1968 im jazz

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  • #10637677  | PERMALINK

    vorgarten

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    keith jarrett ist 1968 noch mitglied der charles lloyd band und spielt hippie-jazz. nebenher hat er aber schon sein leader-debüt im trio mit charlie haden und paul motian eingespielt (LIFE BETWEEN THE EXIT SIGNS, vortex 1967). 1968 gibt es eine erste typisch jarrettsche vermessenheit: ein folk-album, auf dem er alle instrumente (mit ausnahme des streichquartetts) selbst spielt – und auch noch singt!

    im oktober dann allerdings zwei tage mitschnitt seines trios in shelly’s manne-hole, aus denen george avakian das album SOMEWHERE BEFORE zusammenbastelt. die musik darauf ist ziemlich umwerfend: ein glänzend eingespieltes trio präsentiert einen studentischen jazz-folk-free-mix, mit emotionalen schluchzern, powerplay und verblüffungsstrategien. dylans ballade „my back pages“ eröffnet, ein ragtime schließt das programm ab, dazwischen klingt es, wenn es abgeht, sehr nach ornette (genau wie bei paul bley), der ja seinerseits längst aufs klavier pfeift:

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    #10637701  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Die (noch) „JazzCrusaders spielen „Impressions“ und „Eleanor Rigby“ …. besser ist die Zäsur dieser Zeit kaum abbildbar …. bzw (wie alle Lighthouse Live Alben) ist dies eine runde Sache ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #10637719  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Das lange Zeit nur über diesen Montreux Mitschnitt vom 15ten Juni 1968 dokumentierte Gastspiel von Jack DeJohnette im Bill Evans Trio …. seit letztem Jahr aber kenne wir nun auch dies :

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    #10637731  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    Ich gucke hier weiterhin nur von der Bande aus zu (ich hänge in den Seilen und ab Freitag gibt es endlich wieder Live-Jazz hier – was jetzt vom Timing her nicht optimal ist, aber egal …) – heute kam aber Post aus Japan und das obige Album, Hino=Kikuchi Quintet (Columbia/Takt Jazz) wurde ebenfalls 1968 aufgenommen. Es gehört aber wohl auch eher zu den weniger anregenden, was die Ausrichtung betrifft (was jedoch, wie bei Victor Assis Brasil*, keine Aussage über die Güte der Musik ist)

    *) wobei ich dazu noch ergänzen möchte: man kann in der Tube auch das ganze Album hören, aber ich weiss ja nie, was die GEMA verbietet, darum nahm ich einfach mal den erstbesten Track, den ich keinesfalls wählte, weil ich ihn für den besten hielte …

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10637745  | PERMALINK

    hat-and-beard
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    Habe nichts beizutragen, lese aber sehr interessiert mit. Danke für den tollen Thread an die Jazzheads.

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    God told me to do it.
    #10637781  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    Die John Coltrane Rhythmusachse mit Joe Farrell am 8ten April 1968 …. nennen sich „The NEW Elvin Jones Trio“ (wo war das alte …. ?) und der auch auch der Titel signalisiert überdeutlich einen (mühevollen ?) Neubeginn ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #10637791  | PERMALINK

    friedrich

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    Neben John Coltrane ein weiterer Todesfall des Jahres 1967: Billy Strayhorn, der ungleiche Partner Duke Ellingtons. Irgendwie ging auch damit eine Epoche zu Ende. Ellington nahm im gleichen Jahr als quasi Requiem das Album AND HIS MOTHER CALLED HIM BILL auf, das 1968 veröffentlicht wurde.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #10637919  | PERMALINK

    vorgarten

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    friedrichNeben John Coltrane ein weiterer Todesfall des Jahres 1967: Billy Strayhorn, der ungleiche Partner Duke Ellingtons. Irgendwie ging auch damit eine Epoche zu Ende. Ellington nahm im gleichen Jahr als quasi Requiem das Album AND HIS MOTHER CALLED HIM BILL auf, das 1968 veröffentlicht wurde.

    sehr schön, danke (leider arg komprimiertes video)! strayhorns tod wurde ja schon erwähnt. war das denn wirklich eine spürbare zäsur im werk ellingtons oder hat er so weiter gemacht wie zuvor?

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    #10637925  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgarten

    friedrichNeben John Coltrane ein weiterer Todesfall des Jahres 1967: Billy Strayhorn, der ungleiche Partner Duke Ellingtons. Irgendwie ging auch damit eine Epoche zu Ende. Ellington nahm im gleichen Jahr als quasi Requiem das Album AND HIS MOTHER CALLED HIM BILL auf, das 1968 veröffentlicht wurde.

    sehr schön, danke (leider arg komprimiertes video)! strayhorns tod wurde ja schon erwähnt. war das denn wirklich eine spürbare zäsur im werk ellingtons oder hat er so weiter gemacht wie zuvor?

    Ich hätte jetzt gesagt eher nicht, aber bin mir nicht sicher. Ellington hat in seinen letzten Jahren (nach dem Abgang bei Sinatras Reprise, für das er bis 1966 aufnahm) vermutlich mehr kleine Besetzungen ins Studio gebracht als davor. Aber ob das direkt mit Strayhorns Tod zusammenhängt, weiss ich nicht. Er hat auch sehr vieles selbst produziert und dann erst an Label vertickt – aber das war ebenfalls nicht neu, die „Private Collection“ enthält, wenn mich nicht alles täuscht, auch Studio-Sessions (mit der ganzen Big Band), die Ellington in dne Fünfzigern schon in Eigenregie produziert hatte. Die späten Sachen, die Fantasy herausgebracht hat, eben mit Material von solchen in Eigenregie durchgeführten Sessions, sind aber schon was anderes als was man davor von Ellington kriegte – hätte ich aber er unter „Spätwerk“ abgebucht als unter „Veränderungen nach dem Tod Strayhorns“. Zudem: Auch davor ist es ja fast unmöglich, auseinanderzuhalten, wer von ihnen was gemacht hat.

    Und ich erwähne es hier halt doch noch, weil die Zäsur ja nicht am 1.1.1968 kommt sondern am 14.7.1967: exakt zwei Wochen später fand die zweite Session statt (damals auch eine von diversen in Eigenregie produzierten), die auf dem quintessential ECM-Album „Ballads“ von Paul Bley landete, das erst 1971 erschien. Einen Zusammenhang mit Coltranes Tod will ich nicht herbeireden, ich habe keine Ahnung, wie Bley zu Coltrane stand, ob er sich jemals ausführlicher geäussert hat oder so – aber das Album scheint mir auf jeden Fall sehr bedeutsam zu sein, in mancher Hinsicht eine Blaupause für Vieles, was folgte, auch ausserhalb des Jazz. Die Musik stammt denn auch von Annette Peacock (und nicht von Carla Bley), steht vielleicht in der New Age-Linie, die schon bei Jimmy Giuffre losgeht (oder bei Erik Satie), Musik, die nichts entwickelt, die irgendwie von den Dingen losgelöst wirkt (oder wie bei Satie „musique d’ameublement“) – ob die Folgen nun gut oder schlecht sind, gehört hier wohl nicht hin, aber ich finde das Album endlos faszinierend.

    Eugene Chadbourne findet es öde, hat aber für Allmusic dennoch eine tolle Rezension geschrieben:
    https://www.allmusic.com/album/ballads-mw0000333748

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10637957  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    gypsy-tail-wind

    vorgarten

    Und ich erwähne es hier halt doch noch, weil die Zäsur ja nicht am 1.1.1968 kommt sondern am 14.7.1967: exakt zwei Wochen später fand die zweite Session statt (damals auch eine von diversen in Eigenregie produzierten), die auf dem quintessential ECM-Album „Ballads“ von Paul Bley landete, das erst 1971 erschien. Einen Zusammenhang mit Coltranes Tod will ich nicht herbeireden, ich habe keine Ahnung, wie Bley zu Coltrane stand, ob er sich jemals ausführlicher geäussert hat oder so – aber das Album scheint mir auf jeden Fall sehr bedeutsam zu sein, in mancher Hinsicht eine Blaupause für Vieles, was folgte, auch ausserhalb des Jazz. Die Musik stammt denn auch von Annette Peacock (und nicht von Carla Bley), steht vielleicht in der New Age-Linie, die schon bei Jimmy Giuffre losgeht (oder bei Erik Satie), Musik, die nichts entwickelt, die irgendwie von den Dingen losgelöst wirkt (oder wie bei Satie „musique d’ameublement“) – ob die Folgen nun gut oder schlecht sind, gehört hier wohl nicht hin, aber ich finde das Album endlos faszinierend. Eugene Chadbourne findet es öde, hat aber für Allmusic dennoch eine tolle Rezension geschrieben: https://www.allmusic.com/album/ballads-mw0000333748

    Ich dachte wir diskutieren hier primär Aufnahmen welche im ominösen Jahr 1968 entstanden sind – und ob und inwieweit der Tod von John Coltrane einen Einfluß hat hier nur als (mglw im Einzelfall) wesentliche Teilkomponente ….

    Nichtsdestotrotz ist Paul Bleys „Ballads“ eine vorzügliche Paul Bley Aufnahmen aus den 60ern, und obwohl ich mit dessen „Sterne Bewertung“ naturgemäß nicht konform gehe, so ist die Rezension von Eugene Chadbourne unterhaltsame Literatur (danke für die Erinnerung !!) …..

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #10637971  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    Eugene Chadbourne findet es öde, hat aber für Allmusic dennoch eine tolle Rezension geschrieben:
    https://www.allmusic.com/album/ballads-mw0000333748

    ja, das ist wirklich einer der besten allmusic-texte ever. ich finde es interessant, BALLADS mit dem von @soulpope weiter oben verlinkten MR.JOY-album (mai 1968) zu vergleichen, wo das annette-material ja viel eruptiver und colemanesker angegangen wird.

    ich wollte übrigens gar nicht so sehr auf den tod coltranes fokussieren, die kulturell/politisch bewegte lage und die definitive abseitsentwicklung des jazz als pop (und die strategien, damit umzugehen) bilden ja mit dem vakuum, dass der innovative, für viele ja nur durch seinen guru-status anhörbare coltrane hinterlassen hat, ein komplexes gebilde – das aber eben auch viel öffnungen hat zu spielereien, großem blödsinn und utopischen sehnsüchten. und neben den kommerzialisierungs-tendenzen gibt es austausch zwischen jazz- und anderen musiker*innen, den man oft so gar nicht vor augen hat. mir persönlich macht vieles eher spaß, als dass ich etwas vermisse, was vorher da war.

    --

    #10637983  | PERMALINK

    vorgarten

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    soulpope
    Das lange Zeit nur über diesen Montreux Mitschnitt vom 15ten Juni 1968 dokumentierte Gastspiel von Jack DeJohnette im Bill Evans Trio …. seit letztem Jahr aber kenne wir nun auch dies :

    ja, an dieser band gibt es viel zu lieben – sie ist nicht nur eine der heißesten formationen von evans, ich finde ihn hier auch überraschend gefühlvoll und offen (z.b. die „some other time“-version auf dem gleichnamigen album).

    für verve nimmt er 1968 ALONE auf, das ich im gegensatz dazu sehr technisch und eigenartig verkapselt finde. er schiebt zwar schöne die harmonien hin und her, aber in die tiefe gehen seine interpretationen nirgends:

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    #10637989  | PERMALINK

    vorgarten

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    soulpopeIch dachte wir diskutieren hier primär Aufnahmen welche im ominösen Jahr 1968 entstanden sind –

    naja, im moment sammeln wir ja eher als dass wir diskutieren (ich bin wahrscheinlich der einzige, der die ganzen verlinkten sachen auch wirklich hört ;-) – in dem zusammenhang auch nochmal danke für die jazz crusaders zwischen coltrane und beatles – super…), aber dass BALLADS tatsächlich eine neue tür aufstößt, finde ich schon in diesem zusammenhang wichtig zu erwähnen – es geht nur kaum jemand 1968 schon hindurch, dazu musste ja erst ECM erfunden werden…

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    #10638005  | PERMALINK

    vorgarten

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    à propos großer blödsinn… ich weiß nicht, ob man albert aylers entwicklung bei impulse wirklich so bezeichnen kann, aber der hippie-move (in der jazzgeschichtsschreibung ist natürlich wieder eine frau daran schuld, das naive blumenmädchen mary parks, das ihrem saxofonistenfreund weltverbesserungstexte schreibt) und die entdeckung seiner sanften, frohlockenden, man könnte fast sagen engelhaften singstimme war für mich schon eine große überraschung, der ich mir ayler vorher immer als berserkerhaften, grüblerischen, geisterhaften musiker vorgestellt habe.

    das album NEW GRASS, natürlich kein kommerzieller erfolg, ist schon (gegenüber dem sessionmaterial, aus dem „thank god for women“ stammt) etwas doof für irgendeinen markt produziert, hat aber wirklich schöne momente, die wohl die tatsächliche zerrissenheit aylers (nach dem nervous breakdown des bruders anfang des jahres) überspielen sollen – z.b. die calypso-version von „ghosts“, die als „new ghosts“, mit christlich-hippieskem text von parks und dem drumming von bernard purdie, ziemlichen spaß macht. mein lieblingsstück aus NEW GRASS ist aber das hier:

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    #10638007  | PERMALINK

    vorgarten

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    darauf hatte @gypsy-tail-wind bereits hingewiesen: 1968 entsteht eine meiner absoluten alltime faves, das einzige studioalbum des flügelhornisten alan shorter, ORGASM. was bei mir abgeht, wenn ich auch nur einen ton von ihm höre, habe ich mal hier versucht zu beschreiben.

    „rapids“ ist der absolute höhepunkt des albums. auch dieser track hat einen merkwürdigen bezug zur popmusik, die 1968 in der luft liegt. der rhythmus, auf einem einzigen basston (reggie johnson) aufgebaut, ist ein meisterwerk ironischer aneignung – wenn man je jemandem erklären muss, warum rashied ali ein grandioser drummer ist, muss man das hier vorspielen. die mathematischen kürzel am anfang dienen wie auf dem gesamten album den beiden bläsern als zu sprengendes korsett, eine aufgabe, die der „kater“ leandro barbieri nur zu gerne und aus dem stegreif übernimmt. bei shorters meistersolo, das, wie üblich, mit einem fragezeichen endet, stellen sich mir die nackenhaare auf.

    es gibt natürlich noch ein zweites stück, das 1968 aufgenommen wurde und im wesentlichen auf einem basston aufgebaut ist:

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