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David Murray, Bobby Battle, Paul Zauner, Dave Burrell, Wilber Morris, Hugh Ragin – Last of the Hipmen | Ich bin in der Chronologie ein wenig verrutscht … zwei Alben von 1989 gehörten noch vor das Duo mit Georges Arvanitas. Hier kriegen wir Murray mit Dave Burrell und Wilber Morris (leider in dünnstem Gummitwist-Sound) sowie Bobby Battle, Hugh Ragin und auf drei der sieben Stücke dem österreichischen Posaunisten Paul Zauner an der Posaune (PAO Records, Inntöne in Diersbach). Aufgenommen wurde das Album vom 12. bis 14. Juli 1989 im Studio Comet in Köln. Wenn der Sound glatt ist wie bei einer Pop-Produktion, dann scheint das auch aufs Material abzufärben. Nach dem zackigen Opener von Morris, „With an ‚E‘ Please“ (Wilber eben, nicht Wilbur) klingt Burrells „So Spiritual“ so glattpoliert, als wäre das eine Vorlage für Lester Bowies Brass Fantasy, eher denn für das Quartett von Murray mit Burrell. Battle spielt einen leicht verschleppten immergleichen Beat – das ist alles gekonnt, aber auch ein wenig langweilig. Die glänzende Trompete von Ragin ist ja schon von den letzten Oktett-Alben bekannt, er glänzt auch hier wieder mit strahlendem Ton, oft flächig, da und dort streut er einen kleinen Shake, ein paar hinabstürzende Läufe zwischen die in hoher Lage singenden Linien, auch mal ein kleiner „spanish tinge“ … Bowie ist da echt nicht weit, oder? „Punaluu Peter“ ist „Over Time“ von Tenors, oder? Jedenfalls finde ich auch hier wieder, dass das Thema direkt einem Italian Instabile-Programm entnommen worden sein könnte – auch wenn die Umsetzung vor allem im Piano-Solo des Komponisten (oder Adaptisten?) Burrell natürlich sehr anders ist. Und trotz des glatten Sounds werden hier leise Verschattungen hörbar, was der Musik sehr gut tut. Auch das folgende Stück von Wilber Morris, „Chazz“, ist schon bekannt. Ragin und Zauner fügen im Thema weitere Stimmen dazu – eine Growl-Trompete und leise melodische Posaunenlinien – die durchaus an Mingus erinnern, den Widmungsträger des Stückes. Hier entgleist Burrell auf seine so eigenwillige Art völlig – was bei der Produktion leider nicht so recht funktioniert, eher lustig als surreal wirkt. Ragins „Hugh’s Blues“ klingt boppig und Murray – zurück am Tenor nach dem Bassklarinetten-Ausflug von „Chazz“ – frisst sich förmlich durch die Changes. „Ballad for the Black Man“ ist das einzige Stück von Murray auf diesem Album – und er glänzt in dieser Rubato-Ballade. Aus dem Nichts fängt „Pain“ an, Ragins Closer. Gestrichener Bass, Trommel-Gebrumme und Beckenschläge, Haltetöne der drei Bläser – die dunkelste Stimmung in dieser mit ekelhaft hellem Neonlicht bis in den letzten Winkel ausgeleuchteten Digitalproduktion. Allmählich entfaltet sich das Geschehen, Ragin setzt zu einer Art Solo an, die anderen fächern die Musik gemeinsam ganz allmählich auf. Ohne Murray, soweit ich hören kann (ich hab nur einen MP3-Rip davon). Ziemlich genau in der Mitte der zehn Minuten spielt Ragin eine hüpfende Melodie, jetzt nur noch von Bass und Drums begleitet (Battle ist oft ziemlich toll, finde ich – ein Drummer, den ich bisher viel zu wenig beachtet habe … er ist bei mir v.a. auf diversen Alben von Arthur Blythe vertreten). In den letzten Minuten gibt es wieder Rubato und eine Stimmung, die jener vom Anfang näher ist. Ein starker Closer – ohne den Mann, um den es hier eigentlich geht, aber das Album ist ja auch als Kollektiv-Ding beschriftet.
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