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David Murray, Bobby Battle, Paul Zauner, Dave Burrell, Wilber Morris, Hugh Ragin – Last of the Hipmen | Ich bin in der Chronologie ein wenig verrutscht … zwei Alben von 1989 gehörten noch vor das Duo mit Georges Arvanitas. Hier kriegen wir Murray mit Dave Burrell und Wilber Morris (leider in dünnstem Gummitwist-Sound) sowie Bobby Battle, Hugh Ragin und auf drei der sieben Stücke dem österreichischen Posaunisten Paul Zauner an der Posaune (PAO Records, Inntöne in Diersbach). Aufgenommen wurde das Album vom 12. bis 14. Juli 1989 im Studio Comet in Köln. Wenn der Sound glatt ist wie bei einer Pop-Produktion, dann scheint das auch aufs Material abzufärben. Nach dem zackigen Opener von Morris, „With an ‚E‘ Please“ (Wilber eben, nicht Wilbur) klingt Burrells „So Spiritual“ so glattpoliert, als wäre das eine Vorlage für Lester Bowies Brass Fantasy, eher denn für das Quartett von Murray mit Burrell. Battle spielt einen leicht verschleppten immergleichen Beat – das ist alles gekonnt, aber auch ein wenig langweilig. Die glänzende Trompete von Ragin ist ja schon von den letzten Oktett-Alben bekannt, er glänzt auch hier wieder mit strahlendem Ton, oft flächig, da und dort streut er einen kleinen Shake, ein paar hinabstürzende Läufe zwischen die in hoher Lage singenden Linien, auch mal ein kleiner „spanish tinge“ … Bowie ist da echt nicht weit, oder? „Punaluu Peter“ ist „Over Time“ von Tenors, oder? Jedenfalls finde ich auch hier wieder, dass das Thema direkt einem Italian Instabile-Programm entnommen worden sein könnte – auch wenn die Umsetzung vor allem im Piano-Solo des Komponisten (oder Adaptisten?) Burrell natürlich sehr anders ist. Und trotz des glatten Sounds werden hier leise Verschattungen hörbar, was der Musik sehr gut tut. Auch das folgende Stück von Wilber Morris, „Chazz“, ist schon bekannt. Ragin und Zauner fügen im Thema weitere Stimmen dazu – eine Growl-Trompete und leise melodische Posaunenlinien – die durchaus an Mingus erinnern, den Widmungsträger des Stückes. Hier entgleist Burrell auf seine so eigenwillige Art völlig – was bei der Produktion leider nicht so recht funktioniert, eher lustig als surreal wirkt. Ragins „Hugh’s Blues“ klingt boppig und Murray – zurück am Tenor nach dem Bassklarinetten-Ausflug von „Chazz“ – frisst sich förmlich durch die Changes. „Ballad for the Black Man“ ist das einzige Stück von Murray auf diesem Album – und er glänzt in dieser Rubato-Ballade. Aus dem Nichts fängt „Pain“ an, Ragins Closer. Gestrichener Bass, Trommel-Gebrumme und Beckenschläge, Haltetöne der drei Bläser – die dunkelste Stimmung in dieser mit ekelhaft hellem Neonlicht bis in den letzten Winkel ausgeleuchteten Digitalproduktion. Allmählich entfaltet sich das Geschehen, Ragin setzt zu einer Art Solo an, die anderen fächern die Musik gemeinsam ganz allmählich auf. Ohne Murray, soweit ich hören kann (ich hab nur einen MP3-Rip davon). Ziemlich genau in der Mitte der zehn Minuten spielt Ragin eine hüpfende Melodie, jetzt nur noch von Bass und Drums begleitet (Battle ist oft ziemlich toll, finde ich – ein Drummer, den ich bisher viel zu wenig beachtet habe … er ist bei mir v.a. auf diversen Alben von Arthur Blythe vertreten). In den letzten Minuten gibt es wieder Rubato und eine Stimmung, die jener vom Anfang näher ist. Ein starker Closer – ohne den Mann, um den es hier eigentlich geht, aber das Album ist ja auch als Kollektiv-Ding beschriftet.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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david murray, special quartet (1990) mich würde nicht wundern, wenn dieses projekt eine idee des produzenten bob thiele war: murray & hopkins ergänzen die noch lebenden mitglieder des klassischen coltrane-quartetts, um es zu aktualisieren. aber coltrane („cousin mary“) wird nur zum aufwärmen gespielt, danach kommt älteres (klassisches?) murray-material zum einsatz, plus einer der schönsten kompositionen von butch morris („la tina dee“) und das schon in der quartett-mammut-session erprobte „in a sentimental mood“. das ist zwar alles besser als ich es in erinnerung hatte, aber krankt am demonstrativ uninspirierten elvin jones, der in murrays „hope/scope“ wirklich nur ein paar becken anschlägt, während murray quasi explodiert. ganz anders tyner, der in jedem stück die herausforderung annimmt und keine müdigkeit zeigt. „3d family“ hat trotzdem falsche voicings (ist ja eigentlich triomaterial), und ob man „in a sentimental mood“ (im duo murray/tyner) wirklich als powerballade braucht, weiß ich nicht. ich finde das alles interessant und lebendig, murray strotzt vor selbstbewusstsein, aber ein muss finde ich das special quartet nicht.
Das Album lief schon, als ich zuletzt an Murray dran war, vor fast exakt einem Monat. Warm werde ich weiterhin nicht so wirklich damit. 26. März 1990 in einem Studio namens Soundtrack in New York aufgenommen von Harvey Goldberg, später von Jim Anderson und Kazunori Sugiyama abgemischt – das klingt nach dem keineswegs kalten aber übermässig hellen Album aus Köln im Vergleich echt gut.
Und das Album erinnert mich daran, dass ich die Coltrane-Hommage von Tyner mit Pharoah Sanders und Murray nicht bedacht hatte, als ich im Jahr 1987 unterwegs war. Das ist eine Aufnahme, die ich erst durch einen Hinweis hier (von @vorgarten oder @atom wohl) wahrgenommen hatte, nachdem diese GRP-CDs (es gab kein späteres CD-Reissue zumindest nicht in unseren Breiten) zu grossen Teilen schon wieder aus den Läden verschwunden waren, als ich in diesen aufzukreuzen begann. In meiner Erinnerung gefällt es mir ein ganzes Stück besser als das „Special Quartet“.
Dass McCoy Tyner hier mittenrein ins Risiko geht, höre ich auch so – dabei klappt das aber nicht immer. Fred Hopkins‘ Bass ist dafür eh immer da, wo er zu sein hat … Elvin Jones ist aber tatsächlich ein Schwachpunkt. Ich fand ja auch seine Enja-Alben unterm Strich etwas enttäuschend, zumal Jones zu meinen allerliebsten Drummern gehört. Hier wirkt er oft wirklich nicht bei der Sache – ohrenfällig in „Hope/Scope“, das recht frei daherkommt, bis auf den sturen und ideenlosen Drummer, der die allermeiste Zeit einfach den Beat durchtrommelt. Gerade hier finde ich Tyner bemerkenswert, wenngleich nur semi-erfolgreich. Schön finde ich, dass Tyner sich quasi „In a Sentimental Mood“ von Ellington zurückholt – die eine Duo-Nummer, und die ist wirklich toll, finde ich. Murray hat insofern Glück, als dass Coltrane das Stück am Sopran unsterblich verewigte und damit am Tenor quasi freie Bahn … er streut ein paar stark nach Coltrane klingende kleine Schnörkel und Tongestaltungen ein. Hier drängt sich vielleicht auch ein Vergleich mit dem Duo-Album auf, das Murray kurz darauf mit Georges Arvanitas machte (siehe oben) – Tyner ist viel aktiver, die Musik sehr viel lebendiger und weniger vorhersehbar. Ein Duo-Album der beiden – auch mit einer echten Ballade oder zwei – wäre vielleicht die bessere Idee gewesen als dieses „Special Quartet“? Immerhin dreht die ganze Gruppe inklusive Jones im Closer „3D Family“ nochmal richtig auf – das Fade-Out könnte drauf hinweisen, dass sie von sich selbst überrumpelt waren und keinen Abschluss fanden.
In den sehr ausführlichen Liner Notes (von Jon W. Poses) ist zu lesen: „Cluttered and conflicting schedules prevented all but on-the-sport rehearsals and caused limited recording time. ‚We went right into the studio and made the record,‘ reports David. ‚There weren’t too many takes; we did most (songs) in a couple.'“ – Das mag eine Rolle spielen beim Resultat. Oder auch nicht, wer weiss.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbadanke für die berücksichtigung von zwei alben, die ich nicht auf dem schirm hatte. LAST OF THE HIPMEN hatte ich damals aus einer stadtbücherei ausgeliehen und war enttäuscht – wahrscheinlich lag das vor allem an dem von dir monierten klangdesign.
die coltrane-hommage von tyner mit sanders & murray hatte ich im sanders-thread entdeckt, murray spielt ja auch nur 2 stücke darauf und ich fand ihn damals eher „gebremst“, deswegen habe ich sie nicht noch mal hervorgekramt.
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ich höre das in kleinen portionen seit gestern. eine master class, aber auch ein community-gespräch, und murray kann überall anschließen und impulse geben. ist ein bisschen lustig, wie sie da alle auf dem sofa sitzen und ihm zuhören, aber murray selbst ist so grundsympathisch, wach und uneitel, dass das keine heldenfeier wird. viele spannende erinnerungen, aber auch gute kommentare zum aktuellen jazz. und zum (afroamerikanischen) musikmachen überhaupt.
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vorgarten
remembrances (1990)
bin wieder zurück bei murray und in den frühen 90ern, was eine phase ist, die ich ganz gut kenne – ein paar dieser cds habe ich damals schon bei etwas späteren köln/saturn-besuchen mitnehmen können, so auch diese hier. mit ragin, burrell und tabbal ist gewährleistet, dass die eher bekloppte seite von murray zum vorschein kommt, und das ist wikrlich lustig anzuhören. wenn ich das programm richtig verstehe und das cover richtig deute, geht es um frühe musikalische einflüsse, und tatsächlich ist das materal eklektizistisch zusammengestellt – um es postmodern von den 90ern aus freundlich in die mangel zu nehmen. plötzliche tempo- und groove-wechsel gehören dazu, eine komplettimplosion von burrell während des dritten stücks (das tollste solo, das ich von ihm kenne, in „dartman“), roboterhaft gespielte ragtime-figuren, schmalzige spirituals, immer wieder zirkus-wirbel von tabbal (den ich ja ohnehin super finde), elefantenhaftes schmettern und sirenen-ausbrüche vom trompeter usw. murray selbst geht bei sowas mit, hält aber einen fuß in der ernsthaftigkeit. und eigentlich will das alles auch nichts ins lächerliche ziehen. aber in irgendeine tiefe führt das auch nicht.
Ich hab da gar nicht viel anzufügen … das ist eindeutig die Fun-Schiene, die ich oben ja schon angesprochen habe (klar ist es was anderes, wenn sowas von David Murray oder Lester Bowie kommt statt von Willem Breuker oder dem Italian Instabile Orchestra – aber das Ergebnis ist halt oft schon recht ähnlich), und die ich bei Murray glaub ich eher nicht brauche. Vielleicht könnte man das auch als eine Art domestizierte Adaption der frühen „play it to the public“-Ansätze im Zeitalter des gepflegten neo-konservativen Jazz um 1990 herum lesen?
Die Aufnahme klingt wunderbar (erst recht wieder im Vergleich mit derjenigen aus Köln), die Personalie am Schlagzeug hilft vermutlich im Hinblick auf das stimmigere Ergebnis: Battle ist irgendwie alte Schule und hat eine völlig andere Spielhaltung als Tabbal, dünkt mich. Der geht mit, gestaltet viel stärker, was der Musik vielleicht aber zum Teil auch etwas den Boden nimmt, den sie bei all den irren Flügen und schnellen Wechseln durchaus brauchen könnte (um etwas tiefer oder auch bloss ernsthafter zu werden)? Wird bestimmt nie ein Lieblingsalbum, trotz des Covers, das ich ganz witzig finde.
Meine Lieblingsstücke hier sind die letzten beiden, in denen der Fun-Regler runtergedreht wird. Das Thema von „Dexter’s Deck“ klingt ein wenig nach Butch Morris, der leise Latin-Touch ist klassischer Murray (nach 15 Jahren im Geschäft kann man das schon sagen, oder?), Ragin und Burrell spielen nach dem Leader weitere starke Soli – beide für einmal ohne Ausbrüche und doch nicht zurückhaltend wirkend. Im Closer, Murrays Titelstück, spielt der ein grossartiges Balladensolo, Ragin steigt hinter ihm ein und es entwickelt sich ein bezaubernder Dialog, aus dem hinaus sich dann auch noch ein sehr schönes Trompetensolo entwickelt.
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vorgartenaber „dartman“ ist auch kein fun-stück – da spiralisieren sich die einzelnen stimmen über nicht-aufgelöste akkorde, das hat eine spiritual-jazz-komponente, aber irgendwie auf spätromantischer grundlage, mompou oder so, aber es ist auch ein drone-aspekt dabei… höre das seit damals mit gleichbleibender faszination, kann das gar nicht herleiten, merke aber, dass die alle da sehr zuhause sind. wie hörst du das?
Das stimmt natürlich – aber es ist halt mitten in die Fun-Stücke eingepflanzt … und die Soli sind sehr viel frei drehender (das irre Klaviersolo hast Du ja herausgestrichen) als bei den zwei Stücken am Ende. Das Stück lief vorhin tatsächlich eine Dreiviertelstunde in Schleife, bevor ich den Rest des Albums anhörte!
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bobby battle quartet with david murray, the offering (1990)
das album hatte ich vorher noch nie gesehen, geschweige denn gehört. das ist das einzige leader-album von bobby battle, den ich als drummer von don pullen und arthur blythe immer ganz gut, aber auch ein bisschen ungehobelt fand. das mappleshade-label kannte ich auch noch nicht, der pianist larry willis war da eine zeitlang musikalischer leiter, aber hier wohl noch nicht, seine eigenen sachen erschienen damals noch bei steeple chase. so, wie er hier spielt, könnte allerdings begünstigt haben, ihm den job anzubieten: zurückhaltend, aber immer interessant, ein bisschen blue-note-flair noch, mühelos in die 90er gerettet, toller touch, auf subtile weise auratisch. zwei sehr schöne kompositionen hat er auch noch beigesteuert, gleich am anfang eine ganz langsame ballade, die battle mit interessanter besentechnik begleitet. die aufnahme ist so fantastisch, dass man viele feinheiten gerade im schalgzeugspiel hört, ohne dass das poliert klänge, im gegenteil. santi debriano ist der bassist, auch er mit 2 kompositionen vertreten. murray dient als stargast, um die cd zu verkaufen, spielt sich nicht in den vordergrund, ihm fällt auch zu schlachtrössern wie „jitterbug waltz“ und „i mean you“ noch was ein. und auf besagter ballade ist er auch toll. zwei schöne stücke funktionieren aber auch gut ohne ihn. ich mag das melancholische feuer dieses albums sehr, es strahlt große eleganz aus, aber auch zurückhaltung – und biss, wenn er mal gebraucht wird. muss her, schöne entdeckung.
Sehr treffend beschrieben, finde ich. Lief schon lange nicht mehr und eh noch nicht oft, aber ich weiss eigentlich nicht, weshalb. Der Einstieg mit Willis‘ „Ballad for Frederick“ (im Gedenken an Freddie Waits geschrieben) ist grossartig – und auratisch. Danach geht es im Trio weiter, zurückhaltend und doch sehr präsent der Pianist. Auch wenn der Leader immer mehr in die Gänge kommt, hält Willis seine Linie durch – und irgendwann in der Mitte dieses Stückes von Willis, „To Wisdom, the Prize“, frage ich mich für einen Moment, ob das auch eine Blaupause für das Trio von Tyshawn Sorey sein könnte? Erst recht, wenn das Bass-Solo vom hervorragend aufspielenden Debriano dann zum heimlichen Kern der langen Nummer wird. Dass die Sessions (zu der Murray Frau und Sohn mitbrachte) mit dem Stück endeten, ist nicht weiter überraschend, so souverän wie das wirkt. Die zwei Trio-Stücke wurden am zweiten Tag aufgenommen, da war Murray nicht mehr dabei oder spielte zumindest nicht mehr mit – 18./19. November 1990 in den Studios des Labels irgendwo in Maryland … Upper Marlboro vielleicht, Maryland jedenfalls – gemäss Website heisst 1990 im „Beechwood Studio“), das andere ist das Titelstück von Debriano) endete, finde ich nicht überraschend. Debrianos „Jazz Laughter“, der Closer der Albums, war der Opener am ersten Tag. Das Album zeigt die Sound-Probleme anderer Murray-Produktionen aus den Jahren überdeutlich auf (nicht nur „Last of the Hipmen“, auch z.B. „Ming’s Samba“). Mapleshade hatte da eine völlig andere Vision und das kommt der Musik sehr zugute. Der Labelgründer (von dem auch die Liner Notes zur Battle-CD stammen) hatte wohl eine ziemlich wilde Biographie.
(Nicht wirklich relevant bei der tollen Band hier, aber in „Jitterbug Waltz“ klingt Murray für meine Ohren rhythmisch so unsauber, dass es an „daneben“ nicht immer vorbeischrammt … erinnert mich an das Duo-Konzert mit Aki Takase, bei dem sie ev. auch dieses Stück spielten, jedenfalls Stride, und beide mit so seltsamer Time, dass es mich fast körperlich schmerzte, die auseinanderfliegenden Teile im Kopf zusammenzufügen.)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbasuper, vielen dank für die sichtweisen und zusatzinfos (pierre sprey, unglaublich…). das battle-album habe ich mittlerweile auch physisch, kommt bald wieder in den player und dann überprüfe ich auch mal die rhythmischen unsauberkeiten
ich hänge gerade in zusammenhängenden sessions im september 1993, beide blöcke mit john hicks, der eine für red baron, der andere für DIW, die jeweils material für 2 alben ergaben. macht sinn, die später zusammenzufassen.
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Von den Spätsommer-1993-Sessions (die Red Baron-Alben sind noch vom August) hab ich nur „Love and Sorrow“ ordentlich … gestern lief beim Kochen dafür erstmals die Behelfsversion vom Album von Teresa Brewer – das ist schon sehr hübsch, auch wenn die Stimme nicht ganz nach meinem Geschmack ist und mehr Interaktion mit Murray sicher nicht geschadet hätte. Aber das Album geht trotzdem runter wie Butter.
Das kann man beim nächsten vielleicht auch sagen, weil’s zumindest nicht weh tut, aber dann halt eben doch wieder nicht, weil es sich schon ziemlich hinzieht:
vorgarten
the bob thiele collective, sunrise sunset (1990)
der alte weiße mann im kringel, der sich hier als bandleader auf seinem eigenen label vorstellt, hat mit der musik nicht viel zu tun, denn die kommt vom darunter abgebildeten all-star-quartet. aber selbst wenn man über diese geschmacklose geste hinwegsieht, fällt gerade der produzenten-credit nicht gerade zu seinen gunsten aus, denn ihm ist wenig mehr eingefallen, als ganze sechs bekannte balladen hintereinanderweg zu programmieren: „body and soul“, „‚round midnight“, „old folks“, „we’ll be together again“, „you don’t know what love is“ und „goodbye“. gähn, aber: die band, allen voran murray, spielen erstklassige versionen von all diesen totgespielten standards ein. und im titelgebenden opener (aus „fiddler on the roof“) geht die feuerwehr ab, und jeder, der halboffene ohren hat, hätte hier geschaltet und sich sofort vom balladenprogramm verabschiedet – das ist derartig heiß und explosiv, dass man sofort weiß, wo hier der hammer hängt: zwei akkorde, modale coltrane-extase, ein unglaublich antreibender bass und zwei soli, die zu den sternen fliegen. was vielleicht noch zu den aufgaben des produzenten gehörte, wäre, für einen vernünftigen sound zu sorgen. auch hier: fail.
Eine letzte Andockung hier … der erste Eindruck ist ja echt super: der Opener ist phantastisch und wirklich mitreissend, „Body and Soul“ hatten wir zwar grad schon, aber bei so einer Version will man ja echt nicht klagen. Die Band ist eine andere, konventionellere vielleicht, aber grad Cyrille kann ja auch Impulse geben ohne laut zu werden. Tut er aber in den Balladen dann doch nicht wirklich, und so teile ich das Fazit. Ich vermute mal, dass Thiele zu dem Zeitpunkt keinen Überblick über Murrays Schaffen der paar Jahre davor hatte … und vermutlich trotzdem einen Plan, an dem er festgehalten hat, was dann aus den genannten Gründen echt keine gute Idee war. Natürlich gibt’s eine gewisse Variabilität, vor allem beim Leader, der halt auch mal Double Time spielt (aber muss das ausgerechnet in Monks „‚Round Midnight“ sein?) …
Den Sound finde ich gar nicht so schlecht: Cyrille klingt z.B. ziemlich gut finde ich (Murray eh, aber der könnte wohl wohl selbst bei einer Unterwasser-Performance noch super klingen, die Projektion ist ja schon eine seiner grössten Stärken), aber der Bass ist an der Grenze, das Klavier hat zu viel Höhe und zu wenig Körper – dabei ist Hicks für so eine Band wirklich die perfekte Wahl. Da kommt ja noch mehr, auch wenn ich einige Lücken habe. Nach dem Bobby Battle-Album ist die Messlatte allerdings echt sehr hoch.
Ach so, um das „Saxmen“-Schema schon mal vorzuziehen:
Body and Soul: Coleman Hawkins
‚Round Midnight: John Coltrane
Old Folks: Don Byas
We’ll Be Together Again: Ben Webster
You Don’t Know What Love Is: Sonny Rollins
Goodbye: Stan GetzBei Hawkins hab ich mal eine ruppige späte Version hinterlegt … warum auch nicht, passt doch zu Murray sehr gut. Und bei Getz eine Live-Version mit Orchester
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbajazzosaurus rex & saxmen (1993)
letzter auftritt auf red baron, SAXMEN bekam die vorletzte nummer, mit john lewis‘ KANSAS CITY BREAKS war es dann vorbei mit bob thieles label. auch bei diesen aufnahmen, am 18. und 19. august 1993 aufgenommen, verstehe ich wieder einiges nicht: JAZZOSAURUS klingt mal wieder furchtbar (sofern man nicht die höhen herausdrehen kann), SAXMEN merkwürdigerweise wesentlich besser; thiele und osser haben mal wieder etwas komponiert, was ganz simple blues-themen sind (wo lag da die ambition?); und, ja, JURRASIC PARK kam im aufnahmemonat raus und setzte offenbar ein thema (der zweite thiele-song heißt „dinosaur park blues“), das genau was mit murray zu tun haben soll? egal – oder auch nicht, man kann murray, hicks, drummond und cyrille beinahe alles hinwerfen und sie machen gute musik daraus, aber diskografische höhepunkt passierten dann eher bei DIW, wo einfach anders produziert wurde.
trotzdem: es gibt tolle momente. für das dinosaurier-album hat murray ein sehr einfaches latin/swing-vehikel geschrieben, das eine große hitze erzeugt („mingus in the pokonos“, gemeint ist der sohn und sein damaliges ferienlager); cyrille spielt durchweg sehr agil und spannend; und ganz großartig ist ein unbegleitetes hicks-solo über „central park west“. ganz sicher kein höhepunkt dagegen eine kurze hommage an miles davis, geschrieben und rhythmisch vorgetragen von george hines, ein paar plattitüden und ein paar blues-licks, gut, dass miles das nicht mehr gehört hat.
p.s. danke für den service der referenzversionen, @gypsy-tail-wind. kann man für SAXMEN natürlich auch machen, aber murray macht auch hier eh wieder sein eigenes ding. (getz mit orchester mochte ich sehr.)
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vorgarten
p.s. danke für den service der referenzversionen, @.gypsy-tail-wind […] (getz mit orchester mochte ich sehr.)Gell, das ist eine tolle Version von „Goodbye“!
Ich bin jetzt hier:
vorgarten
shakill’s warrior (1991)wiederbegegnung mit dem album, das nach der vom murray-sohn besuchten karateschule benannt ist. im pullen-thread hatte ich schon die schöne luftigkeit hervorgehoben, die cyrille mit pullens orgel-bass und der eleganten gitarre von stanley franks erzeugt, dazu kommen pullens quartett-erprobte kompositionen, das umwerfende „high priest“ von cyrille, der lässig lodernde austausch der musiker, murrays inspirierende flüge. das ist alles von glitzernder abgehangenheit, klaren farben, federnd, atmend. wunderbares album.
Auch bei mir eine Wiederbegegnung mit viel zeitlichem Abstand. Und eine, vor der ich mich etwas fürchtete, weil das Album nie ganz so geklickt hat, wie ich mir das einst erhofft hatte (wodurch diese Hoffnungen einst geschürt worden waren kann ich nicht mehr rekonstruieren). Aber das scheint mir gerade völlig grundlos. Luftig und gut abgehangen ist das tatsächlich, die Beats sind eher einfach und federn wirklich schön – Cyrille ist da ja nicht der Drummer, den man erwarten würde, aber er macht das super. Und im öffnenden Blues spielt Murray schon mal schnell das ganze Soul-Jazz-Zeug durch, von Houston Person bis zu Eddie „Lockjaw“ Davis, von Stan Getz (im Closer) und Gene Ammons bis zu Eddie Harris – letzterer beim „sprechenden“ Sax und durchaus dem ganzen kreisenden Groove im erwähnten Cyrille-Stück „High Priest“, das ja auch ein wenig an den „Freedom Jazz Dance“ erinnert. Das Insistieren bis zum Geht-nicht-mehr ist dann natürlich wieder genuin Murray, aber das Vokabular ist nur geliehen – und das geht auch hier wieder bis zu einzelnen Ton-Gestaltungen. Das ist Pastiche, das ist 90er-Retro-Jazz, aber es ist bei allem postmodernen Eklektizismus so direkt und schnörkellos, dass ich Murray jeden Ton abnehme. Wenn sie in Pullens „Song from the Old Country“ in den Groove fallen hat das Sax (in der Passage vor dem Orgelsolo) was von der unendlichen Lässigkeit von Barney Wilen (durchaus auch im Ton übrigens, vor allem aber in der Phrasierung – Murray ist hier so ein Chamäleon, wie Wilen es in seiner letzten Dekade war). Das ist schon alles sehr, sehr gut – jedenfalls zerstoben die Befürchtungen heute ganz schnell.
Der Fehler des Albums, wenn es denn einen braucht, ist halt wieder mal schlicht die Überlänge. Vermutlich sollte man das nicht am Stück durchhören. Oder nochmal anders: das funktioniert alles auch als Mood-Musik, die auch @friedrich gut anstehen würde (hey, wo steckst Du denn die Tage!?) – die Ballade „In the Spirit“ ganz besonders.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbamurray erzählt im oben verlinkten podcast, dass das album ein überraschender erfolg war. für ihn war vorher gar nicht so klar, dass pullen und er einen vergleichbaren kirchen-hintergrund hatten. und als ein club-betreiber pullen für ein live-engagement eine orgel mit fancy effekten hinstellte, hätte der abgelehnt und ein instrument verlangt, dass noch zigarettenbrandlöcher hätte.
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Dass Murray das nicht gewusst hat finde ich doch erstaunlich … Doppelgängerscheu, wenn es um George Adams geht? Und das mit dem Instrument … mit dem etwas glatten Sound der Produktion von „Shakill’s Warrior“ tue ich mich ja schon schwer, auch wenn es unterm Strich sehr alte Schule ist. Aber die Orgel klingt halt schon manchmal ein wenig so, als könnte das ein neues Ding mit fancy Effekten sein.
Ich höre nochmal das hier:
vorgarten
david murray & pierre dørge’s new jungle orchestra, jazzpar prize (1992)
darüber hatte @gypsy-tail-wind schon im enja-thread lauwarm berichtet, die spekulation von zu wenig zeit für dichtes zusammenspiel und interessante arrangements könnte passen, nach murrays eigenem bigband-album finden die dinge hier eher als (gute) idee zusammen… mir macht das album aber trotzdem spaß. vor allem, weil murray hier gelegenheit bekommt, mit horace parlan zu spielen (eine ballade, ein gospel-medley und „in a sentimental mood“ im duo), der ihm auf so typische weise ganz viel raum gibt. diese ecke (wie soll ich das nennen: 80s->90s spiritual mainstream mit noch nicht aufgegebenen freejazz/loft-erfahrungen des kollektiven [community-] zusammenspiels, damit meine ich neben murray das art ensemble, adams/pullen, die sanders-quartette, shepp, special edition, das dave-holland-quintet, vielleicht auch ekaya, sogar prime time?, ulmers phalanx-band etc.) zeichnet sich ja ohnehin dadurch aus, dass da irgendwann jeder mal mit jedem spielt, und hier rückt murray im duo mit parlan plötzlich ganz nah an shepp heran – wobei man genauso lang über die unterschiede wie über die gemeinsamkeiten nachdenken könnte… und murray streift sogar als sänger seinen gospelhintergrund. und harry beckett gibt den special effect.
gypsy-tail-wind
Es läuft:David Murray & Pierre Dorge’s New Jungle Orchestra – The Jazzpar Prize | Der Jazzpar-Preis galt ja in den Jahren seiner Existenz fast als sowas wie der Nobelpreis für Jazzmusiker (die eine Musikerin, die ihn kriegte: Geri Allen). Murray war 1991 der zweite, der ihn erhielt, wie bei den meisten anderen gab es vom Preisträger dann ein in Dänemark aufgenommenes Album, das in diesem Fall bei Enja erschien (16. und 17. März 1991, Focus Recording, Kopenhagen) – mit zwei Covern, anscheinend beide von 1992. Ich habe seit etwas über einem Jahr die schwarze Version oben.
Die Band des Gitarristen Pierre Dørge (einmal noch richtig geschrieben) kenne ich seit 25 Jahren oder so – und mag sie eigentlich lieber als hier. Ein Hauptanziehungspunkt ist die Präsenz von Harry Becket (t/flh), den ich auch hier für den Geheimtipp halte, der dem Gast/Leader fast etwas die Show stielt – auf seine leise, unnachahmliche Art, unaufdringlich aus dem Hintergrund immer wieder mit phantastischen Soli voller Charme glänzend. Los geht es aber mit einem tollen Posaunensolo (ich weiss nicht, ob von Per Jörgensen oder Jörg Huke), zu dem sich erst später die Band gesellt. Neben Murray ist auch Horace Parlan (p) aus den USA dabei, ansonsten gehören zur Band noch Jesper Zeuthen (as/bcl), Jacob Mygind (ts/ss), Irene Becker (keys), Jens Skov Olsen (b) und Audun Kleive (d) (zu früheren Line-Ups gehörte besonders auch John Tchicai, Beckett kann auch auf verschiedenen Alben gehört werden). Auf dem dritten Stück, einem „Gospel Medley“, ist zudem Sänger Donald Murray zu hören (ein Sohn? die Liner Notes geben nur einen biographischen Abriss von Murray und Infos zum Preis her) – ziemlich charismatisch, wie der Leader, wie Beckett … aber so richtig zusammenkommen will das alles hier für meine Ohren dann doch nicht, ich höre das als ein ganz gutes Dokument … und frage mich, ob man vielleicht nicht besser eine Woche getourt wäre und dann das Abschlusskonzert aufgenommen hätte? Da und dort wünschte ich mir wohl auch einen dunkleren, gewichtigeren Drummer (auf meinem ersten Album, „Johnny Lives“, Johnny Dyani gewidmet, der definitiv einen Einfluss hatte, ist Hamid Drake zu hören und der wäre auch hier perfekt gewesen). Die Synthesizer von Irene Becker gehören zur Band, ich kann mit ihnen längst gelassen umgehen, aber früher störten sie mich manchmal etwas. Was einzelne Beiträge angeht: Dorge hält sich wie üblich eher zurück … ich kann mir von ihm als Gitarristen aber trotz fünf oder sechs Alben kaum ein Bild machen. Er spielt schon ein paar Soli, aber den Löwenanteil kriegt hier Murray, gefolgt von Beckett. Mygind hat einen beeindruckenden Moment am Sopransax … aber das ist, wie immer beim New Jungle Orchestra, auch echte Bandmusik, in der es auf viel mehr als bloss auf einzelne Soli ankommt.
Nach den drei etwas kürzeren (6-9 Minuten) Stücken zum Einstieg (zweimal Dorge, dann Gospel) gibt es mit „In a Sentimental Mood“ eine Art Angelpunkt: Murray ist hier im Duo mit – nehm‘ ich an – Parlan zu hören und ist sehr überzeugend, beide lassen sich viel Zeit und solieren in den über neun Minuten ausgiebig. Dann folgen zwei lange Murray-Stücke (12 bzw. 10 Minuten), „Shakil Warriors“ und „Song for Doni“. Hier klingt die Band für meine Ohren etwas flach, die Arrangements sehr uninspiriert, vermutlich rasch im Studio ausgearbeitet. Murray zieht sein Ding durch – aber wenn in „Shakil“ Beckett mit seinem unverwechselbaren Sound übernimmt, setzt er für meine Ohren das Glanzlicht hier. Danach sind auch Dorge und Olsen zu hören, doch als ganzes entwickelt das nichts, die jammen einfach über Murrays Stück und hätten das gerade so gut im Quintett oder Sextett (Gitarre) oder Septett (die Keys von Becker). Als Closer gibt’s dann eine langsamere Nummer, schöner Beitrag vom Klavier (stets Parlan, nehme ich an – hier jedenfalls ziemlich sicher, das ist ganz schön old-fashioned, aber doch toll), ganz Stimmung, Kleive an den Besen – und dann wieder der Charisma-Moment, wenn Beckett einsteigt … wie schön!
Bei weitem kein Lieblingsalbum … ich reihe es mit meinen Dorge-Alben ein und höre es dann, wenn ich Harry Beckett hören will. Das ist ja auch gut, denn bei Murray ist die Auswahl ja nicht direkt klein.
Irgendwie fühlt es sich gerade an, als fände ich mich in einer Art Zwischen-Phase von Murray – die enorm tolle Zusammenarbeit mit Dave Burrell neigt sich dem Ende zu (das Duo auf Victo kenne ich nicht, aber „Death of a Sideman“ ist dann nochmal eine Combo – Hopkins, Backwell und Bobby Bradford), John Hicks ist noch nicht so ganz da (obwohl er auf „Ming’s Samba“ schon ordentlich beeindruckt hat – das schon 1985 entstandene Duo-Album „Sketches of Tokyo“ kenne ich leider nicht) – es gibt mehr Projekte abseits der Pfade: ein erster Auftritt mit Tyner 1987 („A Tribute to John Coltrane“), Projekte wie das Duo mit Randy Weston, Aufnahmen mit Cold Sweat oder Ralph Peterson, das Special Quartet, dazu ab 1988 die intensivere Zusammenarbeit mit James Blood Ulmer (bis 1991, dem Jahr, in dem ich grad ankomme, in dem die Diskographie quasi exploiert, auch wenn vieles natürlich erst ein paar Jahre später herauskam) … und eben auch diese Session mit der Gruppe von Pierre Dorge, die mir heute, mit anderen Erwartungen und in anderem Kontext ein ganzes Stück besser gefällt als neulich beim Enja-Marathon (kein Einzelfall, dass eine Re-Kontextualisierung den Fokus verschiebt). Aber dass Harry Becketts zartbittere Trompete/Flügelhorn die auratischste Stimme hier ist, das finde ich auch heute wieder – selbst wenn Murray als Starsolist in der mingus’schen Ballade „David in Wonderland“ von Anfang bis Ende als Solist glänzt.
Die grotesk-phallische Trophäe musste Murray hoffentlich nicht für ein Jahr mitnehmen und danach wieder in Kopenhagen abliefern?
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Schlagwörter: David Murray, Tenorsax
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