Musik aus unterschiedlichen Kulturkreisen – was hört man / worauf verzichtet man

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  • #6916589  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    otisHeikel, heikel, finde ich das.
    Religiöse oder politische Ekstase etc. sind Elemente, denen ich nicht einfach trauen, denen ich mich auch nicht hingeben will. Wenn ich also weiß/höre, dass solcherlei Aspekte in der Musik vorhanden sind, will ich schon sehr genau wissen, ob ich mir das antun will. Da Musik ein Hure, für die vielfältigsten Zwecke also nutzbar ist, erscheint es mir da und dort um so dringender, die Hintergründe zu kennen.
    Was ich akzeptieren will, was nicht, wo ich Grenzen setze, wo nicht, das ist dann wieder eine andere Frage.

    Aber das ist bei Kunst immer so. Dalí beispielsweise pflegte eine (umstrittene) Nähe zu Franco und ist dennoch bis heute als Künstler angesehen (trotz absolut berechtigter Kritik an Teilen seines Werks) und vor allem äußerst populär.

    Daher wäre ich mit allzu strenger Ablehnung von Kunst aus politischen und religiösen Motiven vorsichtig, insbesondere dann, wenn die Musik (nach dem eigenen persönlichen Urteil) einen Eigengehalt hat und nicht nur Propagandazwecken dient. Nur weil Van Morrison oder Bach sehr gläubige Menschen sind bzw. waren oder die Manics einem Steinzeit-Salon-Kommunismus huldigen, muss das nicht zwangsläufig für ihre Musik nachteilig sein. Ist es in den genannten Fällen auch nicht.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #6916591  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Es geht nicht um die ideologische Einstellung eines Künstlers, sondern darum, inwieweit seine Musik sich dieser unterwirft und zu ihrem Sprachrohr wird. Wenn Musik also nicht mehr nur die individuelle (in meinen Augen vielleicht fragwürdige) Haltung widerspiegelt, sondern die Musik in den Dienst der großen Sache gestellt wird. Solche Musik kann sehr wohl auch „einen Eigengehalt“ haben.

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    #6916593  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

    Beiträge: 5,645

    Bei meinem Beispiel, den Devotional Songs, habe ich nicht das Gefühl, dass die Musik „in den Dienst der großen Sache gestellt“, also vordergründig auf Wirkung ausgerichtet und manipulativ ist. Es sei denn die „große Sache“ ist einfach die Freude, das Feiern, das gemeinsame Musizieren und „Abheben“. Bei den Musikern wird das wohl „spirituell“ motiviert sein (kann man nachlesen: der Sufismus spielt da eine Rolle), aber bei mir trifft es auf eine andere Disposition. Das ekstatische Element kommt vor allem vom Groove und aus der Kraft der Wiederholung (wie bei vieler Musik, Talking Heads z.B. auch). Es ist nichts Heikles daran, in der eigenen Wohnung groovebetonte Musik zu hören.

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    To Hell with Poverty
    #6916595  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Ich kenne dein Beispiel nicht. Und, wie ich schon sagte, die Grenzen muss ohnehin jeder selber setzen.
    Wenn mir bei ekstatisch aufgeladener Musik gewisser Kulturkreise Selbstgeißelungen oder -verstümmelungen vors geistige Auge kämen, dann hätte diese Musik keine Chance. Und wenn ich das Gefühl habe, Musik bewegt sich in diese oder jene Richtung, dann will ich eben ein wenig mehr wissen, bevor ich mich ihr hingebe. Dass solche Musik ihre Wirkung haben kann, würde ich doch niemals bestreiten. (nochmal: meine Replik bezieht sich nicht auf dein Beispiel)
    U.a. genau das ist doch Thema dieses Threads. Oder sehe ich das falsch?

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    #6916597  | PERMALINK

    yellowsubmarine

    Registriert seit: 03.08.2002

    Beiträge: 2,445

    Hi,
    ein sehr spannendes Thema.
    Emotionen spielen aus meiner Sicht eine entscheidende Rolle. Sprachverständnis ist nicht unbedingt erforderlich um Musik schön und ansprechend zu finden. Ich nehme nur einmal die Länder Türkei, Griechenland und Kenia. Dort habe ich viele, viele Monate meines Lebens verbracht und wirklich erschlossen hat sich mir keine Musik, aber geliebt habe ich vieles. Auch in diesen Ländern ist es wie bei uns, in jeder Region gibt es spezielle Musiken und türkisch ist nicht gleich türkisch usw.
    Die Einflüsse sind nicht zu zählen und eines der interessantesten Beispiele ist für mich die Insel Kreta. Dort habe ich einmal eine Band erlebt, die mich zu tiefst berührt hat, obwohl ich kein Wort verstanden habe, denn die Einflüsse reichten von spanischen Zigeunern (darf man das überhaupt noch sagen?) bis zu türkischen Einschüben aus Anatolien. Diese Musik hatte Schwere und Leichtigkeit in sich und hat tausende von Bildern im Kopf erzeugt.
    Andererseits geht mir z.B. die Musik in asiatischen Restaurants höllisch auf den Keks, damit kann ich nichts anfangen, war allerdings auch nie längere Zeit in Asien.
    Das wäre eigentlich ein Thema für eine LIVE-Diskussion an sehr langen Winterabenden bzw. Nächten…

    --

    "Don ́t sit down cause i ́ve moved your chair" (Artic Monkeys)
    #6916599  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    YellowsubmarineAndererseits geht mir z.B. die Musik in asiatischen Restaurants höllisch auf den Keks, damit kann ich nichts anfangen, war allerdings auch nie längere Zeit in Asien.

    Die Musik in vielen asiatischen Restaurants ist vermutlich genauso wenig asiatisch wie das Essen dort selbst.

    --

    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #6916601  | PERMALINK

    bender-rodriguez

    Registriert seit: 07.09.2005

    Beiträge: 4,310

    Prinzipiell kann man auch an Musik aus komplett anderen Kulturkreisen Gefallen finden, sich für diese verstärkt (oder gar primär) interessieren, ohne jemals in persona mit Menschen dieser Regionen in Berührung gekommen zu sein – oder die Ursprungsländer/Regionen dieser Musik bereist zu haben. Die Sprache zu verstehen ist auch kein notwendiges Kriterium (wieviele Zeitgenossen hören englischsprachige Popmusik, die jede Strassenecke beschallt, ohne die Texte zu verstehen? Eben…). Allerdings wäre bei andauernder Vertiefung in die (musikalische) Materie eine Auseinandersetzung mit den Hintergründen, der Kultur und der Geschichte dieser Musik von Vorteil.
    Würde ich z.B. an Musik des nahen Ostens Gefallen finden (was ich nicht tue – ich finde lediglich deren Einflüsse, die durch diverse westliche Künstler „importiert“, sich in elektronischer Tanzmusik niederschlug höchst interessant. BTW, Namen: Cabaret Voltaire, C Cat Trance, Muslimgauze [mit Vorsicht zu geniessen…], Esplendor Geometrico, Test Dept.), so wäre ich auf alle Fälle stark daran interessiert, keinerlei fundamentalistischer Hetzpropaganda, die eventuell durch diese Musik transportiert wird, in die Falle zu tappen.
    Ich betone: Keineswegs anders halte ich es mit Musik aus „vertrauteren“ Kulturkreisen (z.B. Neofolk/Industrial, politisch rechts orientiertem Rock – ich schaue hier sehr genau hin…) – allerdings sind diese „Künstler“ aufgrund der Herkunft bereits eher zu durchschauen. Meistens zumindest…

    Ich halte allerdings nicht viel von der Art musikalischer Rezeption, wenn aus sentimentalen oder romantisierenden Gründen der letzte Urlaub in sonstwo nochmals aufgewärmt wird – und man die dort erworbene reine Touri-Folklore-CD einer Hotel- oder Strassenmusikkapelle daheim auflegt. Kann m.E. nicht funktionieren – und hat etwas Instantartiges. Memorabilia halt, die ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit dieser Musik fast vollkommen unmöglich macht.

    Ganz zu schweigen von der Art „Worldmusic“, die zur reinen Esoterik-Muzak verhunzt wurde…

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    I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad
    #6916603  | PERMALINK

    staggerlee

    Registriert seit: 04.02.2007

    Beiträge: 738

    Wie alle anderen hier bin ich auch der Meinung, daß man zur Musik anderer Kulturen (außerhalb der Eigenen oder des angloamerikanischen Bereichs) einen emotionalen Zugang finden kann. Schwieriger ist es aber sie richtig einzuordnen/zu beurteilen- es bedarf denke ich eines größeren Aufwands.

    1.) Der Einfluß der USA in kultureller Hinsicht (Weltmacht, finanzielle, militärische…. Dominanz) auf Deutschland ist und war vor allem in der jüngeren Geschichte ungleich größer als bspw. den von Nigeria. Ähnliches gilt auch für Britain, daß geographisch und kulturell einfach näher liegt. Gar nicht überschätzen kann man den Einfluß der USA in der Nachkriegszeit/in den 50ern (teilweise auch davor- ich denke z.B. an die Swingjugend), wenngleich die Vorstellung über die USA sicherlich häufig naiv war (mir ist natürlich auch klar, daß Rock`n Roll im Speziellen in den 50ern eine verschwindend kleine Anzahl von Anhängern in Deutschland hatte, aber das nur nebenbei). Ob dies in Zukunft so bleibt kann angesichts der Globalisierung allerdings bezweifelt werden.

    2.) Natürlich gibt es Sprachbarrieren. Auch wenn mein Englisch alles andere als perfekt ist, so verstehe ich die Texte zumindest teilweise.

    3.) Sicherlich bedarf es keinerlei Kenntnisse um Musik aus allen möglichen Ecken dieser Erde zu hören und einen emotionalen Zugang zu finden. Wenn es für mich dennoch ein Randthema ist, so hat dies vor allem pragmatische Gründe. Britische/amerikansiche Popmusik und Jazz sind ein dermaßen weites Feld, daß es mir schwer fällt weitere Fässer aufzumachen.

    4.) Etwas anders betrachte ich den spirituellen Aspekt von Worldmusic als otis (der Ausdruck Worldmusic stört mich auch, da sehr undifferenziert, aber ich habe derzeit keinen besseren). Um ehrlich zu sein ärgert mich immer ein wenig die Einordnung von Doebeling des Spätwerks von Coltrane. Um wieviel mehr Tiefe und musikalisches Können hat Coltranes A Love Supreme als bspw. Carlos Santana. Nichts ist daran scheinheilig und kann man Nirvana für Fred Durst verantwortlich machen? Ich selbst bin Agnostiker habe aber keinerlei Probleme z.B. Bach anzuhören (auch wenn ich von Klassik keinen Schimmer habe), dessen Musik tief empfundene Religiosität wiederspiegelt. Im Grunde genommen beneide ich Coltrane und Bach. (P.S: Vielleicht ist A Love Supreme nicht das beste Beispiel aber Coltrane hat für mich eine Menge Ansätze zur Worldmusic)

    5.) Die Pekingente und Bob Marley: Ich esse sehr gerne Pekingente in hiesigen Restaurants. Ohne Marley wäre Reggae vermutlich ein Inselthema geblieben. Reggae per se ist natürlich aus den verschiedensten kulturellen/nationalen Einflüssen entstanden. Marley hat zusätliche Rockelemente dieser Musik hinzugefügt und damit seinen Siegeszug um die Welt gestartet. Sagt dies etwas über die Qualität seiner Musik aus? Ich glaube eher nein. Dahinter steckt die Frage: Wie authentisch muß Worldmusic sein- ich denke die Frage ist anfürsich schon ein Widerspruch in sich selbst (vielleicht steckt dahinter eine Art Vorstellung vom „edlen unbefleckten Wilden“).

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    #6916605  | PERMALINK

    santander

    Registriert seit: 22.09.2005

    Beiträge: 1,654

    Scheinen ja alle weitgehend darin übereinzustimmen, dass einem Musik anderer Kulturkreise ohne jegliche Vorkenntnis (sozusagen a priori) gefallen kann, dass andererseits aber ein tieferes Verständnis dieser Musik nur möglich ist, wenn man sich eingehender mit der jeweiligen Kultur befasst (a posteriori). Fragt sich dann u. a., wo die Grenze zwischen dieser apriorischen Anerkennung und der Ablehnung bzw. Sympathie und Nichtsympathie liegt; sie dürfte jeweils individuell sehr verschieden sein.
    Interessant ist der Beitrag von Anne Pohl, die mongolische Obertonmusik erwähnt, also Musik, die wirklich von ganz weit her kommt. Eine solche „Band“ stand hier in Freiburg öfter auf der Straße. Mich nervt Straßenmusik zwar häufig, aber hier bin ich immer wieder stehengeblieben, weil mich diese Musik so faszinierte.
    Ähnliches gilt für eine „Folkband“ wie die Bulgarian Voices, die mich immer schon faszinierten, und zwar auf Anhieb, ohne jegliche Kenntnis des kulturellen Backgrounds. John Peel muss es so ähnlich ergangen sein, denn er spielte sie in den achtziger Jahren in seiner Sendung. Ich selber habe sie (zumindest einige von ihnen) 2003 live gesehen, kurioserweise im Libanon während des Sommerfestivals in Beit-ed-Dine; hier mal eine Kostprobe (die Klangverminderung bei Youtube spielt hierfür keine Rolle):

    http://de.youtube.com/watch?v=dWLMZnhUvUo

    Arabischen, persischen oder türkischen Klängen war ich a priori auch nie abgeneigt. Als Freunde in Beirut feststellten, dass mir arabische Musik tatsächlich gefällt (wir besuchten dort einige Konzerte, auch gab es eine Hochzeit, auf der viel Musik gespielt und wo getanzt wurde), bin ich eingedeckt worden mit guter Musik, die ich immer noch auf einigen MCs habe und die hier auch in meinem Umfeld auf Sympathie gestoßen ist. Zugleich wurde mir die jeweilige Musik ausführlich erläutert, da man wusste, dass ich nicht alles sogleich verstehen würde, unmittelbare Sympathie hin oder her. Da haben wir sie, die A-posteriori-Erkenntnis, die in diesem Fall auch wirklich nötig ist – man kommt bei arabischer Musik ja u. a. in ein gänzlich anderes Tonsystem hinein. Ich will auch hier mal ein eindrucksvolles Beispiel bringen, und zwar von Fairouz, der wohl bedeutendsten arabischen Sängerin überhaupt (einer Libanesin, die meines Wissens noch in Beirut lebt). Fairouz ist musikalisch von größter Bedeutung für die gesamte arabische Welt. Sie hat unglaublich viel Musik gemacht, ich wähle hier mal ein religiöses Stück, das Passionslied (Fairouz ist Christin).
    Wer religiöse Inhalte nicht mag (ich meine die konsequenten Atheisten dieses Forums), blende diese beim Hören bitte aus, das geht ganz einfach (vor allem sollte man sich in diesem Fall das Video dort wegdenken). Musik ist sicher immer ein Ideenträger und kann von dort her auch zum Ideologieträger werden; Fairouz verbreitet jedoch keine Ideologien in diesem platten Sinne, weshalb man sich hier auch rein auf ihren Gesang und die Musik konzentrieren kann:

    http://de.youtube.com/watch?v=9QCZc2A1p7Y

    *

    Zum Schluss zur Auflockerung – obwohl es ein harter Bruch zu Fairouz ist – noch ein Stück libanesischen Pop, von Elissa, die eine wunderschöne Stimme hat und von den Kids dort (und überhaupt in der arabischen Welt) gern gehört wird. Ist sehr eingängig und gefällig. Spielt es laut, Leute; hoffe, es gefällt auch „a priori“:

    http://www.youtube.com/watch?v=uSaUbY6n0Ew

    --

    #6916607  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Ich glaube, da gibt es ein Missverständnis bzgl. der religiösen Inhalte. Obwohl Agnostiker, habe ich keinerlei Probleme damit, Bach zu hören, Mozart-Messen oder in Country und schwarzer Musik Songs religiösen Inhaltes. Darum geht es mir nicht. Wenn diese Musik aber eine Art Missionierungsfunktion hat, dann lehne ich sie ab.

    Apropos: Ende der 60s gab es eine Platte mit Walgesängen und es gab Leute, die diese hörten. Da könnte man sich auch Gedanken drüber machen. Wenn auch wohl besser andernorts.

    --

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    #6916609  | PERMALINK

    santander

    Registriert seit: 22.09.2005

    Beiträge: 1,654

    Ist schon okay, otis, aber irgendeine Anmerkung musste ich machen, weil die Videopräsentation auf Youtube schon extrem ist und einige Leute das als durchaus missionarisch ansehen könnten – das würde aber Fairouz nicht gerecht, muss man ausblenden. Ansonsten völlige Zustimmung: Würde man alle irgendwie religiös inspirierten Werke entfernen, bliebe von der abendländischen Kultur (im Grunde von allen Kulturen) nicht allzuviel.
    Die „Walgesänge“ sind übrigens immer noch beliebt, waren es auch Ende der achtziger Jahre in der frühen Techno- und Trance-Szene (Cosmic Baby hat sie ja ausgeschlachtet auf einem seiner Alben).
    Mir ging es nur darum, dass jeder an sich selbst austesten kann, was er „a priori“ und unmittelbar als schön empfindet und was nicht; da werden wir dann Unterschiede feststellen (in chinesische, koreanische oder japanische traditionelle Musik z. B. komme ich überhaupt nicht rein, das bleibt mir zunächst vollständig verschlossen).

    --

    #6916611  | PERMALINK

    wa
    The Horst of all Horsts

    Registriert seit: 18.06.2003

    Beiträge: 24,684

    waDa fühle ich mich doch angesprochen. Kommt heute abend.

    [Sorry, mein Statement muss noch warten. Anderes geht momentan vor.]

    --

    What's a sweetheart like me doing in a dump like this?
    #6916613  | PERMALINK

    santander

    Registriert seit: 22.09.2005

    Beiträge: 1,654

    Fällt mir grad noch ein @ otis: Bei Kate Bush erklingen doch sowohl die Walstimmen („Saxophone Song“) als auch die Bulgarian Voices (in mehreren Tracks auf „The Sensual World“, etwa in „Deeper Understanding“), eine interessante Übereinkunft. – Nur eine Anmerkung, nun weiter on topic.

    --

    #6916615  | PERMALINK

    sparch
    MaggotBrain

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 36,855

    Sicher kann es von Vorteil sein, die Kulturkreise zu bereisen, deren Musik man hört. Als zwingende Voraussetzung sehe ich das allerdings nicht an. Man reist ja schließlich auch nicht ständig nach UK bzw. USA, um seine musikalischen Kenntnisse zu vertiefen bzw. sich mit deren Kultur zu beschäftigen. Vielmehr geht man ja allgemein davon aus, dass diese Kulturen der unseren mit am ähnlichsten sind. Stellt sich nur die Frage, ob das wirklich so ist. Und was wäre dann mit Frankreich? Immerhin ist das unser direkter Nachbar, trotzdem hört man hierzulande kaum französische Musik, zumindest im Vergleich zur angloamerikanischen Musik. Sprache scheint also ein Grund für den Siegeszug angloamerikanischer Musik zu sein. Und das funktioniert auch dann, wenn die Bands und Musiker aus anderen Ländern kommen. Oder wie ist z.B. der Erfolg von Abba sonst zu erklären? Wären sie gleichermaßen erfolgreich gewesen, wenn sie auf schwedisch gesungen hätten? Wohl kaum. Auch Fela Kuti hatte sich damals nur deshalb dazu entschlossen, auf Pidgin Englisch zu singen, damit ihn zumindest alle Nigerianer verstehen können, denn nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung dort spricht Yoruba.
    Seit ca. 3 Jahren beschäftige ich mich nun mit Musik aus Afrika und die Vielfalt der Kulturen ist immens. Afrika wird auch heute noch gerne als homogenes Gebilde präsentiert, was natürlich Unsinn ist. Nicht einmal bei einzelnen Ländern wie Nigeria oder Mali kann man von Homogenität sprechen, was bei willkürlich gelegten Grenzen auch schlicht und ergreifend unmöglich ist. Den Einstieg habe ich zunächst über schwarze anmerikanische Musik gefunden. Ich interessierte mich für die Wurzeln von Jazz, Soul, Funk und Blues, die ohne Zweifel in Afrika zu finden sind. Dabei hat sich mein Interesse auch längst auf den arabischen Norden ausgeweitet, vor allem der Maghreb ist musikalisch höchst interessant. Die Sprachen, in denen Gesungen wird, stellten für mich nie ein Hindernis dar. Ganz im Gegenteil, manchmal stört es mich sogar, wenn auf Englisch gesungen wird. Die Texte kann man dennoch oft verstehen, da vielen Alben eine englische Überstzung beigelegt ist, oder zumindest eine Erklärung auf Englisch. Für mich ist die Sprache eine höchst interessante, zusätzliche Nuance, eine Art weiteres Instrument. Wenn z.B. Simphiwe Dana aus Südafrika mit selbstverständlicher Leichtigkeit in ihrer Sprache Xhosa singt, eine Sprache, deren Worte unsereins nur schwer lesen geschweige denn aussprechen kann, dann hat das seinen ganz eigenen Reiz, den man mit Englisch kaum erreichen könnte. Dana selbst hat in einem Interview mal gesagt, dass sie ihre Gefühle auf Englisch niemals so ausdrücken könnte wie auf Xhosa. Und wenn man sich dann die englischen Übersetzungen durchliest, wird man schnell feststellen, dass die Themen uns gar nicht so fremd sind, wie wir das vielleicht erwarten würden, ganz egal ob es sich dabei um Liebeslieder oder sozialkritische Texte handelt.
    Dass das alles heutzutage unter dem Begriff Weltmusik eingeordnet wird, ist mindestens schade zumal dieser Begriff stark vorurteilbehaftet ist. Mit Tourifolklore hat diese Musik nichts zu tun. Eine ganze Reihe kleiner Labels veröffentlicht heute Musik fernab von angloamerikanischen Hörgewohnheiten, die sich der Sunshine Reggae Tourist niemals anhören würde. Stellvertretend sei hier einmal die Congotronics Reihe des belgischen Crammed Labels genannt.

    --

    Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
    #6916617  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Sehr schöner Beitrag, sparch.

    sparchUnd was wäre dann mit Frankreich? Immerhin ist das unser direkter Nachbar, trotzdem hört man hierzulande kaum französische Musik, zumindest im Vergleich zur angloamerikanischen Musik.

    Die Distanz zu Frankreich ist unverständlich. Nouvelle Pop hat da ein bisschen was verändert. Viele Musikinteressierte merken, dass nach Gainsbourg auch anderes aus dem Nachbarland zu entdecken wäre. Manchmal scheitert es allerdings nicht einmal an der Sprachbarriere, sondern an fehlender Information. Aktuelles Beispiel: Pravda, ein französisches Rock-Duo (Mischung aus Stereo Total und White Stripes), das überwiegend englisch singt, wurde hier nur wenig wahrgenommen.

    Nochmal Sprachbarriere: Dass es auch anders geht, zeigen z.B. die Erfolge von Mariza, Sigur Ros, Gianna Nannini, Natacha Atlas, Madredeus oder die des Buena Vista Social Clubs (und seiner Solisten).

    sparchFür mich ist die Sprache eine höchst interessante, zusätzliche Nuance, eine Art weiteres Instrument.

    Interessanterweise sehen das auch Leute so, die mit der englischen Sprache Probleme haben, aber trotzdem sehr gerne angloamerikanischen Pop/Rock hören. Für sie ist das eine zusätzliche Klangfarbe. Und ganz ehrlich, bei manchen Songtexten würde ich mir auch wünschen, nicht verstanden zu haben, was da gesungen wurde.

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