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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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Es gibt erstaunlich wenig Fotomaterial über ihn ….
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WerbungAch …
Ich hatte hier mal einen Blind Food Test zusammengestellt, der ausschließlich aus Aufnahmen bestand, die Creed Taylor produziert hatte.
Es ist wohl eine Film-Doku über CT in Produktion:
Hier eine paar (wenige) weitere Infos dazu.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Morgen abend im Radio:
Sonntag, 11. Dezember 2022
19.19 – 20.00 Uhr
SWR2Der Feinpolierer – Erinnerungen an den Produzenten Creed Taylor
Von Henry AltmannDer SWR schreibt dazu in seiner Sendungsankündigung:
„Er war Erfinder, Feinschleifer, Erfolgsmensch. Creed Taylor schrieb, nein, er produzierte Jazzgeschichte. Ohne ihn hätte es weder die Bossa Nova-Welle noch das Label Impulse!gegeben, nicht die Blockbuster von Verve in den 1960er-Jahren und den Erfolgssound des Labels CTI danach. Taylor brachte Jazz in den Mainstream und Mainstream in den Jazz. Er half Musikern wie Stan Getz, John Coltrane oder Wes Montgomery, sich neu zu erfinden und setzte Standards bezüglich Design und Packaging von LPs. Am 22. August starb einer der einflußreichsten Produzenten der Jazzgeschichte im Alter von 93 Jahren.“
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"Bird is not dead; he's hiding out somewhere, and will be back with some new shit that'll scare everybody to death." (Charles Mingus)Die oben erwähnte Film-Dokumentation über Creed Taylor ist 2022 fertiggestellt worden und kann hier angesehen werden:
CREED TAYLOR – THE MUSIC CAME FIRST
Auf der Website kann man außerdem ein Interview mit dem Regisseur Jonathan Bewley sehen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)die ersten CTI-produktionen, 3000er-serie, als taylor noch bei A&M angestellt war, alle zwischen 1967 und 1968 entstanden. interessant der arrangeurs-credit auf (fast) jedem cover: ogerman, sebesky, butler. arrangers jazz, die instrumentalisten sind in erster linie nicht zum solospielen eingeladen, sondern bringen sounds mit. schichtwerke: instrumentalversionen von popsongs, leichte grooves, etwas ausgelaugte brasilianik (während daheim das militärregime seine bürger & künstler terrorisiert), populäre klassik, bläser und streicher als tiefenschichten, nicht als bigband oder „xy with strings“. fast überall sind ron carter und herbie hancock dabei. so richtig muzak ist eigentlich nur das artie-butler-album. die cover-art (fotos: pete turner, design: sam antupit) als fotokunst-exzess. der sound warm, wie ein trockener wind, der bewegung vortäuscht.
jazzpop wie ein paralleluniversum zur gleichzeitigen blue-note-boogaloo-welle, die eher auf groove setzt, nicht auf sound. ich warte auf den moment, wo das alles bei CTI noch vielschichtiger wird, verrückter, psychedelischer – nach diesen ersten sieben alben ist sowas wie adderley/fischers CALLING OUT LOUD noch nicht denkbar, das kommt aber auch schon 1968.
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soul flutes, trust in me / richard barbary, soul machine / nat adderley, you, baby (alle 1968)
drei wahrscheinlich eher erfolglose orientierungsversuche aus der CTI-frühphase: ein sebesky-album mit flötisten (rhythm section wie gewohnt hancock/carter/tate), die bekanntesten (mann, laws) unter pseudonym, es geht nicht um individualismus. dann eine r&b-eintagsfliege, durchaus warm und luxuriös produziert, aber ohne hits. schließlich mit adderley eigentlich erst der zweite größere jazz-name neben wes montgomery, der hier eine perspektive bekommt, dabei aber eigene leute mitbringt (zawinul und den arrangeur fischer) und auch einen anderen spirit – und der tatsächlich soli spielt, in denen sich etwas erhitzt. ron carter verliert hier sofort das rein-funktionale, das kornett ist elektronisch verstärkt und die arrangements reagieren auf diesen neuen sound (wenn sie auch die sebesky-flöten integrieren).
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Danke, freue auf die Fortsetzung… auch wenn mich da wenig direkt anspricht, interessant zu lesen ist das alles auf jeden Fall! Sind auch Dinge dabei, die ich noch nie gesehen habe.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbamal schauen, wie lange ich hier herumhänge, eigentlich bin ich über idris muhammad hergekommen. die frühphase von CTI ist aber schon interessant, wenn man sich für arrangements interessiert.
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Schick!
Einiges von CTI habe ich ja bei mir im Regal stehen und eine meiner letzten 2nd hand LP-Erbeutungen war sogar Paul Desmonds Summertime von 1968. Hier und da werde ich mal mit-/wiederhören. Ich bleibe aber überwiegend stiller Mithörer, weil ich mich etwas mehr auf Musik des 21. Jahrhunderts konzentrieren will. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Hast Du die Doku über Creed Taylor gesehen?
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich Hast Du die Doku über Creed Taylor gesehen?
ja, vorhin. ziemlich furchtbar, leider. nicht nur unkritisch, auch unkonkret, man erfährt nichts neues, noch nicht mal anekdoten.
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vorgarten
friedrich Hast Du die Doku über Creed Taylor gesehen?
ja, vorhin. ziemlich furchtbar, leider. nicht nur unkritisch, auch unkonkret, man erfährt nichts neues, noch nicht mal anekdoten.
Na ja, immerhin bekommt man einen Eindruck davon, wie Creed Taylor wirklich jeden Aspekt der Musikproduktion von der Aufnahme über die Covergestaltung bis zum Vertrieb nach seinen eigenen Vorstellungen kontrollieren wollte. Was nach zunächst zu großen Erfolgen am Ende aber auch zu seinem Scheitern beitrug. Und tatsächlich sind CTI / Creed Taylor-Produktionen oft fast oder sogar mindestens so sehr Creed Taylor-Alben wie sie Alben der beteiligten Musiker sind. Das gefiel nicht jedem (Tony Williams packte einfach seine Sachen und ging zur Tür raus) und das machte auch nicht jeder mit, aber für den Kontostand war es in der Regel vorteilhaft.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich
Na ja, immerhin bekommt man einen Eindruck davon, wie Creed Taylor wirklich jeden Aspekt der Musikproduktion von der Aufnahme über die Covergestaltung bis zum Vertrieb nach seinen eigenen Vorstellungen kontrollieren wollte. Was nach zunächst zu großen Erfolgen am Ende aber auch zu seinem Scheitern beitrug.gut, ersteres wusste man vorher, oder? war ja auch bei solchen unternehmungen durchaus üblich. interessiert hätte mich dann allerdings auch, wie er mit fotografen und designern zusammengearbeitet hat, wie man z.b. auf die idee gekommen ist, für das erste album einen vollen aschenbecher als covermotiv zu wählen…
für sein scheitern bietet der film ja eher eine andere lesart an, zumindest seine frau, die erzählt, wie er von den majors ausgetrickst wurde, als er zu groß wurde – aber auch da bleibt es ja bei vagen halbsätzen.
friedrichUnd tatsächlich sind CTI / Creed Taylor-Produktionen oft fast oder sogar mindestens so sehr Creed Taylor-Alben wie sie Alben der beteiligten Musiker sind. Das gefiel nicht jedem (Tony Williams packte einfach seine Sachen und ging zur Tür raus) und das machte auch nicht jeder mit, aber für den Kontostand war es in der Regel vorteilhaft.
das stimmt, und auch da hätte man in die tiefe gehen können. wes montgomery war ja ziemlich unglücklich mit den letzten produktionen, und astrud gilberto wäre wohl gerne an den tantiemen vom „girl from ipanema“ beteiligt gewesen, mit dem sie den kontostand von anderen aufgebessert hatte.
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wes montgomery, road song (1968)
es gab ja auch schon früh ein paar katastrophen für CTI – dass der große star des jungen labels mit 45 an einem herzinfarkt stirbt z.b. so war das hier schon das letzte album, und ich finde es ziemlich besonders. sebesky arrangiert hier sehr riskant barockelemente (mit fanfaren, kontrapunkt und blockflöten) mit einem kompetent entspannten jazzgroove (hancock & hank jones, grady tate & ed shughnessy, richard davis) und (heute) totgedudeltem popmaterial (yesterday, fly me to the moon, greensleeves, where have all the flowers gone), das aber so tatsächlich (heute) nochmal frisch wirkt – und auch der leader klingt hier engagierter und dynamischer als auf den alben davor. der gitarrensound ist nahe am fetisch, glatt ist das alles nicht.
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jones, i’ll be anything for you / tamba 4, samba blim/ george benson, the shape of things to come / paul desmond, summertime/ j & k, betwixt & between/ nat adderley, calling out loud (alle 1968)
der nächste schwung aus der 3000er serie. nach dem tiefpunkt mit tamiko jones (artie butler macht als arrangeur keine gute figur beim label) ist mit george benson ist ein schneller ersatz für montgomery gefunden, und die produktionen machen einen quantensprung: jazzimprovisationen werden zugelassen, die interessanten arrangements fügen sich weich und unterstützend ein, mit benson kommt auch leo morris/ idris muhammad als spitzen setzender allround-drummer. SHAPE, SUMMERTIMME finde ich kleine, CALLING ein großes meisterwerk(e), aber auch das johnson & winding-album ist ganz schön interessant, sie bauen tatsächlich kurze bach-choräle zwischen die funknummern ein. was nicht gut funktioniert: die grauen rahmen ab BETWIXT, das geht leider auch eine zeitlang noch weiter. da ich das adderley-album auch mittlerweile auf vinyl habe, kann ich sagen: das ist nicht hübsch, egal, wie discogs das abbildet.
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walter wanderley, when it was done (1968) / milton nascimento, courage (1968/69) / walter wanderley, moondreams (1969) / paul desmond, from the hot afternoon (1969) / antonio carlos jobim, tide (1970)
kleiner überblick über die ‚brasilianischen‘ alben der schlussphase von CTI @ A&M, das jobim-album hängt am ende in der luft, es hat kein CTI-label mehr, obwohl von taylor produziert, das in den gleichen sessions eingespielte STONE FLOWER erscheint dann schon in der 6000er serie.
was hier abgebildet wird, ist (für mich) sehr spannend. wanderley & jobim, die repäsentanten der bossa-welle, deren hitpotenzial bei verve scheinbar schon ausgeschöpft wurde, bekommen hier noch ein paar müde aufgüsse hin. wanderley schafft den sprung nicht zum psychdelischen musiker, der er mit seinen kippfiguren von kindermelodien mit billigen elektroniksounds zu den leicht irren hypnose-grooves hätte sein können, jobim spart sich für seine ambitionierte nächste phase auf. dazwischen hängt schon der wichtigste vertreter der nächsten ‚welle‘, eumir deodato, der nach fernstudium in berklee von creed taylor eingeredet bekommt, dass er arrangieren kann (debüt auf dem benson-album SHAPE OF THINGS TO COME). deodato bringt mit nascimento den nächsten kommenden superstar zu CTI, wobei taylor selbst zeuge von dessen entdeckung 1965 bei einem songfestival in brasilien wurde. taylor ist überhaupt gut in brasilien vernetzt, fährt oft hin, bekommt mit, wo die neuen talente sind. womit er scheinbar weniger anfangen kann, ist die zunehmende politisierung der musik, der in die usa fliehenden musiker*innen, die aufladung der musik als widerständiges kollektivgut mit den live übertragenen festivals, die nach dem ermächtigungsgesetz der militärs 1968 (mit der de facto aufhebung der bürgerrechte) kleine lichtblicke in den kommenden schwarzen 10 jahren setzen. deodato, purim & moreira, edu lobo, nascimento versuchen ihr glück in den usa, während die bossa verebbt, taylor lässt aber nur nascimento seine songs auf portugiesisch singen (nur zu dreien werden schnell englische texte geschrieben). airto moreira und flora purim wollen explizit jazz singen & spielen. edu lobo und seine frau wanda de sá bleiben dagegen fremdkörper. nascimento geht nach der erfahrung wieder zurück, zieht sich mit freunden für 6 monate unbeobachtet in ein strandhaus zurück und taucht mit dem kollektiven meisterwerk CLUBE DA ESQUINA wieder auf. wanderley, der auf MOONDREAMS auch einen song von egberto gismonti vorstellt (das titelstück ist eigentlich „o sonho“), verschwindet nach diesem A&M-nachhall von der szene. und für deodato fängt eine massgeschneiderte CTI-karriere an.
COURAGE ist ein meisterwerk, eine anthologie früher nascimento-songs, die meisten schon in brasilien für das debütalbum eingespielt (MILTON NASCIMENTO, später als TRAVESSIA wiederveröffentlicht, von 1967, von luiz eça arrangiert, der mit tamba 4 ja auch von creed taylor produziert wurde), jetzt mit schwellend-schwebenden streicher von deodato und einem jazz feel, für das ich im wesentlichen herbie hancock verantwortlich mache. die songs funktionieren anders als bossa nova, viel mehr harmonisch als rhythmisch, mit großer geste, tiefer melancholie und klarer stimme.
FROM THE HOT AFTERNOON, das zweiten von eigentlich drei verabredeten desmond-alben (irgendwas lief da nicht rund, obwohl beide wirklich schön sind), verwendet nascimento-songs instrumental, aufgefüllt mit weiteren von edu lobo, der dann selbst mitspielt und seine frau mitbringt. hier übernimmt sebesky die arrangements für die overdubbs, nachdem die rumpfband desmond – gitarrist (lobo oder ferreira) – ron carter – airto moreira das sehr bewegliche fundament aufgenommen haben. mit streichern wirkt desmond etwas verloren, auf SUMMERTIME gab es nur bläserarrangements, von denen konnte er sich besser absetzen.
deodato ist dann wieder beim jobim-album dabei, schreibt clevere neue akkorde für das girl from ipanema und lässt den rest müde zusammenfließen. hier werden die grenzen der creed-taylor-methoden sichtbar: er will neues material und hört, was sich musikalisch verändert, aber sich mit der kommerziellen brille nicht tiefer auf die brasilianischen entwicklungen einlassen. am ende sind für ihn nur deodateo und moreira brauchbar, die sich ohnehin von selbst sehr weit auf seine idee von musik einlassen.
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Schlagwörter: A&M, Bossa Nova, Creed Taylor, CTI, Impulse, Produzent, Verve
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