2011 – Erwartungen und Eindrücke

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  • #7855019  | PERMALINK

    themagneticfield

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    Monroe Stahreinen Durchgang heute morgen, relativ folkig, sehr ruhig, sehr harmonisch. Und natürlich gut!

    Rob FlemingWenn du dir selber einen Eindruck verschaffen möchtest – hier geht es zum Stream.

    Merci

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    Highlights von Rolling-Stone.de
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    #7855021  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

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    nail75Und die einzige erwähnenswerte englische Künstlerin des Jahres fehlt natürlich. ;-)

    Bitte nimm das nicht persönlich, aber diese Liste illustriert die beklagenswerte Irrelevanz der aktuellen britischen Popmusik bestens. Abgesehen von PJ Harvey war das letzte erwähnenswerte UK Album wohl die letzte Portishead-Platte. Davor In Rainbows. Alle drei angesprochenen Künstler/Bands stammen aus den 1990ern. Was seitdem an Erwähnenswertem an englischer Popmusik veröffentlicht wurde, kannst Du den Fingern einer Hand abzählen.

    Ich wollte über die tiefe Krise der britischen Popmusik schon seit Jahresende mal einen längeren Text schreiben, aber so wirklich gelungen ist mir das nicht.

    Selbst:

    PJ Harvey – Let England Shake ****1/2

    R.E.M. – Collapse Into Now ***1/2

    Rest egal oder furchtbar.

    Vielleicht hast du einfach keinen Zugang (mehr) zur britischen Musik. Warst du in den 90ern denn Anhänger britischer Bands? PJ Harvey ist ja nun auch nicht wirklich DAS britisch klingende Album.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #7855023  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,186

    TheMagneticFieldVielleicht hast du einfach keinen Zugang (mehr) zur britischen Musik.

    Doch! Die britische Musik hat nur keinen Zugang mehr zu mir, weil sie sich ständig wiederholt!

    Warst du in den 90ern denn Anhänger britischer Bands?

    Natürlich und auch noch danach: Pulp, Blur, Oasis, Travis, Supergrass, Bluetones, Boo Radleys, The Divine Comedy, Super Furry Animals, Gorky’s…, Spiritualized, Massive Attack, Portishead, Radiohead, Tindersticks, Belle & Sebastian, Libertines, The Coral…

    PJ Harvey ist ja nun auch nicht wirklich DAS britisch klingende Album.

    Mit diesem schönen Satz hast Du ungewollt das Problem beschrieben: Die britische Musik von heute klingt exakt so wie in den 1990ern. Ich beklage nicht mangelnde Innovation, ich beklage mangelnde Relevanz. Warum soll ich Musik aus dem Jahr 2011 hören, die weitgehend so klingt als sei sie 1995/96 entstanden? Damals herrschten andere Zeiten. Cool Britannia, Brit-Pop, Tony Blairs Wahlsieg, wirtschaftlicher Boom und ein heißer und regenfreier Sommer 1995.

    Und heute? Tory/LibDems, wirtschaftliche Krise, massive Sparpakete, Immobilienkrise, reihenweiser Zusammenbruch der Banken, Kriege, ethnisch-religöse Spannungen. Und wie klingt die Musik? Reflektiert sie das auch nur im mindesten (abgesehen von Portishead und PJ Harvey)? Nein, sie klingt wie in den fröhlich-patriotischen Zeiten der 1990er. Damit das klar ist: Ich will nicht, dass die Bands auf einmal anfangen, politische Texte zu schreiben. Aber The Smiths, die nur indirekt politisch waren, vermitteln mit einem Song wie „Panic“ wesentlich mehr vom Zeitgeist und Lebensgefühl Mitte der 1980er als alle heutigen Bands zusammengenommen. Und das meine ich mit Irrelevanz: Die Musik vermittelt, dass alles noch so sei wie in den 1990ern, was eben offensichtlich nicht stimmt. Wo sind die ganzen jungen Briten, die dieses lächerliche Gebäude zum Einsturz bringen?

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7855025  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

    Beiträge: 34,096

    nail75

    Natürlich und auch noch danach: Pulp, Blur, Oasis, Travis, Supergrass, Bluetones, Boo Radleys, The Divine Comedy, Super Furry Animals, Gorky’s…, Spiritualized, Massive Attack, Portishead, Radiohead, Tindersticks, Belle & Sebastian, Libertines, The Coral…

    Mit diesem schönen Satz hast Du ungewollt das Problem beschrieben: Die britische Musik von heute klingt exakt so wie in den 1990ern. Ich beklage nicht mangelnde Innovation, ich beklage mangelnde Relevanz. Warum soll ich Musik aus dem Jahr 2011 hören, die weitgehend so klingt als sei sie 1995/96 entstanden? Damals herrschten andere Zeiten. Cool Britannia, Brit-Pop, Tony Blairs Wahlsieg, wirtschaftlicher Boom und ein heißer und regenfreier Sommer 1995.

    ?

    Mir wäre lieber sie würde deutlich mehr nach den 90ern klingen. Für mich versucht das Meiste immer noch viel zu sehr an den frühen bis mittleren 00er Jahren anzuschließen. Gegen neue Pulp, Hurricane #1, Ride, den Stephen Duffy/Lilac Time der 90er, Boo Radleys, House of Love, Charlatans, Lightning Seeds, Cast, Slowdive, Dodgy etcpp hätte ich gar nichts einzuwenden.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #7855027  | PERMALINK

    firecracker

    Registriert seit: 18.01.2003

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    nail75Und die einzige erwähnenswerte englische Künstlerin des Jahres fehlt natürlich. ;-)

    Einen Moment lang dachte ich ‚Huch, du wirst auch langsam ungeduldig in Bezug auf Laura Marlings neues Album?‘. :-)

    Wo hast du denn ein Album wie „Last Night on Earth“ schon einmal gehört? Das ist doch wirklich sehr originell. (OK, Uncle Sally’s vergibt 3/10, aber da findet sich auch Angles unter den „10 Geboten“… ) Folk Stories (irgendwie), Pophymnen und dieser etwas verschrobene Gesang. Zudem stilistisch komplett anders als die vorigen zwei Alben. Große Band!

    Nachdem ich einiges übers PJ Harvey-Album gelesen hatte, verging mir irgendwie die Lust… Bzw. ist’s auf der (imaginären) Liste der Alben, die ich noch hören möchte, recht weit nach hinten gerutscht. Geschichten erzählen/Situationen (und dann noch geschichtliche) beschreiben ohne persönlichen Bezug? Aber ich möchte mich nicht streiten. Sind ja auch nicht meine Eindrücke gewesen.

    Mista, lass uns anstoßen! :) Und klar, Elbow haben auch noch Chancen. :)

    --

    Dirty, dirty feet from the concert in the grass / I wanted to believe that freedom there could last (Willy Mason)
    #7855029  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

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    Beiträge: 5,746

    firecrackerNachdem ich einiges übers PJ Harvey-Album gelesen hatte, verging mir irgendwie die Lust… Bzw. ist’s auf der (imaginären) Liste der Alben, die ich noch hören möchte, recht weit nach hinten gerutscht. Geschichten erzählen/Situationen (und dann noch geschichtliche) beschreiben ohne persönlichen Bezug? Aber ich möchte mich nicht streiten. Sind ja auch nicht meine Eindrücke gewesen.

    Wessen Eindrücke auch immer das gewesen sein mögen, sie sind jedenfalls verkehrt. Die Songs auf Let England Shake haben selbstverständlich einen „persönlichen Bezug“ – Polly betreibt bloß keine Nabelschau. Sie blickt hinaus in die Welt und speziell auf England und sieht Krisen und Kriege – also macht sie ein Kriegsalbum, das von Grausamkeit und Gleichgültigkeit, vom Leiden und Sterben erzählt. Sie tut das anhand von Einzelheiten und anhand geschichtlicher Ereignisse (mehrmals Gallipoli, einmal Irak), weil sie dadurch der Gefahr entgeht, Phrasen zu dreschen oder zu predigen, aber sie gestaltet damit natürlich etwas Allgemeines, aus ihrer persönlichen Perspektive heraus. Dabei experimentiert sie zugleich erfolgreich mit neuen Ausdrucksmitteln, die sie vorher nicht verwendet hat (Gesang, Instrumentierung usw. – auch Mitsing-Melodien hat man mit ihr nicht in Verbindung gebracht – wobei man hier eben Zeilen über missgebildete Kinder mitsingt). Und das Ergebnis ist durchaus „englisch“: es atmet den Geist alter Folk-Songs, die auch oft von Grausamkeiten erzählen, bringt diese Tradition aber in die Neuzeit (viele Tracks klingen ja eher „new-wavig“ als „folkig“, durch die Gitarre oder das punkige, rohe Saxophon). Eines der Alben des Jahres bisher (mit „All and Everyone“ als einem der Songs des Jahres); das solltest Du Dir nicht entgehen lassen.

    Eine Liste kriege ich ansonsten noch nicht zusammen. Neben PJ Harvey haben mir vor allem Callahan und Destroyer gefallen (Kaputt ist ein Album wie ein Sommerurlaub, mit einem Sound zum drin schwimmen). Manches andere habe ich einfach noch nicht oft genug gehört (z.B. das Album der Unthanks, das zumindest sehr gut anfängt).

    Enttäuschend fand ich die Strokes (ca. ein guter Song, mehrere schlechte Ideen) und auch von Alela Diane oder von June Tabor hatte ich mir mehr versprochen (Ashore ist ein gutes Album, hat aber meines Erachtens deutliche Längen, mit mindestens zwei überflüssigen Songs und einem behäbigen Morris-Tune). Das Deep House-Album von Steffi lebt auch eher von zwei, drei Highlights als im Ganzen zu überzeugen. Zu Kurt Vile finde ich keinen Zugang, aber mal sehen, vielleicht wird’s noch.

    --

    To Hell with Poverty
    #7855031  | PERMALINK

    themagneticfield

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    firecrackerEinen Moment lang dachte ich ‚Huch, du wirst auch langsam ungeduldig in Bezug auf Laura Marlings neues Album?‘. :-)

    Wo hast du denn ein Album wie „Last Night on Earth“ schon einmal gehört? Das ist doch wirklich sehr originell. (OK, Uncle Sally’s vergibt 3/10, aber da findet sich auch Angles unter den „10 Geboten“… ) Folk Stories (irgendwie), Pophymnen und dieser etwas verschrobene Gesang. Zudem stilistisch komplett anders als die vorigen zwei Alben. Große Band!
    :)

    Ja, Ja, Ja

    Eine Steigerung von Album zu Album, mit „Last Night On Earth“ als vorläufigem Höhepunkt.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #7855033  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

    Beiträge: 34,096

    Go1Wessen Eindrücke auch immer das gewesen sein mögen, sie sind jedenfalls verkehrt. Die Songs auf Let England Shake haben selbstverständlich einen „persönlichen Bezug“ – Polly betreibt bloß keine Nabelschau. Sie blickt hinaus in die Welt und speziell auf England und sieht Krisen und Kriege – also macht sie ein Kriegsalbum, das von Grausamkeit und Gleichgültigkeit, vom Leiden und Sterben erzählt. Sie tut das anhand von Einzelheiten und anhand geschichtlicher Ereignisse (mehrmals Gallipoli, einmal Irak), weil sie dadurch der Gefahr entgeht, Phrasen zu dreschen oder zu predigen, aber sie gestaltet damit natürlich etwas Allgemeines, aus ihrer persönlichen Perspektive heraus. Dabei experimentiert sie zugleich erfolgreich mit neuen Ausdrucksmitteln, die sie vorher nicht verwendet hat (Gesang, Instrumentierung usw. – auch Mitsing-Melodien hat man mit ihr nicht in Verbindung gebracht – wobei man hier eben Zeilen über missgebildete Kinder mitsingt). Und das Ergebnis ist durchaus „englisch“: es atmet den Geist alter Folk-Songs, die auch oft von Grausamkeiten erzählen, bringt diese Tradition aber in die Neuzeit (viele Tracks klingen ja eher „new-wavig“ als „folkig“, durch die Gitarre oder das punkige, rohe Saxophon). Eines der Alben des Jahres bisher; das solltest Du Dir nicht entgehen lassen.

    Eine Liste kriege ich ansonsten noch nicht zusammen. Neben PJ Harvey haben mir vor allem Callahan und Destroyer gefallen (Kaputt ist ein Album wie ein Sommerurlaub, mit einem Sound zum drin schwimmen). Manches andere habe ich einfach noch nicht oft genug gehört (z.B. das Album der Unthanks, das zumindest sehr gut anfängt).

    Enttäuschend fand ich die Strokes (ca. ein guter Song, mehrere schlechte Ideen) und auch von Alela Diane oder von June Tabor hatte ich mir mehr versprochen (Ashore ist ein gutes Album, hat aber meines Erachtens deutliche Längen, mit mindestens zwei Songs, die meinen Geduldsfaden reißen lassen und einem behäbigen Morris-Tune). Das Deep House-Album von Steffi lebt auch eher von zwei, drei Highlights als im Ganzen zu überzeugen. Zu Kurt Vile finde ich keinen Zugang, aber mal sehen, vielleicht wird’s noch.

    Mal wieder sehr schön beschrieben, wenn natürlich auch gerade dadurch meine Unlust sich mit ihm zu beschäftigen steigernd. Man muss einfach konstatieren, dass nicht jeder sich mit den Ansichten Harveys über Krieg und Leid, aus welch persönlicher Sicht auch immer, beschäftigen mag.
    Und natürlich ist auch diese Folk Variante etwas typisch Britisches, mir wäre aber einfach mal wieder nach etwas andrem Britischen.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #7855035  | PERMALINK

    firecracker

    Registriert seit: 18.01.2003

    Beiträge: 13,997

    nail75Und heute? Tory/LibDems, wirtschaftliche Krise, massive Sparpakete, Immobilienkrise, reihenweiser Zusammenbruch der Banken, Kriege, ethnisch-religöse Spannungen. Und wie klingt die Musik? Reflektiert sie das auch nur im mindesten (abgesehen von Portishead und PJ Harvey)? Nein, sie klingt wie in den fröhlich-patriotischen Zeiten der 1990er.

    Da stellen wir wohl andere Anforderungen an Musik.

    Über die von dir genannten Themen ziehe ich Reportagen vor. Gerne auch (fiktiv geprägte) Filme. Aber keine Musik, die ich immer und immer wieder hören möchte. So sehr möchte ich mich dem emotional nicht nähern müssen.

    Und eine allgemeine Unsicherheit und Orientierungslosigkeit reflektieren auch neuere britische Bands ganz gut. Vielleicht keine, die Stadien füllen. Aber da gehört Musik ohnehin nicht hin.

    Go1Sie blickt hinaus in die Welt und speziell auf England und sieht Krisen und Kriege – also macht sie ein Kriegsalbum, das von Grausamkeit und Gleichgültigkeit, vom Leiden und Sterben erzählt.

    Und warum nur die eine Seite? Es ist so viel einfacher, über Trostlosigkeit, Elend und Ausweglosigkeit zu schreiben/singen/berichten. Viel schwieriger ist’s doch, hoffnungsvolle, aufbauende, geistreich-witzige Texte/Musik zu schreiben.

    Go1Dabei experimentiert sie zugleich erfolgreich mit neuen Ausdrucksmitteln, die sie vorher nicht verwendet hat (Gesang, Instrumentierung usw. – auch Mitsing-Melodien hat man mit ihr nicht in Verbindung gebracht – wobei man hier eben Zeilen über missgebildete Kinder mitsingt).

    Das klingt aber wenig verheißungsvoll.

    --

    Dirty, dirty feet from the concert in the grass / I wanted to believe that freedom there could last (Willy Mason)
    #7855037  | PERMALINK

    go1
    Gang of One

    Registriert seit: 03.11.2004

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    TheMagneticFieldMan muss einfach konstatieren, dass nicht jeder sich mit den Ansichten Harveys über Krieg und Leid, aus welch persönlicher Sicht auch immer, beschäftigen mag.

    Freilich, aber lass mich hier eine Sache ergänzen, damit es kein Missverständnis gibt: Die Ansichten Harveys über den Krieg, die ich nicht teile, sind zum Glück ins Material versenkt, in die Einzelheiten eingeschmolzen, und treten nicht störend hervor. Sie trägt ja keine Thesen vor, sondern zeigt etwas, gestaltet Erlebnisse und Gefühle. Ansonsten würde mich z.B. der enttäuschte Patriotismus befremden, der in „England“ dargestellt wird (von Polly ganz passend vorgetragen, mit einer Stimme wie vom Rande des Nervenzusammenbruchs – das ist, nebenbei bemerkt, der irritierendste, am meisten umstrittene Song des Albums).

    firecrackerDas klingt aber wenig verheißungsvoll.

    Na gut, dann hör etwas anderes; ich will Dir meine Favoriten nicht aufdrängen. Let England Shake ist zwar ein melodien- und ideenreiches, schwungvolles und atmosphärisch dichtes Werk mit Tiefgang, aber „hoffnungsvoll“ oder gar „witzig“ ist es wirklich nicht.

    firecrackerEs ist so viel einfacher, über Trostlosigkeit, Elend und Ausweglosigkeit zu schreiben/singen/berichten. Viel schwieriger ist’s doch, hoffnungsvolle, aufbauende, geistreich-witzige Texte/Musik zu schreiben.

    Das halte ich allerdings für ein Gerücht: Wieso sollte das erste leichter, oder gar „viel leichter“ sein als das zweite? Es ist in beiden Fällen schwierig, die Klischeefallen oder das bloß „Gut Gemeinte“ zu vermeiden. Und ich schätze es sehr, dass dies PJ Harvey hier gelungen ist.

    --

    To Hell with Poverty
    #7855039  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

    Beiträge: 34,096

    firecracker Es ist so viel einfacher, über Trostlosigkeit, Elend und Ausweglosigkeit zu schreiben/singen/berichten. Viel schwieriger ist’s doch, hoffnungsvolle, aufbauende, geistreich-witzige Texte/Musik zu schreiben.

    Das klingt aber wenig verheißungsvoll.

    Go1

    Das halte ich allerdings für ein Gerücht: Wieso sollte das erste leichter, oder gar „viel leichter“ sein als das zweite? Es ist in beiden Fällen schwierig, die Klischeefallen oder das bloß „Gut Gemeinte“ zu vermeiden. Und ich schätze es sehr, dass dies PJ Harvey hier gelungen ist.

    Natürlich ist es müßig hier das Eine gegen das Andre zu werten, beides ist schwierig, da hast du Recht. Ich kann aber Firecrackers Intention nachvollziehen, wird doch bei diesen düsteren, schwierigen und sehr lyrischen Platten der Enstehungsprozess gerne überhöht, während man auf der anderen Seite gern so tut, als sei das Schreiben eines locker flockigen einschmeichelnden Popsongs etwas, dass man quasi mal so nebenbei macht. Die Schwierigkeit diese Leichtigkeit hinzukriegen wird doch gerne mal bagatellisiert.

    --

    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #7855041  | PERMALINK

    firecracker

    Registriert seit: 18.01.2003

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    Ich schätze deine Erläuterungen, Go1. Auch wenn mir Magnetic Fields Ausführungen hier mehr zusagen.

    TheMagneticFieldNatürlich ist es müßig hier das Eine gegen das Andre zu werten, beides ist schwierig, da hast du Recht. Ich kann aber Firecrackers Intention nachvollziehen, wird doch bei diesen düsteren, schwierigen und sehr lyrischen Platten der Enstehungsprozess gerne überhöht, während man auf der anderen Seite gern so tut, als sei das Schreiben eines locker flockigen einschmeichelnden Popsongs etwas, dass man quasi mal so nebenbei macht. Die Schwierigkeit diese Leichtigkeit hinzukriegen wird doch gerne mal bagatellisiert.

    Sehr schön auf den Punkt gebracht. So habe ich das auch gemeint (glaube ich). Außerdem: „Happiness writes white“.

    Viele richtig tolle optimistisch stimmende Songs (das heißt ja nicht, dass sie durch und durch guten Mutes sein sollen) fallen mir nicht ein; traurige eine ganze Menge. Eben wohl weil Elend facettenreicher ist und mehr (naheliegende) Möglichkeiten zur Aufarbeitung bietet.

    Auch vermeintlich alltägliche Begebenheiten stilvoll in Songs aufzuarbeiten erscheint mir sehr viel schwieriger (und deshalb spannender?) als große Ereignisse zu thematisieren. Aber das ist ein anderes Thema. Und vielleicht lässt sich die Aussage auch gar nicht pauschalisieren.

    --

    Dirty, dirty feet from the concert in the grass / I wanted to believe that freedom there could last (Willy Mason)
    #7855043  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

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    firecrackerDa stellen wir wohl andere Anforderungen an Musik.

    Über die von dir genannten Themen ziehe ich Reportagen vor. Gerne auch (fiktiv geprägte) Filme. Aber keine Musik, die ich immer und immer wieder hören möchte. So sehr möchte ich mich dem emotional nicht nähern müssen.

    Es geht nicht um thematische Musik. Es geht mir darum, dass die Künstler sich in irgendeiner Weise mit ihrer Gegenwart auseinandersetzen. In diesem Rahmen ist ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt, das muss keineswegs politisch sein, vielmehr sollte der Künstler seine Empfindungen in Wechselwirkung mit der Welt, der Gesellschaft oder einfach nur bestimmten Personen kreativ verarbeiten. Das kann natürlich auch auf fröhliche Weise geschehen. Genau der persönliche Bezug wird aber marginalisiert, wenn die Bands versuchen, an die 1990er anzuknüpfen. Angesichts der Veränderungen seit dieser Zeit wäre es an der Zeit, sich diesen Umständen zu stellen. Das heißt nicht, dass man ein Lied mit dem Titel „Royal Bank of Scotland, you took my money away“, schreiben sollte, es heißt nur, dass man irgendeine Art von Bewußtsein dafür besitzen sollte, dass 1995 vorbei ist und nicht wiederkommt.

    Ach ja, die deutsche Popmusik ist augenblicklich auch eher enttäuschend. Da ist die Erwartungshaltung aber niedriger. 90% aller interessanten Musik, die ich verfolge, kommt augenblicklich aus Nordamerika.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7855045  | PERMALINK

    staggerlee

    Registriert seit: 04.02.2007

    Beiträge: 738

    In der Zeitschrift Spex ist ein guter Artikel darüber, warum sich Musik nicht mehr zeitlich verorten läßt. Ein Grund ist sicherlich die unendliche gleichzeitige Verfügbarkeit aller Musik aus jedem Jahrzehnt im Internet. Des weiteren kann man natürlich fragen, wie in einer spät-kapitalistischen Welt überhaupt Protest noch möglich ist, wenn er selbst Teil davon und vereinnahmt ist (auch hier sind ganz gute Gedanken in der aktuellen Spex über die Unmöglichkeit Protestsongs zu schreiben).

    --

    #7855047  | PERMALINK

    badpit

    Registriert seit: 15.12.2006

    Beiträge: 941

    update:

    1. Pendragon – Passion ****1/2
    2. Our Ceasing Voice – When the headline hit home ****1/2
    3. Mogwai – Hardcore will never die ****
    4. Radiohead – The King of Limbs ***1/2
    5. Foo Fighters – Wasting Light ***1/2
    6. Long Distance Calling -Long Distance Calling ***1/2
    7. The Decemberists – The King is dead ***
    8. Vampilla – Alchemic Heart ***
    9. Blackfield – Welcome to my DNA ***
    10. Jeniferever – Silesia ***
    11. Elbow – Build a Rocket Boys! **1/2
    12. Human League – Credo *1/2

    --

    When the world is sick can't no one be well But i dreamt we was all beautiful and strong
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