Andrew Hill

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  • #7893827  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Danke für den tollen Post, hoffe ich schaff es nachher auch noch, ein wenig reinzuhören… Power to the People find ich auch super … und Hills eigentliches Orgeldebut ist natürlich das hier ;-)

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    #7893829  | PERMALINK

    vorgarten

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    redbeansandrice… und Hills eigentliches Orgeldebut ist natürlich das hier ;-)

    genau, das gabs mal in einem bft von mir und redbeans meinte damals, es klänge so, als würde die orgel von der a-seite durchschimmern… (da spielt er allerdings klavier.)
    kenyattas UNTIL habe ich jetzt mal bestellt.

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    #7893831  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Andrew Hill in Montreux, 1975 (auch via Crownpropeller):

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7893833  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    The De’bonaires – Mother’s Son b/w Lanky Linda (Ping 1000)

    Auf der A-Seite (ohne Hill, aber das ist seine Combo) ist Pat Patrick ausgiebig als Begleitstimme hinter dem Vokalensemble zu hören, auf der B-Seite trillert Hill am Klavier ein paar R&B-Klischees und Von Freeman spielt ein paar Fills, dann rifft er mit Patrick, der dann wiederum ein paar Begleitlinien spielen darf.

    The De’bonaires – Cracker Jack Daddy (Ping 1001)

    Ein paar Fills von Von Freeman, ein Backbeat von Wilbur Campbell und dann auch wieder Riffs von Patrick … und dann zum Schluss nochmal Von Freeman und das ist dann wohl die Stelle, wo man seinen späteren Ton schon erahnen kann.

    Das vierte Stück, ebenso wie die beiden anderen von Hills Combo selbst (Ping 1002, Dot b/w Mal’s Blues) finde ich leider nirgendwo.

    The De’bonairs: Ralph Johnson (lead); Virgil Talbert (first tenor); William „Sonny“ Nelson (second tenor); Edward Johnson (bass); Earl Vanorsby (baritone); acc. by the Andrew Hill Combo: Earl Lavon „Von“ Freeman (ts); Laurdine „Pat“ Patrick (bars); Andrew Hill (p except -1); Malachi Favors (b); Wilbur Campbell (d except -1).

    Universal Recording, Chicago, October 1956

    U-3310 Lanky Linda (F. Evans-L. L. Cox) Ping 1000
    U-3311 Mothers Son [sic] (R. Johnson-L. L. Cox) -1 Ping 1000
    U-3312 Say a Prayer for Me (L. L. Cox) Ping 1001
    U-3313 Cracker-Jack Daddy (L. L. Cox) Ping 1001

    The lineup of the De’bonairs on this session comes from Robert Pruter, Doowop: The Chicago Scene. We also benefited from Xeroxes of labels to the 45-rpm singles provided by Kirk Roberts and Stuart Kremsky.

    http://myweb.clemson.edu/~campber/ping.html

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7893835  | PERMALINK

    vorgarten

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    ein paar gedanken zu hills zeitnah erschienenen blue-note-alben, jetzt mal inklusive PAX.

    was ja erstmal auffällt, ist die stabilität seines spiels, ich könnte jetzt nicht festmachen, wo er mehr oder weniger inspiriert ist, mehr oder weniger ideen hat – das ist alles sofort identifizierbar und von gleicher dichte und freiheit.

    wo ich jetzt schon unterschiede höre, ist bei den kompositionen, die entwickeln sich auch sehr in diesem zeitraum. BLACK FIRE hat schon (noch) ein paar catchy latin-motive, eingewebt in die sperrigen rhythmus- und harmoniewechsel – und die machen auch meiner ansicht nach (verbunden mit hendersons „anspringen“ darauf) die große qualität dieses albums aus. danach verkompliziert sich hills musik aber auch harmonisch – wobei ich nicht weiß, ob es wirklich ein „danach“ ist oder ob er und lion nicht für das blue-note-debüt erstmal die vergleichsweise eingängigeren stücke ausgewählt haben. und ich finde auch, dass diese verkomplizierungen manchmal zuweit gehen, den durch modale und noch freiere strukturen gerade erst geöffneten raum des jazz wieder dicht machen. SMOKESTACK ist am stück so, aber auch teile von DIALOGUE und ANDREW!!!, mit denen dann selbst so ein strukturierter saxofonist wie gilmore seine schweirigkeiten bekommt. den weg in die noch größere freiheit (wie auf DIALOGUE) finde ich aber im ergebnis noch weniger gelungen. ganz großartig dagegen, wenn hill ein paar schwebeelemente mit einbaut, hutchersons vibrafon auf JUGMENT oder davis‘ gestrichenen bass z.b. und wenn schließlich die latin- und afro-elemente wieder auftauchen, die überhaupt keine scheu vor dem populären haben („catta“ auf DIALOGUE, „rootn n‘ herbs“ auf PAX), schließlich – ein bisschen analog zur arkestra-entwicklung (und vorausschauend vielleicht auf das art ensemble) – als abstrakter dauer-loop in eigenlogik oder mit little instruments als happening-elemenent auftauchen (COMPULSION). ich bin sehr gespannt, wie das ab 1967 weitergeht.

    was die einzelnen besetzungen angeht, ist das natürlich eine sache persönlicher vorlieben. so toll, schnell, geistesblitzend ich roy haynes finde, funktioniert er in hills musik nur bedingt, finde ich. elvin jones hat mit seinen schwereren grooves auch seine grenzen hier, aber darauf kommt hill tatsächlich gut klar (und mit hutcherson zusammen hört sich das einfach toll an). joe chambers scheint mir aber die totale idealbesetzung zu sein, da er einerseits jeden schlag isolieren kann, aber eben auch großartig gegenläufige kreuzrhythmische strukturen aufrechterhalten kann, insofern toll zu den afro-elementen auf COMPULSION passt). ersteres ist natürlich auch bei tony williams der fall, das funktioniert auch hervorragend.

    richard davis finde ich ja immer grenzwertig, bei hill ist er aber überragend. wenn ich dann mc bee höre, finde ich ihn auch toll, aber eben anders. beide sind auf völlig unterschiedlichen arten perfekt auf chambers eingestellt (mc bee und chambers bei shorter: ETCETERA, zur erinnerung), wobei davis eben einen perfekten weg gefunden hat, die dichte in hills spiel als befreiung von begleitung und fundament zu nutzen.

    schließlich die anderen solisten: dolphys so mühelos eingebrachte radikalität, hendersons struktur-soul, dorhams melancholische, im letzten ton von POINT O DEPARTURE fast brechende stimme, schließlich hubbard, den ich, wie gypsy, bei hill unvergleichlich toll finde – klischeefrei, leicht, wirklich modern, auch risikobereit (in „eris“ auf PAX löst sich die luft vom ton, sowas habe ich auch noch nicht gehört). klar, wunschkandidaten gäbe es schon noch andere – alan shorter z.b. oder marion brown, um noch mehr hills melancholie aufzugreifen… john gilmore dagegen finde ich nah an der idealbesetzung, fast scheint es mir, als wolle er auf seinem instrument grundsätzlich etwas ähnliches als hill, eine im eigensinn komplett logische phrasierung, zu jedem zeitpunkt völlig klar und trotzdem schroff in ihrer unbedingtheit und nur geringfügigen kommunikationsbereit. leider hat er auf ANDREW!!! tatsächlich das pech, ausgerechnet in den hill-kompositionen eingesetzt zu werden, die in ihren komplizierten akkordwechseln fast schon stillstehen. aber auch da gibt es ausnahmen und sofort ist die hölle los („le serpent qui danse“).

    hier mit COMPULSION aufzuhören, das tatsächlich kultisch, vorjazzig und free zugleich ist, wirkt wie ein riesiges versprechen – das, wie ich befürchte, danach nicht mehr eingelöst wird.

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    #7893837  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Lee Morgan & Frank Mitchell 1968 (Photo: Francis Wolff)

    Auch im folgenden Jahr entstanden drei Sessions für Blue Note, die erste vom 19. April 1968 blieb von einem Stück abgesehen (diese erste Version von „Soul Special“ erschien auf dem CD-Sampler „Rare Grooves“) bis 2000 unveröffentlicht. Woody Shaw war erneut mit dabei, die anderen Musiker nahmen alle zum ersten – und im Fall von Frank Mitchell, Jimmy Ponder und Idris Muhammad auch zum einzigen – Mal mit Hill auf. Reggie Workman holte sich in den 90ern für ein Album beim Label Postcards Hill als Pianisten. Dass die Musiker keine gemeinsame Studio-Erfahrung hatten (was wenigstens für Ponder/Muhammad natürlich nicht der Fall ist, aber das musikalische Umfeld, in dem sie aufeinander trafen, war meist ein ganz anderes) sollte sich jedoch nicht als Problem erweisen.

    Frank Mitchell ist ein Musiker mit semi-legendärem Status, man weiss wenig über ihn, neben Alben mit Art Blakey („Buttercorn Lady“ vor allem, auf dem auch der junge Keith Jarrett zu hören ist, aber Mitchell ist auch auf „Hold On, I’m Coming“ dabei) gibt es Blue Note-Aufnahmen mit Lee Morgan: „The Sixth Sense“ entstand Ende 1967 im Sextett mit Jackie McLean, das CD-Reissue enthielt drei kürzere Tracks von einer Morgan-Session ein knappes Jahr später im Quintett mit Mitchell. Das Photo oben stammt wohl von den Sessions bzw. den Proben (Wolff war als Knipser wohl bei den Proben lieber gesehen als wenn die Aufnahmemaschinen liefen), es passt aber, das Morgan auf der nächsten Session auch auftaucht, gut hierher.

    Mehr zu Frank Mitchell:
    http://www.organissimo.org/forum/index.php?/topic/33696-frank-mitchell-whats-the-story/


    Jimmy Ponder

    Die anderen musikalischen Gefilde, in denen Ponder und Muhammad sonst unterwegs waren, sind jene des Soul Jazz und des Orgeljazz. Dass sie auf dieser Session von Hill auftauchen, ist schwerlich dem Zufall zu verdanken, denn das Resultat der Bemühungen – in der folgenden Session letzlich ohne die beiden eingespielt – ist Hills Soul Jazz-Album, so es dieses denn gibt. Ponder und Muhammad haben gemeinsam etwa mit Lou Donaldson, Rusty Bryant (auf Prestige) oder Stanley Turrentine aufgenommen.

    Lee Morgan hatte das im letzten Post erwähnte Stück „The Rumproller“ als Nachfolger von „The Sidewinder“ eingespielt – und komponiert hatte es Andrew Hill! Cuscuna schreibt in den Liner Notes zum Connoisseur-Series Reissue von „Grass Roots“, auf dem die Session vom 19. April erstmals komplett erschien:

    Michael CuscunaI once asked Andrew if he’d been commissioned by Alfred Lion to write „The Rumproller“ for Lee Morgan. Andrew said that it had just been one of many compositions that he’d played for Lion. When he came to „The Rumproller,“ Lion declared it a perfect follow-up to „The Sidewinder for Lee Morgan. And so it was.

    Über den letzten Satz ist man sich wohl nicht einig, das Album erfreut sich unter puristischeren Jazzfans nicht sonderlich grosser Beliebtheit, ich mag es jedoch ziemlich gerne, aber Lee Morgan gehört sowieso zu meinen Lieblingsmusikern.


    Idris Muhammad (Photo: Francis Wolff)

    Die Musik der ersten beiden 1968er Session ist für Hill denn eine neuerliche Richtungsänderung – und keine, die sich so allmählich vollzieht wie der Wandel hin von der enorm strukturierten zur freien Musik, sondern wohl ein Wandel, der sich primär im Plattenstudio vollzog. Das Album ist auch das einzige aus Hills Diskographie, auf dem eine Gitarre zu hören ist. Muhammad nennt Cuscuna in den Liner Notes zum Mosaic Select „the ultimate groove drummer of that day and every day since“ – dem Urteil schliesse ich mich gerne an.

    Den Auftakt macht der Boogaloo-Blues „MC“, Muhammad trommelt eine Art Latin-Beat, den man als Groove-Version von Elvin Jones hören kann, Reggie Workman spielt ein repetitives Bass-Lick, Hill und Ponder schieben zwei Akkorde im immer gleichen rhythmischen Muster durch die Blues-Changes. Frank Mitchell hebt zum ersten Solo an, mit muskulösem Ton und klaren Linien, in die sich da und dort kleine Verfärbungen einschleichen, ein unsauber angepeilter Ton, eine kleine Modulation. Das passt bestens zu Woody Shaw, der ebenfalls ein Mann der klaren Linie, des strahlenden (wenngleich schlanken und leicht bitteren) Tones ist. Es liegt ja nicht an der Rhythmusgruppe, dass diese Session damals nicht herauskam sondern wohl an den Bläsern, die nicht die gewünschte Einfärbung vorwiesen: zu puristisch wohl, eine andere Art Erdigkeit war erwünscht, die dann von Lee Morgan und Booker Ervin geliefert werden sollte. Das Stück „MC“ jedoch nahmen sie nicht wieder auf, im Gegensatz zu den drei folgenden dieser Session. Doch in „MC“ gibt es auch noch ein kurzes Solo von Jimmy Ponder und danach den Leader am Klavier zu hören, hinter dem besonders Workman zu Leben erwacht und da und dort fast schon an den hyperaktiven Stil des grossen Richard Davis erinnert, mit dem Hill zu Beginn seiner Blue Note-Zeit so oft aufgenommen hatte.

    „Venture Inward“ ist das nächste Stück auf der CD, es ist weniger groove-orientiert und Mitchell spielt nach der Präsentation des Themas erneut ein starkes erstes Solo, gefolgt von einem hier etwas offener, wärmer klingenden Shaw. Workman glänzt auch hier wieder mit toller Begleitung, während Hill mehr oder minder wiederholt, was er schon im Thema spielte, dadurch – Horace Silver nicht unähnlich, aber im Charakter ganz anders – die ganze Nummer strukturierend. Doch in seinem Solo bricht er aus, es bleibt Muhammad überlassen, den Beat beizubehalten, denn Workman bleibt bei seinem nahezu solistischen Spiel, das man kaum Begleitung nennen mag. In einen echten Dialog mit Hill tritt er dabei nicht, doch erzeugt das gerade seinen eigenen Reiz, macht die Musik ordentlich dicht und bietet viel, auf das man hören will. Das nächste – kurze – Solo gehört dann passenderweise dem Bassisten, eine Rekapitulation des kurzen Themas schliesst die Aufnahme.

    Und mit „Soul Special“ sind wir – bei dem Titel wenig überraschend – wieder im Boogaloo-Territorium, erneut ein Blues, eine tolle Basslinie von Workman, ein Thema mit rollender Klavierbegleitung wie man sie eher mit Herbie Hancock verbinden würde (Hill spielt sie auf seine eigene Weise), ein simpless Riff der Bläser, dazu Ponders singende Gitarre, die dann auch – direkt aus dem Thema heraus – zum ersten Solo ansetzt. Und hier wird klar, was Cuscuna meint, wenn er Muhammad den grössten aller Groove-Drummer nennt. Das klingt alles ganz einfach, aber es geht eben nicht darum, was man notieren könnte sondern darum, was er wirklich spielt, die kleinen Verschiebungen, das Feeling, das er einbringt, das auch ordentlich old school ist (dieses Ding bringt, bei allem Respekt, einfach keiner mehr heute … wollen sie wohl auch nicht mehr, aber es ist so verdammt gut, ich möchte es gerne öfter hören). Mitchell ist der nächste Solist, er hält seine Linien einfacher, da und dort wird auch hier klar, dass er Coltrane gehört hat, doch er verknüpft das bestens mit dem Groove, um den es hier in erster Linie geht. Shaws erste Phrase beginnt wie Freddie Hubbard (ein hoher Cry) und endet wie Lee Morgan (half valve-Effekte), er klingt hier nicht so sehr nach sich selbst, kommt zu nah ans Mikrophon, was zu Störgeräuschen führt, dann tritt er zurück und wieder nahe heran und dasselbe wiederholt sich … man fühlt fast schon die Bewegung, die da geherrscht haben muss. Hill folgt und wie Shaw und Mitchell hat er wohl ordentlich Spass an dem Groove, ihm gelingt es aber auch deutlich besser, seine Eigenheit trotz der simplen Vorgabe einzubringen. Das Stück wird nach der Wiederholung des Themas – mit Auschmückungen von Ponder – ausgeblendet, während die Gitarre weiter soliert.

    Auch das nächste Stück wurde in der folgenden Session erneut eingespielt und landete auf dem Album: „Bayou Red“, Hills Hommage an die Kreolen und Mulatten in New Orleans „who, he maintains, ‚were so important in contributing to the Negro heritage.'“ – Ein faszinierendes Stück, das auch auf anderen Hill-Sessions keineswegs fehl am Platz gewesen wäre. Shaw trägt das Thema, Mitchell spielt eine Oktave tiefer unisono mit, Workman hält das Geschehen lebendig. Hill spielt hier das erste Solo und Workman begleitet auch hier sehr aktiv, während Ponder Akkorde legt und Muhammad den 3/4-Groove antreibt. Shaw und Mitchell folgen mit kürzeren Soli, die Rhythmusgruppe spinnt ein immer dichteres Geflecht, Ponder begleitet hier nahtlos mit und Muhammad wird immer aktiver.

    Der Closer ist das zweite Stück, das bei der schliesslich veröffentlichten Session nicht wiederholt wurde, „Love Nocturne“ – eine Ballade mit interessantem Thema und einmal mehr fast durchgängig solistischem Bass. Auch dieses sehr atmosphärische Stück stünde jeder anderen Hill-Session gut zu Gesicht, Shaw glänzt mit einem phantastischen, sparsamen Solo, das mit Hills prägnanten Begleitung in den Dialog tritt, derweil Workman alles kommentiert. Hill übernimmt dann, weiterhin im Dialog mit Workman, der sich nun mehr auf die tiefen Töne konzentriert und schliesslich sein verdientes Solo bekommt, in dem er weniger spielt als sonst – aber das Wie ist ja bekanntlich oft wichtiger als das Was. Das ist nun gewiss nicht die beste Session von Hill, aber sie ist immer noch verdammt interessant – und Reggie Workman ist durchweg phantastisch!


    Reggie Workman 1965 bei der Aufnahme für Lee Morgans „Infinity“ (Photo: Francis Wolff)

    Am 5. August 1968 folgte die Session, bei der das Album Grass Roots entstand. Lee Morgan und Booker Ervin waren die Bläser, die Gitarre war raus, Ron Carter und Freddie Waits anstelle von Workman und Muhammad dabei – doch das Repertoire wie gesagt teils dasselbe.

    Der Opener „Grass Roots“ ist eines der zwei neuen Stücke, und das Thema ist sehr eingängig, es wird auch schnell klar, dass Freddie Waits wohl der geeignetere Groove-Drummer für Hill ist – und überhaupt Muhammad nicht nachsteht. Ervin spielt das erste Solo, Morgan folgt, der erste zupackend, schnörkellos, direkt, der zweite nachdenklich, sich allmählich steigernd. Hill begleitet sparsam, Ron Carters Bass – er spielt hier Walking-Linien, vornehmlich in tiefen Lagen – ist es, der den entstehenden Raum füllt. Hill übernimmt am Klavier, dann Carter, während Waits seine Begleitung stets dem Geschehen anpasst.

    Cuscuna hatte Hill gefragt, als das Album erschien, wie es zu diesen Kompositionen kam:

    Michael CuscunaHe replied in his enigmatic way that it was „easy when you study the improvising styles of people like Lee Morgan and Booker Ervin to write material suited to them.“

    Das wurde ja später durch das Auftauchen der ersten Session mit Shaw/Mitchell relativiert, aber dennoch, dass Morgan und Ervin bei aller Bodenständigkeit auch überragende Lyriker waren, ist ja bekannt und in dieser zweiten Version von „Venture Inward“ wird das überdeutlich. In Nat Hentoffs Liner Notes zur LP heisst es, Hill habe zum Stück gesagt, es ginge um das, was der Titel sage: „the exploring of the self“ und dann:

    Nat Hentoff“I chose Lee and Booker,“ Hill says, „because each has so distinct a style. They’ve explored themselves, as is evidenced by the fact that they0re among the few musicians left with enough guts to develop and sustain their individual sound and conception. They are who they are no matter what’s in fashion.“

    Es folgt das zweite neue Stück, „Mira“, ein eingängiger Latin-Groover, in dem Hill ein einfaches Lick repetiert, die Bläser unisono das einfache Thema präsentieren, Carter eine Half Beat-Lick spielt das gleichermassen Latin wie Funk ist und Waits einen leichten Latin-Beat trommelt. Hill spielt das erste Solo und sogleich wird alles spielerischer und zugleich ernster als es das während der Themenpräsentation war. Morgan folgt mit einem tollen Solo, das zunächst nur aus einzlenen Tönen besteht, die sich dann zu den für ihn so typischen langen Linien zusammefügen, die wiederum von repetitiven Passagen und kleine Licks unterbrochen werden. Ervin setzt dann zu einem sehr tollen Solo an. Die ganze Performance hat etwas Nachdenkliches aber zugleich auch Feierndes – Hill widmete den Song „to a lot of my frients of the Dominican Republic on the West Side“ und wird von Hentoff ferner zitiert, dass er stolz sei darauf, dass das Stück „an authentic feeling to it“ habe.


    Freddie Waits (Photo: Francis Wolff)

    Die zweite Seite des insgesamt etwas kurzen Album besteht dann nur aus zwei Stücken, den Remakes von „Soul Special“ und „Bayou Red“. Ersteres ist die Boogaloo-Nummer mit dem fetten Basslick und dem Backbeat über Blues-Changes. Carter/Waits bringen einen ganz anderen Flavour als Workman/Muhammad erdiger irgendwie, gradliniger. Vor allem aber ist Lee Morgan der perfekte Solist für diese Art von Groove, er blüht förmlich auf und glänzt mit seiner ganzen glorreichen Badness (dabei trug er doch diese depperte Mönchsfrisur, die mir ewig ein Rästel sein wird). Ervin folgt, und es ist sehr toll, einen so schweren Tenorsaxophonisten in dieser Art Groove zu hören – Lion besetzte ja eher Hank Mobley oder Joe Henderson, aber Ervin fügt sich perfekt ins Geschehen ein und erweist sich auch als Morgan ebenbürtig. Dann folgt Hill selbst, sein Solo wie überhaupt sein Spiel auf diesen beiden Sessions einfach, reduziert, aber dennoch dicht, repetitiv aber rhythmisch durchaus raffiniert.

    Hill über Carter und Waits, die hier eine Schlüsselrolle spielen:

    Nat Hentoff“Ron,“ Hill says, „is quite simply one of the greatest jazz bassists now living. He certainly has the technique to be fandy, but he concentrates on the one thing that makes jazz what it is – basic, honest feeling. He doesn’t use pretty phrases. He gets to the roots. And Freddie [Waits] too doesn’t let technique get in the way of real expression. Like Ron, he’s also remarkably diversified – he can play all kinds of styles well.“

    Den Abschluss macht das Remake von „Bayou Red“ – das Stück wird von Morgan/Ervin in perfektem Unisono präsentiert (wie es im Vorjahr Shaw/Kenyatt auch drauf hatten), Carters Begleitung ist wiederum reduziert und dennoch auf seine Art wohl genau so toll wie Workmans viel aktiveres Spiel. Ervin setzt zum ersten Solo an, verzahnt sich mit der von Carter geprägten Rhythmusgruppe, bleibt länger in der tiefen Lage seines Instruments, streut ein paar orientalisch klingende Linien ein – was Morgan aufgreift, ebenso wie die Nachdenklichkeit, die schon bei Ervin zu spüren war. Hinter Morgan öffnet sich der Groove plötzlich, wird karger, weniger insistierend. Und Morgan nutzt den Raum, um ein tolles Solo aufzubauen. Carter/Waits werden in ihrer grossen Flexibilität auch hier genau wie Ervin/Morgan zum Teil des Erfolges – dass diese Version besser ist als jene der Session vom April, liegt wohl auf der Hand, doch wie gerne möchte man auch noch Morgan/Ervin mit Ponder/Workman/Muhammad hören und Shaw/Mitchell mit Carter/Waits … das Kopfkino läuft jedenfalls und alle möglichen Kombinationen haben ihre Faszination.


    Booker Ervin (Photo: Francis Wolff)

    (ich schicke das jetzt mal so ab, hab den halb-fertigen Teil des Posts zu „Dance with Death“ grad verlorgen, weil mal wieder das „add image“-Fenster nicht aufging und ich nur noch F5 hauen konnte und der Post dann in der gestrigen Version gespeichert war …. aaaarg!)

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    gypsy-tail-wind
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    vorgartenhier mit COMPULSION aufzuhören, das tatsächlich kultisch, vorjazzig und free zugleich ist, wirkt wie ein riesiges versprechen – das, wie ich befürchte, danach nicht mehr eingelöst wird.

    Schön gesagt – und ja, leider ist das wohl so … ich höre aber gerade NUR Sachen ab 1967 daher kann ich das grad ganz gut ausblenden und diese Aufnahmen mal für sich selbst hören, was schon sehr toll ist, auch wenn das Wissen um die Sternstunden davor natürlich nie ganz verschwindet.

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    udw
    so little gets done

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    Sehr schön, danke euch für die spannenden Ausführungen. Das erinnert mich daran, dass ich mir mehr von Hill zulegen wollte. Leider besitze ich von seinen frühen Leader-Alben nur jene, die einfach zu erhalten sind: Point Of Departure, Black Fire und Compulsion. Immerhin Judgement konnte ich gerade günstig und gebraucht erstehen, muss aber warten bis es aus den UK geliefert wird.

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    so little is fun
    #7893843  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    UDWSehr schön, danke euch für die spannenden Ausführungen. Das erinnert mich daran, dass ich mir mehr von Hill zulegen wollte. Leider besitze ich von seinen frühen Leader-Alben nur jene, die einfach zu erhalten sind: Point Of Departure, Black Fire und Compulsion. Immerhin Judgement konnte ich gerade günstig und gebraucht erstehen, muss aber warten bis es aus den UK geliefert wird.

    „One for One“ kriegt man ja relativ günstig, vielleicht wäre das was als nächstes? Oder „Dance with Death“, die bei Heavenly Sweetness neu aufgelegt wurde (der Post dazu kommt gleich, ist wirklich ein phantastisches Album).

    Und klar, vieles kriegt man halt effektiv nur auf CD, nicht nur die 1967er Sessions sondern auch die erste von 1968 (auf „Grass Roots“), die vom März 1970 (auf „Lift Every Voice“) und natürlich die 1969/70 Sessions komplett auch nur im Mosaic Select. Und dann auch noch „Passing Ships“ …

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    #7893845  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Dance with Death ist der Titel, unter dem die dritte Session des Jahres erschien, aufgenommen am 11. Oktober 1968, wie immer im Studio von Rudy Van Gelder. Mit dabei: Charles Tolliver, Joe Farrell, Victor Sproles und Billy Higgins – und damit wieder eine völlig andere Band als auf allen bisherigen Hill-Sessions. Das Album erschien erstmals 1980, zählt aber fraglos zu den besten Hill-Sessions überhaupt. Das obive Cover ist jenes, das Patrick Roques im Geiste der alten Blue Note-Cover für die 2004er CD-Ausgabe gestaltet hatte (auf der CD in der Connoisseur Series findet sich ein zuvor unveröffentlichter Alternate Take des Titelstückes).

    Die erste Ausgabe erfolgte im Rahmen der oben erwähnten zweiten Serie mit unveröffentlichten Sessions, die Cuscuna bei Blue Note produziert (die „LT-Serie“, „Blue Note Classic“ stand drauf, aber weil das öfter vorkam funktioniert die Identifikation über den Präfix der Katalognummern besser), das Cover sah damals so aus:

    Charles Tolliver und Joe Farrell – das ist noch eine interessante Frontline, die sich irgendwo zwischen denen der früheren Sessions und denen von 1968 bewegt. Tolliver bringt einen bittersüssen, manchmal etwas stechenden Ton mit, Farrell neben Backenbärten und einer getönten Brille (hey, der Mann war weiss und es war 1968) ein muskulöses Tenor und ein beeindruckendes Sopran. Tolliver hatte für Blue Note schon mehrmals aufgenommen, hatte mit Musikern wie Bobby Hutcherson oder Jackie McLean gespielt, Farrell verdiente seine Sporen in den Big Band von Maynard Ferguson und später Thad Jones/Mel Lewis ab, wo er zum beeindruckenden Solisten wuchs, der 1968 auch zwei Blue Note-Alben mit Elvin Jones‘ Trio einspielte, „Puttin‘ It Together“ und „The Ultimate Elvin Jones“. Nicht zu vergessen auch die Live-Aufnahmen von 1965 mit Jaki Byard (zwei volle CDs aufgenommen im Lennie’s on the Turnpike mit George Tucker und Alan Dawson).


    Charles Tolliver & Joe Farrell bei einer Probe für die Album-Session (Photo: Francis Wolff)

    Wie Tolliver/Farrell, die beide zwischen den erdigeren Tönen von Morgan/Ervin und den experimentierfreudigeren von Shaw/Kenyatta/Rivers wechseln konnten, war auch die neue Rhythmusgruppe äusserst flexibel. Victor Sproles am Bass ist ein Tieftöner erster Güte, der in Chicago nicht nur mit Ira Sullivan oder Nicky Hill gespielt hatte sondern auch auf einigen frühen Sessions von Sun Ra zu hören ist. Er war auch Teil des Trios von Jodie Christian, mit dem Verve sein Album „Stan Meets Chet“ mit Getz und Baker in Chicago einspielte, war Mitte der Sechziger bei Art Blakey (als da auch John Gilmore und Frank Mitchell vorbeischauten) und ist schliesslich auf Lee Morgans oben erwähntem Blue Note-Album „The Rumproller“ mit von der Partie.

    Billy Higgins braucht man nicht vorzustellen, der Mann hatte mit dem Ornette Coleman Quartet gespielt und wurde schon früh in den Sechzigern zum Hausdrummer von Blue Note, zu hören auf unzähligen Klassikern zwischen Bebop und Avantgarde. Allein die Liste der Leader, mit denen er für Blue Note aufnahm, liest sich eindrücklich: Donald Byrd, Dexter Gordon, Herbie Hancock, Bobby Hutcherson, Jackie McLean, Lee Morgan, Hank Mobley, Grant Green, Sonny Clark, Blue Mitchell, Horace Parlan, Jack Wilson, Don Wilkerson. Higgins und Sproles sind nach Workman/Muhammad und Carter/Waits das dritte beeindruckende Rhythmusgespann des Jahres.


    Billy Higgins (Photo: Francis Wolff)

    Nat Hentoff greift in seinen Liner Notes weit aus, Hill war 1980 in den USA wohl nicht mehr sehr bekannt, seine letzten Veröffentlichungen datierten auf 1975, die anderen Aufnahmen waren für europäische oder japanische Label entstanden (das sollte bis Ende der Achtziger so bleiben, als Hill wieder zwei Alben für Blue Note aufnahm).

    Nat HentoffWhen I first became aware of Andew Hill in the early 1960’s, what initially struck me was that, from note one, he had PRESENCE. The presencde of a true original. Also, there was this extraordinary clarity – his lines, his rhythms, the way he could make a combo cohere, no matter how complex the music, into a kind of incandescent lucidity.

    And there was the clarity inside Andrew Hill’s head. He would analyze what was happening in jazz with a depth of musical as well as historical perspective that kept reminding me how much woodshedding I had to to. As when he pointed out, in the mid-’60s, how far back the avant-garde players of the time had started from. „Listen,“ Andrew Hill said, „to what is called ‚avant-garde‘ and you can hear African kinds of rhythms. You can hear field cries. You can hear the basic roots of jazz.“

    He himself had been playing, as well as hearing, the basic history for a long time. In a recent CADENCE interview, Hill noted: „When I was six years old, I used to be able to play stride piano and Boogie Woogie extremely well.“

    But Hill came into the consciousness of jazz listeners as a post-modern player. And so he also was. And is. Yet, unlike some of the dauntless explorers then, Hill was always accessible, even to listeners quite new to the music. Part of this was due to his clarity; part to his delight in contrasts (he never imprisoned himself in any one bag for too long); and part was due to a lyricism that, however intense, always sang.

    (die Hervorhebungen sind im Original kursiv, aber hier wird ja leider jeder Zitatblock komplett kursiv gesetzt – falls jemand das Cadence-Interview zur Verfügung stellen kann …)

    Der letzte Abschnitt gefällt mir sehr gut: Klarheit, Kontraste, Sanglichkeit. Ich musste die letzten Tage beim Wiederhören von Hills 1967/68er Sessions öfter an Ellington denken, über den man Ähnliches sagen kann – beide haben sie auch ihre eigene Klangwelt geschaffen, mit hohem Wiedererkennungswert.

    Hill brachte sechs Stücke mit, die sich in typischer Blue Note-Manier zwischen fünfeinhalb und siebeneinhalb Minuten bewegen (es gibt da ja eine Art Schema: entweder 2 x 8-10 Minuten + 3 x 6 Minuten oder 6 x 5-7 Minuten). Den Auftakt macht „Yellow Violet“, ein wie so oft in unüblichen Takt-Gruppen komponiertes Stück mit eingängigem Thema über einem absteigenden Half-Time Bass-Motiv, das Tolliver und Farrell am Sopran im Unisono präsentieren. Tolliver setzt dann nahtlos zum ersten Solo an, bläst entspannter als Morgan oder Shaw aber nicht weniger effektiv. Hill übernimmt mit einem dichten Solo, das an seine durchdachte Begleitung während des Themas erinnert, Sproles spielt dahinter immer wieder die absteigenden Linien, die schon das Thema durchzogen, während Higgins einen ziemlich trommellastigen Beat beiträgt. Es folgt Farrell, weiterhin am Sopran. Mit wundervollem Ton und fliessenden Linien kostet er die Changes von Hills Stück aus und nahtlos geht es zurück ins Thema

    „Partitions“ heisst die zweite Nummer, in der ein hektisches Thema im 4/4-Takt – Trompete und Tenor in Unisono – von einer langsameren 3/4-Passage unterbrochen wird – diese Struktur wird auch während der Soli aufrechterhalten. Hill ist der erste Solist und greift in die vollen mit rasenden Läufen und dichten Akkorden. Es folgt Tolliver, zuversichtlich und doch melancholisch, dann Farrell, zupackend und mit ein paar Coltrane-Anklängen und schliesslich Higgins, teils von Hill begleitet.

    Die erste Häflte endet mit „Fish ’n Rice“ – und wenn es um Soul Food geht, ist der Groove natürlich entsprechend. Sproles spielt eng verzahnt mit Hills repetitiven Akkorden ein kurzes Bass-Motiv, das mit einem gehaltenen Ton auf 1 endet. Higgins klopft einen leichten Beat derweil die Bläser das Thema präsentieren. Hinter Farrells Solo (wieder am Tenor) fällt Sproles in ein neues Lick, die Bluesform wird wie in „The Sidewinder“ oder in Stücken von Herbie Hancock durchgängig strukturiert, es gibt (beinah) Breaks der Rhythmusgruppe und sich wiederholende Einsätze von Piano und Drums. Das ist anders als man es bei Hancock oder Morgan machen würde, eine Spur verschrobener aber auch abwechslungsreicher, nicht für den Dancefloor oder die Jukebox aber doch davon inspiriert. Tolliver klingt in seinem Solo anfangs ein wenig nach Lee Morgan, dann emanzipiert er sich, kehrt aber immer wieder zu Techniken zurück, die Morgan in einem solchen Stück perfekt eingesetzt hätte. Sproles ändert dahinter seine Begleitung wieder, alles wird flüssiger, der Bass weniger präsent, doch kaum übernimmt Hill wummert er wieder, umspielt ein Lick, das nie wirklich erklingt, fällt dann in eine Art Orgelpunkt während Higgins immer zickiger wird – das Solo von Hill steht weniger im Zentrum als das Zusammenspiel der ganzen Rhythmusgruppe. Und das wiederum ist kein soli(psi)stisches Interplay sondern ein gemeinsames Grooven. Das Thema wird wiederholt, danach über mächtigen Bass gerifft und ausgeblendet.

    Die zweite Seite öffnet mit dem Titelstück. Tolliver und Farrell präsentieren das Thema wieder im (oktavierten) Unisono, Sproles legt einen Pedalpunkt, Higgins spielt eine Art Boogaloo, Hill setzt einzelne Töne eher denn richtige Akkorde. Hier gelingt die schon auf dem ganzen Album zu hörende Verknüpfung von Groove und freieren Elementen noch schöner als zuvor. Das Thema hat etwas Klagendes, setzt sich schnell im Ohr fest. Farrell spielt das erste Solo – auch hier wieder am Tenor, mit klagendem Ton und leicht orientalisch angehauchten Linien. Er hakt sich an einem kleinen Zwei-Ton-Motiv fest, fällt dann wieder in fliessende Linien, mit eingestreuten Trillern und Arpeggi, dann wieder einzeln abgesetzte Töne, während Higgins den Ball aufgreift und Sproles zwischendurch in eine Art Boogie-Bass fällt. Tolliver ist für diese Art Groove (Jackie McLean, „On the Nile“!) der perfekte Solist, seine beissende Melancholie kommt perfekt zur Geltung, doch leider soliert er hier viel zu kurz. Es folgt Hill, der hier wohl seine Version von „Song for My Father“ abliefert, ein „enges“ Solo, ein Motiv aus ein paar Tönen, in das er sich verbeisst, bevor es sich schienbar von selbst auflöst, während Higgins und Sproles im Hintergrund immer aktiver werden, aber nie überborden. Hill kommt zur nächsten Idee, zur dritten, während Sproles wieder in ein simples Lick fällt, aus dem er ausbricht, um das Thema wieder anzukündigen. Die Stimmung des Stückes ist es, die mich hier an „Song for My Father“ denken lässt.

    In „Love Nocturne“ – dem letzten Stück der ersten Session von 1968 – wird diese melancholische Grundstimmung weitergeführt. Sproles spielt natürlich viel weniger als Workman in der frühen Version, trägt das Stück aber mit seinem riesigen Ton. Hill greift für ein langes Solo behutsam und sparsam in die Tasten, es entwickelt sich eine Art Stop-and-Go, kommentiert von Billy Higgins. Dann steigt Farrell ein (Mitchell war in der frühen Version ja solistisch gar nicht zu hören), gefolgt von Tolliver, und beide tragen phantastische Soli bei – und wie Hill und Sproles hier alles aufbrechen lassen und Higgins seine Begleitung permanent variiert ist schlicht grossartig. Ich sagte ja oben schon: das Stück stünde jeder Hill-Session gut an, und hier haben wir eine erstklassige Session vor uns; jene wohl, mt der Hills zweitbeste Phase bei Blue Note (nach den Anfängen von 1963-65) eingeläutet wird.

    Den Abschluss macht dann „Black Sabbath“ (Ozzy und seine geezers haben die Band im selben Jahr 1968 gegründet, dass es da noch andere Referenzen gibt, muss man wohl nur dem Publikum ausserhalb der Jazz-Ecke verkünden), ein schnelles Stück mit einer Zickzack-Linie über einen zickigen Beat, mit dem Higgins öffnet und der zeitweise zusammen mit Sproles‘ Bass fast zu einem Shuffle wird. Tolliver spielt das erste Solo, zitiert eine Passage aus einem Solo Coltranes in „A Love Supreme“ und hakt sich an kleinen Motiven fest, die er dann auslotet und schliesslich nahtlos zum nächsten Motiv findet. Farrell übernimmt, lässt sich von der Coltrane-Referenz anstecken, auch wenn Higgins für eine ganz andere Atmosphäre sorgt, sein Beat ist hier eigentlich die permanente Unterbrechung des Flows, für den Sproles besorgt ist, während Hill nur punktiert ohne rhythmisch zu werden. Das tut er dann in seinem anschliessenden Solo, das aber kurz und auf den Punkt ist. Es folgt Higgins, der hier ja eigentlich permanent soliert, ohne die anderen je in den Schatten zu stellen. Hill begleitet das Schlagzeugsolo, dann wird das Thema reperiert und es gibt einen dieser Hill-typischen abrupten Schlüsse.

    Die CD endet dann mit einem etwas längeren Alternate Take des Titeltracks, der eine Überraschung bereithält: das erste Solo gehört nämlich Victor Sproles am Bass, der sich zwar wenig vom Lick wegbewegt aber ein sehr effektives Statement zum besten gibt. Farrell steigt dann mit einem Motiv ein, das fast wie eine Sprechstimme anmutet und aus dem er allmählich sein tolles Statement formt. Tolliver greift seinerseits das Motiv auf, mit dem Farrell schliesst und bläst ebenfalls ein weiteres faszinierendes Solo. Hills Solo klingt dann ganz anders als im Master Take, da auch Sproles anders spielt hinter ihm werden hier bei mir keine so klaren Erinnerungen an Horace Silvers Musik wach. Ich finde diesen Alternate Take insgesamt wohl noch eine Spur toller als den Master. Und wenn ich diesen jetzt nochmal höre (zum sechsten oder siebten Mal heute), finde ich es sehr schade, dass Sproles zwar noch kurz rifft, aber Farrell gleich einsetzt … und auch nicht mit dem tollen Einfall, den er im Alternate Take (Take 10, der Master ist Take 14 – die Zählung ist dabei wie oft bei Blue Note/RVG fortlaufend, das Stück davor ist Take 8 d.h. allzu viele Takes gab es da nicht, ob Breakdowns und False Starts auch so exakt gezählt wurden wie bei Columbia oder Verve weiss ich nicht, das einzige Mal wo es zwischen zwei Master Takes einen grösseren Sprung gibt ist zwischen Take 14, eben „Dance with Death“ und Take 22, „Fish ’n Rice“). Im Master Take holt dafür Sproles sein Solo im Klaviersolo nach – vielleicht ist das ja sogar als Dialog gedacht, als Ersatz für das gestrichene Bass-Solo? Hill hält sich jedenfalls auffällig zurück im Vergleich zum Alternate Take.

    In Japan erschien das Album bei King in der „Unissued Masters“ (GXK-Präfix, das war die Fortsetzung – mit Alben aus der LT-Serie – der GXF-Reihe, in der 1979 fast zwei Dutzend LPs mit unveröffentlichten Aufnahmen erschienen war) ein Jahr nach der US-Veröffentlichung mit noch einem anderen Cover:

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7893847  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy tail wind
    Zu beiden Sessions muss ich anmerken, dass sie mich nicht unmittelbar gepackt haben, das auch heute nicht tun. Es braucht schon unabgelenktes Hören, um die Qualitäten, die zu beschreiben ich versuche, wahrzunehmen. Gerade die Trio-Session plätschert sonst an mir vorbei, während die Sextett-Session mich eher etwas langweilt oder auch nervt. Allerdings ist es ja keine so spezielle Beobachtung, dass man ohne genaues Hinhören bei Hill möglicherweise nicht weit kommt. Neu ist eher der erste Eindruck zwischen Langweile und Gleichgültigkeit, während die früheren Sessions bei oberflächlichem Hören bei mir primär einen Gedanken wecken: Ich muss unbedingt alles stehen und liegen lassen, hinsitzen und nichts tun als hören, mich ganz in diese Musik versenken. Das soll man auch mit allen späteren Aufnahmen Hills machen, es lohnt sich nämlich immer – bloss wird für mich dieser Impuls nicht mehr so unmittelbar erzeugt (das gilt dann alles nochmal etwas stärker für die Sessions ab den Siebzigern).

    mir geht das alles sehr ähnlich, auch mit der ersten rivers-session. es gibt überall spannende sachen zu entdecken, aber ich habe auch ein paar probleme. teddy robinson finde ich im komplett freien spiel keinen wirklich guten drummer (da hält er einen in meinen ohren ziemlich schematisch-hilflosen freien becken-swing), und hill an der orgel finde ich auch alles andere als zwingend (da ist für mich immer sofort die luft raus). ganz schön sind dagegen „desire“ aus der CHANGE-session, wo ein unabhängiger rhythmus durchgehalten wird, die ersten stücke von der sextett-session, die eher harmonische bereiche ausloten, und manchmal das zusammenspiel mit ron carter. einmal kommt in der trio-session die orgel als total geisterhafter effekt, das mochte ich auch sehr.

    hill wirkt ein bisschen planlos in dieser phase – völlig frei will er nicht spielen, aber verschiedene ebenen horizontal zusammensetzen (wie mit der rhythm section auf COMPULSION) funktioniert hier nicht, weil er vielleicht die falschen musiker hat (rivers fließt ja eher so mit, kenyatta eigentlich auch) oder einfach nicht lang genug mit ihnen geprobt?

    gerade läuft die septett-session, herbie lewis weiß irgendwie sofort, was zu tun ist, und spätestens beim dritten ton von shaw bin ich hin. bin gespannt, wie das weiter geht.

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    #7893849  | PERMALINK

    nail75

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    Ich habe die 1967er Sitzungen auch nachgehört. Bei Change kenne ich das von gypsy beschriebene Phänomen auch: An einem Tag finde ich sie gut, an einem anderen lässt sie mich kalt. Aber meistens gefällt sie mir. Von den Sesssions des Mosaic Selects finde ich die Septet-Session am besten, die Sextet-Session wurde mit Absicht an den Schluss des Sets gestellt.

    Aber all das ist meilenweit hinter Dance With Death oder Passing Ships. Beim letzten Hören des letzteren Albums fühlte ich mich erstmals an Duke Ellington erinnert. Eine Schande, dass es nicht weitergehen durfte.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7893851  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    (Photo: Fred Seibert)

    Lift Every Voice. „Lift Every Voice and Sing“ ist der Titel der „black national anthem“, die James Weldon Johnson geschrieben und sein Bruder John Rosamond Johnson in Musik umgesetzt hat. „Lift Every Voice“ ist der Titel des nächsten Hill-Albums, ebenso wie eines Max Roach-Albums (viel später brachte auch Charles Lloyd noch ein Album mit diesem Titel heraus) – und beide beziehen sie die menschliche Stimme mit ein, im Falle Hills zum ersten Mal (wenn man die frühen Sachen mit den Debonaires nicht zählt). Der Titel mag auch als Überschrift dienen für Hills Musik im Jahr 1969, denn in diesem Jahr gab es nicht nur Stimmen und wie bis anhin Jazz-Combos sondern auch eine grössere Formation als er sie zuvor im Studio geleitet hatte (ein Nonett) und Aufnahmen mit einem Jazzquartett sowie einem Streichquartett (ein Format, das Max Roach seinerseits – in geänderter Besetzung mit Trompete statt Piano – später aufgreifen sollte).

    Die erste Session des Jahres fand am 16. Mai 1969 statt, wie üblich im Studio von Rudy Van Gelder in Englewood Cliffs, New Jersey. Woody Shaw, Richard Davis und Freddie Waits waren wieder dabei, mit Carlos Garnett zudem eine neue, starke Stimme am Tenorsaxophon. Die „voices“ wurden von Lawrence Marshall geleitet, neben ihm sangen: LaReine LaMar, Gail Nelson, Joan Johnson, Benjamin Franklin Carter, Antenett Goodman Ray und Ron Steward.

    In seinen Liner Notes fasst Leonard Feather nochmal zusammen – und wir staunen heute darüber, dass das alles in nur sechs Jahren geschah (wobei Feather das Warwick-Album – und überhaupt die Vorgeschichte bis im Herbst 1963 – wohl nicht kannte):

    Leonard FeatherIn the six years since the appearance of his first album as a leader, Andrew Hill has been praised for a broad range of artistic attributes: for his highly personal, often dramatic distillation of many pianistic influences, for his independence and insistence on freedom-within-discipline as a composer; for his reluctance to be pinned down as an exponent of any one limited area of musical thought.

    Man kann auf diesem Album vom Sound her vier Gruppen heraushören: Frauenstimmen, Männerstimmen, Bläser und Rhythmusgruppe. Wie immer bei Hill ist jedoch alles sehr engmaschig aufeinander bezogen, dicht verwoben und integriert. Zum Chor zitiert Feather in seinem Kommentar Hill wie folgt:

    Andrew HillI’ve alyways been interested in the use of voices. I wrote a jazz opera a while back; it was never performed, but there’s a good chance that the Koussevitzky Foundation may produce it this year.

    Dazu kam es wohl nie, im Netz finde ich auf die Schnelle jedenfalls keine Spur. Aber diesen Anspruch, die Oper, das hört man dem Gesang hier durchaus an. Das sind keine simplen Gospelchöre im Hintergrund sondern durchaus exponierte Passagen mit weiten Intervallsprüngen wie man sie im Jazz jener Zeit von Eric Dolphy kennt. Woody Shaw wiederum hat das – neben einigem Coltrane – in seinen Stil eingebaut und ist auch deshalb die perfekte Wahl hier.

    „Hey Hey“, der Opener, öffnet mit einem Auftakt von Waits – crisp, frisch, knapp, in seiner ganz eigenen, irgendwo zwischen Motown und Roy Haynes angesiedelten Handschrift, dann bläst Garnett ein kleines Motiv, zwischen Cry, Melodie und Free (mit einem Ton, der er mit unterschiedlichen Griffen spielt). Ein straighter eight-to-the-bar-Beat, darüber dann der Chor mit Vocalese-Gesang. Die Männer singen Begleitung (auch eight-to-the-bar), die Frauen mit Unterstützung der Bläser eine komplexe Linie, dem öffnenden Motiv Garnetts ähnlich. Woody Shaws Trompete schält sich kurz heruas, doch nach einer Phrase übernimmt Garnett mit dem Tenorsax. Geboren in der Panamakanalzone war er damals noch nicht lange in New York, hatte aber bereits mit Art Blakey gespielt, gemeinsam mit Shaw (es gibt vom März und April Live-Mitschnitte, George Calbes und Scotty Holt vervollständigten das damalige Messengers-Quintett). Garnett spielt wieder Töne, die er mit unterschiedlichen Griffen ansteuert, was zu mikrotonalen Effekten führt (die im Jazz ja seit alters her präsent sind), flüssige Linien wechseln mit rauhen, manchmal stotternden, dann wieder steckenden Passagen, er streut Multiphonics ein und verzahnt sich aufs Schönste mit dem Beat von Waits, der über dem schmierigen Bass-Boden von Davis einen lockeren und doch treibenden Groove klöppelt. Der Chor steigt gegen Ende des Saxophonsolos wieder ein und bleibt hinter der Trompete präsent, die Frauen mit den hohen „punches“ wie schon im Thema, wie Garnett es schon im Intro vorweggenommen hatte. Als hinter Shaw der Chor wieder aussetzt, steigt Hill ein, mit wenigen Akkorden, stark rhythmisiert, doch Shaw steigt nicht darauf ein, bläst im schönsten Kontrast dazu weiter seine springenden Linien, die er wie Garnett öfter unterbricht. Gegen Ende des Trompetensolos beruhigt sich alles ein wenig, doch Waits wird eher noch lebendiger, ohne je laut zu werden. Dann steigt der Chor wieder ein und Hill setzt an – ist das überhaupt ein Solo? Er rifft, wieder mit wenigen Tönen, konzisen Läufen, zwei, drei Akkorden – dann fällt er einen Groove, der völlig gegen den Beat gebürstet ist, wird fast soulig, aber immer noch äusserst sparsam. Und Davis passt sich an, legt nicht mehr einen satten cremigen Boden sondern ein fast stakkato-haftes Ostinato. Die abschliessende Rekapitulation des Themas (Hill fällt davor wieder in den Beat, Davis lässt seinen Ton wieder etwas mehr ausschwingen) bietet Shaw nochmal die Gelegenheit zu ein paar Kommentaren. Ein äusserst vielversprechender Anfang, der mit höchstens in der Tönung insgesamt nicht wahnsinnig zusagt, aber beim genauen Hinhören wirklich toll ist. Hill sagte zum Stück (nach Feather), es sei „my attempt to capture the mood of what Meade ‚Lux‘ Lewis might be doing if he was around today.“

    Im zweiten Stück (die erste Seite der LP enthält zwei ca. achtminütige Stücke, die zweite drei etwas kürzere) „Lift Every Voice“ gibt es Gesang mit Text. Trotz des Titels gibt es auch hier keine Soul-Chöre, aber Worte, die den Bezug durchaus herstellen bzw. die gemeinsamen Wurzeln herausheben. Woody Shaw ist von Beginn an präsent und bläst danach ein grossartiges Solo – mit diesem Ton von kristalliner Klarheit und ebensolchen Linien. Noch in der schnellsten Phrase ist jeder Ton abgesetzt, klar herauszuhören. Hill über Shaw (wieder nach Feathers Liner Notes): „He’s fantastic … one of the greatest living trumpet players.“ Garnett folgt, passt sich der ruhigeren Stimmung an, verzichtet aber nicht auf seinen tollen Cry und schafft es, seine repetitiven Muster der Atmosphäre anzupassen. Sein Solo gibt Waits die Möglichkeit, stärker ins Geschehen einzugreifen, doch gegen Ende ist es Davis, der plötzlich aktiv wird, während Waits sich längere Zeit ganz auf die Becken beschränkt. Als Hill übernimmt, bearbeitet Waits auch wieder seine Trommeln und man kriegt fast den Eindruck einer Kollektiv-Improvisation im Trio doch dann setzen auch die Stimmen ein – „free, free, free, free … soul“ – und ein Hill-Solo erster Güte bahnt sich an: introspektiv, meditativ, aber zugleich zupackend, und in diesem Fall allmählich zur Reduktion findend. Davis lauert schon dahinter und spielt ein kurzes Solo – der Chor steigt erneut kurz ein – bevor Garnett erneut zu hören ist. Hill sorgt wieder für ein dicht gesponnenes Netz, ohne dass das auch nur zum Anflug von Schwerfälligkeit führen würde. Der Chor beendet das Stück, wieder mit ein paar Fanfaren von Shaw.


    Carlos Garnett und Woody Shaw (Photo: Francis Wolff)

    Die ruhige Stimmung bleibt bei „Two Lullabies“ bestehen. Der Titel rührt daher, dass hier zwei Stücke aneinandergehängt wurden. Die Männer singen wie im ersten Stück eine Begleitung, von Richard Davis‘ Bass unterstützt, während die Frauen mit den Bläsern und Hill den melodischen Part übernehmen. Hill ist der erste Solist, über Waits gleichmässigen Beat und mit Davis‘ wacher Begleitung ergibt sich eine tolle Trio-Passage (in die der Chor wieder kurz eingreift), Hill verdichtet bis er fast bei Arpeggien ankommt, aber selbst das kann er, ohne dass die Musik je überladen klingen würde. Shaw spielt das nächste Solo, Davis strukturiert seine Begleitung darunter mit Doppelgriffen neu, Waits benutzt die Basstrommel und fällt plötzlich in einen satten Backbeat – doch nur für ein paar Takte und dann steigt Garnett ein, mit einem dichten Gewebe aus Linien, die sich beinah zu überlappen scheinen – und die Waits wieder zu dialogischen Kommentaren veranlassen. Die Überleitung zurück zum Chor gelingt hervorragend, Garnett fährt die Intensität herunter, Hill legt Akkorde – und ehe man sich’s versieht, sind da wieder die Stimmen mit ihren Fanfaren – über einen sich erneut verdichtenden aber leichten Beat von Waits … was für ein grossartiger Trommler!

    Zu „Love Chant“ sagt Hill: „I tried to reconstruct an old English-type chorale“. Doch die Melodie erinnert eher an ein Stück von Eric Dolphy. Die Stimmen sind hier wieder als ein Chor zu hören, Davis/Waits sorgen für einen leichten Swing, über den Garnett ein erstes Solo bläst, dann folgt Shaw. Das Tempo ist etwas ziemlich rasch, die Solisten ebenso wie die Rhythmusgruppe in bester Laune. Hill begleitet sparsam, lässt Davis/Waits viel Raum, die eingeworfenen Klavierakkorde erhalten so umso mehr Gewicht. Hier ist es eindeutig Shaw, der mit einem ökonomischen Solo den ersten Höhepunkt setzt. Hill folgt, spielt für einmal fast keine Akkorde, nur Linien in der linken Hand, was ein wenig an Herbie Hancock so um 1966/67 erinnert. Doch natürlich hat die Musik die Hill’sche Färbung.

    Das Highlight ist für meine Ohren dann der Closer „Ghetto Lights“. Ein bluesiger 6/8-Shuffle, darüber eine Linie, die erneut an Dolphy erinnert. Das Stück war zuvor schon auf Hutchersons Album „Diagogue“ zu hören. Hill (nach Feather): „Ed Williams, the disc jockey, wrote the few words we used here … You’ll notice the writing called for the singers to use an almost operatic control.“ Shaws Solo – mit Dämpfer für einmal – steigt direkt aus dem Thema hoch, der Ton hat gedämpft nicht die übliche Brillanz, aber gerade das entwickelt einen grossen Reiz. Shaw betritt hier Territorium, das sonst eher Lee Morgan beherrschte, es gelingt ihm aber ein unheimlich tolles, funky Solo – wenn man den Beweis sucht, dass Shaw die Hard Bop-typische „power of badness“ beherrschte: hier ist er! Nach diesem tollen Solo folgt eine längere Chor-Passage, eine Vocalese-Rekapitulation des Themas. Die Rhythmusgruppe macht hinter dem Chor Druck, Hill streut seine kleinen Schlenker und Motive ein – und dann dreht Waits kurz den Beat beinah um, alles scheint einen Moment in einen freien Fall zu taumeln. Was für eine tolle Weise, Hills Solo loszukatapultieren! Und der spielt einige locked hands-Passagen, dicht, kurz, und auf seine eigene Art ziemlich funky. Dann setzt Garnett den Schlusspunkt mit einem Solo, das deutlicher als die vorhergehenden sein Fundament in der Musik John Coltranes durchscheinen lassen.

    Als CD-Hörer sollte man danach sehr schnell den „Stop“-Button drücken, denn der Schluss ist trocken und kommt überraschend – und die rollenden Boogaloo-mässigen Akkorde Hills, mit denen die Bonus-Session öffnet (dazu später) sind ein harter Stilbruch!

    Ein Fazit lautet wohl so: Hervorragende Musik, die nicht immer auf Anhieb packt, aufmerksames Hören legt erst ihren Facettenreichtum offen. Das Resultat ist meines Wissens im Jazz ziemlich einzigartig: diese Art des völlig klischeefreien Singens kenne ich sonst auch „with voices“-Aufnahmen nicht (ich müsste jene von Roach und Hutcherson bald mal wieder anhören) und Hill gelingt es hier – wie bei seinen besten Aufnahmen – alles zu einem dichten, äussert vielschichtigen, fast immer organisch wirkenden Ganzen zu formen.


    Richard Davis (Photo: Francis Wolff)

    Die zweite Session des Jahres folgte vier Wochen später, am 13. Juni 1969, wieder bei Rudy Van Gelder. Mit dabei dieselbe Gruppe ohne Woody Shaw, dafür mit dem erwähnten Streichquartett, das aber in ungewöhnlicher Besetzung daherkommt: Sanford Allen (v), Selwart Clarke (vla), Booker Rowe (vla), Kermit Moore (vc). Zwei Stücke wurden eingespielt bei der ersten Session, erst sechs Wochen später wurde – mit völlig anderer Jazz-Besetzung – der Rest des einst geplanten Albums aufgenommen. Den ersten Versuch, eine Jazz-Combo und ein Streichquartett zu integrieren, unternahm wohl John Lewis mit dem Modern Jazz Quartet und dem Beaux Arts Quartet 1959.

    „Monkash“ heisst das erste Stück, gewidmet Hills Freund Dr. Jeff Monkash. Garnett präsentiert am Tenor das Thema, die Streicher sind sehr effektvoll eingsetzt: das Cello und die Bratschen spielen eine Gegenmelodie, die Violine tremoliert durchgehend. Die Rhythmusgruppe agiert wieder zupackend und nuanciert zugleich, Hill setzt zum ersten Solo an, bald steigen die Streicher hinter ihm ein – und das mit mehr als nur hingelegten Tönen oder Akkorden, es ergibt sich an einer Stelle sogar, dass Hill ein kurzes solistisches Motiv von einem der Streicher aufgreift und in sein Solo einbaut. Dann setzen die Streicher aus und der Beat wird schwerer. Die Affinität zwischen Hill und Davis ist nach all den Jahren immer noch offensichtlich und Waits fügt sich bestens ein. Dann folgt Garnett, mit durchgehender Streicher-Begleitung, auf die er sich – wie zuvor mit den Stimmen – auch bei grosser Dichte seines Spiels durchaus einlässt.

    Im zweiten Stück, „Mahogany“, präsentieren die Streicher das Thema, begleitet von Hill. Garnett spielt ein erstes Solo am Tenor- und nach Hills Klaviersolo ein zweites am Sopransaxophon. Davis stösst für einige Pizzicato-Stellen zu den Streichern, die auch hinter den Solisten aktiv begleiten. Das Stück gerät in – für diesen Rahmen – erstaunlich freie Wasser. Garnetts Solo am Tenor wirkt stellenweise etwas unausgegoren, er bläst hymnische (Coltrane-)Phrasen, doch die Rhythmusgruppe (Waits!) und die Streicher sorgen für reichlich Abwechslung und Garnetts Spiel passt letztlich doch ganz gut. Hills Solo ist dann sehr frei, er hat ja sicherlich auch Cecil Taylor gehört (da gibt es wohl auch Parallelen – im bewusst eingeschränkten Vokabular, das dann aber mit maximalem Variantenreichtum und beeindruckender Klangpalette immer wieder neu – und dabei durchaus überraschend – eingesetzt wird). Das Klanggebräu, das sich mit den Streichern ergibt, finde ich sehr faszinierend. Nach einer durcharrangierten Passage folgt Garnett dann am Sopran, mit schönem Ton und wie ich finde etwas besseren Ideen – doch leider wird das Stück dann auch schon bald ausgeblendet, ohne zu einem richtigen Abschluss zu finden.


    Selwart Clarke

    Erst sechs Wochen später, am 1. August 1969, wurde das Streicher-Projekt abgeschlossen, diesmal mit Bennie Maupin, Ron Carter und Mickey Roker. Das Material geriet diesmal etwas leichter. Mickey Roker (nicht Ben Riley, wie in den Liner Notes steht) macht sich nach Freddie Waits sehr gut. Zwischen Davis, der auf diesen späteren Hill-Sessions anders und viel zurückhaltender spielt als auf den frühen, und Carter besteht erstmal kein so grosser Unterschied, aber Carter hat in der Tiefe deutlich mehr Volumen, was sehr gut zu den Grooves passt, die hier zu hören sind. Bennie Maupin, der später auf Miles Davis‘ „Bitches Brew“ und bei Herbie Hancocks Mwandishi-Sextett und den Head Hunters mitwirkte, wurde in den späten Sechzigern zu einem der letzten Blue Note-Hausmusiker: er ist zu hören auf Alben von Lee Morgan, McCoy Tyner, Horace Silver oder Dr. Lonnie Smith. Vom Herbst 1968 ist zudem eine Europa-Tour des Horace Silver Quintetts mit Maupin und Charles Tolliver gut dokumentiert, im folgenden Sommer war Maupin weiterhin dabei, an der Trompete aber Randy Brecker (die Combo gibt es auch auf dem Blue Note-Album „You Gotta Take a Little Love“). Etwas später nahm Maupin auch mit Woody Shaw auf (Contemporary). Ich tendiere dazu, ihn wider besseres Wissen als Tenorsaxophonisten immer wieder zu unterschätzen, und diese Session mit Hill ist ein gutes Argument dafür, das wirklich nicht mehr zu tun.

    „Illusion“ ist ein hübsches Thema, präsentiert von den Streichern über einen tollen Groove von Carter/Roker. Das Stück erschien auf „One for One“ und wurde später dank eines Remix von Madlib etwas bekannter („Andrew Hill Break“ auf „Shades of Blue“). Hill soliert am Klavier, die Streicher steuern verschiedene Begleitmotive bei, auf die Hill sich immer wieder einlässt – er erzeugt wieder diese einzigartige Hill-Stimmung, irgendwo zwischen völlig entspannt und geerdet und weltverloren und verlassen oder auch nur ganz für sich sinnierend. Maupin folgt am Tenorsaxophon – sein Einstieg könnte fast von einem Cello stammen. Er spielt zunächst lange Töne über dem tollen Groove und mit knappen Einwürfen von Hill, dann fängt er an, schnellere, dichtere Linien zu blasen und sein toller, kantiger Ton wird hörbar. Dann wird das Thema repetiert und einer der schönsten und unwahrschleinlichsten (und jenseits von Madlibs Ein-Minuten-Break wohl unentdeckt gebliebenen) Rare-Groove-Rohdiamanten endet.

    Mapuin greift zur Flöte und gesellt sich in „Poinsettia“ zu den Streichern, um das Thema vorzustellen. Carter und Roker funktionieren wieder als Anker, während Hill zwischen Rhythmus und Melodie fluktuiert, Mal ein Motiv, dann einen Akkord einstreut. Sein Solo ist wieder äusserst meldiös, er unterbricht sich aber fortwährend, lässt Raum für die Streicher, die hier streckenweise fast schon aggressiv intervenieren, Hill streut in sein Solo auch ein Monk-Motiv ein („Misterioso“) – dass man zuvor bei „Monkash“ auch ein wenig an den Hohepriester dachte, war wohl auch kein Zufall, trotz des bekannten Widmungsträgers. Für sein Solo greift Maupin wieder zum Tenorsaxophon, steigt wieder mit einem Ton ein, der auch von einem Cello kommen könnte, doch strukturiert sein Solo diesmal ganz anders, mit Läufen, die aus der Tiefe kommen und oft in die Tiefe zurückführen, von da aber in die Höhe steigen und sich dort auch mal zu einem Cry steigern.


    Mickey Roker (Photo: Francis Wolff)

    Maupin setzt im nächsten Stück, „Fragments“, aus. Ohne festes Metrum spielen die Streicher (inklusive Carter, der zum Bogen greift und da und dort gezupfte Töne einstreut) ein Motiv, umrahmt von Hills Piano-Exkursen, punktiert von einzelnen Becken-Schlägen und -Wirbeln von Roker. Ein hübsches Stück, das ganz vom Kontrast zwischen den auskomponierten Streicherparts und Hills improvisiertem, weltverlorenen Piano lebt.

    Mit „Soul Mate“ folgt, wie der Titel vermuten lässt, die Boogaloo/Funk-Nummer der Session. Die Streicher riffen, die Rhythmusgruppe groovt und Maupin spielt das einfache Riff-Thema, während Hil wieder seine typische, so karge wie prägende Begleitung spielt. Maupin spielt ein exzellentes Solo am Tenor. Die Streicher setzen hinter ihm aus, steigen dann zum Auftakt von Hill wieder ein und riffen hinter ihm. Es liegt wohl in der Natur des Stückes und des Arrangements, dass die Integration des Ensembles hier nicht halb so tief geht wie bei den anderen Stücken.

    Den Abschuss macht dann ein Alternate Take von „Illusion“, der in der Tat weniger (be)zwingend kingt als der Master – aber es gibt ein weiteres tolles Solo von Andrew Hill und auch Maupin überzeugt einmal mehr mit seinem Solo. Das Fazit ist hier aber durchwachsen, die Integration der Streicher gelingt streckenweise (grad in der ersten Session) zwar sehr gut, aber die Aufnahmen wirken auf mich etwas halbfertig und letzlich auch halbherzig gespielt. Hier glaube ich Hill für einmal, dass er nicht die richtigen Leute am Start hatte (bzw. dass die tollen Leute, die er ja dabei hatte, aus welchen Gründen auch immer, nicht wirklich begriffen, wie sie diese Musik zu spielen hatten).

    Trivia: Kermit Moore (1929-2013) spielte mit Roberta Flack, Ornette Coleman, Roxy Music, Yusef Lateef und vielen anderen, er hatte u.a. Cello bei Gregor Piatigorsky und Pau Casals Cello studiert sowie Orchesterleitung bei Serge Koussevitzky. Die Koussevitzky Foundation war ja anscheinend involviert beim Plan, die erwähnte Hill-Oper aufzuführen.

    Sehr viel besser ist dann die letzte Session des Jahres, die ja beinah aufgegeben worden wäre. Am 7. und 14. November 1969 fand Hill sich bei Van Gelder mit seiner bis anhin grössten Formation ein: Woody Shaw & Dizzy Reece (t), Julian Priester (tb), Bob Northern (frh), Howard Johnson (tuba, bcl), Joe Farrell (ss, ts, alto-fl, bcl, enh), Ron Carter (b) und Lenny White (d) waren dabei, „Passing Ships“ hiess das Album, als es 2003 doch noch das Licht der Welt erblickte.

    Cuscuna schreibt in den Liner Notes zum Mosaic Select #16: „Sadly, the 1969 nonet that had most interested me turned out, based on the stereo masters, to be a bust.“ Doch: „That unissued nonet session from 1969 that Andrew and I had dismissed in 1976 kept coming up in conversations with Andrew, Howard Johnson and Lenny White. When I ordered copies of the stereo tapes in 2001 at Andrew’s request and relistened, it dawned on me that there were parts that I could only hear through echo which were missing from the stereo mix.“ – Cuscuna stöberte also die 8-Spur-Bänder (auch von der 1969er Septett-Session den Aufnahmen mit dem Streichquartett) auf und: „Lo and behold, when all the parts were properly in place, the session was no only salvageable, it was magnificient.“ An dem Punkt könnte man eigentlich aufhören, darüber zu schreiben, denn genau so ist es. Mit „Passing Ships“ erschien nicht nur das letzte grosse Hill-Meisterwerk aus dem Archiv von Blue Note, sein Erscheinen löste auch eine Flut von Anfragen im Netz aus (hey, das gab’s 2003 schon, und wir waren sogar dabei!) mit der Forderung, alles zu veröffentlichen, was von Hills Sessions noch nicht erschienen war. Die drei Sessions waren bereits neu abgemischt und mit Hills Einverständnis wurde schliesslich 2005 die Mosaic Select-Box herausgebracht, die dem Wunsch der Fans nachkam.


    Dizzy Reece (Photo: Francis Wolff)

    Die meisten Musiker sind uns inzwischen von früheren Hill-Sessions vertraut: Shaw, Farrell, Johnson und Carter waren alle schon dabei, neu sind Dizzy Reece, Julian Priester, Bob Northern und Lenny White. Letzterer mag überraschen, man kennt ihn ja vor allem als Jazz-Rock-Drummer, doch er macht seine Sache formidabel. Reece kam 1931 in Jamaika auf die Welt, 1948 kam er nach London, arbeitete die ganzen Fünfziger hindurch in Europa, oft in Paris, spielte u.a. mit Kenny Clarke, Don Byas, in London entstand 1958 sein Blue Note-Debut mit den Gästen Donald Byrd und Art Taylor sowie dem englischen Tenorsaxophonisten Tubby Hayes.

    Robert Northern (aka Brother Ah) spielte mit einer langen Liste wichtiger Jazzmusiker von John Coltrane über Gil Evans, Roland Kirk und McCoy Tyner bis hin zu Sun Ra. Im Verlauf der Sechziger begann er sich vermehrt für nicht-europäische Musik zu interessieren, reiste in den Siebzigern regelmässig in verschiedene afrikanische Länder und nahm ein paar tolle Alben als Leader auf.

    Julian Priester hat ähnlich eindrückliche Palmarès zusammengetragen, die von Max Roach über Duke Ellington zu Sun Ra reichen, in seinen Anfangszeiten wirkte er auch bei R & B-Sessions für Chess mit. Er löste 1970 seinen Vorgänger Garnett Brown in der Band von Herbie Hancock ab, die als das Mwandishi-Sextett in die Jazzgeschichte einging. Lenny White stand noch am Beginn seiner Karriere, wirkte 1970 auf „Bitches Brew“ mit, nahm mit Joe Henderson, Woody Shaw und Gato Barbieri auf, bevor er zu Chick Coreas Return to Forever stiess und zu einem der wichtigsten Fusion-Drummer wurde – wobei ihm dieses Etikett nicht gerecht wird.

    Die Musik auf „Passing Ships“ ist in der Tat eine Brücke zu Hills Musik der Zeit, als das Album endlich erschien. Auf Palmetto brachte er 2002 sein Big Band-Album „A Beautiful Day“ heraus und einiges, was das Nonett von 1969 machte, klingt den späteren Aufnahmen ziemlich ähnlich. Dass ich mir die Mühe machte, das Instrumentarium aufzuführen, ist natürlich kein Zufall, denn die lange Liste hinter Joe Farrells Namen führt noch mehr als Howard Johnsons Wechsel zwischen Tuba und Bassklarinette (der Mann beherrscht alle Blechblasinstrumente und alle Saxophone und Klarinetten gleichermassen) zu einer reichhaltigen Klangpalette, die Hill auch wirklich einsetzt, inklusive Altflöte und Englischhorn. Die Solisten sind neben Hill: Joe Farrell, Woody Shaw, Dizzy Reece und Julian Priester. Farrell hatte nicht nur bereits mit Hill gearbeitet – und war sowohl ein exzellenter Blattleser wie auch ein wagemutiger Improvisator – sondern mit Dizzy Reece auch dessen Prestige-Album eingespielt (1962) und mit Woody Shaw in verschiedenen Combos von Chick Corea zusammengespielt. Reece hatte seinerseit kürzlich nach längerer Pause bei einer anderen Blue Note-Session mitgewirkt, Hank Mobleys „The Flip“ (in Paris eingespielt).


    Julian Priester (Photo: Francis Wolff)

    „Sideways“ wird von Reece und Farrell (am Tenorsaxophon) vorgestellt, das Thema ist zwölftaktig und wird zweimal gespielt, die Tuba grummelt darunter unheilvoll und die anderen Bläser spielen sich bewegende lange Töne. Farrell geht nahtlos ins Solo über und sofort wird wieder klar, warum er ein so toller Solist ist in einem solchen Rahmen: Er spielt mit solidem, kantigen Ton, schnitzt seine Linien mit grösster Klarheit, aber auch mit harmonischem und rhythmischem Wagemut. Eine Ensemble-Passage leitet über zu Hill, der dann weiter begleitet wird. Bald schon fällt auch die Rhythmusgruppe auf, White agil, spitz, mit einem leichten, hohen Klang – und Carter in diesem Rahmen weniger funky und tieftönend als bisher, seine Walking-Linien stets bereichernd und kommentierend. Dizzy Reece spielt das Trompetensolo, mit seinem tollen Ton und durchaus ein paar Stufen über seiner Komfortzone, was ihm wohl ganz gut tut. Eine knappe Ensemblepassage und das Stück endet auch schon wieder – dass die meisten der sieben Stücke (in knapp 48 Minuten Gesamtdauer) etwas kurz sind ist wohl die grösste Kritik, die man dem Album machen kann, zumal die Solisten oft nur kurz zu Wort kommen

    In „Passing Ships“ spielt Farrell das Thema auf dem Englischhorn, begleitet von einer Gegenmelodie von Blech (mit Dämpfer) und Bassklarinette. White trommelt einen leichten aber rockigen Beat, der für ein paar Takte in einen Latin wechselt. Julian Priester ist nach dem exotischen und etwas gespenstischen Thema dann die logische Wahl als erster Solist: meditativ, mit seinem stimmhaften Ton, mit einem Cry, wie man ihn eher von Saxophonen kennt – was Ron Carter und Lenny White hinter ihm anstellen, mit Pedalpunkt und simplem binären Beat, ist erste Klasse. Woody Shaw folgt mit dem nächsten Solo, greift die Stimmung des Themas ebenso perfekt auf wie sein Vorgänger, verdichtet seine Linien und lässt ihnen dann einzeln hingesetzte Töne folgen. Farrell übernimmt nahtlos, White ist inzwischen deutlich aktiver geworden, fällt zusammen mit Carter auch ins doppelte Tempo, während Hill weiter impressionistisch anmutende Akkorde pflanzt. Die Atmosphäre hier ist gänzlich Hill und gemahnt doch auch stark an Miles Davis‘ Aufnahmen dieser Zeit (ca. 1968/69). Hill selbst ist dann der letzte Solist, Carter/White ändern ihre Begleitung wieder, White scheint stellenweise wie Tony Williams zu pulsieren (eine weitere Parallele zu Miles Davis), während Carter auch hinter Hill wieder das schnellere Motiv einstreut, das unter Farrell erstmals aufgetaucht war. Dieser spielt dann zum Abschluss noch einmal das Thema, das mit ein paar improvisierten Takten von Hill ausgeblendet wird.

    „Plantation Bag“ ist ein Funk-Stück, das auf einem Motiv von Howard Johnsons Bassklarinette aufbaut. Die Trompeten und Farrell am Sopran spielen ein springendes Motiv, auf das Posaune und Horn mit einem stets zwiemal gespielten Stakkato-Ton antworten. Fürs erste Solo wechselt Farrell ans Tenorsaxophon und greift die funky Stimmung auf. Erst jetzt wird halbwegs klar, dass es sich um eine simple zwölftaktige Form handelt, doch Blues-Akkorde werden höchstens angedeutet, das Stück wirkt offen, modal. Hinter Farrell steigen die anderen Bläser mit tollen Begleitmotiven ein. Dizzy Reece folgt und ist weniger am Funk als am Bop interessiert, der im Thema ja durchaus auch steckt. Hill wirft gegen Ende des Trompetensolos ein paar funky Akkorde ein, die – wie auch die Instrumentierung mit der Bassklarinette – durchaus eine Nähe zu Herbie Hancocks Musik derselben Zeit suggeriert. Sein Solo ist dann aber weniger funky als erwartet, entwickelt die typische Hill’sche Vielschichtigkeit bei stark begrenzter Motivik. Die Bläser spielen tolle Begleitungen, auf die Hill immer wieder eingeht, und Carter/White machen einmal mehr einen exzellenten Job.

    „Noon Tide“ ist vom Groove her eine Art Wiedergänger des ultracoolen „Catta“ von Bobby Hutchersons Album „Dialogue“, ein gleichmässiger 8/8-Latin-Beat grundiert das Stück, dazu wieder ein Bass-Ostinato – und die ganze Band fällt in den Groove mit ein, nur Joe Farrell an der Altflöte spielt melancholische Motive drüber. Dass Julian Priester hier wieder der erste Solist ist, passt. Sein Solo klingt wie ein innerer Monolog. Die Bläser – von den Trompeten angeführt – stossen zwischenzeitlich mit tollen Begleitmotiven dazu. Dann folgt Farrell am Tenorsax, bläst wieder ein starkes Solo mit robustem Ton, rhythmisch oft abgehackt, was aber sehr gut passt. Reece folgt, unter ihm bald wieder die anderen Bläser, doch er tänzelt über ihnen mit einer glänzenden Leichtigkeit. Hill spielt das nächste Solo, akkordisch und wie Cuscuna in seinem Kommentar zur CD schreibt in der Tat nicht so weit von Horace Silver entfernt. Das letzte Trompetensolo stammt dann wohl von Woody Shaw, gespielt mit einem Dämpfer (die andere Trompete ist in der Begleitung auch gestopft). Mit nahezu zehn Minuten ist das übrigens das eine Stück, bei dem man sich nicht über zu knappe Soli beklagen braucht – und vielleicht das Highlight des ganzen, hervorragenden Albums. Dann folgt nochmal das Thema mit Farrells freischwebender Altflöte, die zu einigen Schlenkern ansetzt, während ausgeblendet wird.

    „The Brown Queen“ wird von Shaw und Farrell am Sopransax präsentiert – eine bezaubernde Melodie, punktiert von den anderen Bläsern. Hill spielt das erste Solo, beginnt mit einem kleinen absteigenden Motiv, schiebt es herum, gelangt zum nächsten Motiv, hakt sich fest. Die Bläser setzten auch hier wieder mit tollen Motiven ein – wirklich faszinierend, wieviel Mühe Hill sich gab, es gibt hier kein einziges klischiertes Riff, aus fast jedem der Motive könnte man gleich ein neues Stück schreiben. Wie Hill wiederum auf die Bläser-Einsätze reagiert, ist ebenfalls toll zu hören. White hält sich hier ziemlich zurück – zu dicht sind all die Bläser-Einsätze – aber Carter spielt einen federnden, satten Bass. Woody Shaw und Joe Farrell (am Tenor) folgen mit kurzen Soli und hinter letzterem wird White doch noch aktiv, seine Bass-Drum scheint stellenweise die Mikrophone zu überfordern. Carter reagiert prompt und passt seine Begleitung an – schon toll, wenn man so feinen Rhythmusgruppen lauschen kann! Das Thema wird am Ende mit Farrell am Tenor repetiert.

    In „Cascade“ kommt das Horn exponiert zu Einsatz, es gibt Antwort auf die Calls der anderen Bläser. Das Tempo ist rasch, Carter/White swingen hart. Farrells Solo (am Tenor) entwächst nahtlos dem Thema. Es folgen Hill und Shaw, Hill mit einem sehr tollen Solo – und erneut gibt es faszinierende Einwürfe der Bläser (die Bassklarinette! Überhaupt hat Howard Johnson einen ziemlich bedeutenden Anteil am Gelingen – schade, dass er solistisch nicht zum Zug kommt). Shaws Solo regt einen anderen Musiker zu Freudesbekundungen an – überlegt man es sich, so ist er vielleicht der wichtigste und tollste Solist, den Hill in den Jahren 1967-69 (1970 gibt es nur noch wenige Sessions mit Charles Tolliver bzw. Lee Morgan) an seiner Seite hatte.

    „Yesterday’s Tomorrow“ öffnet mit einem Tuba-Motiv, das Stück verströmt Walzer-Charme, obwohl es in 4/4 geschrieben ist. Joe Farrell spielt im Thema übrigens Bassklarinette. Hill ist hier der Solist, unterbrochen von tollen Interludes. Das erste kommt von Farrell (bcl) und Carter, das zweite dann von den Trompeten und Farrell (ss), und es ist einmal mehr faszinierend zu hören, wie Hill darauf reagiert, überhaupt wie sehr sich Komposition und Improvisation verzahnen – und dies ohne dass man je das Gefühl hätte, Hill limitiere seinen Spielraum oder der vorgegebene Rahmen enge ihn ein. Ein drittes Interlude wird vom Blech präsentiert, danach fängt White an, seine Begleitung stärker zu variieren. Er und Hill scheinen einander sehr genau zuzuhören.

    Damit endet die letzte Session des Jahres – und gewiss eine der besten der zweiten Hälfte dieser an Aufnahmen reichen Blue Note-Phase Hills. Das folgende Jahr brachte nur noch zwei Projekte, im Januar ein Sextett (zwei Sessions mit nahezu identischem Line-Up) und im März zwei Sessions mit Sängern unter Lawrence Marshall.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    soulpope
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    gypsy tail wind

    Die erste Session des Jahres fand am 16. Mai 1969 statt, wie üblich im Studio von Rudy Van Gelder in Englewood Cliffs, New Jersey. Woody Shaw, Richard Davis und Freddie Waits waren wieder dabei, mit Carlos Garnett zudem eine neue, starke Stimme am Tenorsaxophon. Die „voices“ wurden von Lawrence Marshall geleitet, neben ihm sangen: LaReine LaMar, Gail Nelson, Joan Johnson, Benjamin Franklin Carter, Antenett Goodman Ray und Ron Steward ….

    Sehr viel besser ist dann die letzte Session des Jahres, die ja beinah aufgegeben worden wäre. Am 7. und 14. November 1969 fand Hill sich bei Van Gelder mit seiner bis anhin grössten Formation ein: Woody Shaw & Dizzy Reece (t), Julian Priester (tb), Bob Northern (frh), Howard Johnson (tuba, bcl), Joe Farrell (ss, ts, alto-fl, bcl, enh), Ron Carter (b) und Lenny White (d) waren dabei, „Passing Ships“ hiess das Album, als es 2003 doch noch das Licht der Welt erblickte ….

    Exzellente Introspektive und (für mich) wohl neuer Anreiz, sich mal wieder an „Lift Every Voice“ zu versuchen ….

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    Bennie Maupin (Photo: Francis Wolff)

    Im Winter 1970 gab es noch vier letzte Sessions Hills bei Blue Note, bevor der Strom für längere Zeit versiegte. Material für zwei LPs wurde eingespielt, nach dem klassischen Muster in jeweils zwei Sessions mit einer Woche Abstand (ob Van Gelder zu der Zeit immer noch mehrere fixe Wochentage für verschiedene Label reserviert hatte?).

    Am 16. & 23. Januar 1970 fand Hill sich mit einem Sextett im Studio ein, das von der Besetzung her an „Point of Departure“ erinnert. Charles Tolliver, Pat Patrick (fl, alto cl, as, bari), Bennie Maupin (fl, ts), Ron Carter sowie zwei neue Drummer waren dabei, bei der ersten Session Paul Motian, bei der zweiten Ben Riley. Hill hält auf diesen Sessions wie auch auf den im März folgenden das hohe Niveau von „Passing Ships“ durch – was für ein Jammer, dass nachher dieser lange Unterbruch folgte (und anschliessend Musik, die vielleicht nicht weniger schön ist, aber so ehrgeizig wie bis anhin wurde lange nichts mehr produziert (das änderte erst dreissig Jahre später mit den zwei Palmetto-Alben wieder). Patrick war natürlich ein sehr alter Bekannter von Hill, der bei ihm als Jugendlicher Klavier- und Saxophonunterricht genommen hatte. Bei der oben erwähnten Ping-Session 1957 in Chicago wirkte er ebenfalls mit.

    Es gibt sechs Stücke zu hören, eines davon, „Ocho Rios“, wurde in beiden Sessions eingespielt, die erste Version ist mit über zehn Minuten Dauer das längste Stück der Session. Doch los geht es mit „Without Malice“ in schnellem Tempo und mit einem nervösen Beat von Ben Riley, der auch ein paar Takte Intro spielt, bevor die Bläser (Patrick am Altsax) das Thema unisono vorstellen. Tolliver soliert als erster und stürzt sich kopfüber ins Geschehen. Die Form besteht aus zwölf Takten sowie einem viertaktigen Anhängsel über einen Pedalpunkt. Dann scheint es einen Moment der Unsicherheit zu geben, Maupin legt los, doch das ist Hills Solo-Spot, die Bläser begleiten bald wieder – auch Maupin unbegleitet, aber ein paar Takte weiter gibt es noch einen Ton Maupins, der wie ein zu frühes Einsetzen klingt. Als sein Solo dann wirklich losgeht, kommt er schnell zur Sache, spielt wie Hill mit kleinen Motiven, Verschiebungen – und mit viel Pausen. Ein tolles Solo, das mir erneut in Erinnerung ruft, dass ich den Mann nicht zu sehr unterschätzen sollte! Riley spielt ein paar Takte Solo (weil Maupin zu früh absetzt?), den viertaktigen Tag dann unbegleitet – analog zum Intro ganz zu Beginn. Dann wird das Thema zum Abschluss noch zweimal wiederholt.

    „Ocho Rios“ folgt dann, in der langen Version von der ersten Session (als „One to One“ auf der gleichnamigen Doppel-LP veröffentlicht) – Patrick und Maupin an Flöten und Tolliver mit Dämpfer stellen das exotische Thema vor, über einem cremigen Bass-Lick, das von Carter durch die Changes geschoben wird. Motian spielt nur einen Shaker. Erst beim Klaviersolo – Hill spielt im Thema erst gegen Ende kleine Einwürfe, aus denen das Solo dann erwächst – wechselt Motian ans Schlagzeug – sehr effektiv, wie das dramaturgisch gemacht ist! – und spielt einen frei-schwingenden Latin-Beat im Stile Elvin Jones‘, nur sparsamer, luftiger. Hills Solo wird von den Bläsern (in derselben Besetzung) begleitet, verzahnt sich aber aufs Schönste mit Motian, derweil Carter das Lick repetiert. Und auch das Bass-Lick dient Hill immer wieder als Sprungbrett. Am Ende gibt es ein paar „locked hands“-Phrasen, dann steigen die Saxophone ein (Alt und Tenor) und aus dem Einsatz heraus schält sich das nächste Solo von Maupin, zunächst verhalten, wie mit einem Film auf dem Ton. Trompete und Alt setzen früh mal kurz ein, doch es weiterhin Motian, der am meisten tut, während Maupin langsam in Fahrt kommt und Hill Akkorde legt, die eher gegen den Flow gesetzt sind, diesem aber paradoxerweise zusätzlich Fahrt geben. Wundervoll dann die Stelle, wo Tolliver/Patrick wieder einsetzen und Maupin darauf reagiert. Tolliver spielt dann das nächste Solo, immer noch mit dem Dämpfer, verspielt und voller schneller Läufe und Sprünge aber wieder mit gescihcktem Einsatz von Pausen, dann spielt er ein kleines Motiv aus fünf Tönen, an dem er sich festhakt und das den Rest des Solos zu bestimmen scheint. Patrick ist dann endlich auch noch als Solist zu hören, und zwar am Altsax, mit einem nicht allzu grossen, nicht übermässig satten aber sehr schönen runden Ton und Linien, die etwas quecksilbriges haben, flink, mit überraschenden Wendungen und da und dort völlig zerfliessen, sich auflösen. Carter variiert hinter ihm das Bass-Lick etwas stärker als zuvor, spielt dann nur mit Motian und fährt die Lautstärke herunter, um das schliessende Thema – wieder mit Shaker, zwei Flöte und gestopfter Trompete, und wieder ohne Piano – einzuleiten.

    „Diddy Wah“ folgt – die Funk-Nummer dieser Sessions. Patrick spielt über einen trockenen Backbeat von Motian ein funky Motiv an der Altklarinette, der Bass stösst zu ihm, während Trompete und Tenorsax spielen unisono das Thema präsentieren, das wohl auch gut zu einer Lee Morgan-Session gepasst hätte (man hört bei dem Gedanken auch gleich, was Billy Higgins mit dem Beat angestellt hätte). Hills Piano-Einwürfe sind wieder gänzlich aufs Arrangement abgestimmt und sehr sparsam. Tolliver spielt das erste Solo, es folgen Maupin und Hill – alle drei funky aber klischeefrei. Carter spielt einen freien Groove, wie er wieder bestens in die Miles-Phase zwischen „Filles de Kilimanjaro“ und „In a Silent Way“ gepasst hätte. Die Saxophone setzen gegen Ende des Solos ein (Tenor und Bari) und riffen, während Motian etwas aktiver wird. Hinter Maupins Einstieg entfernt sich Carter erstmal weit vom Bass-Riff, aber bald klingt es schon wieder an, ohne dass er es spielen würde. Hill folgt dann mit einem sparsamen Solo, zunächst von Carter aktiv begleitet, dann ein paar Einwürfe der Bläser, die sich schliesslich zu einem neuen Thema verdichten – Patrick schon wieder an der Altklarinette, bereit fürs abschliessende Thema, hinter dem Hill tremoliert. Sehr tolle Funk-Nummer, besser kann man das – zumal auf diese klischeefreie Art – kaum machen!

    Es folgt „Ode to Infinity“, das letzte Stück der zweiten Session mit Riley, der auch gleich ein Intro spielt – obwohl das Tempo langsam ist. Ein weiteres von Hills feinen Tongedichten. Patrick stellt das Thema am Altsax vor, Tolliver und Maupin begleiten, Carter scheint dann aus dem Tempo zu fallen, davonzueilen als Hill zum Solo ansetzt – doch dann verdoppeln auch er und Riley zwischenzeitlich das Tempo und alles fällt wieder zusammen – und bald zurück ins langsame Ausgangstempo, mit Begleitung der Bläser, bei denen wieder für grossen Farbenreichtum gesorgt ist: Tolliver spielt Flügelhorn, Patrick wechselt zwischen Flöte und Altklarinette, Maupin zwischem dem Tenorsax und der Bassklarinette. Carter ist erneut auf der ganzen Länge phantastisch und Rileys leichter Touch passt perfekt dazu.

    „The Dance“ stammt wieder von der ersten Session mit Motian – und dessen Becken sorgen in der Tat für eine tänzerische Stimmung. Die Melodie springt unerwartet herum, Carter spielt phasenweise einen Orgelpunkt (und begleitet wieder überragend, auch hinter den Solisten), die Bläser mühen sich mit der Linie ab, Patrick für einmal am Barisax – ein paar Probe-Durchläufe mehr hätten gut getan, doch schlimm ist das nicht. Das erste Solo geht an Maupin, dann folgt ein Interlude, das Tolliver lanciert. Dieser schient sich mehr auf das Stück einlassen zu können als Maupin. Patrick folgt als nächster, wirkt etwas zögerlich aber spielt dann doch ein gutes Solo, angespornt von Motian. Hill schliesst den Solo-Reigen ab, und immerhin er wirkt mit dem Stück vertraut und sein Solo ist hier wohl das Highlight – und wenn man da so lauscht: wie schön wäre es, aus dieser Phase nochmal eine Trio-Album zu haben, warum auch nicht mit Carter/Motian! Das abschliessende Ensemble gelingt dann besser als das zum Auftakt – oder auch nur überzeugender, zupackender.

    Mit „Satin Lady“ begann der zweite Tag im Studio, ein Call-and-Response-Thema mit den Bläsern (flh-fl-bcl) und Hill. Motian punktiert schon im Thema aktiv, Carter sorgt erneut für ein interessantes und verlässliches Fundament. Tolliver soliert als erster, mit weichem Ton, etwas wärmer als er an der Trompete klingt, aber doch zupackend und selbstsicher – Flöte und Klarinette begleiten ihn zwischendurch. Carter spielt einen Pedalpunkt, um Hill zu lancieren, der mit einem gradlinigen Solo daherkommt, weniger experimentierfreudig, rhythmisch sehr straight, aber deshalb keineswegs uninteressant. Ein kurzer Trommelwirbel lanciert die Bläser, aus denen sich Maupin am Tenor als nächster Solist herausschält – mit wundervollem Ton und Linien von grosser Klarheit. Sehr schön, wie sich auf halber Höhe Carters Bass und die Begleitung der Flöte ineinander verzahnen, während Maupin von Motian angefeuert wird. Gegen Ende gesellt sich Hill zum Riff, die Flöte soliert kurz über den Orgelpunkt, um zum Thema überzuleiten, das am Ende ausgeblendet wird – ein hervorragendes Stück zum Abschluss!

    Bleibt der zweite, etwas kürzere Take von „Ocho Rios“, von der Session mit Riley. Dieser spielt von Beginn an das ganze Schlagzeug, die Performance ist härter, zupackender, wohl etwas weniger bezaubernd und konventioneller. Ob Hill mit der ersten Version damals wirklich unzufrieden war, ist wohl unklar, doch die Tatsache, dass das Stück als einziges nochmal eingespielt wurde, lässt zumindest die Möglichkeit offen. Als es sechs Jahre später ans Auswählen des Materials für „One for One“ ging, wählte er jedenfalls den ersten Take. Die Solisten sind aber aber auch hier wieder toll und es wäre ein Jammer gewesen, diesen Take nicht auch zu veröffentlichen!


    Francis Wolff (Photo: Rudy Van Gelder)

    Eigentlich müsste hier jetzt eine Leerstelle zu stehen kommen – denn es ist doch traurig, dass es nur noch ein weiteres Projekt zu hören gibt, und noch trauriger, dass ich es schon kenne. Es gibt keine Aufnahmen mehr von Andrew Hills Blue Note-Zeit, die ich noch nicht kenne, mir noch aufsparen könnte (wie Hank Mobleys „A Slice of the Top“ – ich habe die CD wohl unbewusst extra wieder verlegt … an dem Abend, an dem ich sie höre, muss ich wenigstens eine gute Flasche Rotwein öffnen). Mit knapp 38 Minuten Musik, aufgenommen im Van Gelder-Studio am 6. & 13. März 1970 endet diese an Aufnahmen so reiche – und wichtigste – Phase in Hills Werk. Mit dabei waren neben Maupin, Carter und Riley auch Lee Morgan und Lawrence Marshall, diesmal mit acht weiteren Sängerinnen und Sängern (vier Frauen- und vier Männerstimmen).

    Das Photo oben von Francis Wolff, der ab 1967, als Alfred Lion sich zur Ruhe setzte, als Produzent von Blue Note agierte, entstand im Studio von Rudy Van Gelder und scheint auch von diesem gemacht worden zu sein (ich kannte es nicht, eine Suche im Netz brachte es gerade zum Vorschein). Da mir langsam die Wolff-Photos der beteiligten Musiker ausgehen dachte ich, er verdient es auch, für einmal im Mittelpunkt zu stehen, seine Bedeutung für Blue Note wird ja insgesamt, so scheint mir meist auf die Rolle als Session-Photograph beschränkt und das greift ja doch viel zu kurz. Es hat Hill also ab den Aufnahmen vom Oktobr 1967 produziert – und im März 1971, ein Jahr nach der letzten Session von Hill für das Label, starb er.

    Wie ich oben schrieb, öffnet die zweite Chor-Session mit einem funky Groove, der ein ziemlicher Stilbruch ist nach den Aufnahmen zu „Lift Every Voice“. Der Opener auf der CD ist „Blue Spark“, ein themenloser Blues mit fettem Backbeat. Bennie Maupin soliert zum Aufakt am Tenorsaxophon über ein renitentes Bass-Lick von Carter und einen triolischen Beat von Riley. Die Stimmen steigen nach über einer Minute erst ein, mit einem Motiv aus fünf Tönen, das ein entfernter Verwandter vom „A Love Supreme“-Motiv ist. Aus den Stimmen schält sich dann Lee Morgan heraus, der zweite Solist. Er ist ganz sich selbst, verspielt und dennoch ernsthaft, einfach und doch raffiniert – und Riley wie auch der Chor inspirieren ihn zu einem tollen Solo. Hill folgt, verzahnt sich wieder eng mit dem Groove und spielt ziemlich ein ziemlich funky Solo mit aktiver Gesangsbegleitung. Am Ende gibt es im Chor einen (leisen) falschen Einsatz – die Musik war wohl auch wenn sie in zwei Sessions eingespielt wurde, sehr anspruchsvoll, aber insgesamt ist das schon mal ein toller Auftakt.

    „A Tender Tale“ kommt mit Worten, der Chor öffnet mit einem Frage-und-Antwort-Schema von Männer- und Frauenstimmen, punktiert von Riley und Carter einem Orgelpunkt von Carter, Bläser und Klavier stossen immer wieder dazu, Morgan übernimmt dann erneut das erste Solo, mit strahlendem Ton und bestens auf den lyrischen Charakter des Stückes abgestimmt. Carter läuft unter ihm wieder zu Hochform auf und Hill prägt mit seinen Akkorden dei Stimmung. Maupin folgt mit einem hervorragenden Solo mit grosser Beteiligung des Chores und einem tollen Beat von Riley. Dann schliesst Hill wieder den Solo-Reigen ab, fängt ganz ruhig an – Bass-Ostinato, spärlicher Beat, ein einfaches kleines Motiv – und baut von da wieder ein hervorragendes Solo auf, von Carter aufmerksam begleitet. Nach der Wiederholung des Themas wird das Stück ausgeblendet.

    „Drew’s Tune“ öffnet mit dem Chor a-cappella, dann steigt das Ensemble ein, das Tempo mittelschnell, Carter spielt Walking Bass, Riley trommelt einen swingenden Beat und die Bläser (Maupin an der Flöte) spielen gemeinsam mit dem Chor die kantige Linie des Themas. Hill folgt mit dem ersten Solo, das direkt auf dem thematischen Material zu basieren scheint, die Einsätze der Bläser (und schliesslich auch des Chores) hinter ihm wirken manchmal etwas unsicher, aber er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und spielt ein tolles Solo. Morgan folgt, steigt ruhig ein und baut auf, was Riley umgehend zur Kenntnis nimmt. Dann Maupin, wieder mit phantastischem Ton und auch er mit stoischer Ruhe, während Riley immer mehr antreibt. Chor-Einsätze erwartet man hier vergeblich, stattdessen folgt ein Bass-Solo, in dem Carter aber mehr oder weniger weiter „walkt“. Dann folgt noch einmal das Thema mit Flöte und Trompete – und wie schon zu Beginn ganz ohne Hill.

    Riley öffnet „Mother Mercy“ mit ein paar Takten Solo, dann steigen Maupin (Flöte) und Morgan ein, präsentieren unisono eine Linie, die an Dolphys weite Sprünge erinnern. Der Chor übernimmt den zweiten Teil, von der Rhythmusgruppe begleitet, und Hill stürzt sich kaum ist das Thema durch wieder kopfüber ins Solo. Offensichtlich war er in bester Spiellaune an diesem Tag – ob er glaubte, gewisse Defizite der Arrangements kompensieren zu müssen? Denn ganz so variantenreich und vielfältig wie die erste Chor-Session und auch wie die anderen Sessions der Jahre 1969 und 1970 ist das Material hier nicht geraten. Nach einem Chor-Intermezzo spielt Maupin das nächste Solo, von Carter/Riley wieder hervorragend begleitet, während Hill einzelne Akkorde streut. Maupin steigert sich in ein intensives Solo herein, dann übernimmt Morgan lässt sich Zeit, spielt mit seinem Ton, während Riley den Freiraum gleich wieder nutzt und freche, knackige Fills spielt. Auch hier kein Chor während der Soli, doch nach Morgans Improvisation folgt wieder das längere Chor-Intermezzo, aus dem der Wechsel zurück ins kantige Thema folgt.

    „Natural Spirit“ ist viel fliessender, Chor und Bläser setzten gemeinsam ein, die verschieden Stimmen und die Bläser sind wieder raffiniert arrangiert, während Riley einen simplen binären Beat trommelt und Carter einen Boogaloo-Groove mehr andeutet als ausspielt. Maupin steigt mit einer ziemlich genialen Idee ins erste Solo ein – daraus könnte man gleich ein Stück schreiben! Er ist perfekt auf Hills Akkorde abgestimmt. Und ein Zufall ist es wohl nicht, dass bei diesem inspirierten Stück der Chor wieder mal begleitend in den Soli zu hören ist – mit wortlosem Gesang übrigens. Der Groove und die einfachen Changes animieren Lee Morgan zu einem tollen Solo, auch er wird vom Chor über weite Strecken begleitet, scheint aber vielmehr mit Riley in den Dialog zu treten. Er beweist hier wieder einmal sein phantastsiches Timing und sein Gespür für tolle Phrasen – das ist sowas von abgebrüht, zugleich kochend heiss und cool dass einem fast der Atem eingefriert. Es folgt Hill mit einem weiteren tollen Solo, zur Übergabe steigt auch der Chor wieder ein.

    Den Abschluss macht „Such It Is“ und das beginnt wieder vielversprechend, mit einer Phrase von Tenor und Trompete, die ein wenig an den „Jitterbug Waltz“ erinnert, Rileys spitze Snare und der Chor sind zur Stelle, während Carter für tiefe Töne sorgt und Lee Morgan nahtlos in ein weiteres phantastisches Solo hineingleitet, hinter dem sich der Beat verfestigt. Morgan singt und tänzelt, lauert und überrascht wie eine Raubkatze. Dann folgt Hill mit einem weiteren Glanzlicht, wieder vom Chor lanciert. Das letzte Solo stammt dann von Maupin, der sich auf die Einwürfe des Chores bezieht und sich von ihnen inspirieren lässt. So endet die Session mit zwei herausragenden Stücken, die durchaus an die als „Lift Every Voice“ veröffentlichten Aufnahmen anknüpfen.

    Diese zwei Stück waren die ersten beiden der letzten Session, „Mother Mercy“ dann das dritte und letzte. Für die ersten zwei war die Konzentration offensichtlich hoch und passte nahezu alles. Etwas schade, dass nicht die ganzen Sessions vom März 1970 auf diesem Niveau sind, zumal Morgan, Maupin und Hill allesamt gute Soli beitragen und die Rhythmusgruppe erstklassig agiert – obgleich das Vokabular von Riley sicherlich viel limitierter ist als jenes von Freddie Waits, Paul Motian und auch Lenny White. Aber sein tightes, sehr hippes Spiel passt eben perfekt in den Mix und mit Carter harmoniert er so gut wie die anderen Drummer auf den Sessions davor.

    Damit endet die erste (bzw. die zweite, wenn man die frühen Jahre berücksichtigt, was man ja durchaus tun sollte, aber auf Platte ist es halt doch die erste) Phase von Hills Werk. Den Plan, hier fortzufahren, habe ich durchaus, aber da mir die – vielen – Alben, die ab 1974 enstanden, allesamt sehr viel weniger vertraut sind, wird das etwas dauern.

    Die Beschäftigung mit den Aufnahmen der Jahre 1967-70 war jedenfalls enorm bereichernd. Im einzelnen sind die wenigsten so gut wie das beste der Jahre davor, aber Alben wie „Dance with Death“, „Passing Ships“ oder „Lift Every Voice“ oder auch die Sextett-Sessions von 1970 im Mosaic Select vermögen durchaus, auf ähnlichem Niveau anzusetzen und Hills Werk fortzuführen. Ausfälle höre ich ebenfalls keine, kann aber Hills Aussage, dass er nicht die geeigneten Leute hatte, nachvollziehen. Da möchte ich aber, wie ich es schon mal tat, auch unmittelbar anfügen: die gab es wohl nicht. Woody Shaw, Ron Carter, Freddie Waits waren es, Charles Tolliver und Joe Farrell auch, Bennie Maupin ebenfalls – aber die meisten von ihnen waren nicht oft genug dabei, die Aufnahmen wirken weniger konzis, weniger gut austariert als jene der Jahre davor, wo man bei Hill, Richard Davis, Roy Haynes, Bobby Hutcherson oder Joe Chambers wirklich das Gefühlt bekommt, die würden praktisch gemeinsam atmen, wenn sie Hills Musik spielen. Diesen Zauber sucht man nach 1965 meist vergeblich, es gibt ihn eher im kleinen – wenn Robin Kenyatta und Woody Shaw ihre Stimmen verschmelzen lassen, wenn Charles Tolliver und Joe Farrell sich gegenseitig zu Höhenflügen inspirieren, wenn Julian Priester Hills Stimmungen aufs Gramm genau übernehmen und solitisch umsetzen kann … oder auch, wenn Howard Johnson an der Bassklarinette Funk spielt. Es gibt zahlreiche Glanzpunkte – auch in den schwächeren Sessions von 1967/68 – und ich hoffe, es ist mir einigermassen gelungen, diese herauszuarbeiten. Im Rückblich wird mir auch bewusst, dass meine Beschreibungen insgesamt wohl etwas enthusiastisch geraten sind, aber auch das schreibe man der Musik Hills zu, die eben auch an einem weniger guten Tag immer noch voller Überraschungen steckt. Musikalischer Reichtum wie jener, über den Andeew Hill verfügte, ist eben letzten Endes nicht vom Wetter – oder den verfügbaren Sidemen und den Umständen bei der Probearbeit oder im Studio – abhängig.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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