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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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Wirklich erstaunlich (und es überrascht mich sehr), wie viele namhafter Jazzmusiker im Jahr 1968 entweder überhaupt keine Spuren hinterliessen oder im Vergleich zu deren Euvre davor nur Stückwerk fabrizierten …. als ob die Zeit still gestanden wäre ….
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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vorgarten
soulpope …. das Multinstrumentale, sicher auch sein bahnbrechendes Querflötenspiel und seine konsequenten Vorsatz, Livekonzerte jederzeit in Happenings zu transferieren ….
ja, stimmt, das funktioniert schon sehr als postmoderne pastiche. nicht so wie z.b. bei shepp, der – sehr ernst – pop, alten jazz und freies spiel wieder als großes afroamerikanisches kontinuum zusammenführen will. wie das amalgamieren bei byard funktioniert, habe ich allerdings nie ganz verstanden (das ist einerseits ja sehr spielerisch, aber eben auch sehr „informiert“, fast didaktisch… dave burrell fand ich da immer cooler.)
Für mich funktioniert Byard im Trio (Davis + Dawson oder auch Izenzon + E. Jones) oder in der Charles Mingus Band …. seine Solaufnahmen hinterlassen wiederholt in mir ein Form der inneren Zerrüttung mit dem Wunsch nach (s)einem Loslassen ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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Aufgenommen am 10 und Mai 1968 in Seattle …. der titelgebende Track hat etwas von einem hereinbrechenden Gewitter ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Beefheart war zu der Zeit stark vom Free Jazz beeinflusst. Man merkt es natürlich an Trout Mask Replica, dessen Vorbereitung 1968 begann. Ein paar Jahre zuvor hatte ein Freund Beefheart „Free Jazz“ von Ornette Coleman vorgespielt, was ihn stark beeindruckt hat. Man hört den Einfluss auf TMR ständig durch, besonders das gleichzeitige Spielen verschiedener musikalischer Motive. Ein Verfahren, dass er auch danach noch oft verwendet hat. Wobei Beefheart einem Missverständnis aufsaß und dachte, Ornette Coleman können gar nicht wirklich spielen, sondern nudelt nur so vor sich hin. Deswegen wohl auch Beefhearts Ansicht, er könne besser spielen als Coleman – und als John Coltrane. Das erzählte er wohl ganz ernsthaft mal Miles Davis, der sich ziemlich wunderte über diesen „sehr egostisch anmutenden Typen“. Man hört bei Beefheart auch auf Mirror Man (Aufnahmen von 1967) den Jazz-Einfluss durch: bis zu 19 Minuten lange Bluesrock-Exkursionen mit einem Beefheart, der unter anderem auf einer Shenai improvisiert (die ihm Ornette Coleman geschenkt hat). Bei allem Nichtkönnen im herkömmlichen Sinn hat er es dabei aber zu beeindruckenden Ergebnissen gebracht. Und dann gibt es noch die Demos zu TMR, die Beefheart auf dem Klavier einspielte – natürlich ohne jede Kenntnis, wie man ein Klavier spielt – und die John French dann für die Magic Band transkribierte. Ich würde diese Demos wahnsinnig gerne mal hören, aber sie sind meines Wissens nie veröffenttlicht worden. Wahrscheinlich hielt Beefheart sich auch für besser als Cecil Taylor. :) Aber aus Missverständnissen und grandiosen Fehleinschätzungen ist ja oft nicht die schlechteste Kunst entstanden. Verbürgt sind auch Besuche von Pharoah Sanders, Roland Kirk und Charles Mingus bei Magic Band Shows. Laut Mingus Frau soll es ihm gefallen haben.
Hoffe, das trägt zum Threadthema irgendwie bei.
Beefheart & Magic Band live 1968. Ab 5:18 Minuten kann beginnt der Captain zu improvisieren.
zuletzt geändert von wahrwahr… Hoffe, das trägt zum Threadthema irgendwie bei. Beefheart & Magic Band live 1968. Ab 5:18 Minuten kann beginnt der Captain zu improvisieren….
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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Aufgenommen zwischen dem 14ten und 27ten März 1968 wurde wohl eine der Eintrittskarten von Chick Corea in den Kreis der illustren Pianisten des Jazz, dies genial unterstützt von Miroslav Vitous (b) und Roy Haynes (dr) …. und am 24.September dieses Jahres sollte dann die erste Aufnahmesession mit Miles Davis folgen ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)gypsy-tail-wind … aber Brasilien, 1968, gab es auch Vitor Assis Brasil (1945–1981) mit seinem zweiten Album, „Trajeto“. Gemäss der portugiesischen Wiki-Seite ging er 1969 in die USA, um in Berkley zu studieren, spielte dann u.a. mit Dizzy Gillespie, Chick Corea und Ron Carter. Ich weiss leider nicht viel über ihn, die Liner Notes des tollen Twofers vom letzten Jahr („Esperanto/Toca Antonio Carlos Jobim“) mögen mehr Infos bieten, ich habe die CD zwar angehört, aber das Booklet nie gelesen … scheint mir jedenfalls eine neue Spielweise von „Latin Jazz“ zu sein, jenseits der sanften Jazz Samba-Klänge (aka „Bossa Nova“, aber das war ja eigentlich was Anderes) und auch jenseits der Hysterien eines Gato Barbieri, der 1968 als Leader* gerade pausierte (1967 spielte er sein ESP-Disk‘-Album ein und später kam bei Affinity ein tolles Konzert unter dem Titel „Obsession“ heraus, 1969 folgte sein erstes Flying Dutchman-Album, „The Third World“).
vielen dank für diesen erneuten hinweis, ich kenne assis brasil immer noch nicht genauer. das verlinkte musikbeispiel ist hübsch und tatsächlich nicht das, was man sich unter „brasilianischem jazz“ vorstellen mag, aber es hat im meinen ohren deutlichen bezug auf die jazz messengers und die späten horace-silver-bands, oder? also eher etwas konservierendes, leicht hinterherhinkendes.
studiert hat er am berklee college in boston, nicht in berkley (das wäre sicherlich 1968 der heißere ort gewesen) – aber das eben genau wie jan hammer und miroslav vitous (der den selben weg über wien in die usa genommen zu haben scheint, @soulpope). kurz vorher war watanabe da. scheint ein aufnahmebecken für musiker auf dem sprung in die usa gewesen zu sein, george mraz war zu der zeit auch dort.
gypsy-tail-wind*) als Sideman entstand 1968 u.a. die Hälfte eines phantastischen Albums eines leider völlig vergessenen Trompeters … hier lang,
@vorgarten
PS: unwichtig bzw. Detail, aber Hill war bis 1970 bei Blue Note – von den Aufnahmen der letzten Jahre erschien zwar damals das meiste nicht, aber das kann man heute ja zum Glück alles mit etwas Abstand gebührend würdigen (auch dank Hills spätem Einsehen, das die Veröffentlichung all der Aufnahmen ermöglichte). Gerade die Session mit Ponder finde ich super!tausend dank für den hinweis auf shorter, die muss ich heute abend mal wieder auflegen. und zu hill – ja, schlussphase meint bei mir schon die letzten 3 jahre bei blue note, durch die du uns ja im hill-thread zu gut durchgeführt hast. bei hill ist das jahr 1968 sehr interessant, deshalb später dazu ein eigener post (vorher, 1967, gab es nur die durchwachsenen sessions mit kenyatta und rivers und das trio mit carter und robinson, wo er auch orgel spielt).
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soulpope
Aufgenommen am 10 und Mai 1968 in Seattle …. der titelgebende Track hat etwas von einem hereinbrechenden Gewitter ….trio mit peacock und elgart, material ist hauptsächlich von annette… interessant, ich kannte die noch gar nicht. wenn man sich jarrett 1968 anhört, war bley sicherlich zu der zeit der interessantere pianist.
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wahrBeefheart war zu der Zeit stark vom Free Jazz beeinflusst.
danke für den super hinweis. ich kenne von beefheart nur TMR genauer, gerade weil es immer den ruf hatte, sein „jazz-album“ zu sein. aber eine darüberhinausgehende referenz zu coleman scheint wirklich sehr naheliegend – wie überhaupt colemans einfluss auf unterschiedlichste (weiße) art-rock- und punk-sphären ziemlich interessant ist. colemans eigene aufnahmen aus 1968 (nach der kollaboration mit yoko ono) sind sehr interessant (das quartett mit der früheren coltrane-rhythmus-gruppe, dann das berkley-konzert mit dem 12-jährigen sohn), dazu später.
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soulpope
Aufgenommen zwischen dem 14ten und 27ten März 1968 wurde wohl eine der Eintrittskarten von Chick Corea in den Kreis der illustren Pianisten des Jazz, dies genial unterstützt von Miroslav Vitous (b) und Roy Haynes (dr) …. und am 24.September dieses Jahres sollte dann die erste Aufnahmesession mit Miles Davis folgen ….eine meiner liebsten piano-trio-aufnahmen aller zeiten. vitous, wie gesagt, auch gerade erst aus prag über wien nach boston gekommen. zwischen diesen sessions und den ersten mit miles spielte corea noch auf hutchersons TOTAL ECLIPSE mit, wo er sich sehr interessant mit dem leader verzaht (die quasi-glockenspiel-passage hier ab minute 3):
hutcherson nahm vorher schon PATTERNS auf und danach noch SPIRAL – ist 1968 eigentlich das geburtsjahr der hutcherson-land-band, @soulpope?
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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gypsy-tail-wind vorgarten
aber das eben genau wie jan hammer und miroslav vitous (der den selben weg über wien in die usa genommen zu haben scheint, @soulpope). kurz vorher war watanabe da. scheint ein aufnahmebecken für musiker auf dem sprung in die usa gewesen zu sein, george mraz war zu der zeit auch dort.
Wien war in den jahren 1967/68 natürlich ein eine Zwischenstation entheimateter Intellektueller und Künstler von östlich der March kommend …. ich war leider noch zu jung um dies bewusst mitzuerleben aber unsere Wohnung war öfter ein Auffangbecken aus diesen Kreisen …. Menschen mit einem kleinen (Instrumenten)Koffer in der Hand und sonst mit NICHTS ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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vorgarten
soulpope
Aufgenommen zwischen dem 14ten und 27ten März 1968 wurde wohl eine der Eintrittskarten von Chick Corea in den Kreis der illustren Pianisten des Jazz, dies genial unterstützt von Miroslav Vitous (b) und Roy Haynes (dr) …. und am 24.September dieses Jahres sollte dann die erste Aufnahmesession mit Miles Davis folgen ….
eine meiner liebsten piano-trio-aufnahmen aller zeiten. vitous, wie gesagt, auch gerade erst aus prag über wien nach boston gekommen. zwischen diesen sessions und den ersten mit miles spielte corea noch auf hutchersons TOTAL ECLIPSE mit, wo er sich sehr interessant mit dem leader verzaht (die quasi-glockenspiel-passage hier ab minute 3): <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/Ep09j60COvA?feature=oembed“ width=“500″ height=“281″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe> hutcherson nahm vorher schon PATTERNS auf und danach noch SPIRAL – ist 1968 eigentlich das geburtsjahr der hutcherson-land-band, @soulpope?
Mit den Aufnahmen am 14ten März und 12ten Juli 1968 wohl das echte Geburtsjahr der Hutcherson/Land Partie, allerdings gab es bereits ein Ko-operation der beiden am Ende des Vorjahres
Harold Land tenor sax + Bobby Hutcherson vibes + Joe Sample piano + Buster Williams bass + Donald Bailey drums
zuletzt geändert von soulpope
Annex Studios, Los Angeles, CA, December 11, 1967 and February 26, 1968
Cadet LP 813 Harold Land Quintet – The Peace-Maker--
"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)jemand, der coltrane stilistisch tatsächlich zu beerben suchte, war/ist der altsaxofonist gary bartz, der im juni 1968 auf milestone sein debütalbum einspielte. wie die letzten aufnahmen von coltrane tragen auch seine kompositionen astronomische titel, und mit sanders und workman sind dessen ehemalige bandmitglieder dabei, ein stück wie das obige hätte natürlich mit elvin jones an den drums auch hervorragend funktioniert. freddie waits, stanley cowell und charles tolliver bringen aber auch ein new feel ein, das mit soul, spiritualität und pop flirtet und wohl mit anderen drogen gefüttert wird. seite b ist im quartett eingespielt, die a-seite ist eine lange suite, die einen wunderbaren flow und schöne solospots für sanders und tolliver bietet.
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ornettes etwas ungeliebte aufnahmetätigkeit für blue note (nach den beiden trio-live-aufnahmen aus copenhagen kam ja das verstörende album mit haden und dem 10-jährigen sohn an den drums, THE EMPTY FOXHOLE, 1966) führte 1968 zu zwei abschließenden sessions mit dem tenoristen dewey redman und der coltrane-rhythm-section garrison/jones und zu zwei daraus folgenden alben, NEW YORK IS NOW und LOVE CALL. eigentlich sind das schöne aktualisierungen des quartetts mit cherry, aber es hält sich die ansicht, dass jones und garrison hier ein bisschen hilflos agieren (was ich überhaupt nicht so höre; meinungen dazu sind sehr erwünscht). jones und redman dunkeln den sound ziemlich ein, natürlich kommen auch colemans violine und trompete zum einsatz. toll sind immer wieder redmans vokalisierende einsätze (hier ab 3:42), die eine neue adäquat durchgeknallte note der coleman-musik beisteuern.
es gibt allerdings noch ein weiteres coleman-album, das 1968 aufgenommen wird. am 11. august spielt er mit redman, haden und seinem nunmehr 12-jährigen sohn im heart greek theatre der universität berkeley ein etwas schärferes programm, das vor allem von den musikalischen, aber gleichwohl punkigen akzenten denardos ordentlich unter spannung gesetzt wird. heraus kam das dann bei impulse/abc noch im gleichen jahr. ich finde diese band ziemlich großartig, und es hat gleichzeitig etwas sehr rührendes, wie coleman seinem sohn treu bleibt und ihn kein bisschen schützt oder unterschätzt. es sind aber gerade die interplays des kindlichen drummers mit redman, die eine tolle energie freisetzen.
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am 4. april 1968 wird marthin luther king ermordet. drei tage später tritt nina simone auf der westbury music fair in new york auf und hat dafür eine hommage an den bürgerrechtler geschrieben, die als single sofort ein hit wird.
der gesamte auftritt zeigt sie auf dem höhepunkt ihrer kunst, das repertoire der great black music mit politischer sprengkraft aufzuladen. und nebenher spielt sie auch schon mal zwei songs aus HAIR ein. das album ‚NUFF SAID wird noch im gleichen jahr herausgebracht und für den emmy nominiert.toll in diesem zusammenhang ist die version des „backlash blues“, das sie zuvor schon aufgenommen hatte:
der boogaloo-groove liegt offensichtlich zu dieser zeit in der luft. sogar andrew hill versucht sich daran, als er, ebenfalls im april 1968, mit woody shaw, frank mitchell, reggie workman, idris muhammed und dem gitarristen jimmy ponder ins studio geht:
(„versucht sich darin“ heißt natürlich: he’s killing it.) für sein album SOUL SPECIAL nimmt er es allerdings ohne gitarre und viel schneller im oktober nochmal auf, diesmal mit booker erwin, lee morgan, ron carter und freddie waits:
dass hill mit populären formeln spielt, ist ziemlich neu. auf der gleichen session wird auch das grandiose stück „mira“ im salsa-rhythmus eingespielt:
zuletzt geändert von vorgarten--
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