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Von den Spätsommer-1993-Sessions (die Red Baron-Alben sind noch vom August) hab ich nur „Love and Sorrow“ ordentlich … gestern lief beim Kochen dafür erstmals die Behelfsversion vom Album von Teresa Brewer – das ist schon sehr hübsch, auch wenn die Stimme nicht ganz nach meinem Geschmack ist und mehr Interaktion mit Murray sicher nicht geschadet hätte. Aber das Album geht trotzdem runter wie Butter.
Das kann man beim nächsten vielleicht auch sagen, weil’s zumindest nicht weh tut, aber dann halt eben doch wieder nicht, weil es sich schon ziemlich hinzieht:
vorgarten
the bob thiele collective, sunrise sunset (1990)
der alte weiße mann im kringel, der sich hier als bandleader auf seinem eigenen label vorstellt, hat mit der musik nicht viel zu tun, denn die kommt vom darunter abgebildeten all-star-quartet. aber selbst wenn man über diese geschmacklose geste hinwegsieht, fällt gerade der produzenten-credit nicht gerade zu seinen gunsten aus, denn ihm ist wenig mehr eingefallen, als ganze sechs bekannte balladen hintereinanderweg zu programmieren: „body and soul“, „‚round midnight“, „old folks“, „we’ll be together again“, „you don’t know what love is“ und „goodbye“. gähn, aber: die band, allen voran murray, spielen erstklassige versionen von all diesen totgespielten standards ein. und im titelgebenden opener (aus „fiddler on the roof“) geht die feuerwehr ab, und jeder, der halboffene ohren hat, hätte hier geschaltet und sich sofort vom balladenprogramm verabschiedet – das ist derartig heiß und explosiv, dass man sofort weiß, wo hier der hammer hängt: zwei akkorde, modale coltrane-extase, ein unglaublich antreibender bass und zwei soli, die zu den sternen fliegen. was vielleicht noch zu den aufgaben des produzenten gehörte, wäre, für einen vernünftigen sound zu sorgen. auch hier: fail.
Eine letzte Andockung hier … der erste Eindruck ist ja echt super: der Opener ist phantastisch und wirklich mitreissend, „Body and Soul“ hatten wir zwar grad schon, aber bei so einer Version will man ja echt nicht klagen. Die Band ist eine andere, konventionellere vielleicht, aber grad Cyrille kann ja auch Impulse geben ohne laut zu werden. Tut er aber in den Balladen dann doch nicht wirklich, und so teile ich das Fazit. Ich vermute mal, dass Thiele zu dem Zeitpunkt keinen Überblick über Murrays Schaffen der paar Jahre davor hatte … und vermutlich trotzdem einen Plan, an dem er festgehalten hat, was dann aus den genannten Gründen echt keine gute Idee war. Natürlich gibt’s eine gewisse Variabilität, vor allem beim Leader, der halt auch mal Double Time spielt (aber muss das ausgerechnet in Monks „‚Round Midnight“ sein?) …
Den Sound finde ich gar nicht so schlecht: Cyrille klingt z.B. ziemlich gut finde ich (Murray eh, aber der könnte wohl wohl selbst bei einer Unterwasser-Performance noch super klingen, die Projektion ist ja schon eine seiner grössten Stärken), aber der Bass ist an der Grenze, das Klavier hat zu viel Höhe und zu wenig Körper – dabei ist Hicks für so eine Band wirklich die perfekte Wahl. Da kommt ja noch mehr, auch wenn ich einige Lücken habe. Nach dem Bobby Battle-Album ist die Messlatte allerdings echt sehr hoch.
Ach so, um das „Saxmen“-Schema schon mal vorzuziehen:
Body and Soul: Coleman Hawkins
‚Round Midnight: John Coltrane
Old Folks: Don Byas
We’ll Be Together Again: Ben Webster
You Don’t Know What Love Is: Sonny Rollins
Goodbye: Stan Getz
Bei Hawkins hab ich mal eine ruppige späte Version hinterlegt … warum auch nicht, passt doch zu Murray sehr gut. Und bei Getz eine Live-Version mit Orchester
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