, fast alles falsch.

    Ich kann dir massenhaft Beispiele für Musik nennen, die kein Mensch als „retro“ bezeichnen würde, von Animal Collective bis Matana Roberts.

    Es kommt auch nicht darauf an, ob die Musik Einflüsse früherer Jahrzehnte in sich trägt (das tut sie immer), die Frage ist, wie Künstler oder Gesellschaft dazu stehen.

    Verstehe ich nicht, du selbst beurteilst ja Musik, nicht Gesellschaft oder der Künstler. Aber meine zweite Frage scheint dann beantwortet zu sein – Musik, die komplett neu ist, gibt es nicht.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #8682455  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Komplett neu nicht, nein, aber es gibt sehr wohl Musik, die scheinbar aus dem Nichts kommt, weil sie radikal mit der Vergangenheit bricht oder diese auf Distanz hält. Das Thema des Threads dreht sich aber um den expliziten Vorwurf, alles sei nur noch Wiederholung und keine Innovation.

    MikkoWer benutzt das denn als Kampfbegriff?

    Der Thread!

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8682457  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,243

    Simon Reynolds und andere Autoren. Tolo hat ja diverse Beispiele zitiert.

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    #8682459  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    nail75Komplett neu nicht, nein, aber es gibt sehr wohl Musik, die scheinbar aus dem Nichts kommt, weil sie radikal mit der Vergangenheit bricht oder diese auf Distanz hält. Das Thema des Threads dreht sich aber um den expliziten Vorwurf, alles sei nur noch Wiederholung und keine Innovation.
    […]

    Der Thread dreht sich um „retro“, durchaus auch als Kampfbegriff. Und so unscharf, wie der formuliert (wenn überhaupt) und gebraucht wird, kann er schon eine ganze Menge (ich sage: alles) umfassen. Von daher ist er das: abwertend, aber nicht viel mehr.

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    #8682461  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Warum ist heute so viel Gestern in der Popmusik und hat die Zukunft eine Chance?

    Popmusik ist besessen von der eigenen Vergangenheit, diagnostiziert Simon Reynolds in RETROMANIA. Elektro-Oldschool, Blues- und Countryrock, sogar der einst abgrundtief verhasste Softrock der Siebziger und Achtziger gelten heute als der heiße Scheiß. Längst vergessene Bands tauchen wieder auf, und Bands wie Sonic Youth oder gerade Primal Scream bringen werkgetreu ihre klassischen Alben auf die Bühnen. Und ewig grüßt das Murmeltier. Dabei ist Reynolds weniger besorgt um das verstärkte Interesse für vergangene Bands und Genres an sich. Revivals und die leidenschaftliche Fixierung auf ausprobierte Spielarten gehören seit den Anfängen zum Pop. So beschreibt er Dixieland-Revivals der Fünfziger, den Bluesfanatismus der Stones und Beatles und die letztlich reaktionären Tendenzen des Punk, der gegen Pomp, Komplexität und die Verfeinerung des Siebzigerjahre-Rock wilden Krawall und drei Akkorde aus dem Do-It-Yourself-Baukasten setzte.

    Der in New York lebende Brite analysierte bereits die Sex Pistols und die Ära des Postpunk (RIP IT UP AND START AGAIN). Mittlerweile beunruhigt ihn die schrumpfende Halbwertszeit der Vergangenheit. Im endlosen Recycling vermisst er die Haltung und Entschlossenheit, mit der früher Stile gegeneinander gesetzt wurden. Stattdessen erkennt er eine frei flottierende, dennoch sehnsüchtig rückwärtsgewandte Ironie, die ohne Kontext und Ziel mit den historischen und regionalen Sounds spielt und sie dabei entwertet. Jegliche Substanz geht dabei flöten. Natürlich hat das zunächst mit der digitalen Revolution zu tun. Mit der Explosion der Archive im Netz, dem endlosen Speicherplatz auf PC- und Sampler-Festplatten sowie dem unverstellten, von keiner Knappheit bedrohten, keiner Recherche geadelten Zugriff auf die Vergangenheit. Da muss die Zukunft irgendwann auf der Strecke bleiben.

    Zu den Lichtblicken in der Retro-Schlaufe zählt Reynolds die Hauntologen des Ghostbox-Labels. Mit ihren alten TV-Doku- und Schulfilm-Soundtracks inszenieren diese keinen musikalischen Stil, sondern spielen ihre eigene Erinnerung nach. Dabei entsteht ein durchaus moderner Beat. Vampire Weekend oder Dirty Projectors dagegen platzen vor Referenzen an die Popgeschichte. Beide Strömungen wiederum benutzen keineswegs die unmittelbare Vergangenheit, wie etwa der Elektromix Lady Gagas. Die Hip-Hop- und Dub-Neuerungen in Grime und Dubstep gelten Reynolds als innovativ. Emo dagegen lehnt er als nur melodische Erweiterung von Punk ab. Den Sampler scheint er noch nicht ganz als Instrument zu akzeptieren. Dabei schritt Popmusik – mit dem Mikrofon Billie Holidays, den Studios von Beatles bis Lee Perry, dem Plattenspieler im Hip-Hop – immer auch durch den spielerischen bis dilettantischen Umgang mit Technologie voran. Umgekehrt kann man die Manie, mit der sich junge Musiker aus reiner Lust vorzugsweise der verdrängten Popkunst widmen, durchaus als widerständigen Reflex begreifen: Vielleicht wollen ja viele Kids gar keine Ahnung haben.

    [Markus Schneider | aus: Retromania – das Ende vom Fortschritt]

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    #8682463  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Bei den zitierten Autoren entdecke ich keine ‘Kampfbegriffe’, geht es hier doch auch gar nicht ums Kämpfen. Auch wenn sich einige Leute von dem Wort getroffen fühlen, ist retro weder ein negatives Qualitätsmerkmal, noch ein Urteil über Liebhaber bestimmter Teile der Popgeschichte. Im Zusammenhang mit Handwerkern und Künstlern, von ZitPop und FullRetro sollte dennoch ein Diskurs zu verschobenen Gewichtungen und Tendenzen in der gegenwärtigen Popkultur möglich sein.

    A craftsman knows what he’s going to make and an artist doesn’t know what he’s going to make, or what the finished product is going to look like.

    [Ken Price]

    Roseblood… und diese Wohlfühlzone höre ich selbst knapp 50 Jahre später als selbst junger Mensch noch aus der Musik heraus. Und das fehlt mir bei der heutigen.

    Wie stellst du für dich selbst die Verbindung des musikalischen Teils deines Lebens in der Gegenwart mit der bevorzugt gehörten Vergangenheit her (die ja auch mal Gegenwart war)? Wie passen ehemals zeitbezogene Themen, Aussagen und Bezüge von damals in deine persönliche present time? Was ist davon Nostalgie und was hat praktische Auswirkungen in deinem aktuellen Denken und Handeln bzw. auf deinen Blick auf die Welt von heute?
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    #8682465  | PERMALINK

    roseblood

    Registriert seit: 26.01.2009

    Beiträge: 7,089

    tolomoquinkolom
    Wie stellst du für dich selbst die Verbindung des musikalischen Teils deines Lebens in der Gegenwart mit der bevorzugt gehörten Vergangenheit her (die ja auch mal Gegenwart war)? Wie passen ehemals zeitbezogene Themen, Aussagen und Bezüge von damals in deine persönliche present time? Was ist davon Nostalgie und was hat praktische Auswirkungen in deinem aktuellen Denken und Handeln bzw. auf deinen Blick auf die Welt von heute?
    .

    Ich nutze lediglich die Gegebenheiten der heutigen Zeit, dass man alles, aber auch wirklich alles konsumieren kann, was man konsumieren möchte. Mit den heutigen Möglichkeiten, vor allem Dank des Internets, verschwimmen Grenzen bzw. nimmt man diese ganz anders wahr. Vor allem, wenn man wie ich mit dem Internet aufgewachsen ist. Ich bekam mit 15 einen PC und da ist man in der Sturm und Drang Phase seiner Jugend. Und das Internet bot eine Möglichkeit, sich auch mit Dingen auseinanderzusetzen, die man nicht vor der eigenen Haustür fand. Auch wenn meine richtige Liebe zu den Sechzigern erst später angefangen hat. Trotzdem, wenn man nach Musik im Internet sucht, wird diese nicht zu Beginn in alt oder neu eingeteilt, in 60er, 70er, 80er oder 90er, es ist lediglich Musik, nach der man sucht. Wenn man Radio hört, weiss man durch die Moderation, wann welche Lieder geschrieben wurden. Wenn man in einem Plattenladen ist, wird die Musik in ihre jeweiligen Richtungen und zum Teil auch Jahrzehnten unterteilt. Im Internet surft man beispielsweise auf YouTube und kann mit einem Klick von den 60ern zu den 00ern kommen. Im Internet ist alles viel dichter vernetzt. Vielleicht ist dies auch ein Grund, wieso es einem leichter fällt, zwischen den Jahrzehnten zu wählen und hin- und herzuspringen. Man muss Musik nicht miterlebt haben, um daran Gefallen zu finden.

    Und haben sich die Themen in der Musik von damals zu heute denn so sehr geändert? 95% der Lieder behandeln doch die Liebe und Sehnsucht als Thema. Und dieses Thema ist nicht an Jahrzehnte gebunden. Und die zeitbezogenen Themen aus den 60ern sind auch nicht so viel anders als heute. Wenn man 1, 2 Worte austauscht, könnten diese Lieder auch für jedes Folgejahrzehnt ihre Richtigkeit haben. Zudem in der Musik gern umschrieben wird, wenn man anklagt und das Angeklagte nicht direkt besungen wird. Somit können auch die zeitbezogenen Lieder eine zeitlose Bedeutung haben. Der Text zu „Blowin‘ In The Wind“ ist beispielsweise heute genauso wahr wie damals.

    Nostalgie ist für mich gewiss kein negativ ausgelegtes Wort. Jedoch bezeichne ich meinen Gemütszustand auch nicht als nostalgisch, wenn ich The Velvet Underground höre und Bilder von Warhol anschaue.
    Und beeinflusst hat mich die Zeit wohl in dem Wunsch, Gitarre spielen zu wollen und oft auch in meinen Dresscode. Wie mich die Zeit im Denken beeinflusst? Allzu lemminghaft bin ich dann auch nicht, dass ich alles, was heute passiert, mir im Bezug auf damals erklären müsste.

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    #8682467  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    tolomoquinkolomBei den zitierten Autoren entdecke ich keine ‘Kampfbegriffe’, geht es hier doch auch gar nicht ums Kämpfen. Auch wenn sich einige Leute von dem Wort getroffen fühlen, ist retro weder ein negatives Qualitätsmerkmal, noch ein Urteil über Liebhaber bestimmter Teile der Popgeschichte. Im Zusammenhang mit Handwerkern und Künstlern, von ZitPop und FullRetro sollte dennoch ein Diskurs zu verschobenen Gewichtungen und Tendenzen in der gegenwärtigen Popkultur möglich sein.
    […]

    Getroffen fühle ich mich nicht gerade, aber wie auch: der Begriff ist so unklar, kommt im Marketing, in eher oberflächlichen Kritiken oder hier im Forum vor, wird für verschiedene Sachen benutzt und damit eigentlich für keine. Wie gesagt, Retromania habe ich nicht gelesen, aber – und das drängte sich mir beim Lesen von Rip It Up auch auf – Thomas Gross hat ja in der letzten Zeit Reynolds jede Analytik abgesprochen. Von daher bleibt der Begriff schwammig, wird aber von Reynolds in negativem Sinn verwendet. Hier klingt das an und ich verweise zudem auf das, was ich am Anfang des Threads geschrieben habe: das total neue, das Reynolds sucht, gibt es nicht, man kann es ihm nur zuschreiben – das ist dann aber Geschmacksurteil.

    Edit: Geschmacksurteil ist es immer, aber um über den Begriff zu diskutieren (diskutieren: immer!), sollte vor allem der zentrale Begriff, um den es geht, konkreter sein. Einfach einen Begriff, „Retromania!“, „Re-creativity!“ in den Ring zu werfen, um dann nicht hinterherzusteigen, finde ich etwas schach.

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #8682469  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    tolomoquinkolomBei den zitierten Autoren entdecke ich keine ‘Kampfbegriffe’, geht es hier doch auch gar nicht ums Kämpfen. Auch wenn sich einige Leute von dem Wort getroffen fühlen, ist retro weder ein negatives Qualitätsmerkmal, noch ein Urteil über Liebhaber bestimmter Teile der Popgeschichte.

    Was Reynolds angeht, so ist das einfach falsch.

    Nachdem ich den von latho verlinkten Artikel quergelesen habe, bin ich der Meinung, dass sich eine Beschäftigung mit Reynolds nicht lohnt. Da findet sich wirklich null Analyse, nur Polemik. Und obwohl ich nichts gegen Polemik habe, wundere ich mich doch, dass man mit so platter Rhetorik, die weitgehend ohne geistige Leistung auskommt, Aufmerksamkeit erzielen kann.

    Hier im Thread fehlen übrigens weiterhin konkrete Beispiele.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8682471  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    lathoWie gesagt, Retromania habe ich nicht gelesen, aber – und das drängte sich mir beim Lesen von Rip It Up auch auf – Thomas Gross hat ja in der letzten Zeit Reynolds jede Analytik abgesprochen. Von daher bleibt der Begriff schwammig, wird aber von Reynolds in negativem Sinn verwendet. Hier klingt das an und ich verweise zudem auf das, was ich am Anfang des Threads geschrieben habe: das total neue, das Reynolds sucht, gibt es nicht, man kann es ihm nur zuschreiben – das ist dann aber Geschmacksurteil.

    Wann soll sich denn Thomas Gross schon einmal mit dem Thema beschäftigt haben?

    Reynolds ist nicht auf der Suche nach dem total Neuen. So etwas hat es vermutlich in der Pop-Historie auch noch nie gegeben; schließlich müssen die Inspirationen ja irgendwoher kommen. Es geht vielmehr um eine Verschiebung innerhalb der Popmusik, überhaupt der Popkultur. Dieser Trend, der der Musik- und auch der Filmindustrie nicht zufällig sehr willkommen ist, scheint Innovationen immer unnötiger werden zu lassen, zumal sich zunehmend auch Konsumenten zu einem erheblichen Teil nicht mehr daran interessiert zeigen. Das bequeme Geschäft mit Repertoire und Archiven ist auch wesentlich weniger risikoanfällig, da bereits auf Erfolg geprüft.

    Das Mainstream-Kino aus Wallstreet-Hollywood der Anwälte und Anleger verfährt ja seit Jahren und sehr erfolgreich ebenfalls nach dieser Methode. Als Cineast wirst du dir vielleicht schon einmal die Frage gestellt haben, wohin diese Wiederholungsmanie führen soll; was außer klingelnden Kassen diese reihenweise erneut verfilmten Erfolgsfilme und Erfolgsserien früherer Jahre und das wenig innovative Durchkämmen europäischer und asiatischer Kinohits mit anschließender Verfilmung des selben Stoffes, nur mit amerikanischen Darstellern, für einen Sinn haben soll – von Filmkunst ganz zu schweigen.
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    nail75Was Reynolds angeht, so ist das einfach falsch.

    Nachdem ich den von latho verlinkten Artikel quergelesen habe, bin ich der Meinung, dass sich eine Beschäftigung mit Reynolds nicht lohnt. Da findet sich wirklich null Analyse, nur Polemik. Und obwohl ich nichts gegen Polemik habe, wundere ich mich doch, dass man mit so platter Rhetorik, die weitgehend ohne geistige Leistung auskommt, Aufmerksamkeit erzielen kann.

    Einfach? Falsch?

    Du bildest dir eine Meinung über ein 460-Seiten-Buch und die Fragen/Thesen seines Autors anhand eines quergelesenen Artikels? Alle Achtung. Vorschlag: anstatt Artikel vielleicht doch besser den Autor von RETROMANIA direkt lesen – und dies nicht nur quer. Deal? :-)

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    #8682473  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    tolomoquinkolomReynolds ist nicht auf der Suche nach dem total Neuen. So etwas hat es vermutlich in der Pop-Historie auch noch nie gegeben; schließlich müssen die Inspirationen ja irgendwoher kommen. Es geht vielmehr um eine Verschiebung innerhalb der Popmusik, überhaupt der Popkultur. Dieser Trend, der der Musik- und auch der Filmindustrie nicht zufällig sehr willkommen ist, scheint Innovationen immer unnötiger werden zu lassen, zumal sich zunehmend auch Konsumenten zu einem erheblichen Teil nicht mehr daran interessiert zeigen. Das bequeme Geschäft mit Repertoire und Archiven ist auch wesentlich weniger risikoanfällig, da bereits auf Erfolg geprüft.

    Das erscheint mir sehr viel substantieller als die meisten Beiträge bislang. Wenn man eine Vergangenheit besitzt, dann kann man die natürlich auch vermarkten und das vielleicht sogar leichter als neue Bands. Ob der Trend der Musikindustrie willkommen ist, da bin ich mir nicht sicher. Die hellsichtigen Leute haben natürlich erkannt, dass diese Vermarktungsmöglichkeiten irgendwann mal weniger werden. Aber irgendwie bleibt ihnen keine Wahl…

    Allerdings möchte ich nochmals davor warnen, den gewaltigen Ausbruch an kreativer Energie Mitte/Ende der 1960er zum Standard zu erklären und alle anderen Dekaden daran zu messen, obwohl es eine solche Situation nur einmal geben kann.

    Einfach? Falsch?

    Yep.

    Du bildest dir eine Meinung über ein 460-Seiten-Buch und die Fragen/Thesen seines Autors anhand eines quergelesenen Artikels? Alle Achtung.

    Wenn der Autor es nicht schafft, seine Thesen in einem Artikel zu präsentieren, wie soll das erst in einem Buch funktionieren?

    Vorschlag: anstatt Artikel vielleicht doch besser den Autor von RETROMANIA direkt lesen – und dies nicht nur quer. Deal? :-)

    Ist im Moment keine Priorität.

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    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #8682475  | PERMALINK

    brundlefly

    Registriert seit: 27.12.2008

    Beiträge: 4,766

    nail75Was Reynolds angeht, so ist das einfach falsch.

    Nachdem ich den von latho verlinkten Artikel quergelesen habe, bin ich der Meinung, dass sich eine Beschäftigung mit Reynolds nicht lohnt. Da findet sich wirklich null Analyse, nur Polemik. Und obwohl ich nichts gegen Polemik habe, wundere ich mich doch, dass man mit so platter Rhetorik, die weitgehend ohne geistige Leistung auskommt, Aufmerksamkeit erzielen kann.

    Du hast halt das Buch noch nicht gelesen, denn da ist durchaus Analyse drin, allerdings nur so viel, wie bei dem Thema möglich ist und mit dem (natürlich subjektiven) Blickwinkel seiner eigenen Musiksozialisation. Und so wie für ältere Semester eben die Sechziger das Goldene Zeitalter sind, sind das für ihn einerseits die späten Siebziger/frühen Achtziger und (auf elektronische Musik bezogen) die Neunziger: schnelllebige Zeiten, in denen musikalisch permanent was Neues ging und die Musik in jedem Jahr komplett anders klang als im Jahr davor.

    Natürlich ist da auch Polemik, Überspitzung und Selbstironie drin, aber das ist wohl eine Frage des Zugangs. Hier im Forum wird ja sehr viel Wert auf exakte Definitionen gelegt, aber das funktioniert bei einem so beweglichen Thema wie Popkultur nicht so wie in der Wissenschaft und dadurch werden wir uns hier auch nicht auf eine Definition von „retro“ einigen.

    --

    http://hyphish.wordpress.com "Every generation has its one defining moment. We are yours."
    #8682477  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    tolomoquinkolomWann soll sich denn Thomas Gross schon einmal mit dem Thema beschäftigt haben?

    Keine Ahnung, frag ihn. :-) Ich halte nicht viel vom Feuilleton der Zeit, aber Gross Artikel war zusammenhängend und klar geschrieben, von daher habe ich ihn ernstgenommen.

    tolomoquinkolom
    Reynolds ist nicht auf der Suche nach dem total Neuen. So etwas hat es vermutlich in der Pop-Historie auch noch nie gegeben; schließlich müssen die Inspirationen ja irgendwoher kommen.

    Aber genau das schreibe ich ja schon seit Seiten…

    tolomoquinkolom
    Es geht vielmehr um eine Verschiebung innerhalb der Popmusik, überhaupt der Popkultur. Dieser Trend, der der Musik- und auch der Filmindustrie nicht zufällig sehr willkommen ist, scheint Innovationen immer unnötiger werden zu lassen, zumal sich zunehmend auch Konsumenten zu einem erheblichen Teil nicht mehr daran interessiert zeigen. Das bequeme Geschäft mit Repertoire und Archiven ist auch wesentlich weniger risikoanfällig, da bereits auf Erfolg geprüft.

    So wie ich Reynolds (und auch dich verstehe), nimmt „retro“ zu, wird zuviel aufgekocht, gibt es nichts neues. Mir fehlen da aber Belege, Belege die vor allem die Tatsache mit einberechnen, dass die aktuelle Pop-Musik inzwischen diverse Dekaden auf dem Buckel hat, gleichzeitig phänomenal erfolgreich war. Natürlich ist es nach 50 Jahren schwierig komplett neues zu bringen, wenn gleichzeitig das Alte nur ein paar Klicks entfernt ist. Von daher hat die Beschwerde, es würde nichts neues mehr geben, zumal ohne genaue Angaben, was denn neu ist und wie man es erreichen kann, viel Larmoyanz

    tolomoquinkolom
    Das Mainstream-Kino aus Wallstreet-Hollywood der Anwälte und Anleger verfährt ja seit Jahren und sehr erfolgreich ebenfalls nach dieser Methode. Als Cineast wirst du dir vielleicht schon einmal die Frage gestellt haben, wohin diese Wiederholungsmanie führen soll; was außer klingelnden Kassen diese reihenweise erneut verfilmten Erfolgsfilme und Erfolgsserien früherer Jahre und das wenig innovative Durchkämmen europäischer und asiatischer Kinohits mit anschließender Verfilmung des selben Stoffes, nur mit amerikanischen Darstellern, für einen Sinn haben soll – von Filmkunst ganz zu schweigen.
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    […]

    Das ist aber etwas anderes als die Musikindustrie. Filme sind teuer und die großen Filmstudios waren noch nie sonderlich abenteuerlich. Mag es heute Man In Black bis Teil 26 geben, früher musste dafür Clark Gable ein- ums andere Mal den smarten Abenteuerer geben. Ich finde, das kann man nur schwer vergleichen.

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
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