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AutorBeiträge
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nail75NEIN!
Clark Terry ist mir egal, aber das musste mal wieder in aller Deutlichkeit gesagt werden. Wieso eigentlich? Durch ständiges Wiederholen wird es nicht richtiger!
:lol:
Ich hab’s schon zur genüge erläutert, das eine ist meine Meinung, das andere Deine. Es gibt wohl Argumente für beide Sichtweisen.
Ein Beispiel: hör Harold Land 1955 mit Roach – und hör ihn 1968 mit Hutcherson… da ist der Verlust an Persönlichkeit DURCH den Coltrane-Einfluss für mich eben sehr deutlich hörbar.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deSo klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
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Werbungredbeansandricealso: ich denke ich kenn nur zwei Terry Alben wirklich gut; zunächst das mit Gonsalves (also, das erste von diesem Argo Twofer), das könnt mir an sich super gefallen, die Band ist prima, aber Terry verleidet mir das irgendwie, und ich kann das Solo auf dem Mundstück nicht als musikalisch richtige Entscheidung hören… und auf dem Quartett-Album muss ich eigentlich auch immer bei Guten Abend gute Nacht aufhören, obwohl ich vorher durchaus manches höre, was mir gefällt… das Album mit Monk find ich letzlich wohl frei von diesen Makeln, Serenade to a Bus Seat hab ich noch nicht genug gehört, All-American halt ich einfach nicht aus, aber das endet für mich an einem Punkt, an dem Terry noch nicht viel beigetragen hat…
Das überzeugt mich nicht wirklich.
Ich find den Brahms auch nicht besonders toll (das wär mal ein Twofer gewesen, wo man ein Stück hätte weglassen dürfen!) und „All American“ auch eins der schwächsten der Alben, die ich gehört habe in den letzten Tagen – aber das reicht mir noch lange nicht für Dein drastisches Urteil!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail wind:lol:
Ich hab’s schon zur genüge erläutert, das eine ist meine Meinung, das andere Deine. Es gibt wohl Argumente für beide Sichtweisen.
Ein Beispiel: hör Harold Land 1955 mit Roach – und hör ihn 1968 mit Hutcherson… da ist der Verlust an Persönlichkeit DURCH den Coltrane-Einfluss für mich eben sehr deutlich hörbar.
Ich glaube allerdings, dass Deine Meinung auf einem schlichten Logikfehler basiert. Oder genauer: Auf einer ganzen Reihe von Denkfehlern, die den eigentlichen Vorgang bis zur Absurdität verdrehen, so dass am Ende die Ursache zur Wirkung wird.
Coltrane oder Rollins waren erfolgreich mit einer anderen Ausdrucksweise des Tenorsaxophons als sie zu ihrer Zeit üblich war. Wenn Minderbegabte oder Mindererfolgreiche oder schlichtweg aus der Mode gekommene Musiker ihren Stil kopieren wollten, dann blieb das natürlich eine blasse Kopie des Originals. Das ist aber nicht die Schuld derjenigen, die neue Ausdrucksmöglichkeiten fanden, sondern – höchstens! – der Kopisten. Der Einfluss von Coltrane und Rollins war also nie negativ, sondern ausschließlich positiv. Dass Minderbegabte das zu kopieren versuchen, ist natürlich, das war bei Charlie Parker ja genauso (Sonny Stitt hat eine ganze Karriere daraus gemacht) und da käme ja auch niemand auf die Idee, ihn dafür verantwortlich zu machen. Oder doch? Und wie sieht es bei Louis Armstrong aus, der den modernen Jazz begründet hat? Ist der Schuld an allem schlechten, was danach kam?
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Ich glaube allerdings, dass Deine Meinung auf einem schlichten Logikfehler basiert. Oder genauer: Auf einer ganzen Reihe von Denkfehlern, die den eigentlichen Vorgang bis zur Absurdität verdrehen, so dass am Ende die Ursache zur Wirkung wird.
Coltrane oder Rollins waren erfolgreich mit einer anderen Ausdrucksweise des Tenorsaxophons als sie zu ihrer Zeit üblich war. Wenn Minderbegabte oder Mindererfolgreiche oder schlichtweg aus der Mode gekommene Musiker ihren Stil kopieren wollten, dann blieb das natürlich eine blasse Kopie des Originals. Das ist aber nicht die Schuld derjenigen, die neue Ausdrucksmöglichkeiten fanden, sondern – höchstens! – der Kopisten. Der Einfluss von Coltrane und Rollins war also nie negativ, sondern ausschließlich positiv. Dass Minderbegabte das zu kopieren versuchen, ist natürlich, das war bei Charlie Parker ja genauso (Sonny Stitt hat eine ganze Karriere daraus gemacht) und da käme ja auch niemand auf die Idee, ihn dafür verantwortlich zu machen. Oder doch? Und wie sieht es bei Louis Armstrong aus, der den modernen Jazz begründet hat? Ist der Schuld an allem schlechten, was danach kam?
Das hatten wir ja alles schon… ich sage ja auch nicht, Coltrane hätte bewusst oder gar aktiv diesen „fatalen Einfluss“ ausgeübt… tritt mal einen Schritt zurück und hör mal bei Harold Land nach, was ich geschrieben habe.
Das ganze ist ein musik-soziologisches Phänomen oder wie immer man sowas nennt, eine längere Entwicklung, in der Coltrane nicht als einzelner Akteur zu verstehen ist.
Ich sehe da keine Logik- oder Denkfehler, aber am besten lassen wir das Thema einfach, wenn Du meine Betrachtungsweise nur als bösartige Unterstellung an Coltrane sehen kannst, dann reden wir eh nicht über dasselbe!--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaEs ist keine bösartige Unterstellung Deinerseits, sondern eine schlichte Fehlinterpretation, die Ursache und Wirkung vertauscht und komplexe Zusammenhänge auf eine polemische Pointe reduziert, die der Sache nicht gerecht wird. Jetzt nimmst Du Differenzierungen vor, die Du bislang weitgehend unterlassen hast (Coltrane nicht der einzige Akteur, kein aktiver Einfluss usw.), aber die grundsätzliche Prämisse, Coltrane habe „teilweise“ einen „fatalen Einfluss“ ausgeübt, bleibt unhaltbar.
Wenn Du schreiben würdest, dass einige minderbegabte Saxophonspieler fatalerweise glaubten, dass sie Coltrane seien, dann würde ich Dir unbedingt zustimmen. So aber nicht.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Es ist keine bösartige Unterstellung Deinerseits, sondern eine schlichte Fehlinterpretation, die Ursache und Wirkung vertauscht und komplexe Zusammenhänge auf eine polemische Pointe reduziert, die der Sache nicht gerecht wird. Jetzt nimmst Du Differenzierungen vor, die Du bislang weitgehend unterlassen hast (Coltrane nicht der einzige Akteur, kein aktiver Einfluss usw.), aber die grundsätzliche Prämisse, Coltrane habe „teilweise“ einen „fatalen Einfluss“ ausgeübt, bleibt unhaltbar.
Ich glaub nicht, dass ich das nicht auch schon so ähnlich formuliert habe letztes Mal, aber ich hab keine Lust, die alten Posts zu suchen. So war es jedenfalls schon immer gemeint, als eine Art soziologisches, stilistisches Phänomen. Sowas ist zu komplex, um die einzelnen Akteure und ihre genauen Beiträge zu eruieren… und Publikum und Kritiker, Manager und Jazzklub-Betreiber hatten dabei wohl gerade so eine wichtige Rolle wie die Musiker.
nail75…dass einige minderbegabte Saxophonspieler fatalerweise glaubten, dass sie Coltrane seien…
Dann hätten die in die Klapse gehört…
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail windIch glaub nicht, dass ich das nicht auch schon so ähnlich formuliert habe letztes Mal, aber ich hab keine Lust, die alten Posts zu suchen. So war es jedenfalls schon immer gemeint, als eine Art soziologisches, stilistisches Phänomen. Sowas ist zu komplex, um die einzelnen Akteure und ihre genauen Beiträge zu eruieren… und Publikum und Kritiker, Manager und Jazzklub-Betreiber hatten dabei wohl gerade so eine wichtige Rolle wie die Musiker.
Dann hätten die in die Klapse gehört…
:lol:
Ok, dann lasse ich das mal so stehen.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Jimmy Heath hat sich übrigens in seiner Biografie bei Clark Terry bedankt.
„and Clark Terry, for giving me much career support and affection.“
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@nail: wenn ich gelegentlich sage, dass ich mir die Jazzgeschichte ohne Coltrane und seinen Einfluss toller vorstelle, als die mit, dann… ist das 1) offensichtlich nichts, womit ich mir sicher sein könnte, wie auch. und 2) heißt das nicht, dass ich Coltranes Musik nicht mögen würde, im Gegenteil, ich finde sie besser, als das meiste, was davor kam, und wohl alles, was danach kam. und 3) werfe ich Coltrane damit in keiner Weise vor, irgendwelche Verantwortlichkeiten missachtet zu haben…
was die Sache mit dem minderen Talent betrifft: man sieht es immer wieder, dass Künstler, die man schätzt „mit der Zeit“ gegangen sind und man mit ihren späteren Werken weniger anfangen kann (in diesem konkreten Fall zB Art Pepper und Benny Golson), das kann den Grund haben, das die betreffenden einfach nicht erfolgreich mit der Zeit gegangen sind, oder dass man selber nicht mit der Zeit gegangen ist (Dylan und die Folkfans…)… wer so etwas beklagt, der beklagt offensichtlich nicht das mangelnde Talent des Künstlers – und in den genannten Fällen wäre das auch unangebracht… ich weiß, dass es genug Leute gibt, die zB Art Peppers Coltrane-beeinflusstes Spätwerk mehr schätzen als sein früheren Sachen – ich gehör halt nicht dazu…
Schließlich muss man noch zwei Zeitpunkte unterscheiden, den Zeitpunkt ab dem alle möglichen Leute einen Coltrane-Einfluss in ihre diversen Stile einarbeiteten, und den Zeitpunkt, ab dem von Michael Brecker und anderen geglätteter Coltrane in Konservatorien gelehrt wurde…
@gypsy: nach dem was hier in den letzten Tagen vorgefallen ist, hatte ich nicht wirklich erwartet, dich überzeugen zu können – ich gehör halt nicht zu den Leuten, die sich Musik, die sie nicht mögen immer wieder anhören, um ihre Kritik eloquent formulieren zu können, ich hab sechs Terry Alben (nicht wenig), und auf allen gibt es so Momente, wo sich glasklar ein in meinen Ohren mieser Geschmack manifestiert – und mir verleidet sowas in der Regel dann auch den Rest des Albums…
in Sachen Verlust der Vielfalt: wenn ich so Instrument für Instrument durchgeh, dann kann ich deiner These jetzt doch nicht mehr so richtig folgen:
– Tenorsaxophon: hier hör ich in den frühen Jahren einen Haufen Leute, die genauso nah an Hawkins waren, wie zB Sonny Criss und Eric Dolphy an Charlie Parker, wenn nicht näher – und dazu Lester Young… die Zeit der großen Vielfalt beginnt für mich Mitte der vierziger, als den Tenoristen des frühen modernen Jazz drei wichtige Vorbilder zur Verfügung standen, Hawkins, Young und Parker, die sich alle drei bestens dazu eigneten im modernen Jazz weiterentwickelt und vermengt zu werden… die meisten wichtigen Tenoristen der 50er kamen ja noch aus dieser Zeit, ab dann wird es ein bißchen weniger… drastisch aber erst seit den 70ern…
– Trompete: hier fällt es mir schwerer einen roten Faden zu sehen – ich find die stilistische Vielfalt der Jazztrompete in den 50er Jahren jedenfalls beachtlich und hab bewusst nie ein mehr an Vielfalt in früherer Zeit wahrgenommen…
– Altsaxophon; ok, hier passt deine Theorie besser, ich hör in der Mitte Charlie Parker, davor ein Haufen Leute, die sich relativ stark unterscheiden, aber auch einfach für sich genommen nicht so richtig großartig sind (großartig wie Konitz, Criss, Dolphy, Pepper – wieviele Altisten auf dem Level gab es vor Parker, drei?), und dann ganz klar Parker als Haupteinfluss, wenn auch in zum Teil in beachtlichen Variationen
– Klavier: hier scheint mir deine These am besten zu passen, der dumme Rest floss von einer vergleichsweisen Vielfalt in die Bud Powell und dann in die McCoy Tyner Schule (nicht, dass ein einzelner Musiker diese Entwicklung durchlaufen hätte – nur, dass ein zufällig herausgegriffener Pianist in den 50er Jahren wie Powell klang und in den 70er Jahren wie Tyner)… hier gab es allerdings stärker als auf anderen Instrumenten immer wieder bemerkenswert individualistische Einzelmusiker, weswegen man wohl wirklich viel Überblick braucht, um die These hart zu kriegen…
– zu tiefem Blech, Bass und Schlagzeug kann ich mich nicht kompetent äußern, die Entwicklung der Gitarre scheint mir vergleichsweise linear gewesen zu sein, da gab es stilistische Vielfalt erst ab Ende der 60er Jahre, und dann auf Kosten des guten Geschmacks (verkürzt gesagt)
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.und was ich schon die ganzen Tage machen wollte: katharsis schönen Terry post hierher verfrachten:
katharsisAngeregt von der kurzen Diskussion im Thread über Moodsville will ich gerne ein bißchen was zu Terry schreiben, dem „Duke with a difference“. Ich stolpere immer wieder mal über den netten Satz, welcher die Biographie bei allmusic eröffnet: „Possessor of the happiest sound in jazz“.
Das alleine war Grund für mich, Terry lange auszusparen – und ganz ehrlich, man vermisst ihn nicht unbedingt. Auf jeden Fall nicht so, wie wenn man Kenny Dorham oder selbst jemanden wie Nat Adderley vermissen würde. Trotzdem tue ich Terry damit Unrecht. Mittlerweile kenne ich eine handvoll Sessions mit Clark Terry und (fast) keine davon würde es in eine Favoriten-Liste schaffen.
Von der Tradition scheint er dem Swing näher zu stehen, als dem Bop und so hört man auch den klaren, freundlichen und sehr melodischen Ton seiner Heimat St. Louis. Damit dürfte er auch ein kleines bißchen Miles Davis infiziert haben. Auf der einen Seite ist dieser Ton ein klarer Vorteil, da er ein bißchen Terry’s persönlicher Ton ist, auf der anderen Seite limitiert er ihn doch auf eine bestimmte Rolle, die er Anfangs vermieden, später aber fast Markenzeichen-ähnlich ausgebaut hat – das fröhliche und positive in seiner Musik ist allgegenwärtig und nicht nur deswegen muss ich immer ein bißchen an Louis Armstrong denken.Terry hat seit den 50er Jahren eine Unmenge an Leader-Sessions eingespielt und war entsprechend häufig als Sideman beteiligt. Um mir ein bißchen die Musik von Terry zu erarbeiten, habe ich mich hauptsächlich nach seinen Begleitern umgesehen und bin dann doch auf ein paar schöne Alben gestoßen.
1957 ist auf Riverside eine spannende Session, seine erste als Leader, erschienen, die Terry mit Wynton Kelly, Philly Joe Jones und Paul Chambers zusammenbringt. Außerdem spielt der mächtige Johnny Griffin in der Frontline. Einige Stücke von „Serenade to a bus seat“ sind auf einer Jazzland-LP („Cruisin‘ the Rhythm Section“) erneut veröffentlicht worden.
Die Musik selbst ist – wie soll es anders sein – feinster Hard Bop, allerdings sehr enthusiastisch gespielt und man kann den Spaß spüen, den die Band hatte. Terry beweist, dass er flüssig spielen kann, sehr melodisch im Ton und durchaus auch etwas „unsauber“. Trotzdem strotzt sein Spiel nur so vor Fröhlichkeit, was man erst recht in einer Ballade wie „Stardust“ merkt. Und ich bin mir immer noch nicht im Klaren, ob ich das jetzt mag oder nicht! :roll: Bis auf eben „Stardust“ und „That old black magic“ besteht die LP aus Eigenkompositionen von Terry, die allesamt gelungen sind. Das größte Problem für Terry, aber auch der Gewinn für den Hörer ist Griffin, der Terry fast mühelos an die Wand spielt.
1958 ist Terry dann auf „In Orbit“ zu hören, bei der er sich die „Führung“ mit Thelonious Monk teilt (Erschienen bei Riverside, später auch wieder bei Jazzland). Auf den ersten Blick vielleicht eine seltsame Kombination, die dann aber doch passt, da ich in Monk immer ein verspieltes Kind höre, welches Spaß am Entdecken von Tönen hat. Mit an Bord sind Sam Jones und Philly Joe. Die Platte ist mein kleines Highlight, da Monk es schafft, dass Terry etwas schroffer als sonst klingt, was vor allem an der sparsamen Begleitung Monks liegt. Wäre das Klavier süffiger und voller, wäre Terry wiederum auf sicherem Boden. Irgendwie scheinen sich beide aneinander anzugleichen und sich letztlich in der Mitte zu treffen. Jones & Jones halten sich weitgehend im Hintergrund, strukturieren die Musik aber stark und füllen den Raum, so dass Monk und Terry sich ausbreiten können. Wie gesagt, der klare Gewinn ist, dass Monk Terry wenig Boden gibt, sich darauf melodisch aufzufächern. Dadurch hält sich der „happy sound“ auch im Hintergrund. Auch in der Monk-Diskographie ein kleines Juwel.
1960 erschien dann „Color Changes“ auf Candid, welches in vielerlei Hinsicht vielleicht das beste von den Dreien ist, ohne dass Terry dort im Vordergrund steht. Das Line up ist beeindruckend. Mit Yusef Lateef (!), Seldon Powell, Julius Watkins und Jimmy Knepper ist die Frontline stark besetzt und Tommy Flanagan führt die Rhthymusgruppe mit Joe Benjamin (b) und Ed Shaughnessy an. Die Musik besteht aus fünf Eigenkompositionen, einem Standard, „No Problem“ von Duke Jordan und dem hinterlistigen „Brother Terry“ von Lateef.
Die Musik ist diesmal komplexer und geschickt arrangiert (u.a. Al Cohn) um allen beteiligten ausreichend Raum zum solieren zu geben. Letztlich fällt Terry dadurch wenig auf, da er sich entsprechend einreiht. Toll ist auf jeden Fall „Flutin‘ and Fluglin'“, bei dem Terry die Trompete mit dem Flügelhorn abwechselt. Die Musik ist komplex, macht Spaß und weist endlich mal unterschiedliche Stimmungen und Nuancierungen auf.Auf den wenigen Sideman-Alben die ich mit Terry kenne (bspw. Sam Jones, Yusef Lateef, Stan Getz, Freddie Hubbard, Stanley Turrentine usw.) präsentiert Terry sich ebenso unaufdringlich, was meist aber einfach an den Big Bang-Kontexten liegt, die ihm wenig Raum lassen. Trotzdem erkennt man ihn relativ schnell an seinem klaren, flüssigen und positiven Ton, der ab und an wunderbar zu hören ist, auf Dauer aber doch etwas eintönig wirkt.
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.redbeansandrice@nail: wenn ich gelegentlich sage, dass ich mir die Jazzgeschichte ohne Coltrane und seinen Einfluss toller vorstelle, als die mit, dann… ist das 1) offensichtlich nichts, womit ich mir sicher sein könnte, wie auch. und 2) heißt das nicht, dass ich Coltranes Musik nicht mögen würde, im Gegenteil, ich finde sie besser, als das meiste, was davor kam, und wohl alles, was danach kam. und 3) werfe ich Coltrane damit in keiner Weise vor, irgendwelche Verantwortlichkeiten missachtet zu haben…
Coltrane mal so eben aus der Jazzgeschichte wegzustreichen und sie dadurch zu einer Brave New World zu machen, missfällt mir eben grundsätzlich.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Coltrane mal so eben aus der Jazzgeschichte wegzustreichen und sie dadurch zu einer Brave New World zu machen, missfällt mir eben grundsätzlich.
dann stell dir vor, Andrew Hill wär auf dem Weg zu seinem verdienten Ruhm gekommen
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.redbeansandricedann stell dir vor, Andrew Hill wär auf dem Weg zu seinem verdienten Ruhm gekommen
Das passt schon.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.redbeansandrice@gypsy: nach dem was hier in den letzten Tagen vorgefallen ist, hatte ich nicht wirklich erwartet, dich überzeugen zu können – ich gehör halt nicht zu den Leuten, die sich Musik, die sie nicht mögen immer wieder anhören, um ihre Kritik eloquent formulieren zu können, ich hab sechs Terry Alben (nicht wenig), und auf allen gibt es so Momente, wo sich glasklar ein in meinen Ohren mieser Geschmack manifestiert – und mir verleidet sowas in der Regel dann auch den Rest des Albums…
Ja, da werden wir uns wohl nicht mehr einig… bei mir ist schon die Neugierde da, ab und zu mal wieder was auszuprobieren, dass ich nicht besonders mochte… die ganzen Alben von Clark Terry, die ich hier kurz besprochen habe, haben sich über die letzen wohl 10-12 Jahre angesammelt – ich kauf ja bekanntlich eh dauernd viel zu viel, manches davon eben auch, um es später mal schätzen zu lernen… (schöne Rechtfertigung… die käm bei meiner Freundin allerdings nicht an )
redbeansandricein Sachen Verlust der Vielfalt: wenn ich so Instrument für Instrument durchgeh, dann kann ich deiner These jetzt doch nicht mehr so richtig folgen:
– Tenorsaxophon: hier hör ich in den frühen Jahren einen Haufen Leute, die genauso nah an Hawkins waren, wie zB Sonny Criss und Eric Dolphy an Charlie Parker, wenn nicht näher – und dazu Lester Young… die Zeit der großen Vielfalt beginnt für mich Mitte der vierziger, als den Tenoristen des frühen modernen Jazz drei wichtige Vorbilder zur Verfügung standen, Hawkins, Young und Parker, die sich alle drei bestens dazu eigneten im modernen Jazz weiterentwickelt und vermengt zu werden… die meisten wichtigen Tenoristen der 50er kamen ja noch aus dieser Zeit, ab dann wird es ein bißchen weniger… drastisch aber erst seit den 70ern…
– Trompete: hier fällt es mir schwerer einen roten Faden zu sehen – ich find die stilistische Vielfalt der Jazztrompete in den 50er Jahren jedenfalls beachtlich und hab bewusst nie ein mehr an Vielfalt in früherer Zeit wahrgenommen…
– Altsaxophon; ok, hier passt deine Theorie besser, ich hör in der Mitte Charlie Parker, davor ein Haufen Leute, die sich relativ stark unterscheiden, aber auch einfach für sich genommen nicht so richtig großartig sind (großartig wie Konitz, Criss, Dolphy, Pepper – wieviele Altisten auf dem Level gab es vor Parker, drei?), und dann ganz klar Parker als Haupteinfluss, wenn auch in zum Teil in beachtlichen Variationen
– Klavier: hier scheint mir deine These am besten zu passen, der dumme Rest floss von einer vergleichsweisen Vielfalt in die Bud Powell und dann in die McCoy Tyner Schule (nicht, dass ein einzelner Musiker diese Entwicklung durchlaufen hätte – nur, dass ein zufällig herausgegriffener Pianist in den 50er Jahren wie Powell klang und in den 70er Jahren wie Tyner)… hier gab es allerdings stärker als auf anderen Instrumenten immer wieder bemerkenswert individualistische Einzelmusiker, weswegen man wohl wirklich viel Überblick braucht, um die These hart zu kriegen…
– zu tiefem Blech, Bass und Schlagzeug kann ich mich nicht kompetent äußern, die Entwicklung der Gitarre scheint mir vergleichsweise linear gewesen zu sein, da gab es stilistische Vielfalt erst ab Ende der 60er Jahre, und dann auf Kosten des guten Geschmacks (verkürzt gesagt)
Tenorsax: da gehe ich mit Dir überein, die grösste Vielfalt bestand wohl in den Jahren, vor Rollins (1956) und Coltrane (ab 1957 wohl, bei Miles 1956 war er ja noch keineswegs auf dem Niveau, das Rollins schon erreicht hatte) sich endgültig durchsetzten… Thompson, Gray, Eager, Getz, Griffin, Golson, Lateef, Heath, Shorter, Turrentine, Ervin… so bis 1960 oder so war da wirklich die Hölle los!
Trompete: da würd ich dagegenhalten: Bunny Berigan, Bix Beiderbecke, Armstrong, Henry „Red“ Allen, Bubber Miley, Roy Eldridge, Sweets Edison, Buck Clayton, Hot Lips Page, Charlie Shavers, Wild Bill Davison, Muggsy Spanier, Rex Stewart, Cootie Williams, Ray Nance… aber das muss am Ende wohl jeder für sich entscheiden!
Beim Altsax und Klavier sind wir uns einigermassen einig…
Schlagzeug: auch da… Sonny Greer, Sid Catlett, Cozy Cole, Gene Krupa, George Wettling, Jo Jones, Shadow Wilson, Chick Webb, Dave Tough, Zutty Singleton, Baby Dodds… danach gab’s Klook, Roach, Haynes, Blakey… und klar später wieder mehr, Philly Joe, Pete LaRoca, Elvin, Persip, Heath, Taylor – vielleicht ist meine Behauptung hier nicht haltbar, aber das kann ich ehrlich gesagt nicht wirklich beurteilen, dazu müsste ich mich mal besonders vertiefen.
Die Gitarre ist klar, die explodiert gewissermassen mit Charlie Christian, und damit fängt ja auf dem Instrument auch der moderne Jazz an.
Beim Bass ist es wohl auch klar… da kam mit Mingus und Pettiford (aufbauend auf Jimmy Blanton) der erste Schritt zur Emanzipation des Instrumentes, mit Leuten wie Scott LaFaro, Richard Davis oder David Izenzon wurde sie dann nochmal wesentlich weitergetrieben, ganz zu schwiegen etwa von Barry Guy… das ist vielleicht der seltene Fall, wo nicht schon in den 60ern „alles gesagt“ worden ist (gilt auch für die Gitarre mit Derek Bailey).--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDanke Gypsy du hast die Kunst von Clark Terry wohl sehr gut zusammengefasst.Hab sieben Alben von ihm aus verschiedenen Jahrzehnten.
Ja der Job in der Tonight Show Band war halt sehr lukrativ,denn Jazz war zu der Zeit eher auf dem absteigenden Ast.
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Schlagwörter: Clark Terry, Jazz, Orrin Keepnews, Pablo Records, Riverside Records
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