bft 5 – katharsis

Ansicht von 15 Beiträgen - 46 bis 60 (von insgesamt 194)
  • Autor
    Beiträge
  • #8128913  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    Die Information zu Harris habe ich quasi aus dritter Hand (Eddie Locke hat sich dazu geäussert), aus einer Dokumentation. Eine sehr mutige Entscheidung war das trotzdem. Musikalisch hat ihm das wohl nicht ganz gepasst und zudem nicht ausreichend gefordert. Das hat natürlich was mit seiner Ausrichtung zu tun, ist doch klar. Eine eigene, unabhängige Karriere hat er sicherlich auch angestrebt.

    --

    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #8128915  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    THELONICADie Information zu Harris habe ich quasi aus dritter Hand (Eddie Locke), aus einer Dokumentation. Eine sehr mutige Entscheidung war das trotzdem. Musikalisch hat ihm das wohl nicht ganz gepasst und zudem nicht ausreichend gefordert. Das hat natürlich was mit seiner Ausrichtung zu tun, ist doch klar.

    Hm, war das damals schon mutig? War das Adderley Quintett schon so bekannt? Wann ist die San Francisco LP erschienen und wann trat Harris in die Band ein und ging wieder? Frag ich ernsthaft, ich weiss es nicht.

    Was mich stört ist bloss, dass ich meine, einen leicht wertenden Unterton herauszuhören. Ich schätze Harris sehr, aber man könnte es auch umdrehen und sagen, er sei nicht in der Lage gewesen, denjenigen Herausforderungen, die Adderleys Musik stellte, zu genügen. Ist ja am Ende egal, es hat einfach nicht gepasst… ich mag’s einfach nicht, wenn Cannonball kleingeredet wird, für mich ist er ein verkannter Gigant (und in diesem Sinne widerspreche ich auch katharsis‘ Meinung – oder eher: ich sehe/höre das ganz anders -, dass Adderley as Leader nicht so gut war wie als Sideman und erst recht der Meinung, dass die Band nicht nahezu perfekt war, denn das war sie nämlich ;-) )

    Und jetzt leg ich mich schlafen… longtemps, je me suis couché de bonne heure… :-)

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8128917  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    gypsy tail wind
    Was mich stört ist bloss, dass ich meine, einen leicht wertenden Unterton herauszuhören. Ich schätze Harris sehr, aber man könnte es auch umdrehen und sagen, er sei nicht in der Lage gewesen, denjenigen Herausforderungen, die Adderleys Musik stellte, zu genügen. Ist ja am Ende egal, es hat einfach nicht gepasst… ich mag’s einfach nicht, wenn Cannonball kleingeredet wird, für mich ist er ein verkannter Gigant..

    Quatsch, Cannonball wird nicht kleingeredet, nicht von mir! Vergiss das mit dem leicht wertenden Unterton ganz schnell. Cool bleiben, wir sind doch schließlich erwachsen.

    --

    #8128919  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    THELONICAQuatsch, Cannonball wird nicht kleingeredet, nicht von mir! Vergiss das mit dem leicht wertenden Unterton ganz schnell. Cool bleiben, wir sind doch schließlich erwachsen.

    Gut, alles bestens, entschuldige! Es gab nur so einen Unterton in der Adderley-Diskussion, der mich etwas gestört hat. Bonne nuit!

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8128921  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,160

    Habe mir auch Katharsisens Blind Fold Test runtergeladen. Da möchte ich es dann doch nicht versäumen ein paar Worte dazu zu sagen. Wäre ja sonst auch Verschwendung. Die Beschränkung auf das stilistische Spektrum Hard Bop mit nur ein paar wenigen Ausreißern nach macht es mir nicht leicht, da man es dabei nicht mit grundsätzlich verschiedenen Konzepten zu tun hat, sondern der Unterschied im Detail liegt. Aber ich probier es mal. Auch wenn ich keine einziges Stück erraten kann.

    # 01
    Sympathisch ist mir auf Anhieb das leichte Vinyl-Knistern. Da ist etwas, das offenbar schon seit langer Zeit geschätzt wird. Auch der leichte Latin-Einschlag gefällt. Vermute mal, dass das aber keine Latinos sind (sonst hätten sie eine Conga oder Bongos!). Geht mir gut und geschmeidig ins Ohr. Bar Jazz im besten Sinne.

    # 02
    Es geht gelassen weiter, wieder Latin ohne Latinos? Sehr schön tänzerisch spielerisches Sax. Könnte ich mit gut im Sonnenuntergang an der Theke der Strandbar anhören. Vielleicht fange ich dann auch an, ein wenig zu tänzeln.

    # 03
    Sehr prominenter Bass. Ist das der Leader? Klingt schon um einiges raffinierter als die beiden Vorgänger. Der Drummer ist auch sehr sophisticated. Ebenso der Saxer. Hat so ein gewisses understatement, das mir gut gefällt.

    # 04
    „I’ve been working on the chain gang ….“ Klingt so richtig schön nach klassischem Hard Bop, mit unisono vorgetragenem Thema. Könnten fast die Adderley Bros. sein, sind sie aber nicht.

    # 05
    Fällt für mich in eine ähnliche Kategorie wie # 04. Kann mich aber nicht so mitreißen. Nächstes Stück bitte! PS: Die Rhythmusgruppe hält die ganze Zeit stur das Thema durch, während das Sax spazieren geht. Ach ja, das sind zwei Saxe. Okay, also doch ganz interessant, wobei ich vor allem den Kontrast zwischen Rhythmusgruppe und Bläsern reizvoll finde.

    # 06
    Uih, das rumpelt und knistert. Sehr schön. Eigenartig quietschiger Sax-Sound, der völlig außer Rand und Band gerät. Ist das ein Sopran? Die Trompete schmettert lustig dazwischen und der Drummer hat auch seinen Spaß. Hört sich fast an wie eine Parodie auf Jazz. Verrückt! Macht mir Spaß, muss lachen, das würde mich aber auf die Dauer in den Wahnsinn treiben.

    # 07
    Understatement ist bei diesem Sax nicht das richtige Wort. Kurz, schnell, laut!

    # 08
    Jetzt wird es lyrisch. Die Spannung lässt für mich etwas nach, wenn das Stück Fahrt aufnimmt. Dieses kleine Pianomotiv im Übergang gefällt mir dann aber schon wieder. Schade, dass das aber auch so schnell wieder vorbei ist.

    # 09
    Mmmh? Weiß nicht, bleibt bei mir irgendwie nicht haften.

    #10
    Bleibt auch nicht haften. Aber langsamer. ;-)

    # 11
    Auf jeden Fall haben wir hier schon mal ein komplexes und ungewöhnliches arrangement. Was macht das Vibraphon da denn eigenartiges? Harmonisch so ein bisschen gegen Strich, oder? Das Vibe ist für mich ja hier der Star, aber dann drängeln sich die Bläser vor. Das wiederkehrende Vibraphonmotiv macht für mich das Stück. Auch das Solo des Vibraphonisten ist es für mich. Ist der Vibraphonist der Leader? Sollte er jedenfalls sein!

    #12
    Zieht mich sofort in diese melancholische Stimmung rein. Nimmt sich alle Zeit der Welt, und das in nicht mal 3 Minuten. Toll!

    #13
    Ah, jetzt geht es aber gleich etwas zupackender weiter. Die Karawane setzt sich in Bewegung. Ich mag das ja, wenn die Rhytmusgruppe ein klares Motiv so konsequent durchhält. Die soli sind schön, aber der Groove ist der Star. Schönes, einfaches Thema auch. Hat fast etwas emblematisches, könnte die Titelmusik eines Filmes sein oder so.

    #14
    Ist mir grundsätzlich erst mal sympathisch mit seiner lyrischen Stimmung. Was ist das denn für ein Sax? Und so schön gehaucht. Oder ist das eine Klarinette? Hört man ja nicht so oft. Die Komposition finde ich jetzt nicht so stark, bleibt bei mir nicht recht hängen. Der Klang der Klarinette ist es!

    #15
    Das scheint mir ausnahmsweise mal neueren Datums zu sein. Der Trompeter ist ein Profi, hatte ich fast gesagt. Der hat da so kleine rasende Läufe. Virtuos, aber berührt mich nicht so richtig.

    # 16
    Hier gilt das gleiche wie bei # 12: Zieht mich sofort in eine andere Stimmung, in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum. Kenne weder das Stück noch die Sängerin. Finde die Stimme toll, relativ tief für eine Frau, oder? Eigenartige Wendung der Rhythmusgruppe ganz am Ende, aber toll. Könnte dann eigentlich noch ein bisschen weiter laufen. Soll aber wohl nicht sein. Schade eigentlich!

    Auch von mir: Gute Nacht!

    --

    „Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)
    #8128923  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    vorgartendann gehe ich mal in die 2. runde. manches hat sich mittlerweile als richtiger ohrenwurm entwickelt. vor allem 3, 6, 7, 8, 14 und 16 finde ich richtig toll (3 wächst und wächst…).

    Das freut mich zu hören, da ich auch bei Dir dachte, dass Du Dir mit einigem schwer tun könnte.

    vorgarten#1 diese ersten akkorde sind toll, sehr vielschichtig… wenn das jemand älteres sein soll als ray bryant, fiele mir billy taylor ein, der ja einen schönen hang zum latin hatte. ich mag mich aber gerade nicht durch die unendlich vielen trio-einspielungen von ihm durchwühlen.

    Ich glaube, der Latin-Flavour führt ein wenig in die Irre. Mit Billy Taylor gibt es höchstens eine Überschneidung in Bezug auf Quincy Jones, aber da sind ja jede Menge Leute durchgewandert. Trotzdem ist die Idee gar nicht so schlecht, besonders in der Art, wie sie Thelonica weiterspinnt.

    vorgarten#2 das macht mich echt verrückt, ich glaube, den saxophonsound zu kennen, komme aber nicht darauf. mit r&b-musikern kenne ich mich aber eigentlich überhaupt nicht aus. das solo gefällt mir aber nach wie vor sehr gut.

    Ich wäre sehr erstaunt, wenn Du den Saxer kennen würdest. Gut, er hat wohl einen Hit verursacht, aber sonst taucht er in der Riege der RnB-Saxophonisten ohne große Lebenszeichen unter.

    vorgarten#3 großartig, wie der pianist unter dem thema in einem anderen metrum spielt… sehr abwechslungsreiches, dabei kurzes stück, in dem sich die beiden hauptsolisten wirklich einen wettkampf in subtilität liefern…

    Ja, die Kürze finde ich sehr vorteilhaft, da beide Saxophonisten gezwungen sind, auf dem Punkt zu bleiben. Besonders die Rhythmusgruppe näht das Stück schön zusammen.

    vorgarten#5 habe ich ja, von gypsys hinweis ausgehend, mittlerweile herausgefunden (LINK). leider hat sich dabei das, was ich ursprünglich spannend daran fand, verloren – dass da jemand in einem solo immer mehr über sich hinauswächst. aber das konstante repetetive treiben der rhythm section finde ich immer noch toll.

    Das anhaltende Rumpeln finde ich auch nach dem x-ten Mal hören noch spannend und amüsierend. Eun wunderbares Gegenstück zu den oft cleanen Blue Note-Stücken, die ich lange Zeit gewohnt war. Das Augenmerk liegt aber klar auf den Saxophonen, die so unmerklich aneinander übergeben und sehr nah beieinander liegen. Ich finde es aber toll, wie ihr das einordnen konntet!

    vorgarten#6 hier hast du vom „highlight dieser band“ gesprochen (was ich gerne glaube). verstehe ich dich richtig, dass das ein kontinuierlich zusammenarbeitendes quintett war? sind das europäer?

    Highlight dahingehend, dass es das spaßbringendste Stück der Band ist und durchaus auch das gewagteste. Europäer sind hier nicht zu Gange, aber die Band hat schon etwas länger zusammengearbeitet.

    vorgarten#7 hier tippe ich auch noch schwelgerisch im dunklen. an post-bop/prä-free-saxern fallen mir noch griffin und rouse ein, aber das passt nicht. mich fasziniert dieser gleichbleibende biss, dahinter steckt kraft und etwas, was über das reine playing hinausgeht.

    Eure Ideen finde ich sehr spannend und ich wundere mich, dass bislang noch kein Treffer dabei war. Griffin passt besser, wenngleich ich seinen Stil als technischer beschreiben würde. Es gibt allerdings eine klitzekleine Gemeinsamkeit mit dem hier gesuchten Saxophonisten.

    vorgarten#8 wirklich ein perfektes arrangement. beim vibrato des trompeters höre ich ähnlichkeiten zu byrd, aber der ist in den höhen strahlender, weniger luftig. und alles andere als ein „vergessenes talent“. darauf werde ich also nie kommen.

    Die Trompete ist mein Lieblingsinstrument im Jazz, aber es ist für mich nicht einfach, Trompeter einzusortieren. Für mich steckt der hier gesuchte Trompeter irgendwo zwischen Clifford Brown und Lee Morgan. Auch Byrd oder Hubbard finde ich irgendwie passend. Ich schätze ihn sehr, aber ich bin mir manchmal gar nicht so sicher, ob ich ihn selbst blind erkennen würde.
    ‚Vergessenes Talent‘ ist vielleicht zu hart gesagt, da er durchaus einen Ruf genießt und auf einigen Sessions zu hören ist, aber ähnlich wie Fruscella blieb ihm größere Aufmerksamkeit bislang erspart.

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8128925  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    THELONICA#5 Oh, Kenny Barron ist also der Pianist. Seine 3. Aufnahmesession war das wohl, er war 19 Jahre alt. „Bill’s Boogie“ also.

    #7 Griffin hatte definitiv genau dieses Feuer in den ersten Jahren, aber sein Stil war natürlich noch anders. John Gilmore kann es eigentlich nicht sein, Billy Harper ist zu jung, John Handy am Tenor kann ich mir auch nicht vorstellen und Andrew White passt auch nicht. Joe Farrell kann ich mir nur schwer vorstellen.

    Und Taylor war ein Einfluss für Jamal, was nicht einmal Gypsy abstreiten würde. Wegen dem Sound würde ich sagen, dass es sich um eine Argo-Session handelt. Ramsey Lewis wurde von Jamal beeinflusst, er hat sogar seine Kompositionen gespielt.

    #2 habe ich jetzt herausbekommen, und es ist klar wer da hintersteckt. Der Player hat mir dabei geholfen. Die Typen waren verdammt jung. Das erste Solo erinnert mich etwas an Passagen aus der tollen „The Sound of the Wide Open Spaces“. Das gefällt mir jetzt schon besser. Aber dieser „Bruch“ nach der knappen Vorstellung des Themas ist hart.

    Zu #7: Soweit alles richtig.

    Zu #1: Eine Argo-Session ist das nicht, aber die Idee ist gut.

    Zu #2: Bist Du sicher, dass Du #2 meinst?

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8128927  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    gypsy tail wind(und in diesem Sinne widerspreche ich auch katharsis‘ Meinung – oder eher: ich sehe/höre das ganz anders -, dass Adderley as Leader nicht so gut war wie als Sideman und erst recht der Meinung, dass die Band nicht nahezu perfekt war, denn das war sie nämlich ;-) )

    Ich wollte auch keineswegs ungerecht sein, respektive habe ich mich unglücklich ausgedrückt. Cannonball schätze ich sehr und sehe ihn als Tenoristen auch als Hardbop-Exempel. Damit zweifle ich auch seine Leaderqualitäten nicht an. Vielmehr ging es mir darum, dass mir seine späteren Einspielungen oft wie unverbundene Einzelsessions vorkommen, die für sich stehend funktionieren, aber im Gesamtkontext keine für mich zwingende Reihe an Veröffentlichungen ausmachen. Im Gegensatz dazu finde ich die Emarcy-Veröffentlichungen wesentlich dichter und homogener, aber qualitativ geringer. Es trägt sehr dazu bei, dass Cannonball später mit kraftvollen und individuellen Musikern gearbeitet hat, die in meinen Augen dazu beitragen, dass die einzelnen Aufnahmen irgendwie inhomogener klingen. Das wollte ich aber gar nicht näher vertiefen. Vielmehr ging es mir darum, dass gerade die genannten Riverside-Aufnahmen für mich mehr von dem entfernt sind, was ich als klassischen Hardbop sehen würde.
    Aber wie gesagt, ich wollte damit die Bedeutung von Cannonball nicht geringer machen!

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8128929  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    FriedrichHabe mir auch Katharsisens Blind Fold Test runtergeladen. Da möchte ich es dann doch nicht versäumen ein paar Worte dazu zu sagen. Wäre ja sonst auch Verschwendung. Die Beschränkung auf das stilistische Spektrum Hard Bop mit nur ein paar wenigen Ausreißern nach macht es mir nicht leicht, da man es dabei nicht mit grundsätzlich verschiedenen Konzepten zu tun hat, sondern der Unterschied im Detail liegt. Aber ich probier es mal. Auch wenn ich keine einziges Stück erraten kann.

    Herzlichen Dank für Deine Beteiligung. Das Erraten steht ja nicht im Vordergrund, vielmehr bin ich gespannt auf Eindrücke, da mir diese helfen, bekannte Musik selbst wieder neu zu entdecken.

    Friedrich# 01
    Sympathisch ist mir auf Anhieb das leichte Vinyl-Knistern. Da ist etwas, das offenbar schon seit langer Zeit geschätzt wird. Auch der leichte Latin-Einschlag gefällt. Vermute mal, dass das aber keine Latinos sind (sonst hätten sie eine Conga oder Bongos!). Geht mir gut und geschmeidig ins Ohr. Bar Jazz im besten Sinne.

    Den Hinweis finde ich ganz toll, dass hier keine Perkussion zum Einsatz kommt. Das hilft zwar wenig in Bezug auf die zu erratenden Musiker, aber häufig wurde bei solchen Stücken auf Ra Barretto zurückgegriffen (s. Billy Taylor). Dazu sei gesagt, dass der Herr sonst wenig mit Latin zu tun hat.

    Friedrich# 03
    Sehr prominenter Bass. Ist das der Leader? Klingt schon um einiges raffinierter als die beiden Vorgänger. Der Drummer ist auch sehr sophisticated. Ebenso der Saxer. Hat so ein gewisses understatement, das mir gut gefällt.

    Der Bassist ist nicht der Leader, aber er drückt dem Stück seinen Stempel zweifelsohne auf. Das Understatement des Saxophonisten hat bei mir dazu geführt, dass ich ihn lange Zeit wenig beachtet habe. Aber wenn man sich darauf einlässt, entdeckt man eine sehr eigene Stimme, die sich lohnt. Übrigens ist es aus meiner Sicht ganz klar, woher das Understatement rührt ;-)

    Friedrich# 04
    „I’ve been working on the chain gang ….“ Klingt so richtig schön nach klassischem Hard Bop, mit unisono vorgetragenem Thema. Könnten fast die Adderley Bros. sein, sind sie aber nicht.

    Das zeigt mir immer mehr, dass die Adderleys nicht die einzigen waren, die die Hardbop-Formel gut umsetzen konnten. Umsomehr finde ich es schade, dass einige Bands so immer wieder überschattet wurden.

    Friedrich# 05
    Fällt für mich in eine ähnliche Kategorie wie # 04. Kann mich aber nicht so mitreißen. Nächstes Stück bitte! PS: Die Rhythmusgruppe hält die ganze Zeit stur das Thema durch, während das Sax spazieren geht. Ach ja, das sind zwei Saxe. Okay, also doch ganz interessant, wobei ich vor allem den Kontrast zwischen Rhythmusgruppe und Bläsern reizvoll finde.

    Gut aufgepasst. Ich denke, das Stück entfaltet seinen Reiz ganz langsam, wenn man das etwas stereotype Rumpeln ein bißchen hinter sich gelassen hat.

    Friedrich# 06
    Uih, das rumpelt und knistert. Sehr schön. Eigenartig quietschiger Sax-Sound, der völlig außer Rand und Band gerät. Ist das ein Sopran? Die Trompete schmettert lustig dazwischen und der Drummer hat auch seinen Spaß. Hört sich fast an wie eine Parodie auf Jazz. Verrückt! Macht mir Spaß, muss lachen, das würde mich aber auf die Dauer in den Wahnsinn treiben.

    Parodie trifft es vielleicht ganz gut. Die Musiker sind zwar sicher mit Ernst an die Sache herangegangen, aber gerade der (Alt)Saxophonist hat sich durchaus ungern an Regeln und Gesetzmäßigkeiten gehalten.

    Friedrich# 11
    Auf jeden Fall haben wir hier schon mal ein komplexes und ungewöhnliches arrangement. Was macht das Vibraphon da denn eigenartiges? Harmonisch so ein bisschen gegen Strich, oder? Das Vibe ist für mich ja hier der Star, aber dann drängeln sich die Bläser vor. Das wiederkehrende Vibraphonmotiv macht für mich das Stück. Auch das Solo des Vibraphonisten ist es für mich. Ist der Vibraphonist der Leader? Sollte er jedenfalls sein!

    Ich glaube, ich muss das Stück selbst noch ein paar Mal hören, da es mehr zu entdecken gibt, als ich eingangs dachte. Danke für die wertvollen Eindrücke.
    Wie bereits erwähnt, die Besetzung ist etwas mysteriös – der Vibraphonist sollte der Leader sein, ist aber nicht angegeben.

    Friedrich#12
    Zieht mich sofort in diese melancholische Stimmung rein. Nimmt sich alle Zeit der Welt, und das in nicht mal 3 Minuten. Toll!

    Genau so ging es mir auch. Vielleicht kein technisches Meisterwerk, aber die Stimmung spiegelt das Cover der LP wieder und zieht mich auch sofort in den Nebel.

    Friedrich#13
    Ah, jetzt geht es aber gleich etwas zupackender weiter. Die Karawane setzt sich in Bewegung. Ich mag das ja, wenn die Rhytmusgruppe ein klares Motiv so konsequent durchhält. Die soli sind schön, aber der Groove ist der Star. Schönes, einfaches Thema auch. Hat fast etwas emblematisches, könnte die Titelmusik eines Filmes sein oder so.

    Kann ich sehr unterschreiben. Den Film würde ich mir übrigens sehr gerne ankucken; oder anders: Warum werden solche Stücke nicht in Filmen verwandt?

    Friedrich#14
    Ist mir grundsätzlich erst mal sympathisch mit seiner lyrischen Stimmung. Was ist das denn für ein Sax? Und so schön gehaucht. Oder ist das eine Klarinette? Hört man ja nicht so oft. Die Komposition finde ich jetzt nicht so stark, bleibt bei mir nicht recht hängen. Der Klang der Klarinette ist es!

    Gerade die Komposition hat es mir hier angetan. Klein, fein, mit ein paar melodischen Rafinessen, zu der die feinsinnige Klarinette genauestens passt.

    Friedrich#15
    Das scheint mir ausnahmsweise mal neueren Datums zu sein. Der Trompeter ist ein Profi, hatte ich fast gesagt. Der hat da so kleine rasende Läufe. Virtuos, aber berührt mich nicht so richtig.

    Ja, er ist ein Profi, wenn auch kein richtig bekannter und genau das macht dieses Stück (er hat’s geschrieben) auch aus. Effektvoll, angeberisch und doch auch tiefsinnig. Für mich immer noch schwer zu greifen.

    Friedrich# 16
    Hier gilt das gleiche wie bei # 12: Zieht mich sofort in eine andere Stimmung, in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum. Kenne weder das Stück noch die Sängerin. Finde die Stimme toll, relativ tief für eine Frau, oder? Eigenartige Wendung der Rhythmusgruppe ganz am Ende, aber toll. Könnte dann eigentlich noch ein bisschen weiter laufen. Soll aber wohl nicht sein. Schade eigentlich!

    Ja, wirklich schade!

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8128931  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    katharsisIch wollte auch keineswegs ungerecht sein, respektive habe ich mich unglücklich ausgedrückt. Cannonball schätze ich sehr und sehe ihn als Tenoristen auch als Hardbop-Exempel. Damit zweifle ich auch seine Leaderqualitäten nicht an. Vielmehr ging es mir darum, dass mir seine späteren Einspielungen oft wie unverbundene Einzelsessions vorkommen, die für sich stehend funktionieren, aber im Gesamtkontext keine für mich zwingende Reihe an Veröffentlichungen ausmachen. Im Gegensatz dazu finde ich die Emarcy-Veröffentlichungen wesentlich dichter und homogener, aber qualitativ geringer. Es trägt sehr dazu bei, dass Cannonball später mit kraftvollen und individuellen Musikern gearbeitet hat, die in meinen Augen dazu beitragen, dass die einzelnen Aufnahmen irgendwie inhomogener klingen. Das wollte ich aber gar nicht näher vertiefen. Vielmehr ging es mir darum, dass gerade die genannten Riverside-Aufnahmen für mich mehr von dem entfernt sind, was ich als klassischen Hardbop sehen würde.
    Aber wie gesagt, ich wollte damit die Bedeutung von Cannonball nicht geringer machen!

    Alles klar, ist so jedenfalls nachvollziehbar!
    Lass uns das bei Gelegenheit doch mal im Adderley-Thread etwas vertiefen!

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8128933  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    #1 Also. Um Ray Bryant handelt es sich hier nicht, den kenne ich selbst zu wenig, um Referenzen entdecken zu können. Der Spieler hier ist etwas älter und kommt aus einer anderen Ecke und hat sich auch in anderen Bands herumgetrieben. Er ist auch nie zu den Ehren gekommen, die ihm vielleicht zugestanden hätten. Dagegen können die beiden Begleiter auf eine ganz solide Karriere zurückblicken. Jedenfalls freut es mich sehr, dass auch Du daran Gefallen findest, da ich diese Mischung aus tiefem Groove und leichtfüßigen Einfällen sehr schätze!

    Es könnte sich hier um Lou Levy handeln, denn er stammt aus Chicago, war vielseitig, ist Jahrgang 1928 und war bei Quincy Jones, der ja auch aus Chicago kommt.

    Bei Bobby Scott würde es mit dem klassischen Einfluss passen, aber er ist zu jung, und Patti Bown passt irgendwie nicht. Bei #1 höre ich so ein paar kurze Läufe, die mich an sehr an Tatum und Hampton Hawes erinnern. Levy war wohl auch an der West Küste. Carl Perkins passt auch nicht, meine ich.

    --

    #8128935  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,339

    Lou Levy, echt? Das wäre aber eine grosse Überraschung für mich!
    Ist Billy Taylor denn schon ausgeschlossen worden?

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8128937  | PERMALINK

    katharsis

    Registriert seit: 05.11.2005

    Beiträge: 1,737

    Lou Levy ist es nicht, Taylor auch nicht. Ich werde mal nach ein paar weiteren Überschneidungen suchen.

    Wer möchte sich denn eigentlich noch beteiligen? Ich habe es nicht eilig und würde mich über weitere Eindrücke sehr freuen.

    Aufgedeckt wurden bislang #2, #5 und #14, richtig? Bei #3 bin ich mir nicht sicher.

    --

    "There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III
    #8128939  | PERMALINK

    thelonica

    Registriert seit: 09.12.2007

    Beiträge: 4,180

    #3 kann man bei Discogs anhören.
    „Boom“ heißt der Titel.

    Die Brüder haben sich von alleine geoutet.
    Wegen #7 habe ich mich bemüht,
    aber ist verdammt schwer.

    Jetzt noch „The Theme From Black Orpheus“ vom Morris Nanton Trio.

    --

    #8128941  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    THELONICA#3 kann man bei Discogs anhören.
    „Boom“ heißt der Titel.

    Die Brüder haben sich von alleine geoutet.
    Wegen #7 habe ich mich bemüht,
    aber ist verdammt schwer.

    #3 finde ich auch bei discogs nicht – magst du das mal verlinken? #7 ist (bei mir) hoffnungslos, #16 wirklich überhaupt nicht recherchierbar.
    mit den brüdern meinst du die barrons?

    das identifizierte #14 (link) hat mir nochmal richtig lust auf robinson gemacht, von dem ich außerdem nur BOB’S PINK CADILLAC (trio mit william parker) kannte. habe gerade THE CALL von henry grimes auf ESP nachgeholt und mich angesichts der diskographie von grimes wieder gewundert, dass er zu beginn, bevor er mit rollins, ayler, taylor, shepp und anderen fire-musikern gespielt hat, im wesentlichen auf cool-jazz-aufnahmen zu hören ist (konitz, marsh, mulligan, baker, sogar tristano). interessant auch sein zusammenspiel mit diversen klarinettisten: tony scott, robinson, sogar rolf kühn (kennt eigentlich jemand die BE MY GUEST?).

    --

Ansicht von 15 Beiträgen - 46 bis 60 (von insgesamt 194)

Schlagwörter: 

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.