Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #12081067  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    gypsy-tail-wind Für mich auch! …. Hab mir angewöhnt, die eine zeitgenössische Oper pro Saison einfach anzuschauen – es gäbe ja ordentlich viel davon, aber aufgeführt wird wenig, das Publikum ist meist auch eher spärlich (Lachenmann oder Holliger waren da wenig überraschend Ausnahmen … Kommende Saison gibt es hier „Amerika“ von Haubenstock-Ramati, darauf freue ich mich schon

    :good: ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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    #12087365  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zürich, Tonhalle – 08.06.2023

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Paavo Järvi
    Music Director
    Frank Peter Zimmermann Violine

    EDWARD ELGAR: Violinkonzert h-Moll op. 61

    DMITRI SCHOSTAKOWITSCH Sinfonie Nr. 1 f-Moll op. 10

    Beim letzten normalen Orchesterkonzert in der Tonhalle hatte ich wieder einmal denjenigen Abend erwischt, bei dem es eine „Prélude“ in der kleinen Tonhalle gab, ein Künstlergespräch mit Kammermusik, die von Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste präsentiert wird. Dieses mal spielte Juan Carlos Escobar, der in der endenden Saison auch ein Orchesterpraktikum bei der Tonhalle absolviert, mit Yoshiko Iwai am Flügel, die ersten beiden Sätze (Moderato und Allegretto) aus der Sonate für Viola und Klavier op. 147 von Dmitri Schostakowitsch. Ich habe davon gerade mal eine einzige Aufnahme (Caussé/Engerer, 2011) und ein paar Tage später dann auch noch angehört – was für ein eindrückliches Werk, wie schön die Bratsche hier klingen kann, wie schön ihr eigener Klang zum Vorschein kommt. Das war ein umwerfender Einstieg in einen Abend, der noch einiges bieten sollte.

    Das Gespräch mit Escobar war danach weniger ergiebig (die Fragenstellerin ist eine Journalistin, die zur Tonhalle gewechselt hat, ihre Texte las ich stets gerne), doch dann gab’s einen fliegenden Wechsel und Andreas Janke, der Konzertmeister des Abends übernahm und sprach über die zwei Werke, die auf dem Programm standen (das schon am Vorabend aufgeführt worden war), über die Arbeit mit Paavo Järvi, die Anspannung auf der Bühne usw., und das wurde dann sehr interessant. Frank Peter Zimmermann lobte er in höchsten Tönen, er sei derzeit quasi der Gott seines Instruments, die Arbeit mit ihm sei beeindruckend. Und dann ein kleines Detail: Als er vor einer Orchesterprobe an sein Pult sass, seien da die Noten von Zimmermann gelegen, der davor schon einen Probe mit Järvi gehabt habe – er habe es sich nicht verkneifen können, reinzugucken und gesehen, dass da ganz viele Dinge aus der Partitur vermerkt seien, dass Zimmermann – das scheint bekannt zu sein? – seine Interpretationen also tatsächlich aus der gesamten Orchesterpartitur heraus entwickle, jeden Einsatz, jede Phrase usw. kenne. Eine unglaubliche Akribie also, gepaart mit der besten heute zu findenden Spieltechnik und einer immensen Freude am Musizieren. So in etwa der Tenor. Das Konzert von Elgar sei zudem fortwährend in der Schwebe, praktisch in jedem Takt verändere sich das Tempo ein wenig. Zudem werde mit Järvi bei den Proben der Rahmen abgesteckt, bei den Konzerten können vieles im Detail dann anders kommen (wohl auch anders als am Vorabend) als bei der Probe angespielt – da sei es also buchstäblich ein Muss, auf der Stuhlkante zu sitzen und hellwach zu sein. Zur ersten Symphonie von Schostakowitsch, die dieser mit 19 Jahren als Abschlussarbeit komponiert hatte, fand Janke dann ebenfalls nur lobende Worte. Sehr bildhaft sei sie, man könne sich bei mancher Passage fast schon eine Szene von Tom & Jerry dazu ausmalen.

    Im Saal sass ich dann seltsamerweise auf der anderen Seite als üblich – drum auch kein Foto von der ersten Hälfte: Zimmermann blieb so weit hinten stehen, dass Järvi ihn fast immer verdeckte – ausser beim letzten Mal, als er allein nochmal kam … eine Zugabe spielte er nicht, was ich nach diesem Ungetüm von einem Konzert auch gut fand. Fast 50 Minuten dauert das Violinkonzert von Elgar, das ausserhalb von England stets im Schatten des berühmten Cellokonzerts steht. In der Tonhalle fand die erste dokumentierte Aufführung 1994 mit Igor Oistrach und Nello Santi am Pult statt, zuletzt stand es 2009 mit Kyoko Takezawa und David Zinman im Programm. Gewidmet ist das Konzert Fritz Kreisler, der Elgar 1950 in einem Interview auf dieselbe Ebene wie Beethoven und Brahms stellte, seine „Idole“, und sagte: „Ich wünschte, Elgar würde etwas für die Violine komponieren. Er könnte es und es würde sicher einschlagen.“ – Und als es ein paar Jahre später fertig wurde, teilte es sich ja die Opuszahl mit dem Violinkonzert von Beethoven. Jedenfalls fand ich das in jeder Hinsicht eine tolle Aufführung – das hat an dem Abend bei den Tausend Leuten, die da waren, tatsächlich eingeschlagen. Die Stimmung im Saal schien mir auch besonders, es wurde seit längerem wieder mal kaum gehustet, der Applaus war riesig und hielt lange an.

    Nach der Pause ging es phänomental weiter. Das Orchester war noch etwas angewachsen, es spielte an dem Abend auch in bester Besetzung (zwei der drei Konzertmeister*innen am ersten Pult, dasselbe bei den Stimmführer*innen der 2. Violine, Solo-Cello usw., nur auf dem Stuhl der ersten Flötistin sass ein Musiker, den ich noch nie bewusst wahrgenommen habe (ich glaub nicht, dass es der stv. Solo-Flötist war, aber bin nicht ganz sicher). Viel zu tun hatten in dieser zweiten Hälfte neben dem Konzertmeister Janke und dem Solo-Trompeter eben auch das Solo-Cello (Paul Handschke, der junge neue Registerführer) und der ebenfalls neue Pianist des Orchester, Hendrik Heilmann (auf dem Foto ist er zwischen den Bratschen zu sehen, in die der Flügel quasi einen Keil schlug auf der Bühne). Auch das eine umwerfende Aufführung, ein mit Leichtigkeit gespieltes Werk, das humorvoll und todtraurig mit der Romantik aufräumt, die noch im ersten Konzertteil zelebriert wurde. Der Applaus war auch dafür anhaltend und gross. Ein tolles Programm, ein glänzendes Orchester – bitte mehr davon!

    Hm, jetzt wo endlich das Saisonprogramm da ist, bin ich da zwar nur mässig optimistisch was die gewagteren Programme angeht … aber ein beginnender Mahler-Zyklus ist natürlich auch klasse! Morgen geht’s zum Liederabend von Sabine Devieilhe ins Opernhaus, übermorgen ins Stadion zu Bruce Springsteen, am Freitag dann zum halbszenischen „Fidelio“ wieder in der Tonhalle, ein für Frühling 2020 geplantes Projekt, das jetzt endlich stattfinden wird, natürlich auch mit Järvi … und dann bin ich mal beim Filmfestival in Bologna und überlege, ob ich danach noch in den „Freischütz“ soll, den ich 2016 verpasst habe, als die Inszenierung von Herbert Fritsch Premiere hatte – die Marthaler-Aufführung in Basel war ja genial, das habe ich trotz Covidnebelkopf gemerkt – , und dann noch zum ZKO mit Holliger und dem Duo Gerzenberg, das Veress‘ „Hommage à Paul Klee. Fantasie für zwei Klaviere und Streichorchester“ spielt – davor Ravels „Tombeau de Couperin“, danach Haydns 98. Symphonie … das klingt doch nach einem schönen Saisonabschluss?

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12089573  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    https://www.casopisharmonie.cz/kritiky/nejhlubsi-lidstvi-v-mahlerovi-semjona-byckova.html

    Das hätte ich sehr gerne gehört (Rezension in tschechischer Sprache, kann aber auf Deutsch umgestellt werden) ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12089875  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy, vielen Dank für den Bericht.
    Frank Peter Zimmermann führte hier Anf. 2023 im Jubiläumsjahr/100 J. Rundf.Orch. das Stravinsky VK auf (UA 1931 in Berlin, Haus des Rundfunks). Ich sah und hörte ihn zum ersten Mal live und nahm auch wahr, dass er stark mit dem Orchester kommunizierte. Er stand ebenfalls weiter hinten (aus Publikumssicht) als andere Solisten.

    soulpopehttps://www.casopisharmonie.cz/kritiky/nejhlubsi-lidstvi-v-mahlerovi-semjona-byckova.html Das hätte ich sehr gerne gehört (Rezension in tschechischer Sprache, kann aber auf Deutsch umgestellt werden) ….

    ich kann die Übers. leider nicht finden, aber offensichtlich tolle Aufführung von Mahler 6

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    #12089883  | PERMALINK

    Anonym
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    @soulpope Ich wohl auch; Bychkov ist bisher eine Art blinder Fleck, vermutlich unter unzähligen.

    @yaiza Wenn Du auf der verlinkten Seite ganz nach unten gehst, kannst Du rechts die gewünschte Sprache auswählen. Der Artikel ist sehr enthusiastisch, geht kaum in Details, aber das scheint dem Enthusiasmus geschuldet zu sein.

    @gypsy-tail-wind Dank auch von mir für den Bericht. Zimmermann könnte sich ruhig auch einmal hierhin verirren, gleich mit Järvi. Du bist wirklich gesegnet mit guten Leuten in Zürich.

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    #12089899  | PERMALINK

    yaiza

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    @clasjaz: vielen Dank!

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    #12089931  | PERMALINK

    soulpope
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    clasjaz @soulpope Ich wohl auch; Bychkov ist bisher eine Art blinder Fleck, vermutlich unter unzähligen. @yaiza Wenn Du auf der verlinkten Seite ganz nach unten gehst, kannst Du rechts die gewünschte Sprache auswählen. Der Artikel ist sehr enthusiastisch, geht kaum in Details, aber das scheint dem Enthusiasmus geschuldet zu sein …

    Ich kenne mit dieser Kombo eine Mahler 5 Konzertaufnahme und diese ist in ihrer fast vollständigen Hingabe grossartig …. btw interessant, dass hier kein Studiozyklus angedacht wurde ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12090289  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Guten Morgen – ich musste gerade nachschauen … ich habe Zimmermann bereits zum vierten Mal gehört! Was für ein Glück! 2013, also noch bevor ich anfing, regelmässig ins Konzert zu gehen, spielte er in der letzten Zinman-Saison (2013/14 glaub ich?) das Konzert von Brahms, im Juni 2016 dann unter Honeck (der für Haitink einsprang) das von Beethoven (klick), und im Februar 2017 hörte ich ihn bei meinem ersten Besuch in Turin mit dem RAI-Orchester unter Metzmacher mit dem zweiten Violinkonzert von Lindberg (klick – da gab es danach Varèse und Grisey, also ein rundum klasse Abend!).

    Und der Bericht zu Mahler 6 (danke @ soulpope) erinnert mich auch gleich an eine Aufführung mit Zinman vor einigen Jahren. Mir fehlten damals (erste Begegnung mit Mahler im Konzert und überhaupt eine der ersten Begegnungen) die Worte, aber hier gibt es eine Rezension, die ich damals auch verlinkt hatte:
    https://seenandheard-international.com/2017/03/zinman-welcomed-back-to-the-tonhalle-for-stirring-mahler-sixth/
    Und die Tonhalle beginnt ja in der Saison 2023/24 einen neuen Mahler-Zyklus, darauf freue ich mich sehr – nach Bruckner sind sie ja aufgewärmt ;-)

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    #12090297  | PERMALINK

    soulpope
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    gypsy-tail-wind …. Und die Tonhalle beginnt ja in der Saison 2023/24 einen neuen Mahler-Zyklus, darauf freue ich mich sehr – nach Bruckner sind sie ja aufgewärmt

    Bin schon interessiert wie das laufen wird ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #12090461  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich fand die letzten paar Konzerte unter Järvi ja wieder wahnsinnig gut! Und auch mit Herreweghe war das Orchester in allerbester Form. Morgen gibt es die erste von zwei Aufführungen von „Fidelio“, ich bin da dann zum letzten Mal beim Tonhalle-Orchester diese Saison und sehr gespannt darauf. (Den eigentlichen Saisonabschluss gibt es dann noch mit Hrusa, der Hosokawa und Suk dirigiert, aber da bin ich dann in Bologna im Kino.)

    Den Bruckner habe ich halt teilweise verpasst und teilweise in Long-Covid-Nebel bzw. -Erschöpfung gehört, aber da kommt ja dann bald mal eine CD-Box, hoffe ich (Nr. 9 wird nächste Saison gleich zur Eröffnung gespielt, aber ob der Zyklus damit durch ist, weiss ich nicht sicher (die vergangenen Saisonprogramme verschwinden stets im Lauf des Sommers und sind leider nicht mehr online abrufbar und ich hab nicht Buch geführt bzw. ein paar Konzerte wohl verpasst in der Saison 2021/22).

    Was mit dem Mendelssohn-Zyklus ist, der ebenfalls aufgenommen wurde, weiss ich auch nicht – glaub der ist auch fertig inzwischen? (Wie Bruckner gibt’s mit Zinman keinen, einen Mahler-Zyklus gibt es, daher weiss ich nicht, ob der auch aufgenommen wird – aber spannend wäre es sicher, das später mal vergleichen zu können). Jedenfalls steht 2023/24 kein Mendelssohn mehr im Programm.

    A propos Mendelssohn: da ist Herreweghe ja jetzt in Basel dran; beim aktuellen Tempo (ein Konzert pro Saison) dauert das wohl noch bis 2026/27 … wäre auch spannend, wenn das aufgenommen würde, aber das weiss ich nicht (in Basel krieg ich weniger mit bzw. lese nicht jedes Fitzelchen, obwohl ich ja auch ein Abo habe).

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    #12091133  | PERMALINK

    Anonym
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    soulpopeIch kenne mit dieser Kombo eine Mahler 5 Konzertaufnahme und diese ist in ihrer fast vollständigen Hingabe grossartig …. btw interessant, dass hier kein Studiozyklus angedacht wurde ….

    Ich behalte den Namen im Kopf …, danke noch einmal.

    gypsy-tail-wind Und die Tonhalle beginnt ja in der Saison 2023/24 einen neuen Mahler-Zyklus, darauf freue ich mich sehr – nach Bruckner sind sie ja aufgewärmt

    Inzwischen weiß ich nicht mehr, wohin mit Mahler-Einspielungen, aber Järvi würde ich wohl sicher gern hören. Abgesehen von dem zweifellosen Unterschied des Konzert- und Plattenhörens. Bei Mahler ist fast jede Live-Erfahrung ein Erlebnis; zuletzt hier die Siebte in Wuppertal mit einem Jugendorchester. Selber schwurbel ich immer noch an Bruckner und Mahler herum, bin aber eher durch Mahler aufgewärmt, wenn ich das sagen darf, – aber die Unterschiede sind schon gewaltig. Wahrscheinlich kann man sie ungefähr so wenig zusammenstellen wie Goethe und Schiller (gut, da gibt’s eine Zusammenarbeit und eine Korrespondenz unter Zyklopen, inklusive dummes Zeug über Hölderlin), aber es bleibt eine Kluft im Vers.

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    #12091545  | PERMALINK

    yaiza

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    Nachtrag

    8. Juni 2023 – Konzerthaus Berlin

    RUNDFUNK-SINFONIEORCHESTER BERLIN (Aufz. des Konzerts am So, 18.06.23 21.05 Dlf)
    Emmanuel Tjeknavorian, Dirigent; Anna Vinnitskaya, Klavier

    Khachaturian– Suite aus der Musik zum Ballett „Gayaneh“, zusammengestellt von Emmanuel Tjeknavorian
    Rachmaninow – Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester op. 43

    Mussorgski – „Bilder einer Ausstellung“ (Instrumentierung: Maurice Ravel)

    Das RSB-Konzert, das ich zuvor im Ende Mai besuchte, endete mit Musik zum Ballet „Romeo und Julia“. Dieses fing mit der Musik zu „Gayaneh“ von Aram Khachaturian an. Für mich war die von Tjeknavorian zusammengestellte Suite die Möglichkeit, mehr Musik aus diesem Ballet zu hören. Wie wohl die meisten, hörte ich bis dato nur mal den „Säbeltanz“. Um diesen schlich Tjeknavorian auch nicht herum, nahm keinen Anlauf, er wählte ihn direkt als Auftakt. Er arbeitet viel mit Blicken und Fingerzeichen. Das Programmheft diesmal doch in der Hand haltend, konnte ich mich auf der Kurzreise durch „Gayaneh“ gut orientieren (Säbeltanz, Tanz der Rosenmädchen, Aischas Erwachen und Tanz, Tanz der Hochländer/Kurden, Wiegenlied, Tanz der jungen kurdischen Männer, Lesginka). Sehr energiegeladene und ruhige Passagen wechselten sich in dieser halben Stunde ab.
    Die „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“ wollte ich sowieso mal wieder hören und da traf es sich gut, diese von einer so vorzüglichen Pianistin wie Anna Vinnitskaya gespielt zu hören. Durch die nähere Beschäftigung mit den „Sinfonischen Tänzen“ von Rachmaninow, hatte ich mir sowieso vorgenommen auch bei anderen Werken auf das Einweben des „Dies irae“-Motivs zu achten. Danach brandete kräftiger Applaus für Vinnitskaya auf, die sich immer wieder zu Tjeknavorian drehte, um ihn auch an den Bühnenrand zu holen. Dieser blieb aber auf dem Pult hinter dem Flügel stehen. Die Zugabe habe ich nicht erkannt, die Auflösung gibt’s vielleicht bei der Sendung im Dlf an diesem Sonntag.
    Nach der Pause dann Mussorgskis „Bilder“. Im Vorfeld tauchte ich tatsächlich mal wieder in Aufnahmen mit der Klavierfassung ein (bei mir zu Hause Aufn. mit Peter Rösel und Nikolaus Lahusen). Durch Tjeknavorians Dirigat vor der Pause (detailliert und pointiert) lag für mich dann doch auch eine besondere Stimmung in der Luft. Ich höre die Orchesterfassung gar nicht so gern, egal ob nun von Ravel, Ashkenazy u.a., aber ich konnte der Interpretation schon viel abgewinnen (sehr dynamisch, keine romantische Lesart).
    Der Abend endete mit wirklich langem Applaus für das RSB und Emmanuel Tjeknavorian. Ich war auf ihn als Dirigenten gespannt und hätte rein von der Programmankündigung auch nicht gedacht, dass es so ein interessanter Abend werden wird.

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    #12092819  | PERMALINK

    yaiza

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    15. Juni 2023 – Konzerthaus Berlin

    KONZERTHAUS KAMMERORCHESTER, Ltg. Sayako Kusaka
    BLÄSERSOLISTEN DES KONZERTHAUSORCHESTERS BERLIN

    Mozart – Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester Es-Dur KV 297b
    (Michaela Kuntz, Alexandra Kehrle, Dmitry Babanov, Luka Mitev)

    Schnittke – „MOZ-Art à la Haydn“ für zwei Violinen und zwei kleine Streichorchester
    (Sayako Kusaka, Teresa Kammerer)
    Haydn – Sinfonie Nr. 80 d-Moll

    Herzstück an diesem Abend war Alfred Schnittkes „MOZ-Art à la Haydn“ (1976, Gidon Kremer und Tatjana Grindenko gewidmet), das im Programm zwischen Mozarts Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester und Haydns Sinfonie Nr. 80 stand. Es sollte schonmal in der zweiten Hälfte der Spielzeit 2019/20 aufgeführt werden. Für mich wäre es das erste Werk von Schnittke, das ich im Konzertsaal gehört hätte, gewesen… und so ist’s auch geblieben. Mit „MOZ-Art à la Haydn“ hatte ich mich auch gar nicht beschäftigt, so dass ich alle Überraschungen genießen konnte. Ich rechnete schon mit einer Art Parodie, hatte aber nicht gedacht, dass es auch Bühnenanweisungen (Bewegung, Beleuchtung) gibt. Ich nehme mal noch nicht soviel vorweg, falls jdn. aus dieser Runde das Werk noch begegnet, kann aber bei Interesse auch mehr dazu schreiben. Vom Mozart-Material erkannte ich die ganz berühmten Zitate, von den Fragmenten der Pantomimen- Suite „Pantalon und Columbine“ KV 446 las ich im Programmheft zum ersten Mal. Das Ende lehnt sich an Haydns „Abschiedssinfonie“ an, die mir auch noch nicht bekannt ist. Erst später las ich den Untertitel im Programmheft: „Spiel mit Musik für zwei Violinen, zwei kleine Streichorchester, Kontrabass und Dirigent“. Im Konzerthaus wurde auf den Dirigenten verzichtet. Inzwischen habe ich mir aber auf yt auch andere Aufführungen angeschaut und das mit dem Dirigenten finde ich recht interessant.

    Sowohl die zuvor gespielte Sinfonia concertante (nur mal im Radio gehört) und Haydns Sinfonie Nr. 80 in d-Moll (bisher noch gar nicht gehört) gefielen mir. Das Programmheft ist auch im Hinblick auf das Werk Mozarts interessant und bleibt erstmal in Griffnähe. Es geht darin um die Mozartforschung, Nachlässe und Abschriften. Im Original soll sie für Oboe, Flöte, Horn und Fagott gesetzt gewesen sein. Zur Haydn Sinfonie ist zu lesen, dass es nur elf Gattungsbeiträge in Moll gibt. Über die #80 hatte ich bisher noch gar nichts gehört. Wie bereits erwähnt, gefiel sie mir; vor allem im Adagio gibt es sehr schöne Stellen. 

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    #12092843  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zürich, Opernhaus – 12.06.2023 – Liederabend Sabine Devieilhe

    Sabine Devieilhe Sopran
    Mathieu Pordoy Klavier

    ALBAN BERG
    aus: Jugendlieder Bd. 1
    Schliesse mir die Augen beide (1907)
    Spielleute
    Vielgeliebte schöne Frau
    Sehnsucht II

    Menuett F-Dur für Klavier solo

    Schliesse mir die Augen beide (1975), aus: Ferne Lieder
    Die Nachtigall, aus: Sieben Frühe Lieder

    WOLFGANG AMADEUS MOZART
    Komm liebe Zither, KV 351
    Das Veilchen, KV 479

    HUGO WOLF
    Albumblatt für Klavier solo

    Wie glänzt der helle Mond, aus: Sechs Gedichte von Keller, Alte Weisen

    aus: Italienisches Liederbuch
    Auch kleine Dinge können uns entzücken
    Mir ward gesagt du reisest in die Ferne
    Mein Liebster ist so klein
    Wenn du mein Liebster steigst zum Himmel

    Pause

    MOZART
    Menuett KV 1d für Klavier solo

    Abendempfindung an Laura, KV 523
    Solfeggio, KV 393

    RICHARD STRAUSS
    Meinem Kinde, op. 37/3
    Waldseligkeit, op. 49/1
    Winterweihe, op. 48/4

    Träumerei für Klavier solo

    Ihre Augen, op. 77/1
    Amor, op. 68/5

    Eine irre Woche wieder … am Montag dieser kurze aber wahnsinnig schöne Liederabend, am Dienstag doppelt so lange mit dem Boss im Stadion (in der ersten Reihe, wie auf der Grossleinwand zu sehen, viele Fans in seinem Alter – kommt man ja nicht umhin, sowas die Tage zu beachten) und am Freitag dann noch der halbszenische „Fidelio“ in der Tonhalle. Damit habe ich alles gehört, wofür ich mich vor einem Jahr entschieden habe (die Saison 2023/24 ist seit diesem Wochenende aufgegleist, inkl. „Ring“-Zyklus im Mai, meine Tonhalle-Wahlabo-Bestellung auch abgeschickt – irr, so weit im Voraus zu planen, aber weil hier der Vorverkauf an einem Stichtag für die ganze Saison beginn, v.a. in der Oper der einzige Weg, günstig und dennoch auf zufriedenstellenden Plätzen hinzukommen).

    Sabine Devieilhe also – der zweite Liederabend seit Pandemiebeginn, wobei der erste mit Benjamin Bernheim geteilt war und dem französischen Repertoire gewidmet. Dieses Mal machte sie einen Ausflug ins deutsche Lieder-Fach und begann mit Alban Berg, Liedern auf Texte von Goethe, Heine, Storm usw., dazwischen das erste instrumentale Intermezzo von Mathieu Pordoy. Dann als Überleitung zu Hugo Wolf zwei Mozart-Lieder, von denen ich „Das Veilchen“ seit dem Kleist-Film von Jessica Hausner („Amour fou“, 2014) nicht mehr vergessen kann – was für krasses Lied, so kurz, so trivial, und eben doch: so allumfassend, so tief. Dann Wolf, der Einstieg wieder mit einem kurzen Klavierstück, das erste Lied dann auf einen Text von Gottfried Keller (in Zürich würde das Schild „Hier wohnte Keller nie“ sehr gut passen, ich hab das glaub ich bisher nur für Mozart gesehen? Oder war’s Goethe?), dann natürlich Paul Heyse (das ital. Liederbuch). Nicht viel länger als eine halbe Stunde dauerte das – aber was da an Reichtum drinsteckte, war unglaublich.

    Nach der Pause dann Mozart, Einstieg mit Klavier, dann noch ein Lied und dann das Solfeggio KV 393/2, das Devieilhe auch auf CD eingespielt hat. Die Schlichtheit trügt, die Leichtigkeit mit der sie singt erst recht. Mit Richard Strauss schloss dann das Konzert: Dehmel, Bethge usw., am Ende Brentano, und dann als erste Zugabe „Morgen“. Als zweite nochmal das Mozart-Solfeggio (oder war’s ein anderes?). Und ich war einfach nur platt. Welch vorzüglich Gesang, welche Zartheit und welche Wucht. Eine meiner liebsten Stimmen jedenfalls und ein Hochgenuss, sie in so einem schönen Programm hören zu können.

    Zürich, Tonhalle – 16.06.2023

    LUDWIG VAN BEETHOVEN: «Fidelio» op. 72 (Fassung 1814)

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Paavo Järvi
    Music Director
    Jacquelyn Wagner Sopran – Leonore
    Michael Schade Tenor – Florestan
    Christof Fischesser Bass – Rocco
    Katharina Konradi Sopran – Marzelline
    Patrick Grahl Tenor – Jaquino
    Shenyang Bassbariton – Don Pizarro
    Tareq Nazmi Bariton – Don Fernando
    Stefan Kurt Sprecher
    Zürcher Sing-Akademie
    Florian Helgath Einstudierung
    Sebastian Breuing Einstudierung
    Eva Buchmann Konzept, Regie
    Ben Hurkmans Dramaturgie
    Selina Tholl Kostüme

    Am Freitag war ich komplett geschafft … ich ging vorher noch ins Künstlergespräch mit Prof. Dr. Hans-Joachim Hinrichsen, der Regisseurin Eva Buchmann sowie Patrick Grahl, dem Jaquino der Aufführung, die heute noch ein zweites Mal gegeben wurde. Buchmann hat den Abend so eingerichtet, dass es keine gesprochenen Texte gab, stattdessen las Stefan Kurt zwölf mal aus Briefen Beethovens, nicht zuletzt aus dem „Heiligenstädter Testament“. Dem liegt die Idee zugrunde, dass eine mögliche Lesart des „Fidelio“ diejenige über die „eheliche Liebe“ ist, die Beethoven vergönnt blieb, nach der er sich (das unterstreichen natürlich die gewählten Brief-Auszüge) vergeblich gesehnt hat. Dazu gab’s eine einfache Bühne vor dem Orchester, Kurt sass ganz links auf einem Sessel und stand auf zum Lesen, die Sänger*innen bespielten nur die rechte Hälfte der vor dem Orchester aufgebauten Bühne rund um den grossen Tisch, die beiden Pizarro setzte sich hie und da hinten neben dem Chor hin. Das wirkte auf mich durchaus schlüssig und gut umgesetzt – wobei ich von der Figurenregie auf meinem Hörplatz in der ersten Hälfte nur Auszüge sah (wenn ich stand). Für die zeite Hälfte setzte ich mich dann auf einen der freien Plätze in der hintersten Reihe auf dem Balkon und hatte besten Blick bei (weiterhin) hervorragender Akustik.

    Das Solist*innenensemble überzeugte mich, Katharina Konradi gefiel mir wohl insgesamt am allerbesten. Allerdings was das wirklich ein Gemeinschaftseffort auch des hervorragenden Chors und des glänzenden Orchesters, das zumindest was die Streicher angeht in grosser Besetzung aufspielte (16-14-12-10-6 glaub ich? auf dem Foto nicht leicht zu zählen). Järvi liess sich Zeit, die Musik konnte sich entfalten, blieb aber von einer enormen Durchhörbarkeit, wirkte sehr transparent.

    Beim genauen Hinschauen kann man überall Mikrophone sehen – im Programmheft stand, dass die zwei Aufführungen aufgezeichnet wurden. Ich hoffe natürlich sehr, dass das nicht nur fürs eigene Archiv geschah, sondern dass eine Veröffentlichung geplant ist. Auch wenn die Aufnahme natürlich nie die Unmittelbarkeit haben kann, wie sie das Live-Erlebnis bietet, würde ich das wirklich gerne daheim nachhören können.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    gypsy-tail-wind
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    Danke für Deine beiden letzten Berichte @yaiza – klingt beide Male sehr interessant! Schnittke habe ich noch nicht im Konzert gehört, diese erste Sinfonia concertante von Mozart ebensowenig … und Haydns Symphonien sind ja ein so grosser Brocken, dass ich mir noch kaum einzelne besonders einprägen konnte – aber eine Voriebe für seine langsamen Sätze habe ich schon lange, die sind in aller Regel unfassbar schön, finde ich!

    Tjeknavorian/Vinnitskaya klingt ebenfalls nach einem vollen Erfolg! Für den zweiten Teil des Zürcher Rachmaninoff-Zyklus im November habe ich jetzt Karten gekauft bzw. bestellt (mein Wahlabo bei der Tonhalle – die sind dieses Jahr so spät dran, dass die Frist noch bis Mitte August läuft, es wird also dauern, bis ich die Karten kriegen werde), da höre ich die Paganini-Variationen dann auch, gespielt von Francesco Piemontesi mit Järvi im Opernhaus, und am Vorabend ebenfalls Piemontesi mit dem Klavierkonzert Nr. 4 und Noseda in der Tonhalle (bei Järvi gibt’s danach die zweite, bei Noseda die erste Symphonie).

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