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TheMagneticFieldVielleicht hast du einfach keinen Zugang (mehr) zur britischen Musik.
Doch! Die britische Musik hat nur keinen Zugang mehr zu mir, weil sie sich ständig wiederholt!
Warst du in den 90ern denn Anhänger britischer Bands?
Natürlich und auch noch danach: Pulp, Blur, Oasis, Travis, Supergrass, Bluetones, Boo Radleys, The Divine Comedy, Super Furry Animals, Gorky’s…, Spiritualized, Massive Attack, Portishead, Radiohead, Tindersticks, Belle & Sebastian, Libertines, The Coral…
PJ Harvey ist ja nun auch nicht wirklich DAS britisch klingende Album.
Mit diesem schönen Satz hast Du ungewollt das Problem beschrieben: Die britische Musik von heute klingt exakt so wie in den 1990ern. Ich beklage nicht mangelnde Innovation, ich beklage mangelnde Relevanz. Warum soll ich Musik aus dem Jahr 2011 hören, die weitgehend so klingt als sei sie 1995/96 entstanden? Damals herrschten andere Zeiten. Cool Britannia, Brit-Pop, Tony Blairs Wahlsieg, wirtschaftlicher Boom und ein heißer und regenfreier Sommer 1995.
Und heute? Tory/LibDems, wirtschaftliche Krise, massive Sparpakete, Immobilienkrise, reihenweiser Zusammenbruch der Banken, Kriege, ethnisch-religöse Spannungen. Und wie klingt die Musik? Reflektiert sie das auch nur im mindesten (abgesehen von Portishead und PJ Harvey)? Nein, sie klingt wie in den fröhlich-patriotischen Zeiten der 1990er. Damit das klar ist: Ich will nicht, dass die Bands auf einmal anfangen, politische Texte zu schreiben. Aber The Smiths, die nur indirekt politisch waren, vermitteln mit einem Song wie „Panic“ wesentlich mehr vom Zeitgeist und Lebensgefühl Mitte der 1980er als alle heutigen Bands zusammengenommen. Und das meine ich mit Irrelevanz: Die Musik vermittelt, dass alles noch so sei wie in den 1990ern, was eben offensichtlich nicht stimmt. Wo sind die ganzen jungen Briten, die dieses lächerliche Gebäude zum Einsturz bringen?
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.